Annette hatte mein Interesse geweckt, ihre schnelle Auffassungsgabe, ihre
Hartnäckigkeit und Zielstrebigkeit bei der Realisation ihres Projektes
beeindruckte mich.
So erzählte ich ihr gern etwas über mich und gab ihr die Adresse
meiner privaten internet-Seite, die sie wohl auch selbst hätte herausfinden
können, doch schien sie mit dem Medium noch nicht so viel Erfahrung
zu haben. Natürlich wurde ich zunehmend neugierig, zumal sie ja sogar
in der gleichen Stadt wohnte. Sie war offensichtlich intelligent und zumindest
teilweise an ähnlichen Dingen interessiert wie ich, an Literatur, Kunst,
ihrem internet-Projekt.
Das ergab zahlreiche Möglichkeiten zu weiterer Konversation. Mit knapp
dreißig war sie ein paar Jahre jünger als ich. Natürlich begann
meine Phantasie allmählich ein feines Netz zu spinnen, doch wäre es
mir peinlich gewesen, nach einem Bild oder ähnlichen Details zu fragen, nach
solch profanen Dingen eben.
Schließlich hatten wir uns durch ihr internet-Projekt kennengelernt und nicht
zum persönlichen Kennenlernen, so daß ich in dieser Richtung nicht
intensiv in sie drängen wollte, obgleich sie bei irgendeiner Gelegenheit nebenbei
angegeben hatte, keine Beziehung zu haben, sondern mit zwei Freundinnen in einer
Wohngemeinschaft zu leben.
Nun ging meine Überlegung dahin, ihr vorzuschlagen, daß wir uns doch
einmal treffen könnten, um mit ihrem Projekt zügiger voran zu kommen.
Da sei es einfach effektiver zusammenzusitzen, statt jedes Problem mit mehreren
emails hin und her zu klären. Zunächst schien mir jedoch Zurückhaltung
angebrachter, um ihr nicht zu nahe zu treten. Inzwischen schickten wir uns täglich
Post und wurden langsam miteinander vertrauter.
Ich konnte mich nicht länger zurückhalten und versuchte meinen Vorschlag
anzubringen. Immerhin konnten wir uns so unverbindlich beschnuppern, ohne Peinlichkeiten
fürchten zu müssen oder mögliche Gefühle zu offenbaren, die
verborgen bleiben sollten. Schließlich gab es das Projekt als konkreten Anlaß
für ein Treffen, statt persönlicher Interessen, die man hätte zugeben
müssen.