Alternative Buchvariante (EPUB) mit Graphik
Geschrieben: 2001-02/03
Als Jonas diese Nacht nach hause kam, registrierte Petra wieder, daß er sich anders benahm als an den anderen Tagen und verzichtete auch diesmal auf einen Besuch. Sie machte sich Gedanken, ob seine Bemühungen um Maria Michaela vielleicht doch erfolgreicher waren, als sie vermutet hatte. Richtig beunruhigt war sie jedoch nicht, denn mit der jetzigen Situation war sie sehr zufrieden - und am Verhalten von Jonas ihr gegenüber hatte sich nichts verändert.
Eifersüchtig auf Maria Michaela war sie nicht, die war eigentlich sehr nett. Wenn sie sich miteinander unterhielten, kamen sie gut miteinander aus. Zwar waren die Gespräche nie lang, doch wie Jonas behandelte Maria Michaela sie sehr gut, anders als die anderen Dorfbewohner. Auch mit ihr konnte man ganz normal reden.
Zwar hätte es Petra besser gefallen, Jonas Interesse an Maria Michaela hätte nachgelassen, doch mußte sie eingestehen, daß sie zu ihm gegangen war, obwohl sie vom ersten Augenblick wußte, daß er sich um Maria Michaela bemühte.
Dennoch hatte er sie nicht zurückgewiesen - und bei ihm fühlte sie sich sicher und geborgen. Sie war zufrieden, sie kamen in allem gut miteinander zurecht. Mit Maria Michaela redete er nur, soweit sie wußte. Sie war sich sicher, daß sie richtig gehandelt hatte. Selbst wenn es Probleme geben sollte, diese glückliche Zeit mit Jonas konnte ihr niemand mehr nehmen. Sie würde nicht durch Fragen oder Anmerkungen riskieren, daß sich an ihrem Glück etwas änderte.
So gingen weitere Wochen ins Land, das Schäferstündchen von Jonas und Maria Michaela fand immer in jener Hütte statt, immer am gleichen Tag in der Woche. Petra blieb vorsichtig und kam nur die anderen Nächte zu Jonas, um möglichen Schwierigkeiten aus dem Wege zu gehen. Diesem wiederum war es gerade recht, daß sich das alles so gut fügte.
Doch es stellte sich für Petra sehr schnell heraus, daß die Dinge nicht so weiterlaufen konnten wie bisher. Sie mußte feststellen, daß sie schwanger war und konnte und wollte das Jonas nicht lange verschweigen. Als es ihr zur Gewißheit wurde, freute sie sich, denn sie mochte Kinder eigentlich sehr gern, und ein Kind von Jonas war ein wunderbares Zeichen ihrer Liebe. Sie jubelte innerlich und glaubte schon, jeder müsse ihr das ansehen. Tatsächlich bekam ihr die gute Laune und die Fröhlichkeit, ihr das gesteigerte Selbstwertgefühl sehr gut. Unwillkürlich bekam das jeder mit, der mit ihr zu tun hatte. Das Verhalten ihr gegenüber wurde dadurch deutlich besser. Sie war deutlich selbstbewußter geworden und die Leute mußten sie nun endgültig so akzeptieren wie sie war.
Obwohl Petra so glücklich über ihre Schwangerschaft war, sorgte sie sich nun auch um ihr Kind. Aus der eigenen Erfahrung heraus wußte sie ja, daß es Probleme ohne Vater geben würde. Es half alles nichts, sie mußte mit Jonas reden. Davor hatte sie etwas Angst. Sie konnte nicht einschätzen, wie er reagieren würde. Nie hatten sie über ihre Beziehung gesprochen, das lag ihr einfach nicht, sie handelte lieber statt zu reden. Wie sollte sie jetzt anfangen? Und dann gleich mit der Botschaft von einem Kind? Sie zitterte. Sollte sie tagsüber mit ihm sprechen? oder bevor sie zusammen waren? danach? morgens bevor sie ging? Wie sollte sie es nur anstellen?
Beinahe die gleichen Fragen stellte sich Maria Michaela, denn ihre Vermutung hatte sich ebenfalls bestätigt. Gleich beim ersten Beisammensein mußte es geklappt haben. Auch sie war glücklich. Auch sie wartete ab, um Gewißheit zu haben. Auch sie zögerte dann noch, es Jonas zu sagen. Die Wahrheit mußte auf den Tisch, daß sie die Prinzessin war. Und daß sie endlich wissen wollte, wer er wirklich sei. Es war ihr ja schon ganz egal, was dabei heraus käme. Sie liebte ihn doch, egal wer er dem Namen nach war, doch sie wollte keine Geheimnisse mehr, die wie Schatten über ihrer Liebe lagen.
Obwohl ja Gelegenheit genug war, vermochte sie doch nie auszusprechen was sie nun wirklich bewegte. Ja, die Zeit wurde schon fast knapp, um alles in Ruhe zu regeln, denn die ersten kühleren Abende kündigten schon an, daß der Sommer nicht ewig dauern würde.
Die Arbeiten an der Mechanik im Glockenturm waren abgeschlossen, es war alles noch viel besser als Petra sich das erhofft hatte. Auch Jonas Lernen machte gute Fortschritte, zu ihrem eigenen Erstaunen mußte sie feststellen, daß sie ihm wirklich viel beigebracht hatte. Manchmal, wenn sie ihm bei der Arbeit zusah, träumte sie davon, daß er einfach bliebe und sie eine glückliche Familie würden. Doch die Zukunft mußte sich jetzt entscheiden. Sie lag nicht allein in ihrer Hand, doch an ihr war es nun, die Dinge ins Rollen zu bringen.
Es ging nicht länger, einfach nur zu lieben und nichts weiter zu sehen. Sie mußte an das Kind denken und eine Entscheidung herbeiführen, Gewißheit über die Zukunft haben, wie immer die dann auch aussehen mochte. Sie würde ihm auch überall hin folgen, alles als ihr Schicksal annehmen, nur warten konnte sie nicht mehr.