Die eigentliche Handlung der Geschichte ist größtenteils aus banalen Elementen zusammengesetzt, von denen einige vielleicht gar einem pornographischen Film entlehnt sein könnten. Von daher handelt es sich um die bewährte Struktur der stereotypenkombinatorischen Methode.
Interessiert hat mich bei diesem Text mehr der stete Wechsel der Einzelperspektiven.
Die subjektiven Sichtweisen des Geschehens der einzelnen Protagonisten wurden hart und
kommentarlos gegeneinander gesetzt.
Ein und dieselbe Situation wird doch recht unterschiedlich wahrgenommen und interpretiert.
Es gelingt den Protagonisten eigentlich auch gar nicht, ihre Interpretationen zur Deckung
zu bringen, obgleich das eigentliche Geschehen aus der Sicht des Einzelnen leicht nachvollziehbar
und banal ist.
Doch so wie ihre Beschreibungen der Situationen kommentarlos und hart gegeneinander gesetzt
werden, so wenig vermögen sie sich gegenseitig mitzuteilen. Jeder bleibt mit seinen
Gedanken für sich und vermag sich das Geschehen zwar erklärbar zu machen, nicht
jedoch den anderen. Das jeweilige Ich bleibt isoliert, obgleich in Gesellschaft. Die Isolation findet
bereits im Kopf statt, Kommunikation findet nicht zwangsläufig zur Verständigung statt.
Zwar sind die Informationen der Einzelpersonen situationsbedingt immer unvollständig,
doch gelingt es ihnen auch nicht, sich geeignet auszutauschen, um die Situation zu klären.
Wie die Zugänglichkeit in diesem Falle von internet-Projekten das Einstiegsthema der
Geschichte ist, so wird es im Verlaufe der Geschichte mehr und mehr die Gedankenwelt der
Protagonisten, die sich für alle als nur schwer vermittelbar herausstellt. Zweifel am Selbst
und fehlendes Vertrauen in seine Mitmenschen sind hier die Barrieren, die
unüberbrückbar scheinen. Es fällt gar nicht so leicht, miteinander verständlich
zu reden, die eigenen Gefühle darzustellen, ja sich über die eigene Interpretation der
Ereignisse selbst klar zu werden.
Statt zu agieren, wird oft nur reagiert, statt das eigene Leben zu gestalten, werden die Dinge einfach
laufen gelassen.
Weil die Protagonisten ihren Handlungen selbst keinen Sinn, kein Ziel gegeben haben, ist ihre
Motivation auch nur schwer vermittelbar, unzugänglich.
Das sich in der Struktur des Textes widerspiegelnde Verharren im Subjektiv steht den
Protagonisten selbst im Weg, es macht sie unfähig, die Situation, den heraufdämmernden
Konflikt frühzeitig zu lösen, zu beherrschen. So ist es eigentlich immer die Situation,
die sie beherrscht.
Der Leser hingegen hat Einblick in die Gedankenwelt jedes einzelnen, von denen er abwechselnd den Handlungsablauf erzählt bekommt. Nur scheinbar ist der Leser so direkt am Geschehen dran, tatsächlich aber müssen die abwechselnden subjektiven Darstellungen eher verfremdend wirken. Der Leser bleibt auf Distanz, bleibt Beobachter in den Köpfen der Beteiligten. So hat er immer mehr Überblick als diese selbst, ohne aber auch nur die Chance für eine objektive Sicht von Außen auf die Dinge zu erhalten. Trotz dieser Distanz - hätte der Leser die Situation, den Konflikt auflösen können? Wie hätte er gehandelt? Erweist sich auch für ihn die ganze Situation als unzugänglich?
Auch das Ende des Textes vermag weder für den Leser noch für die Protagonisten
eine Lösung parat zu halten - wie auch, da sich letztere zuvor nicht bemüht haben,
ihre subjektiven Eindrücke aufeinander abzustimmen. So mag ihnen wie dem Leser am
Ende langsam aufgehen, daß die wirkliche Geschichte eigentlich erst beginnt.
Während sich die Beteiligten den weiteren Konflikten werden kaum entziehen können,
hat diesmal der Autor dafür gesorgt, daß dieser Teil der Geschichte dem Leser
unzugänglich bleibt, so dieser sie nicht selbst in seiner subjektiven Sicht weiterspinnen
mag. Und so wird der Leser gerade in die Situation versetzt, um die es zu Beginn der Geschichte
geht.
Etwas erweist sich als unzugänglich, was als relevant oder interessant vermutet wird.
So vermag der Leser doch noch seine Distanz verlieren und ganz genau diese Situation erleben,
durch eine Konstruktion ausgesperrt zu sein.
Wie auf internet-Seiten beziehungsweise allgemeiner Informationsangeboten zum einen und
in der Architektur zum anderen die Ursachen der Aussperrung
Ignoranz und Ungeschick der Seitenersteller oder Architekturplaner sind, die es Minderheiten
unmöglich machen, das begehrte Ziel zu erreichen, so sieht sich der Leser hier selbst
ausgesperrt in die Situation jener Minderheiten versetzt, er kann miterleben, nachvollziehen,
worum es geht.
Der Bogen spannt sich so vom Ende zum Anfang zurück und das Thema wird implizit auf vielschichtigen Pfaden immer wieder aufgenommen und variiert. Auch daher die harten Schnitte, der kommentarlose Wechsel der Erzähler, die so isoliert bleiben.
Als Autor mag ich Glück haben, wenn der Leser aus dieser Tragikomödie etwas
mitnimmt: Lernt miteinander zu reden, die Subjektivität zu überwinden.
Ja und macht euch und eure Welt zugänglicher und sperrt niemanden aus, sei es nun
aus Dummheit oder Bequemlichkeit.
Und wem all dies zu akademisch ist, der könnte ja wenigstens seine Phantasie anstrengen
und die Geschichte einfach weiterspinnen, so die Unzugänglichkeit, die Isolation
überwinden und sie vielleicht auch anderen zugänglich machen, sich auch
einmal in den Kopf gucken lassen beim Spekulieren, Interpretieren, Hinterfragen.
Dann wäre ich schon ganz zufrieden.