Alternative Buchvariante (EPUB) mit Graphik
Geschrieben: 2002-03/06
Freitag morgen hat Annkathrin es eilig, weil sie mit dem Projekt fertig werden will. Beim Frühstück ist sie schon ganz auf ihre Arbeit konzentriert und erläutert einige Ideen für ihre Songinterpretation. Auf den DJ ist sie auch gespannt, zwar habe sie von ihm gehört, aber es sei ja auch immer spannend, wie die Leute so im wirklichen Leben seien - und wie man mit ihnen zusammen arbeiten könne.
Annkathrin kommt erst wieder spät in der Nacht heim und schleicht leise zum schlafenden Markus ins Bett.
Als Markus morgens erwacht, schläft Annkathrin noch. Ohne sie zu wecken, steht er auf und besorgt erst einmal Brötchen zum Frühstück und bereitet alles vor. Mit sanftem Kuß auf die Stirn weckt er sie, ob sie mit ihrem Projekt fertig geworden sei? Sie nickt noch etwas verschlafen, streckt den Arm nach ihm aus, zieht ihn zu sich heran zu einem zarten Morgenkuß. Er zieht sie aus den Bett, umarmt sie. Lang fühlt sich Annkathrin aber nackt im Tageslicht nicht wohl und huscht erst einmal ins Bad.
Beim Frühstück erzählt sie über die fertiggestellte single, berichtet lachend über den DJ, der die Hälfte der Zeit damit verbracht habe, sie anzugraben, ein richtiger Casanova. Sie gebe ja zu, sie habe aus Spaß etwas mitgeflirtet, es sei eine gute Stimmung gewesen. Sie fügt schnell hinzu, er solle jetzt bloß nicht besorgt gucken, zumindest von ihr aus sei das alles nur harmlose Spielerei gewesen, was sie dem DJ auch klar gemacht habe. So ganz habe er es aber trotzdem nicht lassen können, es sei aber nicht aufdringlich, nur lustig gewesen. In jedem Falle seien sie mit allem fertig geworden, das Projekt sei so weit abgeschlossen, wenn die Pop-Gruppe denn grünes Licht gebe. Sie werde wohl nächste Woche die endgültige Entscheidung mitbekommen, gehe aber davon aus, daß alles so weit klar gehe.
Sie beschließen, heute noch etwas zu unternehmen und erst am späten Nachmittag mit der Bahn in ihre Gemeinde zu fahren, gleich in der Kapelle ihre Verbindung zu besiegeln und erst dann zu ihren Eltern zu gehen, die Annkathrin anruft und ihnen mitteilt, daß sie Besuch mitbringen und gegen Abend bei ihnen eintreffen werde.
Annkathrin meint zu Markus, das werde bestimmt nicht leicht mit ihren Eltern, sie wisse noch nicht genau, wie sie es angehen solle, ihnen alles zu erklären. Markus grinst, er sei ja bei ihr, das werde der Situation sicher eine Eigendynamik verleihen, die nicht zu ignorieren sein werde. Annkathrin umarmt ihn, so ganz wohl sei ihr wirklich nicht, aber da müßten sie jetzt eben durch. Sie fragt nach seinen Eltern, und er erläutert, daß er mit ihnen telephoniert habe und zumindest erwähnt habe, jemanden nettes kennengelernt zu haben - keine Details, aber das habe auch Zeit. Seine Eltern hätten sich gefreut. Sie hätten aber auch nicht den Anspruch, ihm da reinreden zu wollen. Neugierig seien sie allerdings.
Annkathrin lächelt, das höre sich sehr problemlos an. Es sei ihr auch etwas unangenehm, daß es bei ihr etwas komplizierter sei. Markus gibt ihr einen Kuß, das werden sie gemeinsam schon durchstehen - und bei so einer zauberhaften Tochter könnten ihre Eltern gar nicht so schlimm sein. Annkathrin beruhigt ihn, bisher sei ja auch immer alles ganz harmonisch und liebevoll gewesen, nur die Sache mit Heinrich habe sie stark verunsichert, vielleicht gerade weil sie immer so gut mit ihren Eltern und ihrer Gemeinde ausgekommen sei, habe sie das anfangs ganz aus der Bahn geworfen - aber letztlich habe es ja wunderbarer Weise dazu geführt, daß sie sich kennengelernt hätten. So füge sich doch alles zu einem sinnvollen ganzen. Durch eine arge Disharmonie habe für sie eine Symphonie des Glücks begonnen. In gewisser Weise sei die Krise also notwendig gewesen, um dem Glück und der Liebe einen Weg zu ebnen. Markus lächelt, zwar sei es bei ihm ja zuerst die Sorge um ihre Gesundheit gewesen, die bei ihrem Kennenlernen eine Disharmonie bedeutet hätten, doch nun sei das Schwelgen in dieser Symphonie des Glückes bei ihm sicher ebenso intensiv.
Nach dem Frühstück streifen die beiden erst durch die Stadt, Annkathrin erwägt in einem Spezialgeschäft Ausrüstung für ihre Anlage Zuhause zu kaufen und informiert sich ausführlich. Nach dem Mittag besuchen sie ein Museum mit moderner Kunst. Sie amüsieren sich köstlich, wenn Annkathrins musikalische Ansätze auf Markus eher naturwissenschaftlich philosophische treffen. Meist gelingt ihnen allerdings eine vorzügliche Synthese.
Dann ist es Zeit, zum Bahnhof aufzubrechen, und Annkathrin ist deutlich anzumerken, wie angespannt, ja aufgeregt sie ist. Während der ganzen Bahnfahrt kuschelt sie sich eng an ihn. Kurz vor dem Zielbahnhof wird sie noch unruhiger und meint, so gehe es nicht, sie müßten doch erst zu ihren Eltern, es wäre sonst feige von ihr. Er schaut ihr in die Augen - ein Moment gespannter Stille, dann nickt er, sie werde das schon durchstehen. Er lächelt sie dazu an, doch sie bleibt nervös und ihr ist nicht zum Lachen zumute. Vom Bahnhof aus ist es an sich nicht weit bis zum Haus ihrer Eltern, aber sie schleicht geradezu dahin, ihn fest an der Hand haltend.
Dann sind sie da, Annkathrin schließt die Tür auf und wird schon im Flur von ihren Eltern begrüßt. Annkathrin stellt Markus vor, sie setzen sich ins Wohnzimmer, Annkathrin und Markus auf der Couch. Nach einem Moment des Zögerns faßt Annkathrin all ihren Mut zusammen und eröffnet ihren Eltern kurz und knapp, daß sie beide sich entschlossen hätten zusammenzuleben. Sie hätten sich kennen und lieben gelernt und würden sich nun endgültig füreinander entschieden. Einen Moment herrscht Stille. Ihre Eltern sehen sich erst überrascht gegenseitig an, dann Annkathrin und Markus.
Ihre Mutter löst die Spannung mit einem überraschenden Lächeln, sie würden sich freuen, wenn nur Annkathrin sich ihrer Entscheidung sicher sei. Sie seien aber auch sehr überrascht, das sei so plötzlich gekommen. Annkathrin erzählt kurz, wie sie sich an jenem Abend kennengelernt haben, und ihr Vater ergreift nun das Wort, es sei nie ihre Absicht gewesen, sie so in die Enge zu treiben. Heinrich sei sehr geschickt gewesen, sie und den Priester für sich einzunehmen. Sie hätten es für eine gute Idee gehalten, da Annkathrin ja längst alt genug zum Heiraten sei. Sie hätten es gut gemeint, Sie hatten gemeint, Annkathrin nur etwas antreiben zu müssen, um sich zu entscheiden. Erst am letzten Wochenende sei ihnen klar geworden, daß sie alles falsch gemacht hätten. Nie hätten sie Heinrichs Ansinnen so vehement unterstützen dürfen. Sie hätten einfach Augen dafür haben müssen, wie es ihrer Tochter dabei gehe. Sie hätten ihren ersten Widerstand nicht Ernst genommen. Das sei dumm gewesen.
Annkathrin betont, daß das aber jetzt nichts mit ihrem Entschluß zu tun habe, sie lieben sich, das brauche keinen anderen Grund.
Ihre Mutter nickt, sie würden keinesfalls noch einmal versuchen, ihr Leben zu verpfuschen. Sie wirke sehr entschlossen und auch deshalb hätten sie sicher nicht den Eindruck, ihr Entschluß sei übereilt.
Annkathrin ist erleichtert, daß alles so einfach gegangen ist, und Markus erzählt etwas über sich und seine berufliche Tätigkeit, damit ihre Eltern ihn besser kennenlernen.
Später erläutert dann der Vater Annkathrin genauer, wie sie nach dem letzten Wochenende begonnen hätten, ihre Meinung in der Gemeinde zu unterstützen und die Sache schließlich friedlich beigelegt hätten. Nur Heinrich sei noch sichtlich unzufrieden, doch das sei nicht so leicht zu ändern. Ihre Mutter hat indessen Markus zur Seite genommen und sucht genauer in seinem Gewissen zu forschen. Wie schon bei Annkathrin ist es auch der religiöse Unterschied, der sie beschäftigt. Zwar sind auch ihre Gedankengänge von Toleranz geprägt, aber sie sorgt sich doch etwas, welche Auswirkung die Verbindung auf Annkathrin haben mag.
Markus argumentiert, Annkathrin sei so eins mit ihrem Glauben und vertrete ihre Überzeugungen so gut, da sei kaum etwas zu befürchten. Ihre Mutter nickt, das sei wohl die Kombination ihres dicken Kopfes mit ihrer hervorragenden Kenntnis der Schriften. Sie sei schon immer die Eifrigste in diesen Dingen gewesen und habe mit ihren Auslegungen schon oft Diskussionen angeregt, die in vielen um sie herum erst die Aufmerksamkeit für ihren Glauben geweckt hätte.
Sie beginnt Anekdoten aus Annkathrins Kindheit zu erzählen. Annkathrin hört das von weitem und es ist ihr schließlich peinlich, aber sie muß das durchhalten.
Erst spät am Nachmittag brechen Annkathrin und Markus auf, um in der Kapelle nun endgültig ihre Verbindung in einer Andacht zu schließen. Auf dem Weg ist Annkathrin sichtlich gut gelaunt. Sie meint, wie durch ein Wunder sei die Harmonie wieder hergestellt, nein, es sei eher eine neue Harmonie entstanden, die einen wundervollen Zauber erwecke. Sie schaut zu Markus, ob er auch auf die Andacht gut vorbereitet sei? Er nickt leicht und atmet tief durch, ob sie sich an den Händen halten werden? Sie nickt, um keinen Preis werde sie seine Hand in diesem Moment loslassen, der ihr so viel bedeute, der ihr Leben ändern werde. Markus lächelt, wenn er sich dann so fest im Griff wisse, sei er beruhigt, sie könnten beginnen.
So gehen sie zur Kirche, die ganz leer ist und weiter in die Kapelle, die nur spärlich mit zwei Kerzen beleuchtet ist, die unter einem schwachen Luftzug kaum merklich flackern. Der Raum ist fast leer. Die beiden Kerzen stehen auf zwei kleinen Borden links und rechts von dem Kreuz, welches schlicht in schwarz auf die weiße Wand gemalt ist. Davor liegt ein langes Samtpolster auf dem harten Steinboden. Sie stehen davor und Annkathrin murmelt flüsternd etwas, was Markus nicht versteht. Bald knien sie sich jedoch hin und beginnen ihre Andacht, jeder in eigenen Gedanken unterwegs und doch verbunden in ihren Gefühlen und durch den festen Griff ihrer Hände.
Erst fällt es Markus nicht leicht, in dieser ungewohnten Haltung zu verharren. Er beobachtet das leichte Flackern der Kerzen, vertieft sich dann, spürt Annkathrins Hand in der seinen, spürt sie neben sich im Dämmerlicht, und er ist froh über ihr Zusammensein, sie getroffen zu haben. Er ist froh, sein erstes Urteil revidiert zu haben, welches er damals - ja so lang schien ihm das bereits her zu sein, daß er es damals nennt - gefällt hatte. Er hätte es nicht besser als mit ihr treffen können. Er ist sich ganz sicher, ihre Entscheidung ist richtig und wird auch richtig bleiben. Alles geht ihm noch einmal durch den Kopf - von jener ersten Begegnung bis zu diesem Augenblick. In ihm ist kein Zweifel, und auch er hätte ihre Hand um keinen Preis mehr freigegeben.
Er dachte, es seien erst Minuten gewesen, seit sie ihre Andacht begonnen hatten, doch sie hatten fast zwei Stunden ausgeharrt, als er von ihrer Seite Bewegung, das Ende der Andacht spürt. Noch bevor eigentlich etwas passiert, scheint es ihm durch seine Finger zu kribbeln, und ohne einen Ton wenden sie sich gleichzeitig die Köpfe zu und lächeln sich gegenseitig an, erheben sich und umarmen sich sanft. Dann verlassen sie die Kapelle und spazieren gemütlich zurück zum Haus der Eltern.
Auf dem Weg fragt Annkathrin, ob sie sich denn bereits diese Nacht näher kommen sollten. Markus schmunzelt und fragt sie, ob sie denn ein dringendes Bedürfnis danach habe. Sie stößt ihn sanft mit dem Ellenbogen in die Seite, so habe sie das nicht gemeint, auch sie lacht dabei. Markus meint, Lust habe er ja sowieso, aber sie sollten das nicht so planen, das werde sich ergeben. Im Haus ihrer Eltern werde es sie aber wohl nicht so sehr drängen. Sie legt sanft ihren Arm um seine Hüfte, zieht ihn an sich, das sei richtig, sie habe keine Eile und wenn es denn passiere, sei es gut, aber die Stimmung müsse schon passen.
Wieder bei den Eltern angekommen, essen sie zu Abend, dann schlägt Annkathrin vor, daß sie Siedler spielen können, das hätten sie schon lange nicht mehr gemacht. Alle stimmen zu und der Abend wird recht vergnüglich.
Annkathrins Mutter ist dann etwas verlegen, als es um einen Schlafplatz für Markus geht. Annkathrin zieht ihn jedoch entschlossen zu sich heran und meint, sie kämen schon mit ihrem Bett klar, sie müsse sich nicht sorgen. Sie seien auch sehr müde, dann spiele es auch keine Rolle, wenn es etwas eng sei. Ihre Mutter lächelt etwas verlegen und sie beide wünschen eine gute Nacht und verschwinden auf ihr Zimmer. Tatsächlich kuscheln sie sich dann eng zusammen und schlafen recht schnell ein.