Alternative Buchvariante (EPUB) mit Graphik
Geschrieben: 2001-02/03
Einst lebte vor langer langer Zeit in einem fernen fernen Königreich
eine junge, wunderschöne und zudem noch sehr intelligente Prinzessin
namens Maria Michaela. Das Reich lebte in Frieden und Wohlstand mit den
Nachbarstaaten.
So lange herrschte schon Frieden, daß sich die Oberschicht aller
Staaten zusammen praktisch von einem rauschenden Fest zum nächsten
bewegten statt sich zu bekriegen.
Die Prinzessin hatte schon einige Jahre an diesen gesellschaftlichen
Ereignissen teilgenommen, hatte eifrig mitgefeiert, was auch immer
zu feiern anstand. Fröhlich betrieb sie Konversation über
das Wetter und andere Teilnehmer dieser Parties. Immer war sie zu
harmlosen Scherzen aufgelegt, beteiligte sich an spielerischen Intrigen
mit großer Begeisterung, kokettierte mit zahllosen ernsthaften
und weniger ernsthaften Verehrern.
Seit ein paar Jahren war sie nun auch schon im heiratsfähigen
Alter, so daß die Verehrer entschlossener wirkten. Die Prinzessin
jedoch, den leichten gesellschaftlichen Ton gewohnt und immer sehr
skeptisch und vorsichtig, wenn es um sie selbst ging, nahm die Herren
alle nicht sonderlich ernst. Zwar flirtete sie recht gern und hatte
ihre Freude und ihren Spaß an der regen Aufmerksamkeit, die ihr
so zukam, doch niemand vermochte ihr Herz zu bewegen, wohl aber sie
mit ihren Versuchen lauthals zum Lachen zu bringen.
So wurden ihre Kommentare immer treffsicherer und ironischer. Sie
machte sich einen Spaß daraus, ihre Galane an der Nase
herumzuführen - zur allgemeinen Kurzweil ihrer Bekannten und
zunehmend auch der ganzen feiernden Gesellschaft.
Bald schon war ihr Ruf weit über die Nachbarstaaten hinaus
gelangt als die Unnahbare, die mit ihren Verehrern spielte, die ihnen
närrische Aufgaben stellte und am Ende immer lachende Siegerin
dieser Spielchen um ihre Gunst war.
Allerdings war sie auch weit geachtet als geschickte
Gesprächspartnerin und Kommentatorin. Man schätzte bald ihre
präzisen und geistreichen Analysen, ihre treffenden Kommentare
und ironischen Bemerkungen, die ihr zu jedem Themenbereich von jetzt
auf gleich einzufallen schienen. Solange man keine persönlichen
Absichten hatte, konnte man von ihrer Gesellschaft nur profitieren.
Natürlich war sie damit auch eine Herausforderung für so
manchen, der sich schier für unwiderstehlich hielt und sich dann
doch nur zum Toren machte. Die Spielchen der Prinzessin mit solchen
Verehrern wurden so immer ausgefallener, Maria Michaela hatte ja auch
nichts weiter zu tun, da sie ja auch nicht den ganzen Tag lesen, sich
weiterbilden und diskutieren konnte. So begann sie sich doch zu
langweilen. Ihr schienen ihre täglichen Tätigkeiten wenig
nützlich zu sein, nur Unterhaltungswert für sie und ihre
Bekannten zu haben.
Zwar lernte sie auch schlaue und redegewandte Männer kennen, die
es durchaus mit ihr aufnehmen konnten, doch waren die meist älter
und bereits verheiratet oder gefielen ihr von ihrem Wesen her nicht.
Es deprimierte sie auch etwas, daß keiner ihrer ernsthaften
Verehrer zu den Leuten gehörte, mit denen sie sich so länger
über interessante Dinge unterhalten konnte. Diese Galane schienen
alle oberflächlich zu sein oder davon getrieben, ihr überlegen
sein zu wollen, sie beeindrucken zu wollen mit Fertigkeiten, die sie
nicht interessierten.
Sie entschloß sich eines Tages, über den Sommer eine
Pause zu machen, eine andere Welt, andere Menschen kennenzulernen, all
das, was sie inzwischen langweilte, für eine kleine Weile, ein
paar Monate hinter sich zu lassen.
Sie nahm sich vor, unerkannt durchs Land zu wandern, vielleicht
irgendwann ein paar Wochen in einer Kleinstadt zu verweilen, sich gar
dort nützlich zu machen, sich einfach zu erholen vom
süßen Müßiggang ihres Alltages.
Sie bereitete alles sorgfältig und im Geheimen vor. Nur zwei
engste Freundinnen halfen ihr dabei. Sie schrieb an ihre Eltern
einen entsprechenden Brief, daß diese sich nicht sorgten.
Sie wußte, daß ihre Eltern nicht wagen würden,
ihr nachzuforschen, denn auch diese hatten inzwischen eingesehen,
daß ihre Tochter erwachsen geworden war und ihre eigenen
Entscheidungen traf.