Ich erzählte meinen Freundinnen und Mitbewohnerinnen Sonja und Anja von
Michaels Vorschlag, uns zu treffen und rekapitulierte, was ich von ihm wußte.
Sie hielten ihn auch für attraktiv und nett und ermutigten mich. Wir hatten
einen lustigen Abend, als ich erzählte, wie ich Michael über das Projekt
kennengelernt hatte und was ich bereits über ihn wußte. Wir schauten
seine internet-Seiten und die beiden witzelten, daß ich mir so einen netten und
adretten Mann auf jeden Fall genauer ansehen sollte, zudem er ganz passabel aussehe.
Das wußte ich natürlich selber und eigentlich hatte ich auch Lust auf
eine neue persönliche Bekanntschaft. Ich wurde nur verlegen bei ihren kleinen
Neckereien, aber das machte mir auch gerade deutlich, daß da längst etwas
in mir im Gange war, was ich nicht mehr komplett ignorieren konnte.
Andererseits war ich immer noch skeptisch und konnte doch die ganze Nacht nicht
einschlafen. Was sollte ich antworten? Hätte ich nicht längst klären
sollen, daß ich in einem Rollstuhl saß, um so von Anfang an keine
Mißverständnisse aufkommen zu lassen? Hätte ich wenigstens insgeheim
erforschen sollen, wie er allgemein zu behinderten Menschen stand, ob sein
Verständnis rein über das Technische hinausging. Hätte er
vielleicht mehr als nur prinzipielles Interesse?
Auch am nächsten Abend wußte ich noch keinen Ausweg, ich konnte mich
nicht so leicht überwinden, einfach die Wahrheit zu sagen.
Am nächsten Abend versuchte ich mein Glück im Scherz und Humor, der
dann doch nur aussprach, was mich bewegte.
Ich schrieb Michael im Scherz, er wolle mich ja nur treffen, um mich zu vernaschen, statt um
mein Projekt besorgt zu sein. Doch sei ich sicher nicht sein Typ und so würde
ein Treffen sicher nur in einer Enttäuschung enden.
Gleich darauf hatte ich schon wieder Angst, ihn gekränkt zu haben, daß er sich vielleicht nicht wieder melden könnte. Warum mußte immer alles so schwierig sein?