Nach dem Essen brechen wir zum Landesmuseum auf. Wir beginnen mit der urgeschichtlichen Abteilung. I. und ich müssen erklären. Da ich mich etwas aus eigenem Interesse damit beschäftigt habe, ist bei mir mehr hängengeblieben, so daß hauptsächlich ich erklären muß, wie zu verstehen ist, was auf den jeweiligen Tafeln zu den Exponaten zu lesen ist, die die Kinder besonders interessieren.
Was dabei vor allem nicht so einfach ist: Mein Wissen so in Worte zu fassen, daß es nicht falsch wiedergegeben wird und doch so, daß die Kinder möglichst viel davon verstehen können - das allgemein bekannte Verständigungsproblem in verschärfter Form.
I. ist sehr amüsiert, wie ich mich winde, einen Ausweg suche, wenn das, was dort steht, und das, was ich darüber weiß, wieder einmal nicht so leicht in Worte zu fassen ist, die die Kinder gut verstehen können, die aber immer weiter fragen, besonders dann, wenn sie auf eine Stelle treffen, an der ich besondere Mühe habe, etwas verständlich zu erklären. Immerhin wird dadurch der Museumsbesuch für alle interessant.
Wir wechseln in die völkerkundliche Abteilung, wo es sinngemäß so weitergeht, hin und wieder versucht I. mir zu helfen, meint, ich dürfe das alles nicht so eng sehen, die Kinder fragten eben viel, man müsse die Dinge so einfach erklären, daß sie es verstehen könnten und dann zufrieden seien.
Ich gehe hingegen davon aus, daß es Erklärungsmodelle gibt, die einen Sachverhalt verschieden gut zu erklären suchen. Der Wahrheitsbegriff wird da wesentlich fragiler, was ich nicht zu verheimlichen versuche. Ich versuche nicht, wissenschaftliche Erklärungen als fundamentale Wahrheiten darzustellen, sondern eher als Annäherung an die empirische Realität, als Modelle, Versuche, den Dingen näherzukommen. Jenseits von Logik und Mathematik gibt es keine beweisbaren Wahrheiten, nur mehr oder weniger gute Modelle, eben Geschichten für Kinder, die wir alle irgendwie sind, wenn es darum geht, die Welt zu verstehen.
I. meint jedoch lachend, das Niveau könne ich kaum auf Dauer bei den beiden durchhalten. Und mit tiefsinnigen Betrachtungen sollte ich bei den beiden wohl doch eher noch ein paar Jahre warten.
Ich schlage mich aber tapfer und gebe nicht der Versuchung nach, fundamentale Wahrheiten verbreiten zu wollen.
Die Landesgalerie lassen wir aus, weil wir nicht davon ausgehen, daß die beiden ein so drängendes Interesse an diesen Bildern haben, aber die Aquarien und Terrarien sind ein großer Spaß und eine große Aufregung nicht nur für die Kinder. Ihre Begeisterung kennt keine Grenzen, immerhin halten sie sich an das, was ich ihnen vorher gesagt habe, sie sollten nicht an die Scheiben klopfen, um die Fische nicht zu stören.
Wir gehen erst wieder, kurz bevor das Museum schließt, es scheint den Kindern sehr gefallen zu haben. Auf dem Rückweg fragen sie mich weiter aus über - natürlich: - Dinosaurier, über die es in der urgeschichtlichen Abteilung auch einiges zu sehen gab, wo ich dann versprechen mußte, später mehr zu erzählen, mehr Fragen zu beantworten. Ich tue, was ich kann. Und damit gibt es dann reichlich Gesprächsstoff und die Kinder sind recht glücklich über so viel Aufmerksamkeit und all die neuen Eindrücke.
Auch in I.s Wohnung angekommen, geht es weiter mit dem Frage- und Antwort-Spiel. Da die Kinder inzwischen wissen, daß ich Physik studiere und I. in etwa und Kürze erläutert hat, über was ich da alles Bescheid wissen müßte, habe ich bis zum Abendbrot zu tun, das Universum und den ganzen Rest in einfachen Worten zu erklären, zuzüglich der Vorbehalte, daß das letztlich noch niemand komplett verstanden habe und man eben versuche, mit Mathematik und Formeln zu beschreiben, was man sehen und erleben könne und sich daraus oft gute Vermutungen ergäben, wie sich das Universum so entwickele und wie es früher gewesen sein mag und wie in Zukunft werden könnte, wenn es nur gelinge, die passenden Formeln herauszufinden und auch gut genug wisse, wie man sie praktisch verwenden könne.
Ich frage mich irgendwann, ob sie nie müde werden, aber ihre Neugier scheint unerschöpflich zu sein, was mich wiederum erfreut und meine eigene Neugier auf die Welt belebt. Nicht nur für die Kinder ist die Welt rätselhaft und erstaunlich, ist sie das nicht auch für jeden, der wach und neugierig bleibt?
I. erlöst mich, indem wir nach dem Abendessen ein geeignetes Video sehen. Anschließend bringt sie die Kinder zu Bett.