Irgendwann gehen wir auch zu Bett, wieder in Schlafanzügen, I. löscht das Licht, erläutert, angezogen müßten wir schon sein, es könne doch sein, daß eines der Kinder aufwache.
Ich frage neugierig, ob sie glaube, es machte ihnen etwas aus, wenn wir nichts anhätten; sie ist sich nicht sicher, ihr machte es aber etwas aus, irgendwobei von den beiden überrascht zu werden, wobei sie mit mir lieber alleine sein möchte. Solange die Kinder da seien, werde also nicht viel passieren, dabei legt sie sich zu mir, kuschelt sich an mich, ihre Hand streicht über meinen Bauch, wir küssen uns, meine Hände fahren durch ihre Haare, die sie jetzt wohl immer offen tragen will.
Dann liegen wir nebeneinander, mein Kopf auf ihrer Schulter, ich möchte von ihr wissen, ob sie das auch so zu halten gedenke, falls sie einmal selbst Kinder habe.
Sie lacht leise, das sei etwas anderes, da könne sie sich selbst entscheiden, wie sie ihre Kinder erziehen wolle, doch wenn ich es ganz genau wissen wolle, könne ich sie ja bei nächster Gelegenheit einmal schwängern, dann müsse sie sich irgendwann darüber Gedanken machen, wie sie reagieren sollte, wenn sie von den eigenen Kindern beim Liebesspiel überrascht werde. Da ich das ja aber im Moment nicht wolle, müsse ich auf eine definitive Antwort zwangsläufig warten, bis es soweit sei. Dabei sei, wie mir sicher bekannt sei, das Zeugen eines Kindes an sich nicht schwierig, vorausgesetzt, daß bei uns beiden diesbezüglich alles in Ordnung sei.
Ich ergänze, immerhin sei das Folgende dann schon schwieriger. Das sei ja nicht nur ein Wochenende, an dem man auf die Kinder aufpasse, das seien achtzehn Jahre oder mehr, wo man eine gewisse Verantwortung trage.
Sie ist amüsiert, das sei nun einmal nicht zu umgehen, doch offenbar sei das schon Milliarden von Paaren bisher mehr oder weniger gelungen, es sei nicht erforderlich, bei der Erziehung Perfektionismus an den Tag zu legen, viel Liebe, Sorge und Beschäftigung, sich Mühe geben und darauf vertrauen, daß die Kinder ja auch ihren eigenen Kopf hätten, dann werde schon nicht allzuviel schiefgehen.
In jedem Falle habe sie es nicht allzu eilig, sie könne schon warten, bis ich einverstanden sei, bis dahin sei sie bereit, Verhütungsmittel zu benutzen, allerdings nur Kondome, wenn sie nötig seien, sie werde sie sogar besorgen. Am Dienstag habe im Übrigen eigentlich nichts passieren können, da bräuchte ich nichts zu befürchten. Natürlich sei mit Kondomen das Risiko einer Schwangerschaft höher als etwa mit Anti-Baby-Pillen, aber das Risiko müsse ich schon eingehen. Sie gibt mir einen Kuß auf die Wange, fährt fort, das Kondom sei noch das harmloseste für sie, und da für sie eine Schwangerschaft keine Katastrophe sei, sei die Verhütung damit völlig ausreichend. Die Methode habe natürlich den Nachteil, daß dann etwas zwischen uns sei und sie zwangsläufig nicht alles fühlen und miterleben könne, aber das werde dann schon gehen.
Ich frage sie, sie werde im Falle einer Schwangerschaft, ob geplant oder ungeplant, doch zumindest vorübergehend eine berufliche Pause einlegen müssen, ob ihr das nicht schwerfalle, oder wie sie sich das gedacht habe?
Sie antwortet, ich bräuchte keine Angst haben, daß ich plötzlich und langfristig den Hausmann spielen müsse, zwar komme sie mit den Kolleginnen ganz gut aus, und die Kollegen belästigten sie nicht, doch eigentlich liege ihr nicht viel an dem Job, es sei nur Geldverdienen und Beschäftigung, mehr nicht. Da sie auch einiges Geld zurückgelegt und gespart habe, weil sie kaum etwas für teure Vergnügungen ausgegeben habe, könne sie sich oder uns schon eine Weile über Wasser halten. Die Bedeutung des Berufs sei bei ihr nicht so groß, denn sie habe die Ausbildung nicht aus besonderer Neigung gemacht, sondern weil sie die Stelle bekommen habe, im Gegensatz zu mir, der ich ja studiere, was mich wirklich interessiere. Dann bei einem geeigneten Beruf werde es mir sicher nicht nur um das Geldverdienen gehen, sondern darum, etwas auch für mich Sinnvolles zu tun. Von daher könne ich also einstweilen unbesorgt sein und in aller Sorgfalt das Studium beenden, ich müsse sicher nicht ganz plötzlich den alleinigen Familienversorger spielen.
Ich hake nach, wenn sie ihr Job eigentlich nicht interessiere, könne sie doch das Abitur nachholen und ebenfalls studieren, um etwas zu tun, was mehr ihrem Interesse entspreche.
Sie ist jedoch der Auffassung, daß sie dann ja ihren Job aufgeben müsse und nur wegen des Schulabschlusses von ihrem Ersparten leben müsse, alternativ könne sie das nebenbei zu machen versuchen, doch hätte sie dann nicht mehr genug Zeit, um mit mir zusammen zu sein, auch ihren Sport müßte sie opfern. Halbtagsarbeit sei bei ihrem Job ebenfalls kaum zu bekommen, allenfalls wenn sie schon Kinder habe, könne sie hoffen, so etwas durchzusetzen, aber so wohl kaum. Außerdem würde sie über dreißig sein, wenn sie mit dem Studium fertig wäre, dann stehe sie wieder vor dem Problem, ob sie Kinder oder Beruf wolle, entscheide sie sich für Kinder, sei es irgendwann für den Beruf zu spät, entscheide sie sich für den Beruf, sei es für die Kinder bald zu spät, zudem wolle sie mit dem ersten Kind nicht warten, bis sie über dreißig sei, jedenfalls jetzt sehe es ja so aus, als hätte sie mit mir einen Mann gefunden, mit dem das gut umzusetzen sei. Ausbildung und Kinder gleichzeitig sei sicher auch nicht das reine Vergnügen. Sie wisse auch nicht, ob sie so viel Interesse aufbringen könne, um noch einmal zur Schule zu gehen. Letztlich sei es heute immer noch so, daß es insbesondere für Frauen schwer sei, Ausbildung oder Beruf mit dem Aufbau einer Familie in Einklang zu bringen. Außerdem müsse man auch sehen, daß sie es jetzt zu einer ganz guten Stelle gebracht hätte, da wäre es unverständlich, noch einmal von vorne anzufangen, mit dem Fachabitur in ihrem Bereich zu studieren, dazu fehle ihr nun aber wirklich das Interesse.
Sicher, wenn das damals nicht passiert wäre, hätte sie sich nicht viele Gedanken machen müssen, hätte ganz selbstverständlich Abitur gemacht und hätte jetzt vermutlich auch studiert. Doch dies sei nun einmal ihr Leben, und sie werde nicht beginnen, ihr Schicksal zu beklagen, daß ein gewalttätiger Mann ihr ganzes Leben so habe verändern können. Durch mich sei es ja auch so, daß ein liebevoller Mann ihr ganzes Leben habe verändern können, und das sei das Wichtigste für sie.
Sie schaue lieber in die Zukunft und denke nicht über Dinge nach, die hätten passieren können, wenn ihre Vergangenheit anders gewesen wäre, denn sie sei ja nun nicht mehr zu ändern. Sie gehe vom Hier und Jetzt aus, und mit dem sei sie nicht unzufrieden. Sie fragt dann auch nach, ob es mir etwa unangenehm sei, mit jemandem zusammen zu sein, der weder Studium noch Abitur aufzuweisen haben.
Ich schüttele gleich entschieden den Kopf, darauf komme es nicht an, sie sei schlau und von schneller Auffassungsgabe, das müsse sie mir gegenüber nicht mit Zeugnissen und Abschlüssen unter Beweis stellen. Allerdings sähe ich da auch gutes Potential in ihr, nur deshalb meine Frage, auch um herauszufinden, ob sie in der Hinsicht vielleicht motiviert sei und falls ja, ob sie vielleicht nur eine Ermutigung brauche, denn ich würde ihr ja ohnehin viel zutrauen.
I. lächelt. In meinen Armen sei sie glücklich, so wie sie sei. Sie sei versöhnt mit der Welt. Irgendwann werde sie mich schon noch davon überzeugen, daß wir Kinder miteinander haben sollten, doch werde sie mir damit nicht ständig auf die Nerven gehen, sie sei geduldig und habe es nicht eilig. Irgendwann würden wir uns darüber einig sein, und dann sei der richtige Zeitpunkt, um Kinder mit mir zu haben.
Ich frage sie, an wieviele sie da gedacht habe.
Sie meint heiter, das nehme sie, wie es komme, ein paar sollten es schon sein, es sei ja nötig, ein paar gute, friedliche Menschen in die Welt zu setzen oder zumindest zu versuchen, sie dazu zu erziehen, damit die schlechten nicht Überhand nähmen. Vermutlich würden ja nicht gerade unsere Kinder allein die Welt retten, aber es sei eine gute Vorstellung, für Kinder zu sorgen und ihnen Möglichkeiten für die Zukunft zu geben und zu sehen, wie sie sich entwickelten, selbständiger werden, ihren Weg fänden.
Sie ergänzt scherzhaft hinsichtlich der Anzahl, vielleicht so viele, wie sie Sommersprossen habe, vielleicht bekomme dann jedes nur eine ab.
Ich erwidere, das könne sie unmöglich schaffen, außerdem sei mir unverständlich, was sie gegen ihre Sommersprossen habe, daß sie sie so sparsam vererben möchte.
Sie erläutert, hin und wieder werde man als Kind deswegen geärgert, da müsse man den Kindern gegebenenfalls rechtzeitig helfen, damit fertig zu werden. Und wo keine seien, sei in der Hinsicht auch kein Stein des Anstoßes zu finden, den andere Kinder ausnutzen könnten.
Ich versichere ihr, ich liebe jede einzelne ihrer Sommersprossen, um jede weniger wäre es schade, ich könnte ihr sogar den Kosenamen Streuselchen geben.
Sie lacht vergnügt, das erlaube sie mir nur zu tun, um sie aufzuheitern, wenn sie traurig, ärgerlich oder wütend sei. Doch wenn sie mir wirklich so gefielen, dann könnten wir ja ruhig einen Haufen sommersprossiger Kinder zeugen, in denen würden wir uns dann selbst wiedererkennen, ob mich das nicht reize, Kinder zu haben?
Ich erwidere, sie habe ja gesagt, sie habe es nicht eilig, und ich sei ganz sicher noch nicht so weit, um für einen Haufen sommersprossiger Kinder einen guten Familienvater abzugeben. Aber prinzipiell sei ich natürlich mit ihrem Konzept einverstanden, das es gut sei, sich daran zu erfreuen, wie sich die eigenen Kinder entwickelten, ihnen Chancen zu bieten. In ihren Armen liegend sei das schon eine sehr verlockende Vorstellung. In der Hinsicht werde ich dann schon leicht zu begeistern sein.
Sie streicht mir durchs Haar, ein guter Familienvater würde ich dann schon ganz von alleine werden, zudem sei ich nach meinen Angaben immerhin drei Jahre älter als sie, da könne ich nicht sagen, daß ich dafür zu jung sei.
Ich werfe ein, wir würden uns erst so kurz kennen, da müßten wir erst einmal sehen, ob es mit uns wirklich halte, ob wir auf Dauer miteinander auskämen, was nach meinem Studium passiere, was ja auch nicht mehr so lange hin sei. Mein Eindruck jetzt sei jedoch sehr hoffnungsvoll, wie verständen uns doch gut, daraus können wir wirklich etwas für die Zukunft machen. Es läge wohl nun an uns, unsere Liebe zu erhalten und unsere Beziehung zu fördern, ein bißchen was müßten wir wohl schon dafür tun, damit das halte.
Sie glaubt, ich machte mir da viel zu viele Gedanken und hätte zu wenig Vertrauen in mich, aber da sie bereit sei, sich jetzt einfach so ins Leben fallen zu lassen, sei das vielleicht ganz gut so, daß ich ihren Übermut etwas bremste.