Die in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts handelnde Geschichte ist in Hannover angesiedelt. Personen und Handlung sind nicht biographisch. Der Text ist in der dargestellten Form und Kombination der Ereignisse also rein fiktional.
In der Mythologie ist Phönix ein Vogel, welcher zunächst zu Asche verbrennt und dann aus der Asche neu entsteht und sich prächtig und stolz einem neuen Leben widmet. Durch den Übergang aus der Asche zur neuen Gestalt oder Existenz, ist die Vergangenheit überwunden, weggebrannt und der Weg in ein weiteres Leben wird frei.
In der Erzählung werden auch sexuelle Handlungen und Gewalt dargestellt, es wird das Verhalten eines Opfers eines Vergewaltigungsversuches dargestellt. Wer eine Konfrontation mit Kriminalität und erzwungener oder freiwilliger sexueller Aktivität in Erzählungen eher vermeiden möchte, dem sei eher zu einer der anderen Erzählungen ohne solche Darstellungen geraten. Es sollte allerdings auch nicht erwartet werden, daß man hier in Sex- oder gar Gewaltorgien oder einer Kombination von beidem schwelgen könnte. Die Erzählung widmet sich eher den Folgen der Gewalt und der Bewältigung derselben und der Darstellung einer jungen Liebesbeziehung und der besonderen Probleme von Opfern, eine solche nach der Tat einzugehen, sich Ängsten zu stellen und sie zu bewältigen.
- Juliet: My only love, sprung from my only hate!
- Too early seen unknown, and known too late!
- Juliet: My bounty is as boundless as the sea,
- My love as deep. The more I give to thee,
- The more I have, both are infinite.
- Romeo: O bless'd, bless'd night! I am afeard,
- Being in night, all this is but a dream,
- Too flattering-sweet to be substantial.
William Shakespeare (Romeo and Juliet)
- Baby can I hold you
- Sorry
- Is all that you can't say
- Years gone by and still
- Words don't come easily
- Like sorry like sorry
- Forgive me
- Is all that you can't say
- Years gone by and still
- Words don't come easily
- Like forgive me forgive me
- But you can say baby
- Baby can I hold you tonight
- Maybe if I told you the right words
- At the right time you'd be mine
- I love you
- Is all that you can't say
- Years gone by and still
- Words don't come easily
- Like I love you I love you
Tracy Chapman
Von einer inneren Unruhe getrieben gehe ich durch die Stadt, ziellos durch die Geschäfte, deren Waren die Leere in mir nicht füllen können, die in ihrer Leblosigkeit keine Beziehung zu mir haben, ich schaue die Leute an. Ich schaue zu, wie sie irren, suchen, probieren, kaufen, unnütze Dinge kaufen, durch die Straßen hetzen, kaufen, hetzen, hetzen, kaufen. Auch nicht lächerlicher als mein Umhergeirre, meine vergeblichen Versuche, meine Langeweile, meine Leere in mir durch beobachten zu füllen. Es ist absurd, aber sie können offenbar nicht einmal über sich selbst lachen wie ich über mich selbst lachen kann - ha! Ich schaue zu, beobachte und amüsiere mich, nicht zuletzt über mich selbst, weil ich dem eifrigen, sinnfreien Treiben auch noch so interessiert zuschaue.
All dies Treiben ist letztlich zurückzuführen auf ein Gewusel von Atomen, die sich zusammengeplumpt haben und sich im Kollektiv ein Bewußtsein einbilden, Ziele setzen und sie verbissen verfolgen, als wären sie wirklich von Belang in den endlichen oder vielleicht gar unendlichen Weiten des Universums. Was sind wir schon als wabbeliger Schmodder, Restmüll von Sternenexplosionen, der sich in irgendeiner Ecke wieder zusammengeplumpt hat, aus dem sich dann etwas beunruhigend beängstigend Lebendiges entwickelt hat, welches sich dann gar erdreist, über sich selbst und das Universum zu reflektieren? Gut nicht alle tun das, viele kaufen lieber irgendwas ein, andere müssen hungern und kämpfen um ihr Überleben und einige wie ich beobachten eben und reflektieren über das Leben, das Universum und den ganzen Rest. Ich habe Zweifel, ist da wirklich mehr hinter dem schönen Schein des Seins als die Wuselei der Atome? Ist da mehr als die logische Konsequenz sich über Milliarden von Jahren selbst organisierender Molekülklumpen? Und diese überdauern dann doch nur ein paar Jahre, Jahrzehnte als Wesen, wobei ihre Bestandteile schon einem steten Austausch unterliegen. Was bleibt also letztlich von der Eile, die Ziele zu erreichen, was bleibt vom Kauf am Ende des Lebens? Was bleibt von der Hetzerei als das Vergehen der Zeit im Laufschritt ohne den Genuß der Langsamkeit, des Müßigganges? Was bringt das Umhergeirre ohne Reflexion über das eigene Tun, ohne Verständnis und Selbstkritik? Wozu all der Aufwand an Wegwerfkonsum, wenn damit unnütz vertan wird, was spätere Generationen dann noch bitter werden missen müssen? Was bleibt von der Erkenntnis über das eigene Sein, über das Universum? Was bleibt?
Und ist es nicht ohnehin besser, daß alles schnell wieder vergeht und sich in anderes konvertiert im Tanz der Atome durch die Raumzeit? Ist nicht Belanglosigkeit, Beliebigkeit, Absurdität der Kern des Universums und wir als über all das winziger reflektierender Schmodder nur ein Randwitz, eine Randnotiz, ein Moment im sich stets wandelnden Universum? Wozu also die Hetze, wozu all das Gieren und Kaufen und Denken?
Ich will mich ablenken von meinem Alltag, meinen Studien und forsche doch, studiere, was um mich herum Rätselhaftes vorgeht: Ich folge dann einer aufregend aussehenden dunkelhaarigen Frau, welche die Georgstraße vom Steintor Richtung Kröpcke entlangeilt, ich schaue, wie sie sich bewegt, wie sie auf die Uhr sieht, ich folge, um sie zu beobachten; welche Rollen spielt sie an diesem Abend in dieser Stadt? In diesem Spiel des Alltags? In ihrem Leben? Welche Irrung, welcher Zufall hat sie über meinen Weg geführt? Diese beiden bislang voneinander unabhängigen Trajektorien durch die Raumzeit überschneiden sich hier zufällig an einem belanglosen Ort zu einer belanglosen Zeit und ich lasse mich auf den Zufall ein und lasse mich treiben, hinter ihr her. Sie benutzt die Rolltreppe, gelangt in die Passerelle, ich folge ihr noch immer, doch hat sie vielleicht schon etwas gemerkt? Das könnte zu einer dramatischen Wende in unserem gemächlichen Dahinplätschern führen. Ich zögere, sie schaut sich kurz um, ändert die Richtung, geht die Passerelle hinunter Richtung Hauptbahnhof, verschwindet dann aber in einem Geschäft, ich halte einen größeren Abstand, daß ich sie beinahe aus den Augen verliere, als sie sich noch einmal kurz umdreht, mich zwar nicht sieht, aber verunsichert zu sein scheint. Ich verlasse das Geschäft wieder und betrete ein anderes Geschäft und gehe von dort zurück zur Georgstraße und weiter durch die Große Packhofstraße. Besser doch, ich lasse ihr und mein Leben weiter Dahinplätschern, es wäre doch nur ein unangenehmer Schock oder Zwischenfall, wenn ich unsere beiden Existenzen plötzlich miteinander konfrontierte.
Also lasse ich mich weiter treiben und beobachte die Menschen und wie sie durch die Stadt strömen. Diesmal fällt mir eine blonde Frau auf, ich folge auch ihr eine ganze Weile, dann in ein Kaufhaus, wo sie sich umschaut. Es ist voll, sie bemerkt mich nicht. Ich folge ihr noch immer, als sie das Kaufhaus wieder verläßt, zum Kröpcke geht, sich dort mit der Rolltreppe zur Straßenbahn begibt. Sie setzt sich auf einen Einzelplatz, ich bleibe auf dem Gelenk der Bahn ihr schräg gegenüber stehen, lehne mich an die Wand, schaue mich in der gut gefüllten Straßenbahn um, doch mein Blick kehrt immer zu ihr zurück, gleitet über ihren Körper, tastet ihr nur schräg von hinten sichtbares Gesicht bis ins Detail ab. Trotz aller Trivialität unserer Existenz, in jedem Menschen steckt ein Rätsel, ein Geheimnis, welches es wert wäre, entdeckt, gelüftet zu werden. Natürlich kann das Ergebnis auch sehr enttäuschend sein, was aber nicht immer der Fall sein muß. Verbirgt sich in ihrem Kopf ein wertvoller, wundervoller Gedanke und wird es diesem gelingen, daraus hervorzutreten, um der Allgemeinheit bekannt zu werden, uns allen eine neue Erkenntnis schenken? Oder bleibt alles im Kopf verborgen, ein nie geborgener Schatz? Oder ist solch ein wertvoller Gedanke bereits hervorgetreten und weitere lauern bereits auf eine Chance, ebenfalls bekannt zu werden? Oder dreht sich in dem hübschen Kopf doch alles um Belanglosigkeiten wie schöne Schuhe und Handtaschen, den aktuellen oder den nächsten Liebhaber, das alberne Gezänk mit Freunden, Feinden, Kollegen? Und selbst, wenn nicht mehr darin stecken würde, wäre das schlecht? Es wären dann immerhin keine finsteren Gedanken, sich die Menschheit zu unterjochen oder zu vernichten, eine Phantasie von Macht und Gewalt, stattdessen vielleicht nur bunte Schuhe mit hohen Absätzen, unpraktische, teure Handtaschen - und man muß es sagen, beides trägt sie zur Schau - aber man kann das nicht einschätzen, während sich ihre Füße der Lust oder Qual hingeben, diese unpraktischen, unbequemen Schuhe zu tragen, mögen in ihrem Kopf wundervolle philosophische Gedanken schlummern, mag etwas komplexe mathematische Beweise aufstellen, vielleicht gerade weil die Schuhe drücken, die Füße schmerzen und der gequälte Geist nach intellektueller Ablenkung dürstet. Vielleicht dürstet aber auch nichts und da ist einfach nur Durchzug. Man kann es von außen nicht erkennen, was schon an sich faszinierend ist.
Als sie sich ebenfalls gelangweilt umsieht, treffen sich unsere Blicke für einen Augenblick, ohne Eile lasse ich meinen Blick über andere Fahrgäste schweifen und ihn alsbald zu ihr zurückkehren, da sie nun nicht mehr in meine Richtung schaut. Das wiederholt sich mehrmals, wobei es mir nicht gelingt, mein Gesicht zu einem harmlosen Lächeln zu bewegen, ich weiß, ich brächte nur ein verzerrtes, aufgesetztes Grinsen zustande. Irgendwann steigt sie aus, ich ebenfalls durch eine andere Tür der Straßenbahn. Sie geht, nein sie schreitet mit äußerst eleganten Schritt ein Stück voran im Strom der anderen Leute, die ebenfalls ausgestiegen sind, ich gehe ein Stück weiter hinter ihr. Plötzlich bleibt sie stehen, tut so, als suche sie etwas in ihrer komisch unpraktischen Handtasche. Ich kann nicht stehenbleiben, muß an ihr vorbei, wahrscheinlich ahnt sie, daß ich nur ausgestiegen bin, um ihr zu folgen. Als ich an ihr vorbei bin, drehe ich mich nicht um, gehe weiter, verschwinde hinter der nächsten Straßenecke, gehe um das ganze Viertel herum zurück zur Haltestelle. Ich schaue mich um, ob sie mich verfolgt hat, oder ob sie noch in der Nähe der Haltestelle ist, was aber nicht der Fall ist. Ja was eigentlich, wenn mich jemand auf meinem Weg durch die Stadt beobachtet hätte, wie absurd wäre diesem all das erschienen, mein wahlloses Herumgeirre, zielloses Dahinplätschern, erst dieser Person ein Stück folgend, dann jener, als suche ich etwas ohne benennen, bezeichnen zu können, was es genau ist, was ich zu finden hoffe, ohne vielleicht eigentlich überhaupt zu suchen. Es gibt kein richtiges Ziel, also ergibt der Weg auch keinen Sinn. Negiert man den Sinn eines Ziels, ist auch jeglicher Weg dahin unsinnig, belanglos, absurd.
Als die Straßenbahn in die Gegenrichtung kommt, steige ich ein. Ich setze mich, fahre wieder Richtung Innenstadt. Die Straßenbahn ist ziemlich leer. Außer ein paar Leuten, die mich nicht weiter interessieren, ist da noch eine junge, rothaarige Frau, die gleich meine Aufmerksamkeit weckt, mich in ihren Bann zieht, obwohl sie ziemlich unauffällig gekleidet ist. Der Blick ihrer graugrünen Augen, die ich nur flüchtig im Vorbeigehen bewundern kann, ist gedankenverloren, starr nach draußen gerichtet, dabei ganz in sich versunken. Ihre Beine hält sie dicht zusammengepreßt, die übereinandergelegten Hände dagegengedrückt. Alles an ihr spricht zu dem Beobachter "Laß' mich in Ruh'!", deshalb will ich mich eigentlich weiter umsehen, doch es gelingt mir nicht, meine Aufmerksamkeit von ihr zu lösen. Alles an ihr sagt "Ich will unauffällig sein, bieder und eigentlich gar nicht an diesem Ort". Ihre Haare sind zu einem Knoten hochgebunden, was streng wirkt, ihre so nur mühsam gebändigten Locken haben ein sehr schönes Rot, das Gesicht ist mit Sommersprossen gesprenkelt. Je länger ich sie anschaue, desto interessanter erscheint sie mir, ja, sie ist schön, ich halte sie für sehr schön, was sie nicht verbergen kann, obwohl alles an ihr den Eindruck macht, als wolle sie so unscheinbar wie möglich sein. Ihr Aussehen ist vielleicht nicht von dieser stromlinienförmigen, austauschbaren Schönheit von Modellen, sondern sehr speziell, individuell, unverwechselbar, was sie um so interessanter erscheinen läßt. Ich sollte ihr nicht folgen, ihre ganze Erscheinung, ihr Verhalten sagt eindeutig, daß ich mich nicht weiter um sie kümmern sollte, ihr nicht lästig fallen, doch ich kann nicht anders, als sie am Kröpcke aussteigt, gehe ich ihr nach. Ein Kopf mit weiteren unergründlichen Rätseln? Wertvollen Gedanken? Bei ihr quillt allerdings das Faktum eines Geheimnisses förmlich hervor, dominiert ihr Verhalten, ihre Erscheinung.
Sie geht in einen Buchladen, stöbert nicht sehr interessiert in den Sonderangeboten. Schließlich scheint sie etwas gefunden zu haben. Sie bezahlt und geht wieder zur Straßenbahnstation zurück. Sie hat mich bisher nicht bemerkt, die Straßenbahn ist jetzt ziemlich voll, es ist bald Geschäftsschluß. Ich beobachte sie weiter, sie steht im Gang, sich an einer Schlaufe festhaltend, gedankenverloren und in sich versunken. Was um sie herum passiert, geht scheinbar ganz an ihr vorbei.
Was mir wieder auffällt, ist ihre gezwungene Haltung, als habe sie eine schwere Last zu tragen, dabei hat sie nur eine kleine Tasche und einen Papierbeutel mit dem gekauften Buch bei sich. Bis zum Aussteigen verharrt sie praktisch in völliger Bewegungslosigkeit. Draußen folge ich ihr weiter durch ein Wohnviertel, durch einen schlecht beleuchteten Park, der etwas unübersichtlich ist, da dicht mit Sträuchern und Bäumen bepflanzt, so daß es mir leicht gelingt, mich zu verbergen, doch schaut sie ohnehin weder links noch rechts noch zurück und eilt noch zügiger als zuvor in geduckter Haltung voran, weiter. Hinter dem Park geht sie noch ein Stück weiter, biegt dann zu einem Haus ein und bleibt davor stehen. Sie schließt auf, geht hinein, die Tür fällt hinter ihr zu, da ich keinen Versuch mache, sie aufzuhalten. Ich gehe auf die gegenüberliegende Straßenseite, schaue hinauf. Kurz darauf geht oben ein Licht an, es ist naheliegend, daß das ihre Wohnung ist. Draußen ist es bereits dunkel.
Ich warte noch ein paar Minuten, dann sehe ich sie, ich bin mir ziemlich sicher, sie läßt die Jalousie herunter. Ich kombiniere, begebe mich zu den Klingeln an der Haustür, vermute, welches ihr Name sein könnte, dann gehe ich zurück zur Straßenbahn und fahre nach Hause.
Zuhause angekommen, esse ich Abendbrot, sehe fern, doch die rothaarige Frau geht mir nicht aus dem Kopf. In Gedanken gehe ich noch einmal genau durch, was ich von ihr gesehen, erlebt habe, seit ich sie das erste Mal gesehen habe. Aus der Belanglosigkeit des Schmodders, des Restmülls von Sternenexplosionen hat sich plötzlich dieses Wesen manifestiert und drängt alle belanglose Philosophiererei in den Hintergrund. Unverlangt fügt sie all dem noch ein weiteres Rätsel hinzu, ganz klar, ihr eigenes Rätsel, nichts von Belang für den Rest des Universums, aber für sie. Und jetzt auch für mich? Ein Moment, ein flüchtiger Eindruck hat mich gefangen und läßt mich nicht los. Ich hätte sie nicht verfolgen sollen.
Als ich im Bett liege, kann ich lange nicht einschlafen, ich denke an sie, sie interessiert mich. So viel Interesse ist nicht gut, weil es mir hoffnungslos erscheint, allzu deutlich hat alles an ihr zu mir gesprochen, daß sie nichts als in Ruhe gelassen werden will. Doch ich bin neugierig geworden. Was ist ihr Geheimnis? Wie finde ich es heraus? Was steckt in ihrem Kopf? Welche Gedanken kann man ihr entlocken, welche mögen sich in ihrem Kopf entwickeln? Was bedrückt sie, was ist die unsichtbare Last, welche sie offenbar niederdrückt? Aber alles an ihr bringt zum Ausdruck, sie will ihr Geheimnis bewahren, in sich verschlossen halten, obwohl es ganz offenbar zu viel für sie und ihr zartes, sensibles Wesen ist. Es ist ihre Last, ihr Rätsel, ihre Entscheidung, ihre Wahrheit, ihr Bild von der Welt, nicht meines.
Trotzdem: Ich kann nicht anders, stelle das Uhrenradio sehr früh, hoffe, sie am Morgen beim Verlassen des Hauses nicht zu verpassen. Wann wird sie es überhaupt verlassen? Ich habe am Donnerstag Vorlesungen und nicht den ganzen Morgen Zeit. Und warum tue ich das überhaupt? Was ist das Ziel meines Tuns? Was habe ich davon, sie zu verfolgen? Ihr nähern werde ich mich doch ohnehin nicht. Ich bin zu feige und werde mich nicht trauen, das ist ganz klar. Was oder wie sollte ich sie fragen, um hinter ihr Geheimnis zu kommen? Wie das Rätsel lösen, ohne meine eigene Leere, mein Rätsel zu offenbaren, die Absurdität meines Handelns offensichtlich zu machen? Alles ist so wirr und absurd und ich fühle mich eigentlich schon jetzt dumm und schlecht, weiß aber doch bereits, ich werde aufstehen und versuchen, mehr über sie herauszufinden.
Ganz früh fahre ich zu dem Haus, in dem sie wohnt und warte. Endlich wird in der Wohnung Licht gemacht, ich war schon etwas ungeduldig geworden, obwohl bis zu meiner ersten Vorlesung heute noch Zeit ist. Ich warte noch eine Weile, verberge mich dann hinter Büschen in jenem Park, durch den sie gehen muß, wenn sie zur Straßenbahn will.
Tatsächlich kommt sie vorbei, trägt dieselben Sachen wie zuvor am Abend, eine dicke wollene Jacke mit dunklem Muster, einen langen Rock, dicke, lange wollene Strümpfe, flache Schuhe. Die Haare trägt sie auch wieder zu einem Knoten hochgebunden. Die Handtasche hat sie über der Schulter gehängt.
Ich folge ihr vorsichtig, sie scheint mich nicht zu bemerken, eilt mit schnellen Schritten durch die Straßen zur Haltestelle. Dort angekommen, wird es für mich schwierig, da nur zwei weitere Personen außer ihr warten. So wie sie an der Haltestelle steht, wird sie in den ersten Wagen einsteigen. Ich beschließe, bis zum letzten Augenblick zu warten und dann zur Bahn zu eilen und in den zweiten Wagen zu steigen. Als die Straßenbahn kommt, gelingt dieses Manöver, ich begebe mich im zweiten Wagen ganz nach vorn. Bei der übernächsten Haltestelle wechsele ich schnell in den vorderen Wagen. Ich finde schräg hinter ihr noch einen Sitzplatz. Sie sitzt mir den Rücken zugewendet, wirkt wieder irgendwie angespannt, während ihr Blick starr aus dem Fenster gerichtet ist, nunmehr auf die Betonwände des U-Bahn-Schachtes. Blickt man so aus der fahrenden Bahn ganz dicht auf den grauen Sichtbeton, wischt dieser nur so vorbei zu einem diffusen Strom aus abstrakter Struktur. Es wenn das Augen für einem Moment einen Punkt fixieren würde, würde sich dieser für diesen kurzen Augenblick aus dem verwischten Strukturbrei herauslösen, um gleich im nächsten Moment schon entschwunden sein. Dieser Wischeffekt wird zum Charakteristikum der Beobachtung. Gleichzeitig werden die eigenen Gedanken mit dem kurz fixierten Betonstück fortgerissen, während man selbst durch Raum und Zeit davongezerrt wird.
Ich folge ihr auch, als sie am Kröpcke wieder umsteigt. Diesmal stehe ich schräg hinter ihr, während sie wieder einen Einzelplatz bekommen hat. Ich sehe ihr Gesicht im Fenster der Straßenbahn, wie sie mit starrem Blick immer noch das nur von der Innenbeleuchtung des Zuges spärlich erhellte Grau des U-Bahn-Tunnels an sich vorbeifliegen läßt. Ein philosophischer Moment. Während man selbst ruhend dahineilt, zeigt einem der durch die Bewegung verwischte Beton, wie die Zeit eilig zwischen unseren Gedanken versickert. Ist ist das vielleicht auch gerade jetzt eingefallen? Oder ist es ein ihr bereits schon vertrauter Gedanke, eine automatische Assoziation beim Blick auf die eilig verwischten Betonwände? Oder ist das für sie da draußen einfach nichts und sie ist versunken in eigenen Gedanken, in ihrer eigenen Welt, in welche die Information von ihren Augen jetzt nicht einzudringen vermag?
Sie ein Stück vorangehen lassend, schleiche ich ihr weiter nach, als sie aussteigt, auch jetzt bemerkt sie mich nicht, obwohl nicht viele Leute an dieser Station aussteigen, sie schaut sich nicht um und eilt durch die Straßen. Ihr Weg führt uns zum Hintereingang eines Gebäudes, in dem sie wohl arbeitet. Ich bleibe in einiger Entfernung stehen, während hinter ihr die Tür zufällt. Weiter folgen kann ich ihr nicht, ich kehre zur Straßenbahn zurück, fahre Richtung Innenstadt und Universität. Doch wie soll es mit ihr weitergehen? Ob sie das Gebäude verlassen wird, wenn sie Mittagspause hat? Wann hat sie Feierabend? Mittags habe ich keine Zeit, um auf sie zu warten. Wegen des Feierabends wird man hoffentlich von Mittwoch auf Donnerstag extrapolieren können. Ich werde vermutlich rechtzeitig da sein können. Das Gebäude hat auch noch einen Haupteingang, durch den einige andere Personen hineingegangen sind, ich müßte beide im Auge behalten, um sie nicht zu verpassen, was aber nicht geht, doch wenn ich mich am voraussichtlichen Weg zur Straßenbahn aufstelle, werde ich sie vermutlich nicht verpassen.
Am späten Nachmittag warte ich eine ganze Weile vor dem Gebäude, in dem sie am Morgen verschwunden ist. Ich bin von einem Arbeitstag mit acht Stunden und Pause ausgegangen, von daher habe ich grob geschätzt und mich hoffentlich rechtzeitig positioniert. Ich glaube schon, sie sei früher gegangen, bevor ich hier angekommen bin und beschließe, nur noch fünf Minuten zu warten, als sie endlich doch kommt. Sie eilt wieder mit schnellen Schritten Richtung Straßenbahn, ich hinterher, steige in den gleichen Wagen, noch immer scheint sie mich nicht bemerkt zu haben. Besondere Vorsicht scheint jedenfalls gar nicht notwendig zu sein, sie achtet einfach nicht auf ihre Umgebung oder auf andere Menschen. Auch das sollte mir zu denken geben, trotzdem kann ich nicht einfach stehenbleiben und sie weiter ihre Kreise ziehen lassen und meiner Wege gehen.
Am Kröpcke steigt sie wieder aus. Sie stöbert ziellos in einigen Geschäften, geht später zu einem griechischen Schnellimbiß, ißt etwas, dann geht sie weiter durch die Innenstadt, inzwischen ist es ganz dunkel und Abend geworden.
Sie betritt ein Kino, auch dorthin gehe ich ihr nach, setze mich ein paar Reihen schräg hinter sie. Ich bin etwas besorgt, ob ich sie nicht am Ende des Films in der herausströmenden Menschenmasse verlieren könnte. Als es dann soweit ist, habe ich jedoch Glück und behalte sie im Auge, bis wir am Kröpcke sind und in die Bahn einsteigen. Wieder setze ich mich ein paar Plätze hinter sie, die Bahn ist relativ leer, doch abermals schaut sie sich nicht einmal um, so daß keine Gefahr besteht, daß sie mich entdecken könnte.
Nachdem sie ausgestiegen ist, eilt sie wieder durch die Straßen, es kommt mir noch schneller als sonst vor. Ich bleibe etwas zurück, damit sie auf der schon einsamen Straße nicht meine Schritte hört und mich entdeckt.
Als sie durch den von Büschen und Bäumen dicht bewachsenen, nur dämmrig beleuchteten Park eilt, passiert, was ich zunächst nur jeder Bewegung unfähig und hinter den Sträuchern verborgen fasziniert und schockiert beobachte:
Eine vermummte Gestalt läuft plötzlich und wie aus dem Nichts auf sie zu, schlägt sie in Magen und Gesicht, mehrmals, sie wehrt sich nicht, schreit nicht einmal, stöhnt nur leise vor Schmerz, fällt zu Boden.
Er zieht sie brutal an den Haaren vom Weg weiter in den Park hinein, halb schleift er sie, halb stolpert sie hinterher. Mich unsicher aus meiner Erstarrung lösend gehe ich auch ein paar Sträucher weiter durch das Dämmerlicht vom Weg weg in den Park hinein, bis ich sie wieder sehe. Er hat sie wieder zu Boden geworfen. Jetzt tritt er sie noch einmal in den Magen, sie krümmt sich vor Schmerz, jedoch nur leise aufstöhnend. Er wirft sich auf sie, zieht den Reißverschluß ihrer Jacke auf. Sie liegt regungslos unter ihm, nur die Arme abwehrend gegen seinen Oberkörper gestemmt, das Gesicht zur Seite gedreht, während er ihren Pullover hochschiebt, gierig ihre Haut, ihre Brüste knetet.
Noch immer schaue ich fassungslos zu. Ich hätte doch wohl bemerkt, wenn dieser Typ sie in den Park verfolgt hätte - und vermutlich hätte er auch mich bemerkt, wenn er den Park von außen beobachtet hätte, als sie den Park betreten hat. Also nur ein Zufall? Hatte der Typ im Park auf irgendeine Frau gewartet?
Jedenfalls: Er drängt nun von unter her ein Bein zwischen ihre zusammengepreßten Knie, hilft mit einer Hand nach, schiebt den Rock hoch, sie rührt sich noch immer nicht, er schlägt sie trotzdem nochmal in Gesicht und Bauch, schiebt dann ihren Rock noch weiter hoch, seine Finger schieben sich pressend über die Haut ihrer Beine, drängen die Beine noch weiter auseinander, mit einem Ruck reißt er an ihrem Slip, wiederholt das, bis dieser nachgibt, er wirft ihn weg. Er schlägt sie nochmal ins Gesicht, macht sich am Gürtel seiner Hose zu schaffen, sie wendet den Kopf schmerz- und angstverzerrt zur anderen Seite.
Gleichzeitig bin ich fasziniert und angeekelt und schockiert, mit welcher Brutalität der Täter vorgeht, wie komplett egal ihm offenbar sein wehrloses Opfer ist, in welchem er offenbar keinen Menschen sieht oder doch nur einen, den es zu dominieren gilt. Wie abgestumpft muß er sein, um sie so leiden zu lassen? Mir ist schlecht und ich fühle beinahe den Schmerz der Frau in mir. Warum wehrt sie sich nicht? Warum hat sie nicht wenigstens versucht zu fliehen? Um Hilfe zu rufen? In mir kocht es, der Widerwille gegenüber dem Täter raubt mir fast die Sinne, ich balle die Fäuste vor Wut.
Er will gerade seinen Hosenknopf öffnen, als irgendetwas aus meinem Kopf heraus "Nein!" schreit, was mich selbst erschreckt. Ich bin plötzlich mit ein paar Sprüngen bei den beiden am Boden liegenden, zerre ihn an der Schulter zurück.
Der Täter ist jedoch nur kurz überrascht, noch mit dem gleichen Schwung, mit dem ich ihn von ihr weg und halb hochgezerrt habe, trifft mich sein Ellenbogen auch schon im Magen, ich taumele zurück, gekrümmt vor Schmerz stöhne ich auf, er erhebt sich blitzschnell, verpaßt mir im gleichen Moment einen derart kräftigen Tritt in den Magen, daß ich weiter rückwärts gegen einen Baum fliege, mit dem Kopf gegen einen tief hängenden, dicken Ast knalle, zusammensacke und bewegungslos vor Schmerz liegenbleibe. Es schaut noch kurz nach mir, wohl um sicherzugehen, daß er mich ausgeschaltet hat. Oder schaut er schon, in welche Richtung er fliehen will?
Doch nein, er ist offenbar davon überzeugt, mich außer Gefecht gesetzt zu haben, haut also nicht ab. Als er sich ihr wieder zuwenden will, ist sie jedoch bereits mühsam aufgestanden, richtet sich trotz ihres schmerzverzerrten Gesichtes auf, nimmt eine Kampfhaltung ein, was irgendwie bizarr wirkt. Er versucht, sie wieder zu dominieren, in den Griff zu bekommen, sie weiter mit Schlägen und Fußtritten zu traktieren, die sie jedoch jetzt zwar mühsam, aber doch recht geschickt abwehrt. Der Täter zögert einen Moment überrascht durch ihre plötzliche Wehrhaftigkeit. Dann geht sie zum Angriff über, ist deutlich schneller als er, der nun ihren Griffen, Schlägen und Fußhebeln und -tritten keine sehr erfolgreiche Verteidigung entgegenzusetzen hat, einiges abbekommt, ich meine gar, irgendetwas unter ihren Schlägen bei ihm krachen oder knacken zu hören und er stöhnt laut auf. Nun zögert sie, bleibt etwas auf Distanz, offenbar immer noch durch die vorherige Qual mitgenommen. Wankend weicht er zurück und läuft schwer angeschlagen davon. Sie geht ihm nur wenige Schritte nach, sinkt dann förmlich aus ihrer Kampfhaltung wieder in sich zusammen, kann sich kaum aufrecht halten, hält mit beiden Händen ihren Magen, kommt trotzdem langsam auf mich zu, fragt leise und mühsam, ob ich Hilfe brauche. Ich kann mich erst jetzt mühsam aufrichten, antworte, ich glaube, es werde schon so gehen, stehe auf, außer einer schmerzenden Beule am Hinterkopf und dem üblen Gefühl in der Magengegend scheint mir nichts zu fehlen, was ich ihr mitteile. Ob sie in Ordnung sei, frage ich zurück. Sie hält sich inzwischen ein Taschentuch an die blutende Nase, nickt zögernd, es werde schon gehen.
Ich schlage vor, die Polizei zu benachrichtigen, sie schüttelt den Kopf, das möchte sie nicht, wenn ich ihr einen Gefallen tun wolle, könne ich sie höchstens ein Stück begleiten. Ich stimme natürlich sofort zu, frage, warum keine Polizei. Langsam humpeln wir durch Dämmerlicht und Unterholz zurück zum Weg, sacken beide erst einmal auf eine Bank. Sie meint, das mit der Polizei sei Zeitverschwendung, der Mann sei weg, wir hätten nicht einmal sein Gesicht gesehen, und was er getragen habe, passe auf hunderte von mutmaßlichen Triebtätern in der Stadt - tatsächlich habe sie natürlich keine Ahnung, wieviele sich davon herumtreiben. Da sie anfangs nicht fähig gewesen sei, sich gegen ihn zu wehren, wie gelähmt gewesen sei, gebe es keine Haut- oder Blutreste von ihm. Da ihm die Vergewaltigung dank meiner Hilfe zum Glück nicht gelungen sei, gebe es auch keine Spermaspuren. Das einzige, was passierte, wären unangenehme Fragen, die sie nicht auch noch über sich ergehen lassen wolle. Ihre Magenschmerzen würden bald vorbei sein, die Nase und die aufgeschlagene Lippe bald aufhören zu bluten, nur durch die Schläge würden für ein paar Tage blaue Flecken, Schwellungen um die Wangenknochen und ein paar Striemen durch den zerrissenen Slip bleiben, im Grunde sei ihr nichts passiert. Vielleicht werde sie später anonym bei der Polizei anrufen, das könnte immerhin dazu führen, daß die hier mal öfter gucken. Das könnte natürlich dafür sorgen, daß es der Täter hier nicht noch einmal versucht. Aber dann vielleicht woanders. Sie hätte doch härter zuschlagen müssen, ihn von der Flucht abhalten. Nun sei es zu spät. Ich meine, mit mindestens einem Schlag müsse sie ihn richtig erwischt haben, ich hätte ein übles Geräusch gehört. Sie nickt, vielleicht die Rippen oder gar ein Arm, sie sei etwas benommen gewesen, habe das nicht richtig erkennen können. Das würde aber hinsichtlich der Ergreifung auch nichts nützen, das sei nicht charakteristisch genug und der Kerl könnte den Arztbesuch ja auch etwas verzögern, damit man es garantiert nicht zuordnen kann.
Der Schmerz wird dumpfer und erträglicher, ich kann wieder durchatmen, mich wieder bewegen. Auch sie scheint sich etwas erholt zu haben. Sie will den Park zügig verlassen, nicht länger hier verweilen, was gut zu verstehen ist. Wir stehen wieder auf, gehen ein Stück weiter auf das Ende des Parks zu. Inzwischen sind wir unter einer Straßenlaterne, sie fragt, ob Rock und Jacke von ihr schmutzig seien, ich sage ihr, daß ich nur ein paar Blätter sehe und etwas trockenen Schmutz, den man mit der Hand entfernen könne, was ich schon tun will, als sie mit einer Geste abwehrt, ich solle sie bitte nicht anfassen, sie mache das lieber selbst, was sie auch tut, gleichzeitig meint sie, ich solle mich ebenfalls umdrehen, damit sie sehen könne, ob meine Sachen schmutzig geworden seien. Das ist jedoch nicht der Fall. Ich ergänze, sie habe aber noch Blut im Gesicht. Gleich will sie sich darum bemühen, kann es aber mit ihrem Taschentuch nicht völlig entfernen.
Sie dankt mir für meine Hilfe, ich meine jedoch, ich sei ja schließlich keine große Hilfe gewesen, sie habe ihn von alleine in die Flucht geschlagen, warum sie sich nicht gleich so gewehrt habe?
Sie erwidert, sie sei völlig gelähmt, erstarrt, bewegungsunfähig gewesen, deshalb sei ich eben doch eine große Hilfe gewesen. Erst durch mein Hinzukommen und Eingreifen sei sie wieder zu sich gekommen, habe sich besonnen auf die Kampftechnik, die sie gelernt habe. Auch der Täter habe einige Kenntnisse darin gehabt, deshalb habe er es auch so schnell geschafft, mich außer Gefecht zu setzen, doch sie sei eindeutig besser gewesen, als sie erst wieder zu sich gekommen sei und sich auf den Kampf konzentriert habe. Dann sei alles nahezu automatisch gegangen, das einmal Einstudierte spule sich beinahe von alleine ab, trotz des Schmerzes und Hasses und der Angst habe sie sich jedoch zusammenreißen müssen, um nicht außer Kontrolle zu geraten und ihn umzubringen. Wäre er geblieben, wäre es ein Leichtes gewesen, ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen, ihn durch eine Kombination verschiedener Techniken zu Boden zu werfen und dann ein für alle Male fertig zu machen, das Genick zu brechen, ihm den Kehlkopf einzudrücken, oder einige andere widerliche Dinge, die ihr in dem Moment unwillkürlich durch den Kopf geschossen seien. Allerdings sei er ja sofort geflohen, als er bemerkt habe, daß er gegen sie keine Chance habe, so daß ihr der Augenblick einer solchen Entscheidung erspart geblieben sei, denn nach den Schlägen in den Magen, denen sie in ihrer Erstarrung nicht richtig begegnet sei, habe sie ihn nicht mehr verfolgen und stellen können, habe ihn entkommen lassen müssen, statt ihn fertig zu machen oder festzuhalten und andere Frauen vor ihm zu bewahren. Bisher sei das ja für sie nur ein Sport gewesen, wo die Gegner Bekannte gewesen seien, die man natürlich nicht verletzen wolle. Dies sei der erste echte Gegner gewesen, auch deswegen sei sie unsicher gewesen, das werde ihr nicht wieder passieren, was ihr dabei Angst mache, der Täter und noch mehr sie hätten diese Technik so angewendet, daß die Bewegungen nur noch Reflexe gewesen seien, die Kampftechnik habe bei ihr in diesen Momenten eine erschreckende Selbständigkeit erlangt, es sei alles wie von selbst abgelaufen, ohne daß sie darüber noch die volle Kontrolle gehabt hätte, zwar sei es notwendig gewesen, Gewalt anzuwenden, sich so zu wehren, doch habe sie auch etwas Angst davor, weil sie durch das Erlernte erst Möglichkeiten ohne ihre volle Kontrolle bekommen habe, Gegner auch zu töten, das sei gefährlich, auch dann letztlich nicht richtig, weil er versucht habe, sie zu vergewaltigen.
Sie sei mir sehr dankbar für meine Hilfe, das täten nicht viele Leute, weil sie keine Schwierigkeiten bekommen wollten. Ich nicke, ich sei nur zufällig hier in der Gegend, sie habe Glück gehabt, vor allem, als es ihr gelungen sei, selbst etwas zu tun, mein Beitrag sei ja sehr bescheiden gewesen, aber dabei hätte ich nicht einfach nur zu- oder wegsehen können.
Sie sagt, nach dem Vorfall wolle sie nicht alleine zu Hause sein und ihre Mitbewohnerin werde erst gegen Mitternacht kommen, ob ich ihr den Gefallen tun könne und mit ihr in einem Lokal solange warten, sie möchte mich einladen. Zwar habe sie auch das Bedürfnis, sich zu duschen, doch sie werde es aushalten, bis ihre Mitbewohnerin zu Hause sei. Ich überlege nicht lange, stimme zu, während wir gerade an dem Haus vorbeigehen, in welchem sie wohnt. Ein Stück weiter ist ein Lokal, welches wir betreten; wir setzen uns an einen Tisch in einer Ecke, sie bestellt für sich Wein, ich nehme Apfelsaft.
Sie entschuldigt sich für einen Moment, sie müsse kurz auf Toilette, sich die Blutreste aus dem Gesicht wischen. Als sie wiederkommt, hängt sie ihre Jacke über den Stuhl, trinkt den Wein in hastigen Zügen aus und bestellt noch ein weiteres Glas. Ich gebe ihr meine Adresse und Telephonnummer, falls sie es sich doch noch anders überlege und zur Polizei gehen wolle. Ich hätte ja noch weniger von dem Mann gesehen als sie, doch würde ich versuchen zu helfen.
Sie dankt, nimmt den Zettel und steckt ihn ein, bittet mich, jetzt nicht mehr über den Vorfall zu sprechen. Sie sitzt jetzt ziemlich zusammengesunken mir gegenüber, ihre Hände umklammern das Glas, auch wenn sie gerade nicht daraus trinkt. Sie meint, ich solle sie besser ablenken, vielleicht etwas von mir erzählen, wenn mir das nicht zu schwerfalle. Ich bin einverstanden und berichte Belangloses über mich, quasi eine kurze Vita.
Nach einiger Zeit und einem weiteren Glas Wein für sie hat sie sich offenbar so weit beruhigt, daß sie auch zum ablenkenden Gespräch beitragen kann. Sie nennt ihren Vornamen I., sie ist dreiundzwanzig, erzählt, was und für wen sie arbeitet, dann unterhalten wir uns noch über ein paar belanglose Sachen bis kurz nach Mitternacht, dann meint sie, ihre Mitbewohnerin sei jetzt sicher zu Hause.
Sie zahlt, ob ich sie noch bis vor die Haustür begleiten könne? Das tue ich natürlich, und so gehen wir also die paar Meter zurück zu dem Haus, in dem sie wohnt. Sie schließt die Tür auf.
Ich sage, wenn noch etwas sei, könne sie mich anrufen, sie habe ja die Nummer, sie könne unbesorgt sein, ich würde ihr gerne helfen, wenn sie Hilfe brauche.
Zum ersten Mal sehe ich für einen winzigen Augenblick so etwas wie ein Lächeln in ihrem Gesicht. Sie nickt, sie möchte mir aber nicht zur Last fallen, heute hätte ich ihr schon so sehr geholfen, dafür sei sie mir dankbar, sie wolle mir nicht noch mehr Unannehmlichkeiten machen.
Ich versichere, diese Hilfe sei eine Notwendigkeit gewesen, und ihr Gesellschaft zu leisten, sei keine Last oder Unannehmlichkeit gewesen. Sie könne sich ruhig melden, wenn sie meine Hilfe brauche, wenn sie doch noch zur Polizei wolle oder auch sonst.
Sie nickt, dankt nochmal, wünscht mir eine gute Nacht. Ich erwidere das, sie schließt die Tür.
Ich gehe zurück zur Straßenbahnhaltestelle. Ich kann noch immer kaum glauben, daß ich das wirklich getan habe. Ich habe meine Passivität überwunden und geholfen! Ich hatte keine andere Wahl mehr, mußte meine Beobachterrolle fallenlassen und handeln. Obwohl es meinem Magen noch immer nicht sehr gut geht, weiß ich: Falls notwendig, werde ich so etwas jederzeit wieder tun können, werde helfen können, wenn es nötig ist, auch wenn es gefährlich und unbequem ist. Wenn man sich erst einmal überwunden hat, wird man das nächste Mal nicht mehr so lange zögern, anderen zu helfen. Hinsichtlich meiner Möglichkeiten muß ich allerdings realistisch einräumen, daß ich Glück gehabt habe, daß mich der Kerl nicht einfach zusammengeschlagen, erschlagen hat.
Ich frage mich, wie I. mit dem Vorfall fertig werden wird, wie der Kerl ihr so etwas nur antun konnte, wie kann nur jemand dazu fähig sein, einem anderen Menschen so Gewalt anzutun? Ihr Verhalten erscheint mir jedenfalls auch seltsam. Sollten wir nicht eigentlich alles tun, um den Kerl zu erwischen, damit er das nie wieder versuchen kann? Und beim Angriff ist sie direkt paralysiert gewesen, kurz darauf aber bricht es aus ihr heraus und sie wird zur Kampfmaschine. Das ist alles recht rätselhaft. Natürlich ist es auch furchtbar, eine weitere Erniedrigung, die ganzen Untersuchungen über sich ergehen zu lassen. Und nachdem sie schon den Entschluß gefaßt hatte, sich dies zu ersparen, wäre es da nicht ganz normal gewesen, wenn sie in ihre Wohnung gestürmt wäre, um echten und psychischen Schmutz des Überfalls von sich abzuwaschen?
Was mich betrifft, so ist die Situation allerdings verfahren. Vorher war sie schon hoffnungslos, und nun kennt sie mich auch noch. Dazu noch der Vorfall, da kann ich ihr auf keinen Fall weiter folgen. Mehr noch als zuvor komme ich mir wie ein Idiot, unbeholfener Trottel vor. Ich bin verzweifelt, denn ich mag sie, um so mehr, als ich sie und sie mich nun kennengelernt hat, ich ihre leise, anfangs etwas zitternde, aber warme und angenehme Stimme gehört habe, jedes ihrer Worte förmlich aufgesogen habe, sogar diesen Anflug eines Lächelns in ihrem Gesicht gesehen habe. Und das schreckliche Erlebnis hat noch eine weitere, enge Verbundenheit mit sich gebracht, ihre Verwirrung, die eigenartige Koexistenz von Zerbrechlichkeit, Empfindlichkeit und diese bemerkenswerte und äußerst geschickte Wehrhaftigkeit, Wildheit und Aggressivität gleich darauf verunsichert mich gleichzeitig und zieht mich doch auch an, fasziniert mich. Sie hat wirklich ein Geheimnis, ein Rätsel in sich und dieser grauenhafte Überfall hat ein kleines Stück davon hervorgezerrt, was sie eigentlich verborgen halten wollte, aber der Täter hat offenbar etwas aus ihr hervorgequält. Und mir war es schier unerträglich, daß sie sich beinahe Vorwürfe dafür gemacht hat, daß es offenbar im Rahmen ihrer Möglichkeiten gelegen hätte, den Kerl umzubringen. Sie hat sich doch nur in äußerster Not gewehrt, selbst bereits durch die Gewalt des Täters arg mitgenommen, wie kann sie sich da noch so unter Kontrolle halten und nicht vor Zorn und Angst explodieren? Das erscheint mir fast übermenschlich, anders als der Täter ihr gegenüber, hat sie ihn dann doch letztlich noch als Menschen behandelt, ihn nicht zu einem Boxsack gemacht, an welchem man seinen ganzen Haß, seine Wut und Aggression auslassen kann.
Wäre nichts passiert, hätte ich sie weiter beobachten können, dann hätte ich sie aber nie so kennengelernt, doch nun ist alles vorbei. In der Bahn starre ich stumpfsinnig nach draußen in die Dunkelheit, fahre heim. Diesmal verwischt nicht nur die Geschwindigkeit das graue Beton der U-Bahn-Schächte, sondern auch meine irren, wirren Gedanken würfeln alles durcheinander. Dann fährt die Bahn wieder raus aus dem Tunnel in die Nacht hinaus, entlang der nun ziemlich leeren Straßen.
Vermutlich, sicherlich gut für sie und letztlich auch für mich, daß es vorbei ist, denn was habe ich eigentlich getan, als ich sie so insgeheim verfolgt und beobachtet habe? Hat sie nicht ein Recht auf ihre Ruhe, ihren Frieden? Aber hätte ich sie nicht verfolgt, was wäre dann im Park passiert? Sie hätte sich vermutlich ohne mein hilfloses Eingreifen nicht aus ihrer Erstarrung gelöst, hätte sich nicht gewehrt, hätte den Täter weitermachen lassen. Also war ich doch zur rechten Zeit am rechten Ort? Und doch kann ich nicht einfach das eine als die Rechtfertigung für das andere nehmen, denn ich hatte ja nicht ahnen können, was uns da im Park erwartet.
Es ist noch gar nicht lange her, daß ich von der Universität wieder zu Hause bin, als das Telephon klingelt. Es ist I.. Ich bin komplett überrascht und bringe kaum ein Wort heraus.
Sie ist auch etwas verlegen. Dann bringt sie schließlich heraus, es sei ihr sehr peinlich und unangenehm, mich noch einmal zu belästigen. Sie habe geglaubt, sie schaffe es allein. Doch heute morgen alleine zur Arbeit zu fahren, sei ein Horrortrip gewesen. Sie habe versucht, ihre Freundin und Mitbewohnerin J. anzurufen, um sie zu bitten, sie abzuholen, doch wie sie bereits vermutet habe, habe sie sich wohl schon mit ihrem Freund ins Wochenende abgesetzt. Gestern Nacht habe sie bereits im Bett gelegen und morgens habe sie ihr auch nichts mehr erzählen wollen, plötzlich habe sie es einfach nicht herausgebracht, was ihr geschehen sei, sei J. am Morgen einfach aus dem Weg gegangen. Das sei ein Fehler gewesen.
Es falle ihr schwer, mich darum zu bitten, doch sie schaffe es nicht allein, ob ich sie abholen könne? Ich bin natürlich sofort einverstanden, sie gibt mir die Adresse ihres Arbeitsplatzes und die Straßenbahnverbindung vom Kröpcke aus, fragt mich, wann ich da sein könne, ich schätze einen Moment ab, teile ihr das Ergebnis mit.
Sie meint, ich könne draußen warten, sie werde von alleine herauskommen. Sie wisse nicht, wie sie mir danken könne, worauf ich daran erinnere, daß ich mich ja angeboten hätte; wenn sie Hilfe brauche, so sei es selbstverständlich, daß ich käme.
Als ich zur Straßenbahn gehe, bin ich sehr aufgeregt. Niemals hätte ich gedacht, daß ich sie wiedersehen werde, und nun hat sie mich angerufen. Ich kann es kaum erwarten, sie wiederzusehen. Doch meine Freude, wieder mit ihr zusammen sein zu dürfen, ist verknüpft mit ihrem Leiden, nach der versuchten Vergewaltigung alleine zurechtzukommen. Und ich weiß nicht, wie ich ihr wirklich helfen kann, denn eine Begleitung an diesem Nachmittag ändert nichts am Erlebnis des Abends zuvor, ändert nichts daran, daß sie damit irgendwie fertig werden muß, um ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen, wobei ich nicht weiß, wie ich ihr dabei helfen könnte.
Als ich da bin, gehe ich gleich zum Nebeneingang des Gebäudes, warte ein paar Meter von der Tür entfernt, schaue auf die Uhr, ein paar Minuten zu früh. Ich habe die Zeit für die Fahrt sehr gut abgeschätzt. Die Abweichung liegt innerhalb der einkalkulierten Toleranz. Sie kommt pünktlich durch die Tür, sieht mich, kommt auf mich zu, begrüßt mich.
Auf dem Weg zur Straßenbahn erklärt sie, sie würde gerne noch einkaufen, mich zum Abendessen einladen.
Ich bin einverstanden. Ich stelle fest, nicht damit gerechnet zu haben, sie jemals wiederzusehen, doch sei ich einerseits froh, ihr helfen zu können, andererseits bedauerte ich die Umstände, die das nötig gemacht hätten, deshalb wisse ich nicht, wie ich ihr wirklich helfen könne ...
Sie schaut mich an, ob ich denn gehofft hätte, sie wiederzusehen?
Ich antworte ohne zu zögern: "Ja!"
Sie meint, ich hätte ihr damit schon wieder ein bißchen geholfen.
Sie teilt mir mit, sie bereite sehr gerne Essen zu, und, wie J. meine, sei es auch sehr gut. Sie schlägt vor, was sie für uns machen könnte, die Zutaten hat sie im Kopf, und was ihr vorschwebt, sagt mir zu.
Nach dem Einkaufen fahren wir zu ihr. Ich trage die Sachen, gehe die Treppe hinauf voraus, bis zu der Tür, von der ich vermute, daß sie zu ihrer Wohnung gehört. Tatsächlich schließt sie auf, ich hatte richtig beobachtet. Wir treten ein, sie öffnet die Tür zur Küche. Ich stelle den Jutesack auf den Tisch und drehe mich zu ihr um.
I. schaut mich an, als habe sie plötzlich eine Entdeckung gemacht. Sie schreit mich an: Ich sei das Schwein gewesen, welches sie seit Mittwoch Abend verfolgt habe! Nicht der Typ, der über sie hergefallen sei! Es könne nicht anders sein! Obwohl ich ihr erzählt hätte, sie noch nie vorher gesehen zu haben und vorgegeben hätte, zufällig in der Nähe gewesen zu sein, sei ich ein oder zwei Schritte vorangegangen und als erster am Donnerstag Abend zur ihrer Haustür abgebogen. Dann hätte ich sie heute am Nebeneingang ihrer Arbeitsstelle abgeholt, obwohl von dem sonst nur Angestellte wüßten und er außerdem kaum benutzt werde und der Haupteingang gar nicht zu verfehlen sei, zu dem sie vom Nebeneingang aus habe gehen wollen, weil sie erwartet hätte, mich dort zu finden, doch dann habe sie mich ja auch schon vor diesem Nebeneingang gesehen. Außerdem hätte ich offenbar sofort gewußt, wo genau ich sie abholen müsse und wie lange es bis dorthin dauern würde. Heute sei ich als erster die Treppe hinaufgegangen bis zu ihrer Tür! Das alles passe nur zusammen, wenn ich derjenige sei, der sie verfolgt habe!
Dabei explodiert sie förmlich, während ich schuldbewußt zu Boden schaue, es zugebe. Da treffen mich auch schon ihre gezielten Schläge, ich wehre mich nicht, falle zu Boden. Sie tobt, schlägt und tritt mich ...
Als ich wieder zu mir komme, tut mein ganzer Körper weh. Neben mir sitzt I., hat noch immer ihre Jacke an, mit angezogenen Knien, den Rücken an die Wand gelehnt, die Arme um die Beine geschlagen. Sie zittert, weint, schluchzt. Als sie bemerkt, daß ich mich wieder bewege, stößt sie zwischen ihrem Schluchzen hervor, sie habe geglaubt, ich hätte ihr helfen wollen, weil ich ein guter Mensch sei, sie habe mir vertrauen wollen, jetzt stelle sich heraus, daß ich nur eingegriffen hätte, weil ich das selbst habe tun wollen, was der Täter zu tun versucht habe, ich hätte ihn nur angegriffen, weil er meine günstige Gelegenheit ausgenutzt habe, mir meine Beute weggeschnappt habe.
Es gelingt mir nur mühsam, mit schmerzenden Lippen zu widersprechen, ich hätte niemals versucht, über sie herzufallen, ihr Gewalt anzutun. Ich gäbe zu, ich sei ein Idiot gewesen, sie verfolgt zu haben, doch darüber hinaus hätte ich ihr niemals etwas antun können. Hätte ich geahnt, daß sie mich bemerkt habe, hätte sie von dem Augenblick nie wieder etwas von mir gesehen!
Sie schaut mich an, darüber hinaus? Das Gefühl verfolgt zu werden, Angst davor zu haben, entweder einen Verfolgungswahn zu haben oder tatsächlich verfolgt zu werden, sei schlimmer gewesen als dieser Triebtäter. Sie habe geglaubt, als er auf ihr gelegen habe, daß es danach endlich vorbei sei, wenn er mit ihr fertig sei. Einerseits habe sie in dem Augenblick die Gewißheit gehabt, wirklich verfolgt worden zu sein, andererseits habe sie gedacht, danach wieder in Ruhe gelassen zu werden.
Ich versichere noch einmal, ich hätte sie niemals auch nur angefaßt, schwöre, nie wieder jemanden so zu verfolgen, das je wieder jemandem anzutun. Doch als sie den Verdacht gehabt habe, daß sie verfolgt werde, warum habe sie sich dann nie umgedreht, versucht zu erfahren, ob und wer da hinter ihr her sei? Warum habe sie sich erst gegen den Mann gewehrt, nachdem ich versucht hatte, ihn von ihr wegzuzerren?
Sie schluchzt, senkt ihren Kopf auf die Arme. Immer sei sie es, die sich rechtfertigen solle, die Fragen beantworten solle. Sei sie jetzt etwa daran Schuld, daß ich sie verfolgt hätte? Sei es ihre Schuld, daß der Kerl im Park über sie hergefallen sei? Sei alles ihre Schuld, nur weil sie lebe?
Ich versichere, ich hätte weder das Recht noch die Absicht, ihr Vorwürfe zu machen, ich verstünde nur ihr Verhalten nicht, so wie es sei, ohne ihre Berechtigung in Frage zu stellen, handeln zu können, wie sie wolle. Unabhängig davon gebe ich zu, ein rücksichtsloser Idiot zu sein, weil ich sie verfolgt habe, das sei nicht wieder gutzumachen. Das sähe ich nun ein.
Wir schweigen eine ganze Weile. Sie meint dann schließlich recht leise, es sei schon gut, vielleicht hätte ich ja sogar Recht, wenn ich das nicht verstünde, sie werde versuchen, es zu erklären. Jemand anderes hätte es vielleicht mit einem Achselzucken abgetan, wenn da ein verdächtiger Beobachter entdeckt worden wäre, der dann zügig die Flucht ergreift. Ihr allerdings sei es unmöglich, einen potentiellen Verfolger zu stellen oder auch nur der Versuchung nachzugeben, die Ahnung, einen Verfolger zu haben, könne real sein und nicht nur blödsinnige Einbildung. Das alles liege wohl an ihrer Vergangenheit.
Als sie vierzehn gewesen sei, habe schon einmal ein Mann versucht, sie zu vergewaltigen.
Es sei abends in einem Park gewesen - anderer Park natürlich, anderer Ort.
Sie habe von einer Party einer Freundin nach Hause wollen.
Im Park habe sie irgendwann das Gefühl gehabt, beobachtet oder verfolgt zu werden.
Sie habe sich umgedreht, sich umgeschaut.
Sie habe aber niemanden gesehen.
Irgendwo ein Rascheln.
Panik.
Da sei ein Kerl plötzlich über sie hergefallen.
Er habe ihre Sachen zerrissen.
Sie immer wieder geschlagen.
Seine schmierigen, gierigen Finger überall auf ihr.
Geruch nach altem Schweiß.
Seine Lippen hätten sich mit Gewalt auf ihre gepreßt, naß und ekelig, stachelige Bartstoppeln.
Der Atem stank nach Rauch, nach Zigaretten und Mundgeruch.
Seine Finger, wie sie ihre Brüste gekniffen und geknetet hätten.
Seine Fäuste hätten jeden Laut von ihr sofort bestraft, jede Bewegung mit weiteren Schlägen.
Seine Finger hätten ihren Slip zerrissen, hätten ihre Geschlechtsorgane grob befummelt, daran gezerrt,
daß es wehgetan und geblutet habe.
Er habe sie wieder geschlagen, seine Hose geöffnet.
Er habe in sie eindringen wollen.
Sie habe vor Angst uriniert und dann habe sich ihr Unterleib verkrampft.
Trotzdem habe er brutal weitergemacht, mit den Fingern an ihr gerissen,
mit dem Glied zugestoßen, frustriert habe er auf ihren verkrampften Unterleib eingeschlagen,
brutal mit der Faust zwischen ihre auseinandergerissenen Beine.
Dann habe er erneut versucht mit dem Glied in sie einzudringen, habe dazu seinen Griff,
seine Position etwas gelockert, daß es ihr gelungen sei, ihr Bein mit einem letzten Aufbäumen anzuziehen.
Mit dem Fuß habe sie zugestoßen, nicht sehr kräftig zwar, doch habe sie wohl seine Hoden gestreift,
jedoch nicht stark genug getroffen.
Zwar habe er von ihr abgelassen.
Es sei ihr gelungen, sich aufzuraffen, sich so schnell sie noch gekonnt habe davonzuschleppen.
Doch er habe sie verfolgt.
Sie habe es bemerkt.
Verzweifelt um Hilfe geschrien.
Er habe sie über eine Straße verfolgt.
Sie habe geschrien und geschrien.
Doch die Autos hätten nicht gehalten.
Keiner habe ihr geholfen, obwohl sie um Hilfe gerufen habe, ihre Kleider zerfetzt gewesen seien,
der Mann hinter ihr her gewesen sei.
Aus den Fenstern der Häuser hätten vereinzelt Personen, Monster, Zombies zugeschaut.
Doch niemand habe ihr geholfen.
Sie sei gelaufen, habe sich versteckt.
Ihre Angst, daß er sie findet, stundenlang müsse sie bewegungslos ausgeharrt haben.
Schließlich sei sie zur Polizei gegangen. Dort habe sie alles bis ins Detail erzählen müssen, gleichgültig aussehenden Beamten. Spurensicherung und Untersuchung beim Arzt. Die fassungslosen Blicke der Eltern. Und von allen Seiten die Vorwürfe in ihren Fragen, ob sie nicht zu gewagt angezogen gewesen sei, ob sie nicht selber Schuld sei, wenn sie so herumlaufe. Was sie denn nachts um die Zeit alleine im Park zu suchen gehabt habe, ob sie das nicht geradezu provoziert hätte. Auch Unterstellungen von Polizisten in diesem Sinne, ebenso die Eltern. Mitschuld zu sein, es provoziert zu haben. Die erniedrigende Untersuchung beim Arzt, die Fragen, immer wieder die gleichen Fragen, immer wieder habe sie das Erlebte wiederholen müssen. Sie sei sich so schmutzig vorgekommen, ihr ganzer Körper sei ihr schmutzig vorgekommen, obwohl sie anfangs sogar mehrmals am Tag geduscht habe. Sie habe Nachts sogar ins Bett gemacht. Immer die Angst. In der Schule habe sie nicht mehr richtig aufpassen können. Ihre Eltern hätten sie nicht verstanden. Der Täter sei nie gefaßt worden.
Dann sei der ganze Psychokram gefolgt. Aufarbeiten des Erlebten, immer wieder aufarbeiten, Gesprächstherapie, Gruppentherapie, das ganze Programm. Mit dem Ergebnis, daß sie nicht mehr ins Bett gemacht habe, nicht mehr so oft geduscht habe, gelernt habe, zu sagen, daß sie zu ihrer Vergangenheit stehe, daß sie beinahe vergewaltigt worden sei. Es sei ihr natürlich gesagt worden, daß sie an dem Vorfall keine Schuld habe, doch das sei schon durch all die vorangegangenen Fragen tief eingegraben gewesen. Sie habe zu sagen gelernt, was sie habe sagen sollen, damit die Psychologen zufrieden gewesen seien und sie endlich ihre Ruhe wiederhabe. Sie habe dann andere Kleidung getragen, sei nicht mehr als unbedingt nötig aus dem Haus gegangen. Sie habe ihren Körper noch immer gehaßt, sich schmutzig gefühlt, doch der Schmutz von dem Mann im Park sei nicht abzuwaschen gewesen, auch Enthaarungsmittel für ihre Schamhaare hätten nicht geholfen.
Erst in den letzten Jahren, seit sie hier wohne, habe sich die Einstellung zu ihrem Körper allmählich gebessert, zu J. habe sie Vertrauen gehabt, habe mit ihr ihren Körper neu kennengelernt und akzeptieren gelernt. Doch Männer habe sie noch immer gehaßt. Den Jungen, in den sie damals so verliebt gewesen sei, als es passiert sei, habe sie nicht mehr ertragen können, nicht mehr seine Nähe, seine Berührungen, seine Fragen, seine Ratlosigkeit und seine Wut, als hätte man ihm etwas genommen. Vorher hätten sie sich schon geküßt und umarmt, hätten Pläne gehabt, wann und wie sie das erste Mal gestalten wollten. Doch dann hätte sie ihn nicht mehr ertragen können, nicht einmal mehr seine Nähe, es sei vorbei gewesen. Auch ihre Eltern oder andere Menschen hätten sie nicht mehr berühren dürfen. Nur ihre ältere Schwester K. und ihre Freundin J. hätten ihr Vertrauen zurückgewonnen. Die beste Freundin J. habe viel Geduld mit ihr gehabt. Sie hätten sich schon gekannt, solange sie denken könne, doch die Zeit nach der Tat sei eine schwere Belastung gewesen, doch sie hätten es geschafft, das zu überwinden.
Sie weint immer noch. Ich weiß nicht, was ich tun soll, was sagen. Im Raum bleibt nur ihr Schluchzen.
Dann fährt sie fort: Als sie am Mittwoch das Gefühl gehabt habe, verfolgt zu werden, habe sie befürchtet, die Angst von damals sei wieder da, von der sie gedacht habe, sie hätte sie überwunden oder zumindest unter Kontrolle, hätte gelernt, mit ihr zu leben. Sie habe gedacht, es sei ein Verfolgungswahn aus den damaligen Erlebnissen resultierend, die sich jetzt wieder irgendwie in den Vordergrund drängten. Sie habe Angst gehabt, sich umzudrehen, sich umzuschauen und niemanden zu sehen, der da sei. Die Alternative sein ebenso schlimm gewesen: Ein realer Verfolger. Sie habe verzweifelt nach einem Ausweg gesucht, habe sich einzureden versucht, solange sie so tue, als merke sie nichts, bleibe alles in der Schwebe, weder müsse sie sich eingestehen, daß sie verrückt werde, noch gebe sie einem eventuell tatsächlich vorhandenen Verfolger die Gelegenheit, sofort zuzuschlagen, weil sie ihn gesehen habe. Trotzig wie ein Kind habe sie versucht, den Tagesablauf wie üblich und geplant einzuhalten. Teile davon wie der Kinobesuch seien sowieso schon eine Auflehnung gegen ihren Widerwillen, unter Menschen zu gehen, nun noch potenziert mit einem eingebildeten oder realen Verfolger im Nacken und dann durch dir Nacht. Sie habe gedacht, sie drehe durch, die Ungewißheit einerseits gut, weil so alles in der Schwebe geblieben sei, andererseits eine Katastrophe, weil sie habe befürchten müssen, daß das alles nun endlos so weitergehe.
Als der Kerl über sie hergefallen sei, habe sie gedacht, daß sie nun wenigstens Gewißheit habe, gleichzeitig sei sie erstarrt gewesen, es sei so gewesen, als passiere das von damals alles noch einmal, die Gegenwart habe sich unentwirrbar mit der Vergangenheit vermischt, dieser Täter mit dem damaligen. Das gleiche ein zweites Mal, sie dem allem hilflos ausgeliefert. Wieder das Kind in den Klauen eines Monsters, wieder dieses Grauen, alles nochmal, alle Bemühungen der letzten Jahre vergeblich, ein unaufhörlicher Alptraum setzt sich immer weiter fort.
Der Kerl habe sie als ein Stück Fleisch behandelt, und sie habe ein Stück Fleisch gespielt, weil die Vergangenheit sie in diese Rolle gezwungen habe, wie in einem Film, der immer wieder genau gleich ablaufe, die Darsteller unentrinnbar darin eingesponnen.
Sie habe damals einige Zeit nach dem Überfall den Sport, die Selbstverteidigung angefangen, um zu sich selbst zurückzufinden, ursprünglich auch so eine Idee der Psychologen, um ihr Selbstvertrauen wieder aufzubauen. Nur hätten die übersehen - wieder in der gleichen Situation sei sie wieder das hilflose Kind in einem Alptraum, nicht die erwachsene Kampfsportlerin von heute, die sich zu wehren wisse. Sie habe geradezu mit fanatischem Eifer gelernt zu kämpfen, um sich sicher zu fühlen, um sich zu fühlen, ihren Haß unter Kontrolle zu bekommen. Doch als die Situation sich praktisch wiederholt habe, habe sie nicht daraus ausbrechen können, habe nicht anders handeln können, wie unter einem Zwang. Sie habe wieder dagelegen, hilflos, das vierzehnjährige Mädchen von damals habe dagelegen, Angst und Schmerz, seinen schmutzigen Fingern ausgeliefert.
Als ich "Nein!" geschrien, ihn gepackt hätte, hätte ich den Bann gebrochen, sie ins Jetzt zurückgeholt. Plötzlich sei sie aus der wiedererlebten Erinnerung befreit gewesen. Da hätten ihr Körper, ihre antrainierten Reflexe gewußt, was zu tun sei: Sich verteidigen, zuschlagen!
Als sie jetzt entdeckt habe, daß ich sie verfolgt hätte, sei das wieder eine Katastrophe gewesen. Endlich habe sie zu einem Mann, zudem noch einem bisher fremden, etwas Vertrauen gefaßt, und dann habe sie so etwas entdecken müssen!
Sie hat aufgehört zu weinen, schaut mich an.
Da sei sie durchgedreht und habe wieder zugeschlagen, obwohl ich sie nicht angegriffen hätte. Das eingeübte Programm sei einfach abgelaufen, ohne daß sie hätte nachdenken können. Das sei die Gefahr bei einer antrainierten Kampftechnik, handeln ohne darüber nachzudenken; was man gelernt habe, müsse man aber unbedingt unter Kontrolle halten können. Das Trauma der Gewalt setze sich sonst immer weiter fort, einmal in die Welt gesetzt, habe Gewalt die Tendenz zu eskalieren.
Ich versichere ihr, daß ich ihr ganz bestimmt nichts habe tun wollen, dafür, daß ich sie so durch die Verfolgung gequält hätte, hätte ich ihre Reaktion nicht besser verdient. Es sei vermutlich das Beste für sie, wenn ich jetzt ginge, dann müsse sie mich nicht noch länger ertragen.
Ich will aufstehen, doch sie schüttelt den Kopf, bittet mich zu bleiben.
Sie hätte mich nicht schlagen dürfen, hätte nicht so die Kontrolle über sich verlieren dürfen. Sie glaube mir jetzt, daß ich ihr nichts habe tun wollen, daß ich mir offenbar keine Gedanken darüber gemacht hätte, was meine Verfolgung für sie bedeuten könne. Es sei nun vorbei. Sie wolle nicht mehr hassen, alles sei besser als das! Durch den Haß sei sie so ausgebrannt und leer, denn in ihr sei nur die Vergangenheit, der Schmerz, die Angst, die Verzweiflung, die Leere und der Haß gewesen. Das könne sie nicht länger ertragen!
Ich setze mich auf einen Stuhl, spüre dabei alle meine Knochen. Sie setzt sich auch, fährt mit den Händen erschöpft durch ihr Haar.
Sie fährt fort: Egal was weiter passiere, sie werde mich nie wieder schlagen. Sie bittet mich zu bleiben. Sie sei mit den Nerven fertig gewesen, es tue ihr leid, was sie getan habe, aber ich solle bitte nicht gehen.
I. steht auf, zieht zitternd ihre Jacke aus, ob ich also bliebe?
Ich nicke.
Ob mir etwas fehle, ich ernsthaft verletzt sei?
Ich stelle fest, außer Nasenbluten und einem allgegenwärtigen Schmerz gehe es ganz gut. Jedenfalls deutlich weniger, als sie Donnerstag Abend habe ertragen müssen.
Sie hilft mir immer noch zitternd, meine Jacke auszuziehen, bringt beide Jacken weg. Dann fragt sie, ob ich etwas essen könne?
Ich bestätige, ich glaube, es werde gehen.
Inzwischen hat das Nasenbluten aufgehört, sie geht voraus ins Badezimmer, ich wische mir die Blutreste aus dem Gesicht, dann gehen wir zurück in die Küche. Es geht uns beiden wohl nun schon wieder etwas besser. I. wirkt wieder recht konzentriert und kontrolliert. Sie beginnt, den vegetarischen Salat, den sie schon angekündigt hatte, zuzubereiten, nachdem sie eine CD eingelegt hat und leise Musik durch die Wohnung dringt.
Sie erzählt, nun wieder mit ruhiger, leiser Stimme und ohne Zittern, bevor das damals passiert sei, sei ihr Leben so unbeschwert gewesen, sie habe geglaubt, daß alle Menschen irgendwie gut seien, doch dann sei dieser Kerl über sie hergefallen und hätte ihre ganze Welt zerstört, ihr jegliches Vertrauen in die Menschen geraubt.
Er habe sie offenbar gar nicht als Mensch behandelt, denn jemandem, dem man ein Ich wie das eigene zubillige, den man für einen Menschen wie sich selbst halte, könne man so etwas unmöglich zufügen. Kein Mensch dürfe als Mittel zum Zweck behandelt werden. Die Gewalt und der Haß des Kerls habe in ihr wieder Gewalt und Haß ausgelöst, einen Haß auf alle Männer, immerhin knapp die Hälfte der Menschheit, nur weil es ein paar Millionen Vergewaltiger darunter gebe. Wegen dieser Ungeheuer sei es aber nicht gerecht, alle anderen zu hassen, denn dann ziehe ein Unrecht nur immer weitere Ungerechtigkeiten nach sich, einem Gewalttäter sei es dann möglich, aus jedem seiner Opfer einen neuen Gewalttäter zu machen.
Wenn sie mich anschaue, halte sie mich für harmlos. obwohl ich sie verfolgt hätte. Wenn sie nicht Angst vor ihrer eigenen Vergangenheit gehabt hätte, hätte sie sich davon überzeugt, ob sie wirklich verfolgt werde, und damit wäre das erledigt gewesen. Aber die Schattengestalt aus ihrer Vergangenheit, dazu mein Fehlverhalten, da habe sich Vergangenheit und Gegenwart, Einbildung und Fakt zu unheimlichem Grauen vermischt. Wäre sie mit ihrer Vergangenheit fertig geworden, wäre sie auch spielend mit dem neuen Täter alleine fertig geworden. Sie könne nicht mehr weiter hassen, sie möchte endlich wieder zur Ruhe kommen, Vertrauen haben können. Sie wolle, daß ich ein guter Mensch sei. Ich hätte ihr immerhin geholfen, als sie Hilfe gebraucht habe, das sei schon mehr, als ein Mann je zuvor für sie getan habe. Das sei mehr als damals die Leute getan hätten, die zugeschaut hätten, als sie nach dem Überfall durch die Straße gelaufen sei.
Was sie interessiere, wenn ich in der Lage sei, es in Worte zu fassen: Warum ich sie verfolgt hätte, wenn ich ihr nichts tun wollte?
Ich überlege einen Moment, gestehe, daß sei tatsächlich nicht so einfach zu beantworten. Ich könne versuchen, die wesentlichen Ursachen zu nennen. Bald nachdem meine letzte Beziehung zu Ende gewesen sei, habe mich eine schon vorher vorhandene und überwunden geglaubte innere Leere und Unruhe durch die Stadt getrieben, es sei ein kaum zu stillendes Interesse in mir erwacht, um zu erfahren, wie die Menschen in der Stadt leben, wie sie mit sich selbst fertig würden, was sie eigentlich dazu triebe, so durch die Stadt zu laufen. Ich habe ihre Spuren verfolgen wollen, ihr Handeln begreifen, ihr Treiben erfassen, ihren absurden Kaufrausch verstehen. Daß es sich bei den beobachteten Personen um Frauen gehandelt habe, habe wohl auch eine sexuelle Komponente, doch habe es nie in meinem Interesse gelegen, daß sie mich überhaupt bemerken. Sei das doch geschehen, hätte ich die Beobachtung sofort eingestellt. Sie sei mir vor allem aufgefallen, weil ich sie attraktiv fände, auch die in sich versunkene Haltung, dieses Insichgekehrtsein, ihr abwesender Ausdruck habe mein Interesse an ihr geweckt.
Sie meint daraufhin, sie habe immer gehofft, ziemlich unauffällig zu sein, sie benutze seit damals nur noch unauffällige Kleidung, kein Make-Up, ihre Haare trage sie seitdem immer hochgesteckt. Was stimme, diese 'Opferhaltung' habe sie seit damals nie mehr ablegen können. Besonders attraktiv finde sie sich allerdings nicht, sie habe Sommersprossen, nicht nur im Gesicht, ihr Körper sei zwar durch den Sport gut durchtrainiert, für andere vielleicht sogar schön, doch bei der Kleidung, die sie trage, könne man da kaum scharfe Konturen ausmachen, so daß das auf der Straße nicht auszumachen sei. Aber vielleicht sei seit damals auch ihre Selbstdarstellung gestört. Auch nur ansatzweise verdächtige Anstalten von Verehrern würde sie sowieso immer mit einem bösen Blick bestrafen und jegliche Versuche im Keim ersticken, das passiere ganz automatisch, eigentlich ignoriere sie solche Verehrer nicht einmal mehr, das passiere eigentlich die Schwelle zu ihrem Bewußtsein gar nicht. Allenfalls, wenn eine Kollegin etwa frage, was denn los gewesen sei, ahne sei manchmal, da könne was gewesen sein. Aber attraktiv? Im Spiegel ansehen sei ihr schon zuwider, so sehr habe sie sich von ihrem Äußeren nach der damaligen Tat distanziert.
Ich unterbreche, ich hätte nur einen Blick in ihr Gesicht werfen müssen, ihre Augen, ihre Lippen, ihre Wangen, die vielen bezaubernden Sommersprossen sehen müssen, den etwas melancholischen Blick, um ganz in ihrem Bann gezogen zu werden.
Darauf erwidert sie, besonders glücklich könne ihr Gesichtsausdruck wirklich nicht ausgesehen haben. Ihre roten Haare seien vielleicht auffällig, dafür sei ihre Frisur sehr streng gehalten. Sie habe sich früher überlegt, ob sie sie nicht dunkelbraun färben solle und ziemlich kurz tragen, um noch unauffälliger zu sein. Das habe sie aber dann doch gelassen, zumal J. ihr entschieden abgeraten habe, sie dürfe den Täter nicht doch noch triumphieren lassen, in dem sie ihr Ich völlig aufgebe und ihre Identität verleugne. Die Haare zumindest habe sie daraufhin rot und lang gelassen, was ihr Selbst aber zu dem Zeitpunkt sei und welche äußere Erscheinung dem sonst entsprochen hätte, hätte sie aber nicht mehr zu entscheiden gewußt, die weite, unauffällige, den Körper verbergende Kleidung habe von da an zu ihr gehört.
J. sei anfangs auch mit zum Kampfsport gegangen, um ihr zu helfen, ihr Selbstvertrauen wieder aufzubauen, ihre innere Sicherheit zu stärken, ebenso wie ihr Körpergefühl, da sie ja damals von ihrem Körper geradezu abgestoßen und angeekelt gewesen sei. In Hinblick auf sie selbst habe ihr das auch sehr geholfen. Bald habe sie den Sport mit großer Begeisterung betrieben und in den Übungen sei die Distanz zu ihrem Körper aufgehoben gewesen. Sie sei abgelenkt gewesen und in der Gruppe von Frauen habe sie sich bald einigermaßen wohl gefühlt. Trotzdem habe sie es bisher nicht geschafft, in der Öffentlichkeit unbefangen aufzutreten, die Außenwelt sei immer irgendwie bedrohlich gewesen. Was nutze es zu wissen, daß man das Recht habe, zu tragen was man wolle und zu spazieren wann und wo man wolle, wenn man sich dabei nicht wohl fühle. Was der Kerl ihr genommen habe, das Selbstvertrauen und das Vertrauen zu anderen Menschen sei kaum, und wenn, dann nur in einem mühevollen Kampf gegen sich selbst zurückzugewinnen. Bis auf bei wenigen Ausnahmen, wie etwa bei J. habe sie diesen Kampf bisher immer verloren.
Wir essen, sie trinkt dazu Wein, ich wieder Saft. Sie schaut mich kurz an, ob ich sie wirklich schön oder attraktiv fände?
Ich erläutere, was Schönheit sei, könne ich nicht in Worte fassen, viele hätten etwas Eigenes und seien dadurch schön, andere seien schön, weil man es ihnen gesagt und sie es geglaubt hätten, wieder andere seien schön, weil sie glücklich seien, bei manchen könne man nicht bezeichnen, durch was sie schön seien. Für mich sei sie einfach wunderschön, ohne daß es nötig wäre, mehr zu tun, als sie zu erleben. Sie sei schön, so wie sie sei; wenn sie es fertigbringe, sie selbst zu sein, sei sie noch viel schöner; wenn es ihr gelänge zu lächeln, sei sie sicher noch einmal viel schöner.
Sie versucht zu lächeln, doch das gelingt ihr nur einen Augenblick lang, dann meint sie, das sei aber nicht so leicht, außerdem zeige ihr Gesicht heute noch die Spuren des gestrigen Angriffs, da könne es mit ihrer derzeitigen Schönheit nicht allzu weit her sein. Sie fragt mich, ob mir wirklich etwas an ihr liege, nicht nur an ihrem Äußeren, oder ob ich nur da sei, weil sie mir vielleicht leid tue und ich die Verfolgung irgendwie wieder gutmachen wolle? Hätte ich also eher sexuelle Gelüste oder doch eher Mitleid?
Ich antworte, meine Schuld ihr gegenüber belaste mich natürlich, doch sei ich nach dem Anruf vor allem gekommen und später zum Essen geblieben, weil ich sie möge. Die Macht der Biologie abzustreiten, wäre natürlich dumm, doch hätte ich ja schon noch einen Verstand, um mehr für sie zu empfinden als bloße sexuelle Gelüste.
Nach einer kurzen Pause erwidert sie, den Blick kurz auf mich richtend, ihn dann wieder senkend, die Sache mit der Verfolgung sei für sie erledigt, ich solle mir keine Gedanken mehr darüber machen, wir brauchten jetzt nicht mehr darüber zu sprechen. Und wenn mir wirklich etwas an ihr liege, so müsse ich ihr Zeit und Raum lassen. Ich nicke nur zustimmend. Sie ergänzt noch, sie wolle mein Interesse akzeptieren, mich nicht einfach zurückweisen. Wenn ich sie respektiere, werde sie auch mich respektieren und über die Verfolgung hinwegsehen, wenn ich ihr den vorherigen Übergriff verzeihen könne. Wieder nicke ich, schaue sie an.
Sie macht wieder eine Pause, fährt dann zögernd, langsam und leise fort, sie möchte dann gerne ausprobieren, mit mir öfter zusammen zu sein, doch wie ich mir sicher denken könne, zu einem flüchtigen Abenteuer sei sie nicht in der Lage, das sei nicht möglich, wenn ich irgendwie darauf aus sei, habe es keinen Zweck, daß wir uns wiedersähen. Nur wenn ich bereit sei, Geduld mit ihr zu haben, das Tempo ihr zu überlassen, bestehe eine Chance für eine gewisse Annäherung. Sie müsse gegen sich selbst kämpfen, um ihr Unwohlsein zu überwinden, welches sie eigentlich habe, wenn sie mit Männern alleine sei, das wolle sie versuchen, doch ich müsse Geduld haben, bis sie Vertrauen in mich gefaßt habe, aber sie wisse nicht, wie lange das dauern könne, doch ein guter Anfang sei mit diesem Gespräch gemacht, obwohl der Ausgangspunkt sicher denkbar ungünstig gewesen sei. Ob große Fortschritte in der Annäherung bereits nach wenigen Tagen oder erst nach Monaten geschafft sein werden oder vielleicht auch niemals, wisse sie nicht. Ich hätte ja bereits am eigenen Leib erfahren, wenn sie sich in die Enge gedrängt fühle, könne es gefährlich werden, Vorsicht sei für mich also angebracht, wobei sie dabei bleibe, nie wieder nach mir schlagen zu wollen.
Ich versichere, ich sei gern bereit, auf sie einzugehen, wenn dem nicht so wäre, läge mir auch nicht wirklich etwas an ihr. Bei dem, was ihr passiert sei, werde das Tempo und das Aussehen einer Beziehung sicher entscheidend von ihrer Verfassung abhängen.
Sie meint, wenn mir das aber alles zu viel werde, könne ich sofort Schluß machen, sie würde das bedauern, werde es aber verstehen können, ebenso werde sie den Versuch sofort beenden, wenn sie spüre, daß es sinnlos für uns beide sei, es weiter zu versuchen, weil sie keine Fortschritte mache. Sie bitte mich nur, ehrlich mit ihr zu sein und ihr nichts zu verbergen, was für sie wichtig sein könnte.
Ich bin damit einverstanden.
Nach dem Essen waschen wir das Geschirr ab und sehen fern.
Sie erläutert, es falle ihr schwer zu formulieren, auszusprechen, was sie fühle, was sie spüre, mit mir gebe es eine Chance, den Haß, die Angst und die Unsicherheit zu überwinden, doch sei es eine große Belastung für sie, eine große Unruhe in ihr, ein Chaos der Gefühle, welches sie nur mit äußerster Willensanstrengung in etwa in Schach halten könne, aber sie wünsche sich so sehr, daß es ihr gelinge, daß sie zu sich selbst zurückfinde, um mit mir zusammen sein zu können, statt weiter von der Vergangenheit beherrscht zu werden. Statt zwischen Haß und Angst ständig hin und her zu pendeln, möchte sie sich irgendwann in meiner Gegenwart wohl und sicher fühlen, sie wolle endlich wieder zu leben beginnen.
Später bittet sie mich, über Nacht zu bleiben, im Wohnzimmer zu übernachten. Als sie dann auf ihr Zimmer geht, höre ich das Türschloß. Wenige Minuten später schließt sie die Tür wieder auf und kommt ins Wohnzimmer. Sie trägt einen weiten Schlafanzug, setzt sich und meint, es falle ihr schwer, mit mir in derselben Wohnung zu übernachten, habe eben schon die Tür abgeschlossen. Doch wenn sie es nicht einmal schaffe, mit mir in einer Wohnung zu schlafen, ohne die Tür zwischen uns abzuschließen, sei der Versuch gleich zu Beginn gescheitert.
Ich erwidere, wenn sie möchte, werde ich gehen. Wir könnten später etwas anderes versuchen, um langsamer vorzugehen.
Sie schüttelt den Kopf, meint, ich solle ruhig bleiben, es werde, es müsse einfach gehen. Wenn ihr das heute nicht gelinge, wisse sie auch nicht mehr weiter, deshalb müsse sie es schaffen, sie werde beide Türen auflassen.
Ich gebe zu bedenken, daß sie doch nichts dränge, sie also ruhig langsamer vorgehen könne, worauf sie erwidert, es dränge sie doch etwas, nämlich ihr Wille. Sie sei nicht mehr das hilflose Kind und Opfer, sondern eine erwachsene Frau mit einem eigenen Kopf. Sie werde sich nicht mehr selbst zum Opfer machen. Sie wünscht mir eine gute Nacht, steht auf und geht wieder in ihr Zimmer.
Ihr Verhalten scheint mir immer noch rätselhaft zu sein, sie drängt sich selbst, wo sie doch vielleicht besser ausruhen sollte. Doch in der jetzigen Lage sollte ich wohl eher nicht den Besserwisser spielen und zu bestimmen versuchen, was richtig für sie ist. Auch ich muß ihr vertrauen, muß darauf bauen, daß sie schon einschätzen kann, was sie sich zutrauen kann. Zudem, so stelle ich fest, habe ich ihr gegenüber ein schlechtes Gewissen, was immer sie vorhat, was immer sie verlangt, das sollte ich nicht grundlos hinterfragen, sondern ihr einfach vertrauen, ihr folgen in Gedanken, Taten und Wünschen. Ist das nicht das Mindeste, was ich tun kann? Um so mehr, als ich ihr nah sein darf? Ja, sie mir offenbar auch nah sein will? Und ist es nicht bemerkenswert, wie aufrecht und selbstbewußt sie da eben gestanden hat und Selbstvertrauen gezeigt hat? War es ein Schlüsselerlebnis, als sie eben ihre Tür wieder aufgeschlossen hat oder bereits, als sie begonnen hat, sich im Park gegen den Täter zu wehren und ihn in die Flucht zu schlagen?
Ihre leise, angenehme Stimme weckt mich, als ich mich jedoch nicht gleich bewege, spüre ich, wie ihre Hand die Decke um meine Schulter umfaßt und mich vorsichtig wachrütteln will. Ich schlage die Augen auf, lächele sie an.
Sie meint, ich könne nun eigentlich aufstehen, sie habe schon Brötchen besorgt, das Frühstück sei gleich fertig, ob ich Tee oder Kaffee möchte?
Ich ziehe Tee vor und sie geht. Ich stehe auf, gehe ins Bad, wasche mich, ziehe mich dann an.
Beim Frühstück überlegen wir, was wir heute tun könnten. Beide sind wir wild entschlossen, Zeit miteinander zu verbringen. Sie möchte mich heute Mittag zum Essen in ein Restaurant einladen, ich schlage für den Vormittag einen Spaziergang durch die Herrenhäuser Gärten vor - auch die Herbstatmosphäre im Berggarten ist einen Spaziergang wert - und so brechen wir nach dem Frühstück auf, fahren mit der Straßenbahn zu den Gärten.
Wir gehen nebeneinander durch die kühle Luft des Berggartens, irgendwann greift ihre behandschuhte Hand zögernd nach der meinen, als ich sie gerade einmal nicht in der Tasche versenkt habe, und hält sie. Sie schaut mich wortlos an, lächelt ein paar Augenblicke lang entspannt. Später sitzen wir an einem der Teiche, zögernd lege ich einen Arm um ihre Taille und rücke ganz dicht zu ihr heran, sie legt ihren Kopf auf meine Schulter und schließt die Augen.
Beim Mittagessen weise ich darauf hin, daß ich dann doch noch irgendwann etwas für mein Studium und die nächste Woche vorbereiten müsse, was ein paar Stunden in Anspruch nehmen wird. Ihr ist es wichtig, daß ich das deutlich sage, sie wolle mich nicht komplett vereinnahmen. So einigen wir uns, daß ich den Nachmittag fleißig sein solle. Gleichzeitig beschließen wir aber, auch den Sonntag miteinander zu verbringen, ich solle heute Abend wieder zu ihr kommen, sie macht mich darauf aufmerksam, daß ich Schlafanzug und Zahnbürste mitbringen solle. Wir verabreden uns für etwa zwanzig Uhr.
Ich begleite sie noch zur Straßenbahn, frage, ob sie allein nach Hause fahren könne.
Dessen ist sie sich sicher, es sei so, als sei sie Donnerstag Abend bei meinem Ausruf endgültig aus einem Alptraum erwacht, am Freitag habe sie noch an sich gezweifelt, doch ab jetzt könne sie nichts mehr dazu bewegen, wieder in diesen Alptraum zu verfallen, das Gespräch mit mir, der gemeinsame Vormittag hätten ihr schon so viel gegeben, daß sie sicher sei, alleine nach Hause zu kommen. Auch das müsse für sie möglich sein. Ganz sicher werde sie sich nie wieder zu einem Stück Fleisch machen lassen. Ich könne sie unbesorgt gehen und lernen lassen, auf sich selbst vertrauend ihren Weg zu finden.
Als sie abgefahren ist, trete auch ich den Heimweg an.
Pünktlich stehe ich vor der Haustür und läute, außer den besprochenen habe ich auch meine Sachen für die Vorlesungen am Montag gleich mitgebracht. Sie öffnet über die Gegensprechanlage. Als ich oben angekommen bin, macht sie die Wohnungstür auf, als ich gerade davor stehe.
Ich stelle meine Sachen in ihrem Zimmer ab, sie begleitet mich ins Wohnzimmer, schlägt einen Videofilm vor, ich stimme zu. Sie sitzt in einem Sessel und ich auf dem Sofa.
Als der Film zu Ende ist, setzt sie sich neben mich und meint, es sei eine weitere Annäherung möglich, sie möchte, daß wir zusammen in einem Bett schlafen, mehr dürfe aber auf keinen Fall passieren. Sie wolle einfach nur, daß ich in ihrer Nähe sei, vielleicht noch mit mir reden, mich neben sich akzeptieren. Nachdem ich im Bad fertig bin, solle ich mich in ihrem Zimmer umziehen, ins Bett gehen, sie werde dann folgen.
Ich tue, was sie möchte, dann tritt sie im Schlafanzug ins Zimmer, wirkt etwas unsicher, schaut mich einen Augenblick an, schüttelt dann langsam den Kopf, das gehe noch nicht, ihr Bett sei zu eng; was aber gehe: wir könnten in J.s Bett schlafen, ich solle bitte mitkommen.
So stehe ich wieder auf, folge ihr in das andere Zimmer. Mit einer Geste weist sie auf das Bett. Während ich mich hinlege, läßt sie die Jalousie herunter, die kein Licht von draußen mehr durchläßt. Dann löscht sie das Licht, schließt die Tür. Es ist nun absolut dunkel. Ich höre ihre Schritte, sie steigt neben mir ins Bett, legt sich hin, zieht offenbar die Bettdecke bis unter das Kinn hoch.
Sie meint, es werde so gehen, doch müsse es auch möglich sein, daß sie mich an ihrem eigenen Platz, in ihrem Bett akzeptiere, das müßten wir morgen wagen. Jetzt sei sie etwas unruhig, sie zittere sogar etwas.
Sie dreht sich zu mir, ich höre, wie sie atmet, ich glaube, ich spüre ihre schnellen Atemzüge, sie muß mir ganz nah sein, ich wage nicht, mich zu bewegen.
Sie erläutert, sie sei zwar etwas nervös und aufgeregt, sie sei nicht sicher, ob sie einschlafen könne, trotzdem sei es schon ein kleiner Erfolg. Sie fragt noch nach meinen Vorbereitungen, ob ich die habe abschließen können? Ich stimme zu und wir plaudern noch ein wenig, erst über mein Studium, dann schweift das Thema etwas ab, die Plauderei gerät aber nicht ins Stocken und entwickelt sich recht entspannt und locker und setzt sich bis spät in die Nacht fort, bis wir uns entschließen, zu versuchen einzuschlafen.
Ich liege noch eine Weile wach, glaube nicht, daß sie schläft, dafür schlafe ich irgendwann ein.
Als ich aufwache, sehe ich auf dem Uhrenradio neben dem Bett, daß es bald neun Uhr ist. Ich taste nach dem Schalter der Nachttischlampe, an die ich mich noch vom Abend erinnere, finde ihn, knipse das Licht an. I. schläft noch, ich überlege, ob ich sie wecken soll, kann mich jedoch nicht dazu entschließen. Ihr Gesicht ist ganz entspannt, auch wenn sie schläft, sieht sie bezaubernd aus. Ich stehe leise auf, ziehe die Jalousie vorsichtig hoch, steige wieder ins Bett, knipse die Lampe wieder aus, betrachte das Radio genauer. Nach kurzer Überlegung gelingt es mir, zunächst die Lautstärke herunterzudrehen und dann das Radio anzuschalten - Frühstyxradio - eigentlich hatte ich erwartet, daß sie nun doch aufwacht, was jedoch nicht geschieht.
Erst nach etwa einer halben Stunde erwacht sie, öffnet die Augen und schaut mich an. Sie wendet sich mir zu, wünscht mir einen guten Morgen. Ich bin überrascht, als ihre Hand sich auf meine zubewegt, sie zunächst kaum berührend darüberstreicht, sie dann jedoch mit festem Griff umschließt. Sie rückt näher zu mir heran, bleibt jedoch unter ihrer Decke. Eine viertel Stunde darauf rückt sich noch näher, liegt jetzt seitlich neben mir, ich spüre ihre Beine neben den meinen, ihre Füße berühren meine, zucken etwas zurück. Sie legt ihren Kopf auf meine Brust, sie umarmt mich, ich halte sie sanft mit einer Hand um die Taille, sorgfältig darauf achtend, daß meine Hand auf ihrem Schlafanzugoberteil liegt, und wir liegen still im Bett. Ich weiß nicht, ob sie wieder eingeschlafen ist, ich höre mit geschlossenen Augen Radio, während ich spüre, wie sich unsere Körper unter unseren entspannten Atemzügen heben und senken. Es tut so gut, sie zu halten, ihr so nah zu sein, ihr Vertrauen zu genießen. Wir könnten eine Ewigkeit so liegen, scheint mir.
Irgendwann bewegt sie sich doch wieder, meint, wir sollten aufstehen, das Frühstück könne wohl entfallen, wir könnten gleich, wenn wir angezogen seien, mit der Zubereitung des Mittagessens beginnen. Sie steht zuerst auf und geht ins Bad. Als sie in ihr Zimmer geht, um sich anzuziehen, stehe ich auf. Sie macht J.s Bett als ich mich anziehe, dann gehen wir in die Küche. Sie sagt mir, was ich tun könne.
Sie meint, sie sei noch lange wach gewesen, als ich schon eingeschlafen sei. Anfangs habe sie befürchtet, bei meiner Anwesenheit überhaupt nicht einschlafen zu können, doch meine regelmäßigen Atemzüge hätten ihr allmählich so etwas wie ein Gefühl der Geborgenheit gegeben, außerdem habe sie schließlich doch wohl die Müdigkeit übermannt, da sie die Nacht vorher auch nur schwer habe einschlafen können. Insgesamt sei es bisher erheblich besser gegangen, als sie gedacht habe. Es sei für sie viel leichter gewesen, als sie für möglich gehalten hätte, es bestehe also Hoffnung. Daß sie sich am Morgen in meine Nähe gewagt habe, in meiner Umarmung sogar eingeschlafen sei, hätte sie noch vor Tagen für komplett unmöglich gehalten, heute scheine ihr beinahe alles möglich zu sein, aber noch dränge sie sich bloß durch ihren Willen und ihre Konzentration zu jedem weiteren Schritt, sie sei noch nicht so weit, sich einfach in die Situation fallen zu lassen, das sei noch zu schwer.
Ohne J. seien diese Wochenenden immer entsetzlich lang gewesen, sie sei mit sich und ihrer Vergangenheit in diesen Wänden gefangen gewesen. J. müsse ja auch ihr eigenes Leben leben, sie wolle auch nicht, daß sie so oft für sie da sei, daß sie sich selbst vernachlässige. Seit J. mit ihrem aktuellen Freund zusammen sei, sei sie beinahe jedes Wochenende weg und oft auch über Nacht in der Woche bei ihm. Für J. sei das ja auch gut, das könne sie verstehen, trotzdem sei es nicht leicht gewesen, allein in der Wohnung zu bleiben. Wenn es mit uns von längerer Dauer sei, wäre das auch eine große Erleichterung für J., die hin und her gerissen sei zwischen ihr und dem Freund. Sie selbst gehe am Wochenende nicht weg, höchstens am Samstag noch zum Einkaufen. Als J. noch öfter am Wochenende dagewesen sei, seien sie gelegentlich am Samstag Abend mal ins Kino gegangen, und sie habe Samstag und Sonntag für sie und J. gekocht, es seien immer sehr schöne und unbeschwerte Wochenenden gewesen. J. sei so allenfalls nur noch in der Woche abends zum Essen da. Nach dem Vorfall vom Donnerstag habe sie Angst gehabt, ihr werde dieses Wochenende die Decke auf den Kopf fallen, trotzdem habe sie J. noch nichts von dem Vorfall gesagt, damit sie sich keine Sorgen um sie machen müsse. Nur lesen, musikhören und fernsehen sei da auch nicht das Wahre, aber jetzt sei ich ja da, das tue ihr gut, auch J. brauche sich dann keine Sorgen mehr um sie zu machen.
Es wäre schon phantastisch, wenn ich in Zukunft öfter bei ihr sei. Das würde auch für J. ganz neue Möglichkeiten eröffnen, die bislang immer stark zwischen ihren Freund und ihr hin- und hergerissen sei. Sie hoffe, es werde mir schmecken, so daß sie noch oft für mich kochen könne, wobei ich ihr dann helfen werde, sie werde es mich lehren, falls nötig.
Ich erwidere, ich könne mir vorstellen, wie unangenehm einsame Wochenenden, besonders Sonntage ohne Beschäftigung sein können. Zum Glück könne ich mich etwa wegen des Studiums auch an Sonntagen immer gut beschäftigen, bevor mich die Langeweile zerfräße.
Was das Essen betreffe, so stelle sich natürlich die Frage, ob sie ernsthaft gedenke, mich mit ihrer Kochkunst zu gewinnen, wenn sie mich anschaue, meine schlanke Gestalt betrachte, werde sie unschwer erkennen, daß sie es damit schwer hätte, wenn sie mich nicht schon längst gewonnen hätte. Aber es sei ihr anzusehen, daß es ihr viel Spaß mache, und da sei schon ihr Anblick ein Genuß.
Sie lächelt mich an, ich müsse weder fürchten, noch brauche ich zu hoffen, daß sie mich zum Hauspascha mache, der von ihr bedient werde, das würde ich noch sehen. Und das Essen dürfe ich jederzeit ehrlich kritisieren. Aber ein wenig verwöhnen sei bei ihr natürlich immer drin.
Als das Essen fertig ist - Goulasch mit Spätzle und Kopfsalat - fällt meine Kritik sehr gut aus, und sie ist sichtlich stolz. Anschließend waschen wir ab und beraten, was wir nun tun könnten. Sie möchte einen Spaziergang am Maschsee. Es sei lange her, daß sie es einfach habe genießen können, draußen spazieren zu gehen, danach sehne sie sich sehr. Ihren Vorschlag setzen wir in die Tat um.
Nachdem wir Hand in Hand um den Maschsee spaziert sind, machen wir noch einen kurzen Abstecher ins Sprengelmuseum, denn ich war bei einem Besuch ein paar Wochen zuvor nicht mehr dazu gekommen, ein neu installiertes Werk anzusehen. Da I. das Museum zuvor noch nicht besucht hatte, sehen wir uns noch ein paar weitere Räume an, unterhalten uns über ein paar Bilder oder Objekte, bevor wir wieder zu ihr nach Hause fahren.
Wir hören einfach ein bißchen Musik, wobei I. auf dem Sofa sitzt und ich so liege, daß mein Kopf in ihrem Schoß ruht. Nach einiger Zeit fährt sie sanft mit ihrer Hand durch mein Haar.
Nach dem Abendbrot sehen wir fern, dann ist es Zeit, zu Bett zu gehen. I. meint, heute könnten wir in ihrem Bett schlafen. Ich gehe wieder zuerst ins Bad, dann ziehe ich mich in ihrem Zimmer um, lege mich in ihr Bett, warte auf sie. Als sie kommt, löscht sie das Licht, da sie schon vorher die Jalousie herunter gelassen hatte ist es ganz dunkel. Sie schließt die Tür und kommt zu mir unter die Decke. Sie legt sich so, daß ihr Rücken meine Brust berührt, sie möchte, daß ich sie umarme, was ich tue, ich ziehe sie dicht an mich, einer meiner Füße streicht über die ihren, die sie nicht zurückzieht. Offenbar ist mit ihr alles in Ordnung, keine besondere Nervosität vermag ich an ihr zu spüren, keine besondere Unruhe. Sie fühlt sich dann doch in meiner Gegenwart offenbar wohl und darüber bin ich sehr erleichtert. Sie in den Armen zu halten, sie bei mir zu spüren, fühlt sich so gut an, umso mehr, als das auch ihren Bedürfnissen entgegenzukommen scheint.
I. meint, sie habe nie über so etwas gesprochen, doch halte sie es für wichtig, daß man sich darüber ausspreche, auch wenn es schwerfalle, denn Mißverständnisse sollte man nicht riskieren. Einerseits halte sie die Sexualität für einen wichtigen und unverzichtbaren Bestandteil einer Beziehung, wie sie sich vorstelle und erhoffe, daß es unsere werde, andererseits habe sie es nach der damaligen Tat nicht mehr für möglich gehalten, einem Mann je so nahe sein zu können, daß der Genuß von Sex mit ihm jemals irgendeine Rolle in ihrem Leben spielen werde. So wisse sie nicht, wie sie das mit mir realisieren könne. Was für sie wichtig sei, sei zunächst, daß ich zufrieden sei, selbst wenn sie dabei nichts empfinden sollte, dafür sei ihr meine Nähe, für die Zukunft meine Zärtlichkeiten viel wichtiger, daß ich für sie da sei, daß ich sie halte, wenn sie mich brauche. Natürlich möchte sie etwas mit mir dabei empfinden, doch befürchte sie, wenn sie zu große Erwartungen daran habe, werde gerade das verhindern, daß es passiere, egal wieviel Mühe wir uns dann gäben.
Durch den Vergewaltigungsversuch, dem sie damals nur mit Glück entgangen sei, hätten sich Denken und Körper ziemlich weit voneinander entfernt, als hätte sie ihre Gefühle und Empfindungen ihres Körpers einfach ausgeschaltet. Erst als sie mit J.s Hilfe und durch den Sport diesen Abstand zwischen Geist und Körper wieder einigermaßen überwunden habe, habe sie ihren Körper zumindest nicht mehr für schmutzig und abstoßend gehalten. Mit J. allein seien sogar die Gefühle für ihren Körper wieder zurückgekehrt, aber wenn ihr sonst jemand zu nahe gekommen sei, wenn der Abstand zu gering werde, nur das Sehen oder die bloße Vermutung der Anwesenheit eines anderen Menschen veranlaßten sie dazu, sich völlig abzuschotten, sich von ihren Gefühlen zurückzuziehen, die Verbindungen zur Außenwelt auf das unbedingt Notwendige zu reduzieren.
Beim Sport reduziere sich die Verbindung von Geist und Körper auf die Lösung der konkreten Aufgabe, man müsse nicht reflektieren oder groß darüber nachdenken, was man tun müsse, sonst könnte man nie gut kämpfen. Die Einheit von Geist und Körper liege da im guten Körpergefühl, der Beobachtung des Gegners und den reflexartigen Bewegungen des Körpers. Dazu komme natürlich die Strategie, das Konzept, welches dann aber möglichst instinktiv als Aktion umgesetzt werde. Darüber hinaus könne man durch Konzentration beinahe alles ausschalten. Wenn sie mit mir zusammen sei, dürfe sie nichts ausschalten, um wirklich mit mir zusammen zu sein, sie müsse es fertigbringen, ihre Gefühle und Empfindungen zuzulassen, sich bedingungslos in unsere Gemeinsamkeit fallenzulassen, dazu brauche sie aber Zeit. Immerhin sei es ja schon gelungen, mich in ihrer Nähe zu akzeptieren, sogar zuzulassen, daß ich hier an ihrem ganz persönlichen Platz sein dürfe, den sie immer als sicheres Rückzugsgebiet betrachtet habe. Meine Anwesenheit an diesem Ort sei wichtig, wobei sie sich nicht völlig ins Schneckenhaus zurückziehe, doch müsse sie sicher noch viel an sich arbeiten, um sich mir ganz zu öffnen.
Was sie mir gestehen müsse: Sie habe zu J. sexuelle Kontakte, die aber für die Freundschaft mit J. keine Rolle spielten. Da sie nun mit mir eine Beziehung eingehen wolle, könne sie mir das nicht verschweigen. J. kenne sie ja schon seit frühester Kindheit, ihr Vertrauen zueinander sei bedingungslos, deshalb sei es möglich und für sie sehr leicht, die ausgetauschten Zärtlichkeiten ohne Vorbehalte zu genießen. Das passiere aber eigentlich nicht oft und sei, wie gesagt, für ihre Freundschaft nicht eigentlich wichtig.
Ich frage nach, ob sie nicht gesagt habe, daß J. einen festen Freund habe.
I. bestätigt, die Kontakte zwischen ihr und J. seien dadurch aber nicht berührt gewesen, für J. besäßen sie nicht einmal die Bedeutung, daß sie davon ihrem Freund erzählen müsse, was sie allerdings für falsch halte. Für sie sei das aber vor allem immer eine Situation der Geborgenheit und Sicherheit gewesen, eine Möglichkeit, sich und J. einfach nur zu genießen. Es sei natürlich auch eine Befriedigung von Bedürfnissen, das Lösen von Anspannungen damit verbunden, was bisher für sie wichtig gewesen sei, weil es ja für sie dazu keine andere Möglichkeit gegeben habe, und es sei ja auch nicht richtig, das völlig zu unterdrücken.
Wenn ich darauf bestehe, werde sie sofort damit aufhören. Sie wolle nicht, daß ich auf J. eifersüchtig sei, was sie verstehen könnte. Auf die Freundschaft mit J. hätte das keinen Einfluß und in Zukunft solle ja auch die Sexualität mit mir eine wichtige Rolle spielen, da sei es mit J. nicht mehr nötig. Wenn es uns erst gelinge, daß sie sich bei mir ganz geborgen fühle, wenn sie ihre Bedürfnisse in meiner Anwesenheit oder sogar ich mit ihr zusammen ihre Bedürfnisse befriedigen könnte, sobald wir unsere Beziehung gemeinsam intensiv genießen könnten, sei auf derartige Kontakte zu J. ohnehin leicht zu verzichten, zumal sich diese sowieso mehr mit ihrem Freund beschäftige.
Ich frage, wenn sie sich so gut mit J. verstehe und auch sexuelle Kontakte mit ihr habe, warum sie beide dann nicht versucht hätten, ihre Freundschaft auch in dieser Beziehung zu einer festen Zweierbeziehung auszubauen.
I. widerspricht, das sei ja nie ihr Ziel gewesen, sie seien immer Freundinnen gewesen und hätten nie etwas anderes sein wollen, sie seien nie ein Liebespaar gewesen und J. sei sicher auch nicht bisexuell. Oder wenn sie beide lesbisch wären, wäre das die einfachste Lösung, sie seien aber einfach gute Freundinnen. Es sei immer ganz klar gewesen, daß J. Beziehungen zu Männern habe oder sogar einen festen Intim-Freund. Wäre nicht damals der Überfall passiert, wäre es mit ihr sicherlich genauso gewesen, doch der Überfall habe eben alles in ihrem Leben verändert. Sie habe aber in J. nie etwas anderes gesehen als ihre Freundin. Wenn sie mit J. Zärtlichkeiten austausche, habe das nichts mit einer Liebesbeziehung zu tun, es seien einfache Annäherungen, die nur durch ihre tiefe Freundschaft möglich und angenehm seien.
Ich frage nach, wenn sie aber doch nicht damit gerechnet habe, jemals eine Beziehung zu einem Mann aufbauen zu können, wieso habe sie sich dann nicht um eine derartige Beziehung zu J. bemüht?
I. erwidert, das sei nicht möglich, es könne immer nur diese Freundschaft zwischen ihr und J. geben, sie könne das nicht erklären. Wenn eine Liebesbeziehung möglich gewesen wäre, hätte sie nach dem Überfall nicht all die Jahre so leiden müssen, sondern hätte mit J. ganz glücklich sein können, doch ihre Freundschaft sei einfach so vorhanden und könne nicht in andere Bahnen gelenkt werden. Eine intime Beziehung zu einer anderen Frau habe sie auch nie in Erwägung gezogen, daß hätte sie nicht interessiert.
Sie möchte wissen, ob ich eifersüchtig sei.
Ich bestätige, ein bißchen sei ich schon eifersüchtig, doch würde ich mich hüten, ihr sagen zu wollen, was sie zu tun oder zu lassen habe. Wenn sie sich außerdem bei J. wohlfühle, könne sie mich ruhig ein wenig leiden lassen, solange ich wisse, daß ich sie wieder in meinen Armen halten dürfe und es ihr bei J. gut gehe, sei es sicher für uns beide besser, daß ich ein wenig leide, als daß sie eine so sichere Zufluchtsstätte leichtfertig aufgebe.
Sie ist dankbar für mein Verständnis, meint jedoch, wenn es ihr erst gelinge, sich mir ganz zu öffnen, könne und werde sie leicht auf diese Kontakte zu J. ganz verzichten, die für ihre Freundschaft ohnehin nicht wichtig seien. J. tue das auch nur ihr zuliebe. Da liege keine tiefe Leidenschaft drin, Zuneigung, Nähe und Zärtlichkeit allerdings schon.
Nach dem Überfall habe sie nicht mehr daran geglaubt, jemals wieder den Mut zu fassen, sich der Welt oder auch nur sich selbst zu stellen. Mit der Hilfe von J. sei es immerhin irgendwann gelungen, sich wieder selbst anzuschauen und anzunehmen, wieder Gefühle zuzulassen, selbständig rauszugehen und dann auch sogar angenehme sexuelle Empfindungen zu erleben. Aber sonst habe sie nicht mehr daran geglaubt, daß sie der Welt noch etwas entgegenzusetzen habe, das Mißtrauen und der Haß gegenüber den anderen Menschen, von dem Täter in ihr Hirn gebrannt, hätten es nahezu unmöglich gemacht, neue Freundschaften zu schließen, bevor sie mit J.s Hilfe wieder zu sich gefunden habe, dann sei es zumindest bei einigen Frauen möglich gewesen, so etwas wie Freundschaft aufzubauen. Zuerst hätten nur ihre Schwester K. und J. überhaupt noch Zugang zu ihr gefunden.
K. sei aber kurz vor der Tat zu ihrem Freund gezogen, mit dem sie jetzt verheiratet sei, so daß sie sich nicht so häufig gesehen hätten. So sei es hauptsächlich J. gewesen, die sich die meiste Zeit mit ihr beschäftigt habe. Wenn sie allerdings zu K. gegangen sei, hätte sie sich auch immer Zeit für sie genommen, habe ihr zugehört, sie versucht zu beruhigen und zu trösten, während ihre Mutter dem allem ziemlich hilflos gegenübergestanden habe, ihr Vater habe die plötzliche Ablehnung ohnehin nicht verstanden. Da ihre Schulleistungen rapide nachgelassen hätten, habe es Zuhause für ihr Verhalten vor allem Kritik gegeben, sie hätten einfach nichts verstanden. Die mittlere Reife habe sie zwar dann doch noch geschafft, aber ihre Eltern seien eindeutig gegen das Abitur gewesen, obwohl sie vor der Tat ganz gut gewesen sei und sie es zu dem Zeitpunkt wieder gut hätte schaffen können. So habe sie eine Ausbildung gemacht und sei so zu ihrem Beruf gekommen, auch eine Auswirkung der Tat, die so bis heute ihr ganzes Leben beeinflußt habe, immer und immer wieder, jede Sekunde müsse sie damit leben, damit irgendwie fertig werden. Die Täter machen eben mal irgend etwas aus Bosheit oder ohne nachzudenken, aber die Opfer hätten ein ganzes Leben unter der Tat zu leiden. Die Tat ändere für das Opfer alles, das sei nicht mehr rückgängig zu machen, nicht mehr zu reparieren. Gut, die meisten würden sich dann wohl schon irgendwie weiter durchbeißen, aber das wie und was sei doch letztlich durch die Tat mitbestimmt. Als Opfer könne man sich nicht einfach davon befreien und es hinter sich zurücklassen. Wenn man Glück habe, wachse man daran oder gar darüber hinaus. So oder so bleibe aber immer ein dunkler Punkt oder auch ein ganzer Ozean der Finsternis im Inneren verborgen. Das werde man nicht mehr los und könne das auch nur vorsichtig und nur zum Teil anderen mitteilen und sich dadurch erleichtern. Die Tat sei nicht nur ein kurzfristiger Klotz am Bein, der einen erst einmal belaste und von dem man sich vielleicht befreien könne, das sei eine tiefe Dunkelheit, eine nie ganz heilende Verletzung im Innersten, eine Dunkelheit, die man nicht mehr gänzlich erhellen könne.
Zu K.s Mann habe sie zwar immer Distanz gehalten, allerdings habe er wohl verstanden, warum sich K. hin und wieder intensiv um sie habe kümmern müssen. Eigentlich habe sie die beiden immer bewundert, wie gut sie miteinander auskämen. Sie hätten jetzt zwei Kinder, seien ziemlich glücklich verheiratet, im Grunde ein ruhiges, gutes Leben. Wie gerne hätte sie das auch gehabt. In die beiden Kinder sei sie ganz vernarrt, sie komme gut mit ihnen aus, wenn sie einmal da sei oder diese bei ihr. Doch oft, wenn sie sie auf dem Arm gehalten oder mit ihnen gespielt habe, habe sie daran denken müssen, daß es durch den Überfall praktisch unmöglich geworden sei, daß sie jemals selbst Kinder haben werde, da sie geglaubt habe, sie werde auch nur die Nähe eines Mannes nie ertragen können, also auch keine Kinder bekommen können. Auch unter dieser Auswirkung des Überfalls auf ihr Leben habe sie leiden müssen. Wenn es mit unserer Beziehung klappe, bestehe immerhin wieder Hoffnung, wenn auch klar sei, daß es bis dahin noch ein weiter Weg sei. Selbst wenn es uns nicht gelinge, eine dauerhafte Beziehung aufzubauen, sei sie sicher, daß es ihr möglich wäre, von mir ein Kind zu empfangen, weil sie es wolle und ich jedenfalls bereit sei, mich auf den Gedanken einzulassen.
Ich gebe zu bedenken, daß mich ihr Kinderwunsch im derzeitigen Stadium unserer Beziehung erheblich überfordere.
Daraufhin dreht sie sich zu mir um, legt sanft einen ihrer Finger auf meinen Mund und meint, wenn es ihr damit Ernst werde, würde sie sicher noch ausführlich mit mir darüber sprechen, das sollten wir ja sicherlich nicht übereilen und uns erst einmal vertrauter machen und schauen, ob wir wirklich länger miteinander zurechtkämen. Allerdings müsse ich klar sehen, daß ich der einzige sei, von dem sie sich nun überhaupt vorstellen könne, ein Kind zu bekommen, aber selbst wenn unsere Beziehung nicht von Dauer sei, werde ihr so viel an einem eigenen Kind liegen, daß sie es auch großzöge ohne irgendeine weitere Beteiligung von mir. So oder so wäre das ein sehr großes Geschenk, ein großes Glück, aber auch eine große Verantwortung, daher akzeptiere und respektiere sie natürlich meine Bedenken. Das sei jetzt auch kein fester Plan von ihr gewesen, eine Hoffnung sicherlich, doch vielleicht hänge sie sich damit auch gleich viel zu schwer an mich und mache mir Angst, wo wir doch lieber erst einmal einfach genießen sollten, uns gefunden zu haben und nun zusammen zu sein. Somit habe das alles jetzt ja keine Eile, wir müßten erst einmal sehen, wie es mit uns weitergehe, dann sei irgendwann immer noch Zeit, das ins Auge zu fassen. Also entspannen, genießen, nicht zu sehr klammern, kein Druck, keine übereilten Forderungen von ihrer Seite.
Sie schmiegt sich eng an mich, ihre Finger streichen sanft über meine Lippen, meine Wange, fährt meinen Arm entlang bis zu meiner Hand, die sie mit der ihren auf ihrem Brustkorb zieht und festhält. Unsere Atemzüge sind in der Stille zu hören und von draußen ab und zu ein vorbeifahrendes Auto, irgendwann scheint sie eingeschlafen zu sein. Ich genieße ihre Nähe, zu spüren, wie sie so an mich geschmiegt liegt, daß ich das regelmäßige Heben und Senken ihrer Brust und den Luftstrom ihres Atems wahrnehmen kann.
Das Uhrenradio weckt uns, I. schmiegt sich an mich, ich umarme sie vorsichtig. Eigentlich habe sie gar keine Lust aufzustehen, doch es müsse wohl sein, murmelt sie, schmiegt sich aber noch enger an mich.
Dann steht sie aber doch kurz darauf auf und geht ins Bad. Als sie wieder ins Zimmer kommt, gehe ich ins Bad.
Als ich nach dem Anziehen in die Küche komme, hat sie das Frühstück schon fertig, sie ist sich sicher, den Weg zur und von der Arbeit wieder alleine bewältigen zu können, für heute Abend bittet sie aber um eine kleine Pause, sie wolle sich mit J. ausführlich unterhalten und über das Weitere beraten. Das Beste sei, wenn sie mich anrufe, um sich mit mir abzustimmen, wann und wo wir uns wieder treffen sollten, eventuell Dienstag Abend, wenn ich einverstanden sei. Natürlich werde ich da nicht widersprechen und ihr die gewünschte Pause gönnen. Sie hat sichtbar gute Laune und das ist ein Geschenk. Ich bin auch ziemlich gespannt, was sie über die Unterhaltung mit J. berichten wird, immerhin ihre beste Freundin, Mitbewohnerin für alle Bedürfnisse, da dürfte das Gespräch Gewicht haben. Das spreche ich natürlich nicht aus, sondern erwidere nur, ich würde artig, aber sehr sehnsüchtig auf ihren Anruf warten. I. schaut mich von der Seite her an, schmunzelt dann aber. Wegen J. müsse ich keine Bedenken haben, sie würden sich nur unterhalten und beraten, für mich entschieden hätte sie sich längst, in der Hinsicht brauche sie keinen Rat ihrer Freundin, die mich zudem ja gar nicht kenne. J. sei ihr natürlich wichtig und diese müsse daher in ihre Pläne eingeweiht werden - und sie habe ja auch Erfahrung, also eine gute Ratgeberin, eine gute Vertraute.
Nach dem Frühstück machen wir uns auf den Weg, sie zu ihrer Arbeit, ich zur Universität, obwohl es eigentlich noch etwas früh ist. Zum Glück habe ich noch ein Buch dabei, in welchem ich bis zu Vorlesung lese. Auch mir wird die kleine Pause im Grunde ganz gut tun, oder vielmehr meinem Studium, ich habe einige Dinge zu erledigen und nun auch etwas Zeit dafür. Immerhin, die ganz wilde Phase meines Studiums ist vorbei, von daher bleibt mir also genug Zeit sowohl für I. als auch für das Studium. Nur gerade jetzt am Anfang und in der kritischen Zeit nach dem Überfall braucht sie natürlich meine Aufmerksamkeit ganz besonders, einmal abgesehen von den kleinen Pausen, in welchen dann ja immerhin J. da ist. Es ist also günstig, daß ich mich gerade jetzt zeitlich ganz gut auf sie einstellen kann.
Nach einundzwanzig Uhr, als ich schon nicht mehr damit rechne, ruft sie doch noch an. Sie erzählt mir, dienstags betreibe sie ja immer ihren Kampfsport, sie sei noch in der Sporthalle, schildert mir, mit welcher Bahn ich dorthin komme, den Weg von der Haltestelle zum Eingang der Halle. Da ich diesmal den Weg noch nicht gefahren bin, kann ich nicht so genau abschätzen, wie lange es dauern wird, sie meint jedoch, das sei nicht schlimm, sie werde ohnehin mit ihrer Bekannten A. noch ein paar Übungen machen, bis ich da sei.
Der Teil des Weges, den ich mit der Straßenbahn zurücklege, ist noch einfach, spannend wird es erst ab der Haltestelle. Dort stehe ich mit dem Zettel, auf dem ich I.s Wegbeschreibung notiert habe, vor dem Umgebungsplan und suche. Nachdem ich mich so orientiert habe, finde ich das Sportgelände auf Anhieb und nach einigem unsicheren Suchen auch den Eingang.
Ich läute. Es erscheint eine junge, dunkelhaarige Schönheit, fragt durch die Tür, ich bestätige durch Nennung meines Namens, daß ich zu I. wolle, sie öffnet. Sie führt mich zu I., diese stellt uns vor. Es handelt sie um A., Abiturientin, die vor einiger Zeit zur Frauengruppe dieser Kampfsportabteilung gestoßen sei, in der I. eine der Übungsleiterinnen ist.
A. erklärt, sie habe gedacht, es sei ihr Bruder, der die Angewohnheit habe, sie abzuholen. Tatsächlich läutet es im gleichen Augenblick, sie meint, das müsse er jetzt sein, verabschiedet sich und geht.
I. erläutert, A. sei zwar hier geboren, ihre Eltern aus der Türkei. Hierher gekommen sei sie zunächst, um durch den Sport ihr Selbstvertrauen zu stärken. Man müsse den Neuen natürlich sagen, daß sie zur Selbstverteidigung besser zu einen speziellen Schnellkurs gehen sollten, am besten eine gemischte Gruppe, damit Frauen lernten, ihre Zurückhaltung aufzugeben und einen potentiellen Angreifer lange genug außer Gefecht zu setzen, um dann abhauen zu können, ohne sich noch darüber Sorgen zu machen, ob der Angreifer nicht vielleicht Hilfe brauche. Überhaupt, rechtzeitige Flucht ist natürlich immer die bessere Option, sei aber nicht immer möglich oder könne sogar problematisch sein, wenn damit andere in Gefahr gerieten, Opfer zu werden, die sich nicht gut wehren können. Sei man bereits wie sie Opfer geworden, sei eine gemischte Gruppe natürlich problematischer für alle Beteiligten, da könne man dann nie genau vorhersehen, was so passieren werde. Ein Drama sei aber so oder so ziemlich sicher, wenn der Gruppenleiter nichts von dem Problem wisse und dieses erst mitten in einer Übung offenbar werde.
Was sie hier betreiben, sei Sport, sie habe sich mit mehreren dieser Kampfsportarten beschäftigt, wenn man sie dauerhaft betreibe, sei man damit sicher besser bedient als mit einem Schnellkurs, doch viele wollten sich auch einfach nur sicherer fühlen. Das sei wohl auch anfangs so bei A. gewesen, doch sie sei geblieben und habe offenbar ihren Spaß an diesem Sport gefunden, außerdem habe sie wohl schon wegen ihres Bruders eine reine Frauengruppe vorgezogen. Mit den Mitschülern, die sie in der Schule kennen, sei sie ja zum großen Teil ganz gut ausgekommen, aber offenbar gebe es mit anderen Schülern und anderen Leuten ab und zu Schwierigkeiten, ohne daß allerdings bisher etwas ernsthaftes passiert sei. Zuhause habe sie es wohl auch nicht ganz leicht, ihre Eltern seien eigentlich schon dagegen gewesen, daß sie Abitur mache, doch sie sei sehr gut in der Schule und habe zum Glück auch noch ein starkes Durchsetzungsvermögen, so habe sie trotzdem weitergemacht. Ebenso sei es mit diesem Sport gewesen, zumal es in letzter Zeit ja Übergriffe besonders auf Türken gegeben habe, so daß ihre Eltern eingesehen hätten, daß sie sich notfalls wehren können müsse. Ihr Bruder spiele sich allerdings immer als ihr Beschützer und Sittenwächter auf. Da ihre Gruppe nur für Frauen bestimmt sei, müsse er glücklicher Weise für A. draußen bleiben, andererseits sei er aber auch nicht allzu mißtrauisch. Bezüglich des Dienstagabends sehe ihr Arrangement wohl so aus, daß er sie nach einem Anruf abhole. Sie habe sich hier bald mit A. angefreundet.
Inzwischen, sie ist noch nicht umgezogen, führt sie mir einige Kampfpositionen und Bewegungsabläufe vor. Kraftvoll, geschmeidig und kontrolliert zieht sie die Bewegungen dabei voll durch und einige Male endet die Bewegung ihrer Hand oder ihres Fußes nur knapp vor meinem Körper, meinem Kopf, meinen Kniescheiben. Ist das ein Test? Vielleicht. Ich vertraue ihr und weiche keinen Millimeter von der Stelle. Immerhin, wenn sie weiß was sie tut, ist das vermutlich die beste Option, um ungeschoren davonzukommen. Ich komme eigentlich nicht dazu Angst zu haben, zucke aber ab und an doch etwas. So hat sie dann doch irgendwann ein Einsehen und beendet diese heikle Übung ohne weiteren Kommentar. Als nächstes führt sie mich in den Folterraum (Kraftraum) und beginnt, sich dort zu betätigen. Sie erläutert, wenn man die Geräte richtig nutze, verunstalte man seinen Körper nicht mit überflüssiger und ungleichmäßig stark ausgebildeter Muskelmasse, sondern trainiere alles so, daß wirklich alle Muskeln gezielt und kontrolliert eingesetzt werden könnten. Ich vermute, ihr Kurs dürfte schon anstrengend gewesen sein, doch hier verausgabt sie sich völlig. Es ist eine Demonstration, ich komme nur nicht dahinter, was sie damit demonstrieren will. Ich weiß doch, sie ist empfindsam, sensibel und stark zugleich. Sie ist durchtrainiert und kontrolliert und entschlossen. Und dieser Eindruck steht in deutlichem Kontrast zu ihrem Auftreten als ich sie das erste Mal gesehen habe.
Sie fährt fort: Nun sollten wir uns jedoch über uns unterhalten. Was sie mir zuerst erzählen müsse: Gestern Abend sei sie mit J. zusammengewesen, da habe sich erst einmal die in ihr durch das für sie doch sehr anstrengende Wochenende aufgestaute Anspannung gelöst, dann habe sie J. in groben Zügen von dem Überfall und meiner Hilfe berichtet und davon erzählt, daß sie zu mir eine Beziehung aufzubauen gedenke. J. sei natürlich über den Überfall schockiert gewesen, aber auch irritiert, daß sie sich erst gar nicht gewehrt habe. Zum Glück hätten wir die Situation ja noch gemeinsam halbwegs gemeistert. Die Entscheidung mit der Polizei habe sie allerdings auch kritisiert, immerhin habe sie ja doch anonym angerufen, es sei also wohl verstärkt Polizei im Park unterwegs, wenn wohl auch nur für ein paar Tage. J. habe sich aber auch für sie gefreut, sie in der Absicht bestärkt, eine Beziehung einzugehen, nachdem sie sich davon überzeugt habe, daß sie es nicht nur wolle, weil sie mir dankbar sei, und weil sie selbst davon ausgehe, daß eine Annäherung bei mir möglich sei. J. habe sogar gescherzt, sie solle den holden Knaben vernaschen, um ihr Mut zu machen und sie zu unterstützen, ihre Hemmungen und Unsicherheiten zu überwinden. Ernsthafter meinte sie aber, sie solle nach ihrem eigenen Tempo vorgehen und sehen, wie schnell eine Annäherung für sie gut sei. J. wolle mich natürlich auch bald einmal kennenlernen, für heute habe sie J. jedoch gebeten, zu ihrem Freund zu gehen, so daß wir heute allein seien, denn sie habe einen Entschluß gefaßt, wenn ich nichts dagegen hätte, mit der Annäherung heute Nacht fortzufahren, deswegen sei sie auch schon die ganze Zeit so aufgeregt. Einerseits ihr Entschluß dazu, andererseits die innere Anspannung deswegen. Sie redet so schnell und hastig, daß ich gar nicht dazu komme, darauf einzugehen, signalisieren allenfalls ab und an durch Nicken, daß ich ihr aufmerksam zuhöre.
Eigentlich sei hier viel früher Schluß, doch wegen ihrer Anspannung sei sie länger hier geblieben und habe sich mit A., die wohl das dringende Bedürfnis gehabt habe, ihre Frustrationen abzubauen, ziemlich ausgetobt, beinahe bis zur totalen Erschöpfung. Mit dem endgültigen Entschluß habe sie mich dann angerufen. A. sei geblieben und habe ihren Bruder eigentlich so bestellt, daß er hätte vor mir da sein sollen, aber ich sei schneller als erwartet hier gewesen, hoffentlich habe ihr Bruder nicht gesehen, wie sie mich hereingelassen habe.
Sie fragt mich, ob ich nicht auch einmal ein Gerät ausprobieren wolle, überredet mich schließlich. Ich ziehe die Jacke aus und mühe mich ein paar mal an einem Gerät ab, wie sie es mir gezeigt hat, höre dann aber mit dem Kommentar auf, daß ich besser davon abließe, bevor es anstrengend werde, ich würde da doch ohnehin keine gute Figur machen.
Sie grinst, wahrscheinlich sei ich sogar etwas stärker als sie, zumal etwas größer, da sei prinzipiell die Kraftumsetzung etwas effektiver, wie ich sicher als Physiker wisse. Wie sie das Gerät eingestellt habe, müßte ich dabei schon einige Kraft aufgebracht haben. Aber meine Kondition, sportliche Motivation und Ausdauer seien miserabel. Ich stehe ihr gegenüber, widerspreche dem nicht, als sie mich plötzlich und ganz unvermittelt fest umarmt, auch ich lege meine Hände um ihre Taille, halte sie fest. So stehen wir eine Weile.
Sie meint, eigentlich dusche sie immer, bevor sie nach Hause gehe, besonders wo sie so verschwitzt wie heute sei, sei das angebracht, doch wenn es mich nicht störe, möchte sie, daß wir lieber gleich zu ihr fahren. Tatsächlich merke ich, daß sie ordentlich durchgeschwitzt ist, ich halte sie etwas von mir weg, mit zwei Fingern streife ich vorsichtig etwas Schweiß von ihrer Stirn, lecke die salzige Feuchtigkeit von meinen Fingern, lächele sie an, sie verschwitzt zu sehen, wirke sehr anziehend und anregend, wenn sie es für sinnvoll halte, könnten wir gleich gehen, aber ich hätte auch genug Zeit, solange zu warten, bis sie geduscht habe, wenn es darum gehe, außerdem sei es bestimmt nicht sehr gesund, verschwitzt nach draußen in die Kälte zu gehen. Sie schüttelt aber den Kopf. Ich solle nur an der Tür warten, bis sie sich abgetrocknet und umgezogen habe und alle Lichter gelöscht, dann könnten wir gehen. Kurz darauf kommt sie schon, wir gehen hinaus, und sie schließt ab. Hand in Hand gehen wir zur Straßenbahn und fahren zu ihr.
Auf dem Weg von der Haltestelle zu ihrer Wohnung - im übrigen wählen wir einen Umweg, um den Park zu meiden - scheint sie etwas nervöser zu werden. Dort angekommen, stellt sie zunächst in ihrem Zimmer den CD-Spieler an, geht dann in die Küche, holt eine Flasche Sekt und ein Glas. Wir setzen uns an den Küchentisch. Als sie die Flasche schon öffnen will, schüttelt sie plötzlich den Kopf, das sei jetzt nicht richtig, kein Alkohol. Sie stellt die Flasche wieder weg, meint, wir sollten ins Bett gehen. Während sie in der Küche noch etwas ziemlich ziellos herumräumt, gehe ich ins Bad, danach sie, während ich mich in ihrem Zimmer ausziehe und den Schlafanzug an. Als sie in ihrem Schlafanzug ins Zimmer kommt, wirkt sie immer noch sehr unruhig, überlegt einen Moment, dann geht sie zum CD-Spieler und schaltet ihn mitten im Stück ab, auch dafür sei jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Sie löscht das Licht, setzt sich zu mir auf das Bett.
Zögernd beginnt sie, sie könne nicht lange darum herum reden, weshalb sie etwas aufgeregt sei und sich deshalb eben etwas kopflos benommen habe, sie habe sich entschlossen, vorausgesetzt daß ich wegen mir keine Einwände hätte, heute Nacht mit mir Sex zu haben, um eine weitere Annäherung zu realisieren. Sie möchte nur, daß es möglichst schnell gehe, das sollte mir als Mann prinzipiell nicht schwerfallen, allerdings solle ich auf sie keine besondere Rücksicht nehmen, ihr lediglich nicht absichtlich weh tun, Lust werde sie dabei heute ohnehin nicht empfinden.
Ich erwidere, ob wir dann nicht besser erst einmal eine weitere Annäherung in anderer Form versuchen sollten?
Sie widerspricht und meint, es sei dafür jetzt der richtige Zeitpunkt, denn sie habe sich nun einmal dazu durchgerungen, sie wisse nicht, ob sie das so schnell wieder schaffen könne, wenn wir es heute verschöben oder lange diskutierten. Wenn es aber heute gelinge - und dessen sei sie sich sicher - wenn ich es nur heute für mich zu einem Ende führe, egal wie sie sich dabei verhalte, sei alles gut. Solange sie nicht ausspreche, daß ich aufhören solle, sei sie sicher, mit mir auszukommen.
Ich könne mir sicher sein, daß ich dabei von ihr nicht mehr bekomme, als sie mir jetzt von sich geben wolle.
In ihrem Kopf seien aber die damit verbundenen Empfindungen noch blockiert, das sei nicht so einfach zu beenden, nur durch eine schrittweise Annäherung an mich könne sie sich das vorstellen, und dies sei aus ihrer Sicht so ein Schritt. Sie könne das nicht so gut in Worte fassen, was in ihr vorgehe, doch sie sei sich sicher, daß sie es diese Nacht so möchte. Sie wolle mich auch nicht geradezu drängen oder unter Druck setzen. Sie hoffe nur, ich könne damit einverstanden sein.
Sie beschreibt, wie sie sich vorstellt, daß es ablaufen soll: Ich solle mich auf sie legen, sie werde die Beine spreizen, die meinen mit den ihren umklammern. Dann will sie, während ich sie zunächst locker umarmen solle, unsere Schlafanzüge herunterziehen und mein Glied vor ihre Vagina bringen, dann werde sie mich umarmen, das weitere liege bei mir, wie ich das möglichst schnell für mich zu Ende bringe. Sie möchte noch nicht, daß ich sie küsse oder ansonsten besondere Zärtlichkeiten bei ihr versuche, sie wolle vorher genau wissen, worauf sie sich einzustellen habe und sich darauf konzentrieren können. Danach solle ich einfach abwarten, bis sie etwas zu mir sage, vorher möchte sie nicht, daß wir sprechen.
Sie fragt mich, ob das gehen werde?
Ich überwinde meine Bedenken stimme zögernd zu, weil ich merke, wie Ernst es ihr mit ihrem Plan ist.
Sie meint, ich müsse mich noch ein bißchen gedulden, sie müsse sich noch etwas alleine darauf vorbereiten, wenn ich mich auch noch vorbereiten müsse, sollte ich das ebenso tun, dann steht sie auf und geht hinaus.
Nach ein paar Minuten kommt sie wieder, kommt zu mir ins Bett, wir liegen seitlich nebeneinander, sie schmiegt sich an mich, umarmt mich, ihre Stimme zittert etwas, als sie flüsternd von mir wissen will, ob ich bereit sei.
Ich stelle fest, einerseits sei das von ihr in Aussicht Gestellte erregend, andererseits sei ihre zu erwartende Teilnahmslosigkeit für mich in der Situation beunruhigend.
Ihre Wange streicht mich kaum berührend über die meine, wenn von ihr auch keine Aktivitäten oder Reaktionen zu erwarten seien, könne ich doch sicher sein, daß sie nicht teilnahmslos sei, sie werde sich nicht ablenken, sondern ganz bei mir sein, alles genau erleben, was passieren werde, ich solle ihr nur vertrauen, es werde alles gut werden, auch wenn sie dabei keine Lust empfinde, bedeute es für sie sehr viel.
Sie dreht sich mit mir, so daß ich jetzt auf ihr liege, sie spreizt und winkelt ihre Beine etwas an, eine ihrer Hände wandert zwischen unsere Körper, ich umarme sie, halte mich an ihren Schulterblättern fest. Ihre Hand gleitet in meine Schlafanzughose und streichelt ganz sanft und vorsichtig Penis und Hodensack. Mein Glied ist bereits extrem steif und allein der Gedanke, gleich mit ihr zusammen zu sein, hat mich bereits stark erregt. Sie legt nun ihre Beine um die meinen, zieht dabei meine und ihre Schlafanzughose herunter und führt meinen Penis zwischen ihre Schamlippen, dann umarmt sie mich mit beiden Armen.
Gleichzeitig spüre ich eine Anspannung ihres Unterleibes. Vorsichtig beginne ich, mit dem Penis in sie einzudringen, spüre dabei, daß es in der gesamten Muskulatur ihres Beckenbodens zu einer kräftigen Kontraktion gekommen ist. Ich überlege, ob ich weitermachen soll, da sie aber nichts sagt, entschließe ich mich dazu, möglichst langsam und vorsichtig, wobei ein deutlicher Widerstand durch die Kontraktion der Muskeln zu überwinden ist. Offenbar ist sie aber irgendwie in der Lage, intuitiv oder gezielt die Intensität dieser Reaktion gerade so zu kontrollieren, daß ich weiter und dann völlig in sie eindringen kann.
In dem Moment, wo das geschehen ist, entspannt sich ihre Beckenbodenmuskulatur so weit, daß die Bewegungen gut ausführbar sind und starke Reize ausüben, gleichzeitig pressen sich aber ihre Arme und Beine so fest um mich, daß ich nur noch in der Lage bin, zu atmen und diese Bewegungen auszuführen. Ich beginne erst vorsichtig mit sanften harmonischen Bewegungen, deren Intensität und Frequenz ich zügig steigere. Mit zunehmender Erregung atme ich schneller, auch ihr Brustkorb bewegt sich schneller, sie paßt sich meinem Atemrhythmus an, atmet jedoch genau im Gegentakt. Meine Bewegungen werden immer intensiver und heftiger, verlieren schließlich ihre Regelmäßigkeit, bis es zur Ejakulation kommt.
Danach liege ich mit offenem Mund atmend in ihren Armen, ihre Umklammerung wird sofort noch stärker, so daß ich mich überhaupt nicht mehr bewegen kann, die Kontraktion ihrer Beckenmuskulatur wird so stark, daß eine Bewegung unmöglich wird, ohne daß ich ihr oder mir dabei weh täte. Wir atmen noch im Gegentakt, das einzige, was bei ihrer Umklammerung im Moment noch möglich ist. Hat sie bei dem Geschehen einen Krampf bekommen? War das doch alles zu viel für sie? Wir verharren still in unserer engen Umklammerung.
Erst als sich Puls und Atmung wieder annähernd normalisiert haben, lockert sie die Umarmung etwas, sie flüstert nur "gut" und entspannt sich dann über einen relativ kurzen Zeitraum völlig, ihre Beine lösen sich von den meinen, wir drehen uns zur Seite, lösen uns voneinander, mit einer Hand zieht sie unsere Schlafanzüge wieder in die richtige Position, umarmt mich daraufhin wieder, dieses mal jedoch ganz sanft und zärtlich.
Sie möchte wissen, ob ich ganz zufriedengestellt sei, worauf ich antworte, für mich allein sei es gut gewesen, doch wenn sie ganz dabei gewesen wäre, wäre es sicher erheblich schöner gewesen. Die heftige Umklammerung sei gleichzeitig sehr erregend und doch auch etwas beängstigend gewesen. Sie meint, sie habe das nicht komplett unter Kontrolle, etwas schon, aber wir könnten ja noch reichlich üben. Was ihre Empfindungen, ihre sexuelle Entspannung anbelange, daß wir das irgendwann auch noch hinbekommen würden, ich solle da nicht ungeduldig werden, für heute sei sie aber mit sich ganz zufrieden, sie habe sich ganz auf mich konzentrieren können, alles, was vorgegangen sei, deutlich wahrgenommen. Sie habe befürchtet, daß es in ihr einen unwillkürlichen Widerstand geben werde, hätte sogar Schmerzen dabei akzeptieren wollen, nur um mit mir so zusammen sein zu können, doch habe sie ihre Körperreaktionen dann doch ganz gut unter Kontrolle gehabt, den Widerstand, den ich sicher gespürt hätte, erste Anzeichen einer allerdings zu erwartenden Panik, habe sie dann wenigstens ungefähr ganz gut rechtzeitig reduzieren und gar dosieren können, auch um bei mir eine schnelle Reaktion zu ermöglichen. Sie habe glücklicherweise überhaupt keine Schmerzen gehabt, zwar auch keine Lust empfunden, das hänge aber wohl damit zusammen, daß sie diese Sperre im Kopf noch nicht überwunden habe. Ihre Gefühle seien noch blockiert, statt sich einfach in die Situation fallen lassen zu können und das Erlebnis zu genießen, benötige sie noch ihren Willen und Konzentration, um so mit mir zusammenzusein. Das werde sich aber noch ändern, hoffe sie, denn wenn sie mit J. zusammen sei, gebe es diese Sperre im Kopf nicht, dann empfinde sie auch bei geringen Reizen sehr viel. Sie hoffe, sie glaube, daß uns das in näherer Zukunft auch gelingen werde, bei ihr eine Reaktion hervorzurufen, wenn uns eine weitere Annäherung gelinge.
Vorhin habe sie sich ganz auf mich konzentriert, auf meine Bewegungen, meine Reaktion, sie habe alles genau registriert, das erste Mal, daß sie zugelassen habe, daß jemand in ihre Vagina eindringe, meine Bewegungen, dann zum Schluß die Ejakulation, deutlich habe sie sogar das Herausschießen des Spermas wahrgenommen. Das habe sie beinahe erneut in Panik versetzt, aber es sei ihr gelungen, sich zu fangen und nicht komplett zu verkrampfen. Denn eigentlich habe sie es ja genießen wollen, mir so nahe zu sein, mich in sich zu spüren. Meinen Orgasmus in sich zu spüren, sei dann doch ein sehr heftiges Erlebnis gewesen. Aber genau das habe sie spüren wollen, habe mit mir vereint sein wollen. Also alles gut, alles richtig.
Daß sie das alles so genau habe wahrnehmen können, womit es ihr immerhin gelungen sei, daß dabei die Verbindung zwischen Hirn und Körper nicht völlig blockiert gewesen sei, sei sehr wichtig für sie gewesen, ich müsse nur Geduld haben und meine Erwartungen nicht gleich von vorne herein so hochschrauben, daß wir sie nur schwer erfüllen können. Ich müsse ihr Zeit lassen, bis es ihr gelinge, ihre Reaktionen in meiner Gegenwart zuzulassen, sich mir ganz zu öffnen, mit mir glücklich zu sein, doch weitere Fortschritte müßten wir versuchen, an einem anderen Tag zu machen. Sie werde mir jedenfalls gewiß nicht verschweigen, wenn sie in der richtigen Stimmung sei, um sich ganz auf mich einzulassen, worauf ich mich ausdauernder und länger, intensiver, liebevoller um sie bemühen dürfe, um sie mehr spüren zu lassen.
Ich versichere, ich würde nicht so schnell ungeduldig werden, sie habe alle Zeit, die sie brauche, sie könne sich meiner ganz sicher sein.
Sie meint, ob wir für heute nicht versuchen sollten zu schlafen?
Ich habe nichts mehr von I. gehört, seit wir uns am Mittwoch Morgen verabschiedet haben, ich hatte gedacht, sie werde spätestens heute Nachmittag anrufen, dann habe ich es nicht mehr ausgehalten, mich nach ihr gesehnt, nun bin ich auf dem Weg zu ihr, will sie überraschen. Ich hoffe, daß sie sich freut, hoffe, daß der bisher nicht erfolgte Anruf nichts damit zu tun hat, daß es am Dienstag doch zu viel für sie gewesen ist, was mir allerdings unwahrscheinlich erscheint, weil sie am Mittwoch Morgen relativ gut gelaunt zu sein schien.
Die Haustür ist nicht ins Schloß gefallen, so entschließe ich mich, gleich hochzugehen, ohne vorher unten zu läuten. Mache ich vielleicht einen Fehler, wenn ich hier ohne ihre vorherige Zustimmung erscheine?
Oben stehe ich vor der Tür und klingele. Ist sie vielleicht gar nicht da? Das Warten gestern Abend und heute Nachmittag auf einen möglichen Anruf von ihr war mir schier unerträglich geworden. Doch ich höre sie schon rufen, ich solle mich bitte einen Moment gedulden.
Sie öffnet, ist nur provisorisch mit einem umgelegten Handtuch bekleidet, ihre Haare trägt sie offen, sie sind naß, ebenso ihre schönen Arme, an ihren bezaubernden Beinen rinnen Wassertropfen herab, bis zu ihren schlanken Fußgelenken, denn sie steht barfuß im Flur, schaut mich erstaunt an: "Du?" Sie habe gedacht, J. sei noch einmal zurückgekommen, habe mal wieder ihren Schlüssel vergessen. Nach einem Moment läßt sie mich herein, schließt die Tür.
Ich muß sie einfach anschauen, was ich von ihr sehe, in mich aufnehmen, frage sie, ob ihr unangenehm sei, daß ich unangemeldet gekommen sei, nicht auf einen Anruf von ihr gewartet hätte, ich hätte es einfach nicht mehr ohne sie ausgehalten, aber sie könne mich sofort wieder wegschicken, wenn sie nicht wolle, daß ich jetzt hier sei.
Sie schaut mich verlegen an, schüttelt den Kopf, meine Anwesenheit sei ihr nicht unangenehm, eigentlich hätte sie mich schon am Nachmittag anrufen sollen und fragen, ob ich Zeit hätte, sie lächelt, nun hätte ich ihr den Anruf erspart und sei etwas früher als von ihr erhofft da, nicht so schlimm, im Gegenteil, ich sei sehr willkommen.
Ich halte ihr die Rose hin, die ich für sie besorgt habe. Sie lächelt mich an, nimmt sie schnell mit beiden Händen, wobei sie flüchtig meine Hände streift, mit den Worten, daß die Rose wunderschön sei. Dabei rutscht das Handtuch, auf das sie in dem Moment nicht aufgepaßt hat, hinunter, und sie steht nackt vor mir. Sie senkt verlegen den Blick, legt die Rose schnell auf ein Schränkchen. Ich schaue sie an, sie ist schön, Sommersprossen hat sie wirklich nicht nur im Gesicht, und wie am Dienstag schon gespürt und mir früher erzählt, fehlen die Schamhaare. Ich kann nicht anders, als sie die Rose gerade hingelegt hat und sich schon bücken will, um das Handtuch wieder aufzuheben, trete ich entschlossen auf sie zu, fasse sie an den Schultern und ziehe sie zu mir heran. Vorsichtig, sie zunächst kaum berührend, tasten meine Lippen nach den ihren. Zunächst hat sie einen Moment lang noch ihre Unterarme in einer Abwehrhaltung gegen meinen Brustkorb gestemmt, ihre Arme gleiten jetzt jedoch unter meinen hindurch, umarmen mich, drücken mich an sie. Ich küsse ihre Wange kräftiger, gleite mit meinen Lippen zurück zu den ihren, finde sie, sie pressen sich aufeinander, meine Zunge drängt sich durch meinen Mund gegen ihre Lippen, die sie nach kurzem weiterem Drängen zögernd öffnet. Meine Zunge betastet ihre Zähne, verlangen weiteren Einlaß, der gewährt wird. Ihre Zunge begrüßt die meine mit einer sanften Berührung, zieht sich sofort wieder zurück, um gleich darauf wieder die meine zu suchen, zu einem vergnüglichen Spiel in ihrem und in meinem Mund, dann trennen sich unsere Lippen, die Zungen spielen weiter miteinander vor unseren Mündern, wir schauen uns jetzt in die Augen, dann streichen unsere Wangen aneinander vorbei. Sie lockert ihre Umarmung, eine Hand zieht den Reißverschluß meiner Jacke auf, also löse auch ich meine Arme, deren Hände zuvor ihren herrlichen Rücken erforscht hatten. Sie lacht mich erleichtert an, meine Hände und Sachen seien ganz kalt, ich solle Jacke und Schuhe ausziehen, was ich tue.
Sie zieht mich an der Hand hinter sich her in ihr Zimmer, wir fallen aufs Bett, ich küsse sie wieder auf ihre köstlichen Lippen, die Nasenspitze, ihre Wangen, ihren Mund, während eine Hand mit ihren Locken spielt, die andere sich langsam von ihrer Schulter über ihren Busen zu ihren Brüsten vortastet, jederzeit zum Rückzug bereit, wenn sie das nicht mögen sollte, sie vorsichtig und sanft streichelnd, während ihre Hände unter mein Sweat-Shirt gleiten und an meinem Rücken hoch, mich dort zu massieren beginnen.
Unsere Liebkosungen dauern eine wundervolle, viel zu kurze Ewigkeit, dann liegen wir nebeneinander, I. hat die Decke hochgezogen, meint, sie habe sich ein bißchen vor ihrer Reaktion gefürchtet, wenn ich das erste Mal etwas täte, was sie nicht zuvor geplant und einkalkuliert habe, doch nun, als es passiert sei, sei es gut gewesen, sehr schön. Sie habe geglaubt, daß es für sie schwieriger sein würde, wenn wir uns küßten, sie ganz nackt in meinen Armen liege, ich sie so berühre, doch nun sei es so leicht und schön gewesen, dabei schiebt sie mein Sweat-Shirt hoch, zieht es mir über den Kopf. Ich solle auch die Hose und die Socken ausziehen, meint sie. Ich stehe auf, tue das, sie lacht mich vergnügt an: "Komm her zu mir und halt' mich fest, halt' mich ganz fest!" Ich krieche wieder zu ihr unter die Decke, wir umarmen uns wieder, wilde Küsse überall über unsere Gesichter verteilt, wir drehen uns, jetzt liege ich unten, sie auf mir, sie zieht ihre Beine an meinem Körper entlang an, hält ihren Oberkörper noch zu mir niedergebeugt, preßt ihre Beine dicht gegen meinen Körper. Sie hebt ihren Oberkörper, schaut mich strahlend, glücklich an, wie ich sie vorher nie gesehen habe. Tatsächlich ist sie so noch viel schöner.
Ihre Hände streichen zärtlich über meinen Oberkörper, meine fahren ihre Oberschenkel hoch, umfassen ihre Taille, streichen an ihren Seiten hoch bis zu ihren schönen Brüsten, die ich sanft liebkose.
Sie meint, sie habe gestern eine kleine Pause von mir gebraucht, ihre innere Anspannung sei doch zu groß gewesen. Die Nacht habe sie mit J. verbracht, deren Zärtlichkeiten ihre Anspannung zu lösen vermocht hätten. Wenn sie mir jetzt davon erzähle, wolle sie mich nicht absichtlich leiden lassen, aber verschweigen wolle sie das auch nicht. Jetzt sei ich ja bei ihr, und sie fühle sich wohl, das sei alles, was ihr jetzt wichtig sei.
Ich umfasse ihre Schultern, ziehe ihren Oberkörper wieder zu mir herunter, wir küssen uns wieder, umarmen uns, halten uns fest. Dann flüstert sie mir ins Ohr, wenn ich jetzt das Erlebnis von Dienstag wiederholen wolle, sei sie einverstanden, sie spüre ja, daß ich erregt sei, ihr sei es recht, wenn ich es wolle.
Ich frage sie, ob sie heute bereit sei, ihre Gefühle auszuleben, ihre Reaktionen zuzulassen, sie meint aber, dafür sei es noch zu früh, doch sei es möglich, für die Befriedigung meines Verlangens zu sorgen, meine Lust zu spüren. Ich meine jedoch, wenn sie nicht glaube, daß sie dabei ebenso empfinden könne, sei es mir lieber, daß wir lediglich weiter Liebkosungen und Zärtlichkeiten austauschten, denn da sei deutlich wahrzunehmen, daß sie das genieße. Ich möchte jeden Quadratzentimeter ihres wunderbaren Körpers erforschen und bewundern. Sie strahlt mich stolz und glücklich an, ich küsse ihre Schultern, streichele ihre Arme. Sie meint, ich hätte heute die Initiative ergriffen, also sei sie einverstanden, wenigstens solange sie nicht protestiere, außerdem sei es herrlich, meine Nähe, meine Zärtlichkeiten zu spüren, es tue so gut, meine Haut auf der ihren zu spüren, jetzt sei alles gut, was ich tue, sie fühle sich wohl und erleichtert, wo sie in meinen Armen liege, meine Zuneigung und angenehmen Liebkosungen genieße, mir vertraue.
Meine Hände fahren über ihre Oberschenkel zu ihrem Po, ihrer Taille, ich fasse sie, drehe sie um, so daß sie wieder auf dem Rücken liegt. Von ihrer Schulter wandern meine Küsse über ihren Hals und ihren Busen zu ihren Brüsten, die ich mit der Zunge umspiele, sie mit den Lippen umkreise allmählich in enger werdenden Zirkeln, bis ich die Brustwarze erreiche, sanft daran sauge, was ihr gut zu gefallen scheint, mit einer Hand fährt sie sanft durch mein Haar, hebt den Oberkörper meinen Liebkosungen leicht entgegen. Mit einer Hand streiche ich über ihre Seite, ihren Bauch, spiele mit ihrem Bauchnabel, auch meine Lippen wandern nun langsam in diese Richtung, ich verteile sanfte Bisse über ihren Bauch, umspiele mit der Zunge ihren Bauchnabel, beim Ausatmen kitzelt der Luftstrom aus meiner Nase ihre Haut. Meine Hand wandert weiter über die Außenseite ihres Oberschenkels bis zu den Knien, ihn dabei gleichzeitig massierend. Ich wechsele auf die Innenseite, schiebe die flache Hand dabei zwischen ihre Knie und hebe ein Bein an, bereitwillig folgt sie, winkelt es an, ich massiere ihre Wade, streichele Fußgelenk und Fuß. Meine Küsse wandern noch tiefer, langsam, zwei Zentimeter vor und einen zurück, ich spüre, wie sie langsam unruhiger wird, frage mich, ob Erregung oder Aufregung. Da sie jedoch gesagt hat, wenn es zu viel werde, werde sie protestieren, mache ich weiter, meine Hand faßt ihre Kniekehle, drückt das Bein langsam weiter nach außen, je tiefer ich mit dem Mund gelange. Nunmehr krault sie zwar mit beiden Händen meinen Kopf, macht aber keine Anstalten, mich aufzuhalten, nur ihr Körper bewegt sich leicht und zeigt damit ihre wachsende Unruhe. Meine Lippen erreichen ihren Schamberg, meine Zunge setzt das Spiel mit wechselndem Druck und kreisenden Bewegungen fort. Mit der Hand, die nicht ihr Bein hält, taste ich nun einen ihrer Arme hoch bis zu ihrer Hand, meine Finger fahren über ihre Handfläche und zwischen ihre Finger, sie faßt kraftvoll zu, unsere Finger umklammern sich, die Hände sinken auf das Laken, halten sich. Ihr Atem geht schneller, durch den Mund atmet sie aus. Mit meiner Zunge erreiche ich ihre Schamlippen, die kreisenden Bewegungen fortsetzend. Ich rieche ihren Duft, spüre wie erregt sie ist, der Druck ihrer Hand wird fester, der Atem noch schneller. Der Druck meiner Lippen, meiner Zunge wird stärker, ihr Griff wird jetzt sehr fest, beinahe schmerzhaft für mich. Als meine Zunge vorsichtig aber entschlossen versucht, sich zwischen ihre Schamlippen zu drängen, schiebt sie mit der anderen Hand ganz sanft und ohne Eile meinen Kopf zur Seite, dem ich ohne Zögern folge, ihr Griff um meine Hand entspannt sich wieder, meine Küsse wandern die Innenseite ihres angewinkelten Oberschenkels hinunter in Richtung meiner Hand, die ihr Bein nun nicht mehr so stark nach außen drückt, sondern langsam weiter über ihre Wade gleitet, sie kräftig massiert. Als mein Kopf ihre Kniekehle erreicht, lecke ich etwas Schweiß von ihrem Schenkel, schmecke das Salzige, während meine Hand zu ihren Zehen hinabwandert und mit ihnen spielt, sie lacht leise auf, zieht ihr Bein etwas an.
Mit einem Kuß auf den Bauchnabel und ihren Busen nähere ich meine Lippen wieder den ihren, wir küssen und umarmen und drehen uns wieder, so daß sie wieder oben liegt, meine Zunge spielt mit ihrem Ohrläppchen. Noch immer geht ihr Atem sehr schnell, als sie in mein Ohr flüstert, das sei sehr schön gewesen, jetzt sei ich aber dran.
Sie küßt meine Stirn, eine Hand fährt durch meine Haare, ein Fuß gleitet an meinem Bein hoch, dann reibt sie ihren Oberkörper und Bauch mit langsamen, kreisenden Bewegungen und stark durchgebogenem Rückgrat mit unterschiedlich starkem Druck an meinen Körper, mit einer besonders weiten Bewegung nach unten zieht sie beide Beine an, so daß sie wie zuvor, nur etwas tiefer auf mir sitzt, dabei hat sie ihre Haare über meinen Kopf geworfen und in der Abwärtsbewegung über mein Gesicht streifen lassen, dabei ziehe ich den Duft ihrer Haare mit einem tiefen Atemzug durch die Nase ein. Mit der Zunge malt sie Muster auf meinen Brustkorb, ihre Hände massieren meine Schultern, streicheln meine Arme. Ich spüre ihren Atem auf meiner Haut, mit der Nase streicht sie weiter hinunterrutschend über meinen Bauch, dann arbeiten sich ihre Lippen wieder hoch, ihre Zunge umspielt nun meine Brustwarzen, sie schaut mir kurz und lächelnd in die Augen, zarte Bisse verteilen ihre Zähne auf meinem Bauch. Meine Hände fahren durch ihre lockigen, feurigen Haare, die sie nur flüchtig nach dem Duschen abgetrocknet hat.
Ihre Hände spielen am Gummiband meines Slips, ich genieße alle ihre Berührungen, schließe die Augen. Sie legt sich seitlich neben mich, mit einem Fingernagel streicht sie vorsichtig an meinem Bein hinunter bis zum Knie, zupft verspielt an den Härchen auf meinen Beinen, kitzelt meine Fußsohlen, daß ich lachen muß, ihre Hände wandern daraufhin wieder meine Beine hinauf, ihre Zunge umkreist meinen Bauchnabel, ihre Hände greifen seitlich in meinen Slip und gleiten über meine Haut weiter nach hinten, ihre Finger malen Muster auf meinen Po. Dann zieht sie vorsichtig den Slip hinunter und ganz aus, ich spüre ihren Atem auf der Haut, kurz streichelt ihre Hand meine Genitalien, meine Erregung steigernd, dann spüre ich, wie ihre Zunge an meinem erigierten Penis hinaufstreicht. Ihre Lippen berühren die Eichel, ihr Mund umschließt sie, ihre Lippen verstärken den Druck. Es fällt mir schwer, aber ich hebe langsam ihren Kopf mit meinen Händen, sie legt ihren Kopf seitlich auf meinen Bauch, streichelt sanft meinen Oberschenkel, gleitet dann an mir hoch, bis sich unsere Lippen wieder finden und wir uns umarmen.
Sie liegt neben mir, mit einem Finger malt sie Muster auf meinen Oberkörper, während sie zu sprechen beginnt, ob ich Lust hätte, das Wochenende mit ihr zu verbringen?
Ich antworte, daß ich selbstverständlich Lust dazu hätte.
Sie lächelt mich an, das habe allerdings einen kleinen Haken, über das Wochenende seien die Kinder ihrer Schwester bei ihr, mit denen sie etwas unternehmen wolle, dabei könne ich natürlich mitkommen. Daß sie kommen, hätte sie gestern mit ihrer Schwester K. abgemacht. Es habe wohl eine kleine Krise mit ihrem Mann gegeben, die sie allerdings inzwischen überstanden hätten, aber sie wollten wohl zur Versöhnung gerne einmal ein Wochenende allein verbringen, ein Liebeswochenende sozusagen. Da sie die beiden Kinder sehr gern habe, habe sie den Vorschlag gemacht, daß diese das Wochenende bei ihr verbringen, sie komme ja auch gut mit ihnen aus, so daß das sicher zwei schöne Tage würden, sie würden am Freitag Nachmittag gebracht. J. sei dann noch da, verschwinde aber wie meistens am Wochenende zu ihrem Freund, so daß die beiden bequem in ihrem großen Bett schlafen können. Es müsse nur noch überlegt werden, was unternommen werden könne. Sie fragt, ob ich immer noch das Wochenende mit ihr verbringen wolle.
Ich gestehe, daß ich es nicht gewohnt sei, auf kleine Kinder aufzupassen, doch wenn sie gut mit ihnen zurecht komme, hätte ich keine Bedenken.
Sie meint, dann solle ich Freitag rechtzeitig kommen, dann könne ich gleich auch noch J. und K. kennenlernen. Sie nennt mir die Uhrzeit, sie werde Freitag eher Schluß machen, sie habe sowieso immer viel zu viele Überstunden, sie werde früh genug Zuhause sein und vorher noch Zeit zum Einkaufen haben.
Sie sei begeistert, daß ich kommen wolle, daß sei lieb von mir. Sie küßt mich wieder, auf die Wange, die Stirn, dann auf den Mund, unsere Zungen finden sich wieder zu einem langen, aufregenden Spiel, während ihre Hände meine neben dem Kopf festhalten und ihre Haare, über das Kopfkissen verteilt, einen feucht-frischen Duft verströmen.
Später meint sie, sie verstehe nicht wieso, aber durch mich sei sie aus diesem Alptraum erwacht, der in den letzten neun Jahren ihr Leben gewesen sei. Sie sei ins Leben zurückgekehrt, meine Nähe, meine Berührungen, meine Küsse hauchten ihr neues Leben, Glück ein, sie fühle sich so gut, so wohl und sicher, sie hätte nicht geglaubt, daß sie das jemals und so intensiv würde erleben können. Damals habe der Täter mit der versuchten Vergewaltigung ihre Kindheit, ihre Erinnerung an die ersten vierzehn glücklichen Jahre gewissermaßen ausgelöscht, und die folgenden neun Jahre habe sie deswegen beinahe durchgehend nur noch vor sich hin vegetiert, habe nur bei K. und den Kindern oder bei J. so etwas wie Leben in sich gespürt, sonst sei alles in ihr kalt und leer gewesen, ausgelöscht.
Aber sie schaue nicht mehr zurück und hadere mit ihrem Schicksal um Dinge und Zeit, die sie verloren habe. Lieber schaue sie in die Zukunft und auf die Gegenwart, das Jetzt werde ihr niemand mehr nehmen können, das werde sie sich nicht mehr entreißen lassen. Wenn wir uns in den Armen hielten, wisse sie, daß eine Stunde mit mir das ganze Leiden aufwiege. Jetzt, mit mir habe sie es geschafft, endlich sei es ihr gelungen, wieder aufzustehen und mit dem Leben zu beginnen, raus aus dem Grab und hinein in meine Arme, ich hätte sie gepackt und herausgezogen und festgehalten, das alles sei so gut.
Ich meine, obwohl ich nicht so Schreckliches wie sie erlebt hätte, sondern eher weil ich überhaupt nichts erlebt hätte, sei in mir ebenfalls eine große Leere gewesen, bevor ich sie kennenlernte, und die Sinnlosigkeit der Welt habe mich belastet. Jetzt sei die Leere mit meiner Liebe zu ihr gefüllt, jetzt, wo sie sie erwidere und weil sie sie erwidere, sei mir die Sinnlosigkeit der Welt völlig egal. Die Liebe zu ihr scheine mir so unermeßlich tief wie zuvor die Leere, je mehr Liebe und Zuneigung ich ihr gäbe, desto gewaltiger werde dieses Gefühl, dieses phantastische, unbeschreibliche Gefühl ihrer Nähe und Zuneigung.
Sie lächelt, strahlt mich an, schaut mir verträumt in die Augen, mit zwei Fingern streicht sie sanft über meine Stirn, obwohl es ihr schwerfalle, so etwas auszusprechen, überhaupt ihre Gefühle in Worte zu fassen, wolle und müsse sie es versuchen, sie wisse jetzt genau, sie brauche mich, sie brauche mich so sehr, je mehr sie sich mir öffne, desto mehr spüre sie, daß sie wieder leben und lieben könne! Sie fordert mich auf, sie festzuhalten, sie nie mehr loszulassen, seit wir uns das erste Mal umarmt hätten, habe sie gewußt, daß sie durch mich wieder zu sich selbst finden könne und sich der Welt wieder bedingungslos werde stellen können. Der Haß auf alle Männer sei wie eine Krankheit gewesen, die ihre Gedanken in Dunkelheit gestürzt hätten, durch ihre Liebe zu mir und meine Liebe zu ihr sei es wieder hell in ihr geworden. Sie brauche mich! Sie brauche mich, weil sie mich liebe!
Wir umarmen uns wieder, sie reibt sanft ihren Körper an meinem, umklammert mich, preßt sich an mich, als wolle sie mich wirklich nicht mehr loslassen.
Plötzlich ist ein Schlüssel im Schloß der Wohnungstür zu hören, die kurz darauf geöffnet wird. Durch die offene Tür von I.s Zimmer können wir auf den noch immer beleuchteten Flur schauen. Es ist eine Frau zu sehen, sie schaut erst erstaunt auf die Sachen, die noch im Flur auf dem Boden liegen, dann schaut sie zu uns in das ebenfalls erleuchtete Zimmer, sie hebt die Sachen nach kurzem Zögern auf und bringt sie herein.
I. stellt uns vor, es handelt sich um J., die sagt, sie wolle uns nicht stören, wirkt dabei ganz abwesend, will schon die Tür schließen. I. stellt jedoch fest, daß etwas nicht mit ihr in Ordnung sei, will von ihr wissen, was los sei, sie solle herkommen und sich zu uns auf die Bettkante setzen. Gleichzeitig setzt I. sich aufrecht ins Bett, zieht die Bettdecke über die angezogenen Beine und klemmt sie zwischen Kinn und Knie. Ich richte mich ebenso auf.
J. setzt sich tatsächlich, fährt mit den Händen durch ihr Gesicht, meint, es habe Streit mit ihrem Freund B. gegeben, dann sei sie einfach von ihm abgehauen.
I. will wissen, worum es gegangen sei, doch J. winkt ab, unwichtige Kleinigkeiten, aber ein schlimmer Streit.
I. fragt, ob sie es für möglich halte, daß B. es auch unwichtige Kleinigkeiten nennen würde?
J. meint, das sei wohl so, doch wie sie sich angeschrien hätten, das sei keine Kleinigkeit gewesen. Sie habe ihn doch so gemocht, tue das im Grunde immer noch, doch so, wie sie sich gestritten hätten, sei es wohl vorbei. Ein Wort habe das andere gegeben, wie das eben so laufe, längst erledigte Dinge würde wieder aufgekocht. So wie sie ihn aber zum Schluß angeschrien habe, wie er sich dann in sein Schneckenhaus zurückgezogen habe, da sei sie eindeutig zu weit gegangen. Zwar habe er ja mitgestritten, aber sie habe eindeutig übertrieben.
I. meint, wenn sie um unwichtige Kleinigkeiten gestritten hätten und ihr noch etwas an ihm liege, solle sie nicht so schnell aufgeben, ihn am besten gleich anrufen. Sie umarmt dabei J., wenn sie sowieso schon meine, daß sie zu weit gegangen sei, solle sie auch den ersten Schritt tun. Sie müßten sich aber beide dazu entschließen, sachlich über ihre Probleme zu reden, statt sie als im Grunde unwichtig abzutun und sich trotzdem gegenseitig mit Worten fertigzumachen.
J. fragt, sofort solle sie anrufen?
I. antwortet, das sei das Beste.
J. löst sich wieder von ihr, sie brauche noch einen Moment, meint sie, schaut mich an, das also sei ihr Märchenprinz und edle Retter.
I. lacht, kein Märchenprinz, kein wundersamer Retter, sondern der ganz reale Geliebte, da sei sie nun ziemlich sicher.
J. fragt, ob ich auch gleichzeitig der Liebende sei? Ob es mir wirklich Ernst mit I. sei; wenn mir I. von sich erzählt habe, könne ich mir sicher denken, daß I. einen Liebenden brauche, keinen Ausbeuter.
Ich erwidere, soweit man das überhaupt sagen könne, sei ich sicher der Liebende, nicht der Ausbeuter, also würde ich es auch Ernst mit ihr meinen.
Sie möchte von mir wissen, ob ich ebenfalls meinte, daß sie ihren Freund B. gleich anrufen solle?
Ich antworte, weder kenne ich sie ausreichend, noch B. überhaupt, könne also schlecht beurteilen, ob und wie sie das am Besten wieder hinbiege, vielleicht sie es aber auch falsch, sich gleich für alles verantwortlich zu halten oder für alles die Verantwortung zu übernehmen, nur um die Versöhnung nicht zu gefährden, einen Dauerzustand könne man daraus ohnehin nicht machen.
J. nickt überlegend, es gehe auch nicht darum, daß sie die Schuld für den Streit allein bei sich selbst sehe, vielmehr sei sie nur der Meinung, daß sie für ihren Abgang die falschen Worte benutzt habe. Sie müßten tatsächlich beginnen, sachlich über ihre unwichtigen Probleme zu reden, damit sie nicht wichtig würden, sondern es doch noch weitergehen könne.
Ich füge noch ironisch lächelnd hinzu, es tue eine schnelle Versöhnung schon deshalb Not, weil I. ihr Bett für das Wochenende schon für die Kinder ihrer Schwester verplant habe.
Beide lachen, J. nickt, das sei allerdings ein schlagendes Argument, sie werde gar nicht anders können, als sich mit B. zu versöhnen, sie könne den Kindern schließlich nicht den Schlafplatz wegnehmen, also müßte sie ohne Versöhnung im Wohnzimmer schlafen.
Daraufhin steht sie entschlossen auf, dankt für unsere Ermutigungen und die moralische Unterstützung, damit sie B. nun nach dem Streit nicht im Ungewissen hängenlasse und will schon hinaus und zum Telephon gehen, als I. meint, sie solle vorher hier eine CD einlegen und dann die Tür schließen, schließlich bräuchten wir nicht mitzuhören, was sie mit B. im Detail zu besprechen habe.
Als J. die CD eingelegt hat, ergänzt I., sie könne auch das Licht hier ausmachen, aber nach dem Anruf solle sie auf jeden Fall das Ergebnis des Gesprächs mitteilen. Das will sie tun, löscht das Licht, schließt die Tür.
Wir legen uns wieder hin. I. kuschelt sich an mich, J. habe sich so gut mit B. verstanden, das müsse einfach gutgehen mit den beiden, schließlich sei es bei J. nicht so, daß sie die Männer einfach so wechsele. Da sie immer noch an ihm hänge, würde sie ohne ihn eine ganze Weile leiden.
Wir hören aneinandergeschmiegt die Musik aus der Hifi-Anlage, die Minuten dehnen sich, I. ist bewegungslos vor Spannung, bis J. die Tür öffnet und mit glücklicher Stimme hereinruft, sie werde gleich wieder zu ihm fahren, sie würden das am Telephon begonnene Gespräch dort fortsetzen. Sie glaube, es werde wieder alles gut werden, sie danke uns, verabschiedet sich.
I. möchte noch, daß sie die Rose auf dem Schränkchen im Flur vorher noch in eine Vase stellt, sie solle auch erst einmal ruhig werden, da sie und J. sich ja wegen des Gespräches ohnehin einig seien, könne sie sich ja nun auch ein wenig Zeit nehmen, sich und B. etwas Zeit lassen, um sich auf das Gespräch vorzubereiten. J. nickt und sucht wirklich in aller Ruhe eine Vase, füllt Wasser ein, steckt die Rose hinein und bringt uns beides ins Zimmer. Dann verabschiedet sie sich.
Als die CD zuende ist, steht I. noch einmal auf, stellt die Anlage aus, kommt wieder zu mir, ein Kuß auf die Stirn, mein Kuß auf ihre Wange, dann legt sie ihren Kopf auf meine Schulter und wir liegen noch eine Weile, ihre Hand auf meinem Bauch, meine Finger streichen über ihren Handrücken, bis wir einschlafen.
I. öffnet die Tür, nachdem ich geklingelt habe und umarmt mich zur Begrüßung, wir küssen uns. Ich begrüße auch J., die in ihrem Zimmer bei offener Tür ließt und dabei Musik hört. Ich folge I. ins Wohnzimmer, wo sie zum Fenster geht und gespannt hinaussieht. Ich lege meinen Arm um ihre Taille und drehe sie zu mir um, ziehe sie an mich, sie hält mich nun auch, unsere Lippen treffen sich zu einem kurzen Kuß, dann schaut sie wieder zum Fenster.
Ich lächele sie an. wenn sie da seien, würden sie schon läuten, aber sie meint, trotzdem könne sie im Moment nichts anderes tun, als warten und schauen, so lasse ich sie los, zwar dreht sie sich wieder zum Fenster, doch sie führt meine Hände wieder an ihre Taille, so daß ich hinter ihr stehe. Sie lehnt sich auf die Fensterbank, ich schmiege meinen Körper an den ihren, mit einem Arm umfasse ich sie, mit der anderen Hand spiele ich in ihren offenen Haaren, nehme sie zu einer Seite, küsse ihren Hals, eines ihrer Ohrläppchen, sauge daran, was ihr gefällt, sie meint lachend, ich hätte Recht, es gebe doch eine gute Möglichkeit, sich die Zeit bis zur Ankunft des Besuches zu vertreiben.
Mit der Zunge fahre ich am Rand ihres Ohres entlang, arrangiere ihre Haare neu, wechsele dann auf die andere Seite, beginne beim Ohr und arbeite mich hinunter zu ihrem Hals, sauge in ihrem Nacken an einem Halswirbel und gelange so wieder auf die andere Seite und zum ersten Ohr.
Es dauert nicht allzu lange, da zeigt sie auf ein in die Straße einbiegendes Automobil, das wären sie. Ein Stück weiter finden sie sogar einen Parkplatz, was für den späteren Freitag Nachmittag schon ein echter Glücksfall zu nennen ist. I. erläutert, sie habe ihrer Schwester bereits am Telephon mitgeteilt, daß ich als ihr Freund und Geliebter das Wochenende auch da sein werde. Sie habe ihr nichts weiter über den Vorfall im Park mitgeteilt, primär, daß sie von mir überzeugt sei und jedenfalls meine Relevanz für sie betont. K. habe sich für sie gefreut und sie hätten noch ein wenig geplaudert und beraten. K. sei jedenfalls auf mich vorbereitet und habe auch keine Bedenken wegen des Wochenendes mit den Kindern. Da vertraue K. ganz darauf, wie sie die Situation einschätze. Sie habe schon einige Male auf die Kinder aufgepaßt, mit diesen Wochenenden verbracht, also keine komplett neue Situation für die Kinder.
Tatsächlich steigt eine Frau mit zwei kleinen Kindern aus und kommt bepackt mit einigen Sachen auf das Haus zu. Ich lasse I. los, die zur Gegensprechanlage eilt, öffnet, als sie an der Tür sind, ich gehe ihr nach in den Flur. Die Kinder sind zuerst oben, I. umarmt beide, J. hat inzwischen die Musik abgedreht und steht neben mir. Eine rührende Begrüßung zwischen I. und den beiden Kindern. Als ihre Schwester oben ist, umarmt I. auch diese, kaum daß sie die Sachen beiseite stellen kann, während J. die Kinder begrüßt, ihnen mit der Hand durchs Haar fährt. Dann gibt J. K. die Hand, und ich werde den dreien vorgestellt, bei den Kindern handelt es sich um die achtjährige L. und den sechsjährigen M..
K. meint, sie wolle bald wieder fahren.
Während J. mit den Kindern die Sachen in ihr Zimmer bringt, begeben I., K. und ich uns in die Küche. Beide haben noch ein paar Sachen zu besprechen, etwa wann am Sonntag Abend die Kinder wieder abgeholt werden.
K. freut sich, daß I. einen Freund gefunden hat, sie meint mich anlächelnd, ich mache einen guten Eindruck auf sie, schon wie I. am Telephon von mir geschwärmt habe, sei ein großes Vergnügen gewesen. Und wenn I. schon von mir überzeugt sei, könne es da kaum noch berechtigte Zweifel geben, sie habe einen guten, geduldigen Freund verdient, und da sie überzeugt sei, daß es mit mir funktionieren werde, sei das schon ein kaum zu überbietendes Kompliment für mich. Ich nicke etwas verlegen und versichere, ich werde mein Bestes geben, um den Erwartungen zu genügen, aber bei so viel allseitigem Zuspruch seien wir ja schon einmal frei von äußeren Widerständen, also sehr gute Voraussetzungen.
Bald darauf verabschiedet K. sich schon und fährt wieder ab. Nachdem I.ihr mit den Kindern nachgewunken hat, meint sie, sie wolle sich jetzt erst einmal ausgiebig mit den beiden beschäftigen, da J. noch zum Essen bleiben wolle, solle ich inzwischen nach dem auf dem Tisch liegenden Rezept ein Gericht zum Abendessen fertig machen, und J. solle mir dabei helfen, die frischen Zutaten fänden wir im Kühlschrank, sonst wisse J. ja, wo alles zu finden sei.
Also gehen wir in die Küche, während sie mit den Kindern spielt.
J. meint zu mir grinsend, das hätte ich nun davon, daß ich mich nicht nur mit I. eingelassen hätte, sondern dieses Wochenende auch noch gekommen sei. Nun müsse ich ihren Anweisungen folgen.
Das tun wir beide, nachdem J. wieder Musik angestellt hat.
Als das Essen - ein einfach zuzubereitender, aber reichhaltiger Salat - fertig ist, ist I. mit unserer Interpretation des Rezeptes sehr zufrieden, und wir beraten mit den Kindern, was wir am Wochenende tun wollen, während wir essen. L. möchte am Samstag Morgen in der Stadt etwas einkaufen. Für den Nachmittag schlage ich das Landesmuseum vor, unter anderem, Ur- und Frühgeschichte, 'Fischegucken', versuche ich zu begeistern, auf die Gefahr hin, daß die Kinder von ihren Eltern dann ein eigenes Aquarium zu Weihnachten haben möchten. I. und K. lachen amüsiert über meine Befürchtung, und die Kinder sind einverstanden.
Nach dem Essen verabschiedet sich J..
I. ist der Auffassung, die Kinder seien so aufgekratzt, da sei an ein frühes Schlafengehen an diesem Wochenende nicht zu denken. Während I. abwäscht und ich abtrockne, erzählen die beiden von der Schule und ihren Freunden und was ihnen sonst noch so einfällt.
Dann spielen wir ein abwechslungsreiches Brettspiel und sehen nebenbei fern, bis sie doch so müde sind, daß I. sie zu Bett bringt. Wir sehen noch ein bißchen weiter fern, wobei ich auf dem Sofa sitze und I. so liegt, daß ihr Kopf in meinem Schoß ruht und eine meiner Hände sachte mit ihrem Haar spielt.
Irgendwann gehen wir auch zu Bett, wieder in Schlafanzügen, I. löscht das Licht, erläutert, angezogen müßten wir schon sein, es könne doch sein, daß eines der Kinder aufwache.
Ich frage neugierig, ob sie glaube, es machte ihnen etwas aus, wenn wir nichts anhätten; sie ist sich nicht sicher, ihr machte es aber etwas aus, irgendwobei von den beiden überrascht zu werden, wobei sie mit mir lieber alleine sein möchte. Solange die Kinder da seien, werde also nicht viel passieren, dabei legt sie sich zu mir, kuschelt sich an mich, ihre Hand streicht über meinen Bauch, wir küssen uns, meine Hände fahren durch ihre Haare, die sie jetzt wohl immer offen tragen will.
Dann liegen wir nebeneinander, mein Kopf auf ihrer Schulter, ich möchte von ihr wissen, ob sie das auch so zu halten gedenke, falls sie einmal selbst Kinder habe.
Sie lacht leise, das sei etwas anderes, da könne sie sich selbst entscheiden, wie sie ihre Kinder erziehen wolle, doch wenn ich es ganz genau wissen wolle, könne ich sie ja bei nächster Gelegenheit einmal schwängern, dann müsse sie sich irgendwann darüber Gedanken machen, wie sie reagieren sollte, wenn sie von den eigenen Kindern beim Liebesspiel überrascht werde. Da ich das ja aber im Moment nicht wolle, müsse ich auf eine definitive Antwort zwangsläufig warten, bis es soweit sei. Dabei sei, wie mir sicher bekannt sei, das Zeugen eines Kindes an sich nicht schwierig, vorausgesetzt, daß bei uns beiden diesbezüglich alles in Ordnung sei.
Ich ergänze, immerhin sei das Folgende dann schon schwieriger. Das sei ja nicht nur ein Wochenende, an dem man auf die Kinder aufpasse, das seien achtzehn Jahre oder mehr, wo man eine gewisse Verantwortung trage.
Sie ist amüsiert, das sei nun einmal nicht zu umgehen, doch offenbar sei das schon Milliarden von Paaren bisher mehr oder weniger gelungen, es sei nicht erforderlich, bei der Erziehung Perfektionismus an den Tag zu legen, viel Liebe, Sorge und Beschäftigung, sich Mühe geben und darauf vertrauen, daß die Kinder ja auch ihren eigenen Kopf hätten, dann werde schon nicht allzuviel schiefgehen.
In jedem Falle habe sie es nicht allzu eilig, sie könne schon warten, bis ich einverstanden sei, bis dahin sei sie bereit, Verhütungsmittel zu benutzen, allerdings nur Kondome, wenn sie nötig seien, sie werde sie sogar besorgen. Am Dienstag habe im Übrigen eigentlich nichts passieren können, da bräuchte ich nichts zu befürchten. Natürlich sei mit Kondomen das Risiko einer Schwangerschaft höher als etwa mit Anti-Baby-Pillen, aber das Risiko müsse ich schon eingehen. Sie gibt mir einen Kuß auf die Wange, fährt fort, das Kondom sei noch das harmloseste für sie, und da für sie eine Schwangerschaft keine Katastrophe sei, sei die Verhütung damit völlig ausreichend. Die Methode habe natürlich den Nachteil, daß dann etwas zwischen uns sei und sie zwangsläufig nicht alles fühlen und miterleben könne, aber das werde dann schon gehen.
Ich frage sie, sie werde im Falle einer Schwangerschaft, ob geplant oder ungeplant, doch zumindest vorübergehend eine berufliche Pause einlegen müssen, ob ihr das nicht schwerfalle, oder wie sie sich das gedacht habe?
Sie antwortet, ich bräuchte keine Angst haben, daß ich plötzlich und langfristig den Hausmann spielen müsse, zwar komme sie mit den Kolleginnen ganz gut aus, und die Kollegen belästigten sie nicht, doch eigentlich liege ihr nicht viel an dem Job, es sei nur Geldverdienen und Beschäftigung, mehr nicht. Da sie auch einiges Geld zurückgelegt und gespart habe, weil sie kaum etwas für teure Vergnügungen ausgegeben habe, könne sie sich oder uns schon eine Weile über Wasser halten. Die Bedeutung des Berufs sei bei ihr nicht so groß, denn sie habe die Ausbildung nicht aus besonderer Neigung gemacht, sondern weil sie die Stelle bekommen habe, im Gegensatz zu mir, der ich ja studiere, was mich wirklich interessiere. Dann bei einem geeigneten Beruf werde es mir sicher nicht nur um das Geldverdienen gehen, sondern darum, etwas auch für mich Sinnvolles zu tun. Von daher könne ich also einstweilen unbesorgt sein und in aller Sorgfalt das Studium beenden, ich müsse sicher nicht ganz plötzlich den alleinigen Familienversorger spielen.
Ich hake nach, wenn sie ihr Job eigentlich nicht interessiere, könne sie doch das Abitur nachholen und ebenfalls studieren, um etwas zu tun, was mehr ihrem Interesse entspreche.
Sie ist jedoch der Auffassung, daß sie dann ja ihren Job aufgeben müsse und nur wegen des Schulabschlusses von ihrem Ersparten leben müsse, alternativ könne sie das nebenbei zu machen versuchen, doch hätte sie dann nicht mehr genug Zeit, um mit mir zusammen zu sein, auch ihren Sport müßte sie opfern. Halbtagsarbeit sei bei ihrem Job ebenfalls kaum zu bekommen, allenfalls wenn sie schon Kinder habe, könne sie hoffen, so etwas durchzusetzen, aber so wohl kaum. Außerdem würde sie über dreißig sein, wenn sie mit dem Studium fertig wäre, dann stehe sie wieder vor dem Problem, ob sie Kinder oder Beruf wolle, entscheide sie sich für Kinder, sei es irgendwann für den Beruf zu spät, entscheide sie sich für den Beruf, sei es für die Kinder bald zu spät, zudem wolle sie mit dem ersten Kind nicht warten, bis sie über dreißig sei, jedenfalls jetzt sehe es ja so aus, als hätte sie mit mir einen Mann gefunden, mit dem das gut umzusetzen sei. Ausbildung und Kinder gleichzeitig sei sicher auch nicht das reine Vergnügen. Sie wisse auch nicht, ob sie so viel Interesse aufbringen könne, um noch einmal zur Schule zu gehen. Letztlich sei es heute immer noch so, daß es insbesondere für Frauen schwer sei, Ausbildung oder Beruf mit dem Aufbau einer Familie in Einklang zu bringen. Außerdem müsse man auch sehen, daß sie es jetzt zu einer ganz guten Stelle gebracht hätte, da wäre es unverständlich, noch einmal von vorne anzufangen, mit dem Fachabitur in ihrem Bereich zu studieren, dazu fehle ihr nun aber wirklich das Interesse.
Sicher, wenn das damals nicht passiert wäre, hätte sie sich nicht viele Gedanken machen müssen, hätte ganz selbstverständlich Abitur gemacht und hätte jetzt vermutlich auch studiert. Doch dies sei nun einmal ihr Leben, und sie werde nicht beginnen, ihr Schicksal zu beklagen, daß ein gewalttätiger Mann ihr ganzes Leben so habe verändern können. Durch mich sei es ja auch so, daß ein liebevoller Mann ihr ganzes Leben habe verändern können, und das sei das Wichtigste für sie.
Sie schaue lieber in die Zukunft und denke nicht über Dinge nach, die hätten passieren können, wenn ihre Vergangenheit anders gewesen wäre, denn sie sei ja nun nicht mehr zu ändern. Sie gehe vom Hier und Jetzt aus, und mit dem sei sie nicht unzufrieden. Sie fragt dann auch nach, ob es mir etwa unangenehm sei, mit jemandem zusammen zu sein, der weder Studium noch Abitur aufzuweisen haben.
Ich schüttele gleich entschieden den Kopf, darauf komme es nicht an, sie sei schlau und von schneller Auffassungsgabe, das müsse sie mir gegenüber nicht mit Zeugnissen und Abschlüssen unter Beweis stellen. Allerdings sähe ich da auch gutes Potential in ihr, nur deshalb meine Frage, auch um herauszufinden, ob sie in der Hinsicht vielleicht motiviert sei und falls ja, ob sie vielleicht nur eine Ermutigung brauche, denn ich würde ihr ja ohnehin viel zutrauen.
I. lächelt. In meinen Armen sei sie glücklich, so wie sie sei. Sie sei versöhnt mit der Welt. Irgendwann werde sie mich schon noch davon überzeugen, daß wir Kinder miteinander haben sollten, doch werde sie mir damit nicht ständig auf die Nerven gehen, sie sei geduldig und habe es nicht eilig. Irgendwann würden wir uns darüber einig sein, und dann sei der richtige Zeitpunkt, um Kinder mit mir zu haben.
Ich frage sie, an wieviele sie da gedacht habe.
Sie meint heiter, das nehme sie, wie es komme, ein paar sollten es schon sein, es sei ja nötig, ein paar gute, friedliche Menschen in die Welt zu setzen oder zumindest zu versuchen, sie dazu zu erziehen, damit die schlechten nicht Überhand nähmen. Vermutlich würden ja nicht gerade unsere Kinder allein die Welt retten, aber es sei eine gute Vorstellung, für Kinder zu sorgen und ihnen Möglichkeiten für die Zukunft zu geben und zu sehen, wie sie sich entwickelten, selbständiger werden, ihren Weg fänden.
Sie ergänzt scherzhaft hinsichtlich der Anzahl, vielleicht so viele, wie sie Sommersprossen habe, vielleicht bekomme dann jedes nur eine ab.
Ich erwidere, das könne sie unmöglich schaffen, außerdem sei mir unverständlich, was sie gegen ihre Sommersprossen habe, daß sie sie so sparsam vererben möchte.
Sie erläutert, hin und wieder werde man als Kind deswegen geärgert, da müsse man den Kindern gegebenenfalls rechtzeitig helfen, damit fertig zu werden. Und wo keine seien, sei in der Hinsicht auch kein Stein des Anstoßes zu finden, den andere Kinder ausnutzen könnten.
Ich versichere ihr, ich liebe jede einzelne ihrer Sommersprossen, um jede weniger wäre es schade, ich könnte ihr sogar den Kosenamen Streuselchen geben.
Sie lacht vergnügt, das erlaube sie mir nur zu tun, um sie aufzuheitern, wenn sie traurig, ärgerlich oder wütend sei. Doch wenn sie mir wirklich so gefielen, dann könnten wir ja ruhig einen Haufen sommersprossiger Kinder zeugen, in denen würden wir uns dann selbst wiedererkennen, ob mich das nicht reize, Kinder zu haben?
Ich erwidere, sie habe ja gesagt, sie habe es nicht eilig, und ich sei ganz sicher noch nicht so weit, um für einen Haufen sommersprossiger Kinder einen guten Familienvater abzugeben. Aber prinzipiell sei ich natürlich mit ihrem Konzept einverstanden, das es gut sei, sich daran zu erfreuen, wie sich die eigenen Kinder entwickelten, ihnen Chancen zu bieten. In ihren Armen liegend sei das schon eine sehr verlockende Vorstellung. In der Hinsicht werde ich dann schon leicht zu begeistern sein.
Sie streicht mir durchs Haar, ein guter Familienvater würde ich dann schon ganz von alleine werden, zudem sei ich nach meinen Angaben immerhin drei Jahre älter als sie, da könne ich nicht sagen, daß ich dafür zu jung sei.
Ich werfe ein, wir würden uns erst so kurz kennen, da müßten wir erst einmal sehen, ob es mit uns wirklich halte, ob wir auf Dauer miteinander auskämen, was nach meinem Studium passiere, was ja auch nicht mehr so lange hin sei. Mein Eindruck jetzt sei jedoch sehr hoffnungsvoll, wie verständen uns doch gut, daraus können wir wirklich etwas für die Zukunft machen. Es läge wohl nun an uns, unsere Liebe zu erhalten und unsere Beziehung zu fördern, ein bißchen was müßten wir wohl schon dafür tun, damit das halte.
Sie glaubt, ich machte mir da viel zu viele Gedanken und hätte zu wenig Vertrauen in mich, aber da sie bereit sei, sich jetzt einfach so ins Leben fallen zu lassen, sei das vielleicht ganz gut so, daß ich ihren Übermut etwas bremste.
I. weckt mich mit einem Kuß auf die Wange und einem zärtlichen Knabbern an meinem Ohrläppchen, ich packe sie, wir drehen uns, pressen unsere Lippen aufeinander, das Spiel unserer Zungen währt eine ganze Zeit.
I. meint dann, ich solle Brötchen holen, während sie sich um das Frühstück kümmern wolle, denn wir hätten heute ja viel vor. So stehe ich auf, wasche mich, ziehe mich an. I., inzwischen auch aufgestanden, gibt mir Wohnungs- und Haustürschlüssel, sagt mir, was genau ich besorgen soll und wo, dann gehe ich.
Als ich wiederkomme, ist I. angezogen, hat den Frühstückstisch schon gedeckt, die Kinder ziehen sich auch gerade an. Während des Frühstücks erklärt I. ihnen, was sie zu tun hätten, wenn wir uns in der Stadt verlieren sollten.
Dann geht es los mit der Straßenbahn in die Stadt. Dort gibt es auch noch einmal eine Orientierungshilfe für die Kinder im Notfall, dann kann es losgehen. Da sich M. natürlich für andere Sachen interessiert als L., bleibe ich bei M., und so geht es durch mehrere Kaufhäuser, bis die beiden offenbar alles gesehen und einiges (zum größten Teil von I.s Geld) gekauft haben.
Zuletzt möchte I. noch etwas besorgen, meint, dabei brauchten wir nicht mitkommen, so verabreden wir uns am Kröpcke, und ich spaziere mit den Kindern an der Hand durch die Innenstadt.
Da L. noch etwas einfällt, was sie doch noch unbedingt haben möchte, gehen wir in das auf dem Weg liegende Kaufhaus. Ich frage L., ob I. auch damit einverstanden sei, daß sie das kaufe, sie hätte es doch gleich nehmen können, als sie hier gewesen sei. L. meint aber, sie sei sich da noch nicht sicher gewesen. Meine Bedenken, ob der Kram das Geld überhaupt Wert sei, den sie da haben wolle, zählt natürlich nicht, wichtig ist lediglich, daß ich so nett bin, ein paar Mark dazuzulegen, da L. nicht so viel Geld mitgenommen hat. Natürlich fällt auch M. noch etwas ein, was er gebrauchen kann. Nachdem auch das noch besorgt ist, erkläre ich, daß jetzt endgültig Schluß mit dem Kaufrausch sei. Als wir wieder draußen sind, meint L. schmunzelnd, ich müsse I. ja nicht unbedingt davon erzählen. Ich erwidere lächelnd, daß ich geahnt hätte, daß es nicht daran gelegen habe, daß sie sich nicht hätten entscheiden können.
Am Kröpcke angekommen, treffe ich zufällig eine Bekannte, mit der ich mich kurz unterhalte, und der ich natürlich erklären muß, wie ich zu den Kindern komme.
Kurz nachdem wir uns verabschieden, trifft I. wieder auf uns, und es geht zurück zu ihrer Wohnung.
Während die Kinder sich erst einmal mit dem neuen Spielzeug beschäftigen, schauen wir bei leiser Musik erst noch ein bißchen zu, bis I. meint, es werde Zeit, das Mittagessen vorzubereiten.
Wir gehen in die Küche. Dort möchte sie von mir wissen, wer die Frau gewesen sei, mit der ich mich am Kröpcke unterhalten hätte.
Meine Antwort, daß es eine Bekannte sei, reicht ihr offenbar nicht, wie gut ich sie kenne, wir hätten uns so vertraut unterhalten, hätten uns angelacht. Ob ich eine Beziehung mit ihr gehabt hätte?
Das verneine ich, frage sie, ob sie etwa eifersüchtig sei? Dazu bestehe kein Anlaß.
Sie senkt verlegen den Blick, tatsächlich habe sie das etwas beunruhigt, sie hätte ihren Schritt extra verlangsamt, um uns zu beobachten. Das Gefühl und was sie gehabt habe, als wir uns so angelacht hätten, sei wirklich unangenehm gewesen. Das sei wohl Eifersucht gewesen. Sie hätte nicht gedacht, daß sie so empfinden könne, ich hätte wirklich nichts mit ihr gehabt? Wie die Frau insbesondere mich angesehen habe, dazu mit den Kindern, ein wenig bedenklich sei ihr das schon vorgekommen. Sie meint, Frauen würden zur geeigneten Zeit ganz sicher auf fürsorgliche Männer anspringen und es sei ihr so erschienen, als hätte jene Dame unwillkürlich oder absichtlich ihre Körpersprache geändert, um sich in ein möglichst gutes, verlockendes Licht zu stellen.
Ich schmunzele, Streuselchen sei wirklich eifersüchtig, doch entweder sie vertraue mir, wenn ich ihr sagte, es bestehe kein Anlaß zur Eifersucht, oder es sei sinnlos, mich überhaupt zu fragen, da so dem Wahrheitsgehalt meiner Aussagen keine Bedeutung zukomme. Wenn sie mir nicht vertraue, könne sie auch meiner Versicherung, daß ich nur sie liebe, kein Vertrauen schenken. Da sie mir von ihren für uns ihrer Meinung nach als unwichtig einzustufenden intimen Kontakten zu J. erzählt habe, warum sollte ich ihr da derartiges verschweigen, selbst wenn ich es nicht für wichtig hielte, oder sie sogar belügen?
Sie umarmt mich, es tue ihr leid. Natürlich sei es Unsinn, was sie da gefühlt habe, ich hätte Recht, ihre Fragen, hätte sie sie ernst gemeint, wären von mir nicht beantwortbar. Sie werde mir vertrauen, also auch davon ausgehen, daß ich ihr das nicht verschweigen könnte. Außerdem hätte sie ja auch kein Recht, mir irgendetwas zu verbieten, da sie nun aber wisse, wie sich das anfühle, auch wenn es unberechtigt gewesen sei, stehe ihr Entschluß fest, daß sie von nun an keine intimen Kontakte mehr mit J. haben werde, um meine Leidensfähigkeit diesbezüglich nicht überzustrapazieren. Sie drückt ihren Mund auf den meinen, wir halten uns eine Weile fest, wonach I. mit der Vorbereitung des Mittagessens beginnt, wobei sie meint, es lohne sich nicht, daß ich ihr dabei helfe.
Es gibt Kartoffelpuffer mit Blaubeeren, die sich allgemeiner Beliebtheit erfreuen.
Nach dem Essen brechen wir zum Landesmuseum auf. Wir beginnen mit der urgeschichtlichen Abteilung. I. und ich müssen erklären. Da ich mich etwas aus eigenem Interesse damit beschäftigt habe, ist bei mir mehr hängengeblieben, so daß hauptsächlich ich erklären muß, wie zu verstehen ist, was auf den jeweiligen Tafeln zu den Exponaten zu lesen ist, die die Kinder besonders interessieren.
Was dabei vor allem nicht so einfach ist: Mein Wissen so in Worte zu fassen, daß es nicht falsch wiedergegeben wird und doch so, daß die Kinder möglichst viel davon verstehen können - das allgemein bekannte Verständigungsproblem in verschärfter Form.
I. ist sehr amüsiert, wie ich mich winde, einen Ausweg suche, wenn das, was dort steht, und das, was ich darüber weiß, wieder einmal nicht so leicht in Worte zu fassen ist, die die Kinder gut verstehen können, die aber immer weiter fragen, besonders dann, wenn sie auf eine Stelle treffen, an der ich besondere Mühe habe, etwas verständlich zu erklären. Immerhin wird dadurch der Museumsbesuch für alle interessant.
Wir wechseln in die völkerkundliche Abteilung, wo es sinngemäß so weitergeht, hin und wieder versucht I. mir zu helfen, meint, ich dürfe das alles nicht so eng sehen, die Kinder fragten eben viel, man müsse die Dinge so einfach erklären, daß sie es verstehen könnten und dann zufrieden seien.
Ich gehe hingegen davon aus, daß es Erklärungsmodelle gibt, die einen Sachverhalt verschieden gut zu erklären suchen. Der Wahrheitsbegriff wird da wesentlich fragiler, was ich nicht zu verheimlichen versuche. Ich versuche nicht, wissenschaftliche Erklärungen als fundamentale Wahrheiten darzustellen, sondern eher als Annäherung an die empirische Realität, als Modelle, Versuche, den Dingen näherzukommen. Jenseits von Logik und Mathematik gibt es keine beweisbaren Wahrheiten, nur mehr oder weniger gute Modelle, eben Geschichten für Kinder, die wir alle irgendwie sind, wenn es darum geht, die Welt zu verstehen.
I. meint jedoch lachend, das Niveau könne ich kaum auf Dauer bei den beiden durchhalten. Und mit tiefsinnigen Betrachtungen sollte ich bei den beiden wohl doch eher noch ein paar Jahre warten.
Ich schlage mich aber tapfer und gebe nicht der Versuchung nach, fundamentale Wahrheiten verbreiten zu wollen.
Die Landesgalerie lassen wir aus, weil wir nicht davon ausgehen, daß die beiden ein so drängendes Interesse an diesen Bildern haben, aber die Aquarien und Terrarien sind ein großer Spaß und eine große Aufregung nicht nur für die Kinder. Ihre Begeisterung kennt keine Grenzen, immerhin halten sie sich an das, was ich ihnen vorher gesagt habe, sie sollten nicht an die Scheiben klopfen, um die Fische nicht zu stören.
Wir gehen erst wieder, kurz bevor das Museum schließt, es scheint den Kindern sehr gefallen zu haben. Auf dem Rückweg fragen sie mich weiter aus über - natürlich: - Dinosaurier, über die es in der urgeschichtlichen Abteilung auch einiges zu sehen gab, wo ich dann versprechen mußte, später mehr zu erzählen, mehr Fragen zu beantworten. Ich tue, was ich kann. Und damit gibt es dann reichlich Gesprächsstoff und die Kinder sind recht glücklich über so viel Aufmerksamkeit und all die neuen Eindrücke.
Auch in I.s Wohnung angekommen, geht es weiter mit dem Frage- und Antwort-Spiel. Da die Kinder inzwischen wissen, daß ich Physik studiere und I. in etwa und Kürze erläutert hat, über was ich da alles Bescheid wissen müßte, habe ich bis zum Abendbrot zu tun, das Universum und den ganzen Rest in einfachen Worten zu erklären, zuzüglich der Vorbehalte, daß das letztlich noch niemand komplett verstanden habe und man eben versuche, mit Mathematik und Formeln zu beschreiben, was man sehen und erleben könne und sich daraus oft gute Vermutungen ergäben, wie sich das Universum so entwickele und wie es früher gewesen sein mag und wie in Zukunft werden könnte, wenn es nur gelinge, die passenden Formeln herauszufinden und auch gut genug wisse, wie man sie praktisch verwenden könne.
Ich frage mich irgendwann, ob sie nie müde werden, aber ihre Neugier scheint unerschöpflich zu sein, was mich wiederum erfreut und meine eigene Neugier auf die Welt belebt. Nicht nur für die Kinder ist die Welt rätselhaft und erstaunlich, ist sie das nicht auch für jeden, der wach und neugierig bleibt?
I. erlöst mich, indem wir nach dem Abendessen ein geeignetes Video sehen. Anschließend bringt sie die Kinder zu Bett.
Als auch wir im Bett liegen, lobt I., ich gäbe doch einen guten Vater ab, so geduldig, wie ich die Fragen zu beantworten versucht hätte, nicht nur, um Ruhe zu haben, sondern wirklich so, daß einigermaßen haltbar sei, was ich erklärt hätte. Sie habe auch einiges erfahren, was sie nicht gewußt habe, ein weiterer Grund, die Kinder öfter für ein gemeinsames Wochenende einzuladen. Ich hätte aber sicher auch gemerkt, je genauer ich erklärt hätte, je deutlicher ich darauf hingewiesen hätte, wo Lücken in der Erklärung oder Zweifel seien, das hätte sie zu noch mehr Fragen angeregt.
Ich füge hinzu, das sei ja auch gut so, mögliche Mängel, Unsicherheiten und Grenzen eines Modells sollten ja auch nicht verborgen werden, sondern immer wieder in Frage gestellt und immer im Blick behalten werden. Es läge mir nichts daran, wenn die Kinder fälschlich glaubten, ich oder andere Leute würden alles wissen, oder daß sie alles für wahr halten müßten, was ihnen erzählt werde, zwar trage das nicht gerade dazu bei, großes Vertrauen in das kollektive Wissen zu haben, doch dafür bekomme man eher einen Eindruck davon, wie man damit sinnvoll umgehen könne. Wichtig sei es auch, daß ihr Interesse geweckt bleibe, sie lernten, sich selbst Informationen zu verschaffen und sich ein eigenes Bild von den Dingen zu machen. Gut, jetzt seien sie dafür noch sehr jung, aber Neugier wecken könne man gar nicht früh genug. Ansonsten, von neugierigen Kinderfragen sei ich ohnehin nicht so schnell genervt, im Gegenteil, das sei ja recht anregend und informativ, lerne man dabei doch selbst recht viel darüber, worüber man selbst eigentlich gar keine oder wenigstens kaum Ahnung habe, wenn man es nicht halbwegs einfach erklären könne.
Wir küssen, umarmen uns, I. liegt auf mir, ihre Zunge spielt mit der meinen in ihrem Mund, ihre Hände streicheln meine Brust. Ich schiebe meine Hände in ihre Schlafanzughose, fahre über ihren Po, massiere ihn. Sie zieht die Beine an meinen Seiten hoch, so daß sie jetzt zu mir niedergebeugt kniet. Eine ihrer Hände fährt durch meine Haare, als sie ihren Oberkörper etwas aufrichtet. Eine meiner Hände gleitet ihren Bauch hinauf zu einer ihrer Brüste, streichelt sie.
Plötzlich geht die Tür auf, M. fragt nach I., diese richtet sich erschreckt, beinahe wie ertappt auf, möchte aber nach einer kleinen Pause besorgt wissen, was los sei.
Er meint, er könne nicht schlafen. L. habe ihm eine schlimme Geschichte von Dinosauriern und Moorleichen erzählt, jetzt habe er Angst und könne nicht einschlafen.
I. erkundigt sich, schon aufstehend, ob L. schlafe.
Sie macht Licht, umarmt M.. Auch L. kommt nun herein, kann ebenfalls nicht schlafen. Die Geschichte, mit der sie M. das Grausen hat lehren wollen, hat sich offenbar selbständig gemacht, denn sie hat nun vor den Produkten ihrer eigenen Phantasie Angst. Die beiden bitten I., sie nicht alleine schlafen zu lassen.
I. will schon mit ihnen gehen, ist einverstanden, als ich scherzhaft einwende, ob sie mich etwa allein lassen wolle, was, wenn ich nun in der Nacht Angst bekäme?
I. schmunzelt, doch L. meint ganz ernsthaft, ich könne ja mitkommen, in J.s großem Bett sei noch Platz für mich.
Sie kommt schon zum Bett und faßt meine Hand. So muß ich mit.
M. fragt mich, ob ich denn wirklich auch Angst habe?
Ich antworte, Angst sei für jeden ein ganz normales Gefühl, es sei nur das Kunststück, damit fertig zu werden. Man müsse mit der Zeit lernen, mit seinen Ängsten zu leben, und müsse, wenn man Angst habe, versuchen herauszufinden, ob das eine begründete oder unbegründete Angst sei. Eine begründete Angst solle uns vor realen Gefahren warnen und unser Verhalten darauf einstellen. Wenn man sich dessen bewußt sei und entsprechend handele, sei Angst unnötig. Wenn sich herausstelle, daß man nichts gegen die Gefahr tun könne oder wolle, sei Angst offenbar ebenso überflüssig, da sie ja nichts am Sachverhalt ändere. Wenn man Angst vor nicht wirklichen Dingen habe, so müsse man selbst einsehen, daß die Ängste unbegründet seien, etwa weil es schon längst keine lebenden Dinosaurier mehr gegeben habe, als jener Mensch im Museum zu einer Moorleiche geworden sei. Der sei wiederum gestorben, lange bevor wir geboren worden seien, außerdem sei es eine fundamentale Eigenschaft von Leichen jeglicher Art, daß sie ebenso tot wie ein Stein seien und somit kleinen Kindern überhaupt nichts tun könnten. Generell seien Tote immer sehr harmlose Zeitgenossen, anders als bei Lebenden sei bei denen von vorne herein klar, daß sie keinen Unfug mehr anstellen können. Generell, Geschichten mit Dinosauriern und Menschen gleichzeitig drin seien bloße Phantasie, ein Spaß, auch wenn sich einem dabei die Haare vor Angst sträuben mögen. Aber wenn dieser Schauer der Angst vorbei sei, sei doch klar, daß das alles nicht real sei, eine ausgedachte Geschichte eben. Im wirklichen Leben stehen weder Dinosaurier noch Moorleichen plötzlich einfach so im Zimmer, passiert einfach nicht, die sind allesamt lange tot und sehr friedlich. Doch diese meine Einsichten würden ihm und L. nur bedingt helfen können, da sie selbst einsehen und herausfinden müßten, ob die Ursachen ihrer Ängste wirklich seien, ob sie also etwas dagegen tun müßten oder sie einfach vergessen könnten, ob sie einfach den wohligen Schauer des Schreckens genießen dürften oder sich wirklich um etwas Sorgen machen müßten.
Zu L. gewendet meine ich, die eigenen Phantasien als Grund seiner Angst zu haben, zumal wenn man sie gerade erst erfunden habe, sei nicht so ungewöhnlich, wenn man mit dem Erzählen grausiger Geschichten gehofft habe, einem anderen Angst zu machen. Neige man doch dazu, gerade das und so zu erzählen, was am besten geeignet sei, einem selbst Angst zu machen, das sei dann die Strafe für die Angst, die man anderen damit gemacht habe. So könne ihr das eine Lehre sein, andere Menschen nicht aus Spaß oder eigenen Interessen in Angst zu versetzen.
In jedem Falle müsse man mit der Zeit mit seinen Ängsten versuchen fertig zu werden, indem man untersuche, mit seinem eigenen Verstand zu ergründen versuche, ob die Angst auf wirkliche Gefahren hinweise, die man beseitigen könne, oder ob die Ängste nur eingebildet seien, so daß sie einem nicht nützlich sein können, und man sie abstellen dürfe, weil sie nichts Wirkliches an sich hätten.
I. fügt hinzu, bis sie aber selbst damit fertig werden könnten, hätten sie ja noch ihre Eltern oder für heute Nacht uns. Damit liegen wir in J.s Bett und I. löscht das Licht. Natürlich sind die Kinder jetzt so aufgedreht, daß ans Schlafen nicht zu denken ist. Spontan beginne ich mit der Erzählung eines möglichst nicht gruseligen Märchens. I. erzählt dann eine Weile weiter, dann wieder ich. Und weil die Kinder am Ende immer noch nicht müde sind, beginnen wir spielerisch, uns selbst eine Geschichte auszudenken. Auch hier beginne ich wieder und dann setzt I. sie ein Stück fort, dann L. und M. und so weiter, reihum, daß wir uns köstlich über unsere alberne, immer skurriler werdende Geschichte amüsieren, bis die Kinder die ganze Gruselei vergessen haben und wirklich richtig müde und erschöpft einschlafen. So anstrengend, wie der Tag für sie war, schlafen die Kinder nun wirklich tief und fest zwischen uns, ich frage I. flüsternd, ob wir wieder hinübergehen sollten. Sie legt sanft einen Finger auf meinen Mund, streicht dann durch mein Haar. Wir bleiben also und schlafen hier.
Ich wache um kurz vor neun Uhr durch eine Berührung von L. auf, ich blinzele sie an, und sie kichert. Die beiden anderen schlafen noch, I. hält M. im Arm. Ich frage L. flüsternd, ob sie aufstehen will. Sie schüttelt den Kopf, daß ihre Haare nur so um den Kopf wuseln, aber jetzt sei sie nun einmal wach. Ich stelle leise das Radio auf dem Schränkchen neben dem Bett an, L. kuschelt sich vertrauensvoll an mich, und während ich Radio höre und flüchtig mit meiner Hand durch ihr Haar fahre, schläft sie wieder ein. Ich schließe die Augen und höre so weiter Radio, das Frühstyxradio, was für den Sonntag Morgen immer eine gute Wahl ist.
Später höre ich eine Bewegung, schaue zu I. hinüber, die aufgewacht ist, sie lächelt mich an, doch so wie L. sich an mich gekuschelt hat, hält sie der Arm von M. fest, vorsichtig reicht sie ihre Hand zu mir herüber, ich streiche mit Fingerspitzen darüber, umfasse sie. I. schließt wieder die Augen, und wir warten, bis die Kinder aufwachen.
Als M. dann munter wird, weckt das auch L. wieder, und wir albern noch eine Weile im Bett herum. I. äußert die Auffassung, daß die Sendung im Radio nicht eben das Ideale für die Kinder sei, worauf ich sie schmunzelnd auffordere, bei den schmutzigen Passagen nicht so hinzuhören. Natürlich durch I.s Zweifel erst richtig aufmerksam geworden, hören sie nun erst recht richtig zu, ich weigere mich jedoch, Erklärungen abzugeben, mit der Begründung, daß es erheblich schwieriger sei, Humor zu erläutern, als wissenschaftliche Theorien darzustellen.
I. treibt die Kinder an aufzustehen. Als letztes erhebe ich mich. I. erklärt, für ein Frühstück sei es schon ziemlich spät, sie denke, es werde ein frühes Mittagessen so gegen zwölf Uhr reichen. Während die Kinder spielen oder Schularbeiten machen, helfe ich ihr beim Abwaschen des gestrigen Geschirrs und der Zubereitung des Essens.
Sie fragt mich, ob ich glaubte, daß die Kinder wesentlich von meinem Vortrag über die Angst profitiert hätten?
Ich zucke die Schultern, meine aber, wenn man sie ab und zu daran erinnere, könnten sie etwas davon haben, ich wisse ja nicht, vielleicht habe sie eine bessere Idee, die sie dann aber gestern Abend hätte äußern sollen.
Sie schüttelt den Kopf, Angst zu haben, sei zwar ihr Fachgebiet, aber mit Ängsten fertig zu werden, sei nicht gerade ihre Spezialität, immerhin inzwischen gehe es ganz gut, und sie lerne ja ständig dazu. Neuerdings baue sie da eher darauf, mich an ihrer Seite zu haben, welcher sie im Bedarfsfalle darauf hinweise, ob und wann es Zeit sei, sich zu wehren, falls sie einmal wieder die Übersicht verlieren sollte. Sie fragt mich scherzhaft, was ich damit in der Nacht gemeint habe, daß sie mich nicht mit meinen Ängsten alleine lassen solle, ob das einen ernsten Hintergrund habe?
Ich zitiere schmunzelnd
Genesis: she leaves me in my darkness and I have to face my fears.
Das sei lediglich scherzhaft und philosophisch gemeint, keine bedenkliche Phobie.
Es sei die Angst, sich vor mir selbst lächerlich zu machen, weniger vor anderen als vor meinem kritischen Blick.
Irgendwie sei mir mein Leben absurd vorgekommen.
Es gebe kaum eine Situation, die nicht nach kurzen Reflexionen ins Absurde abzurutschen drohe.
Eine Flucht sei da nicht möglich.
Dem Phänomen sei man hilflos ausgeliefert.
In meinem Kopf sei quasi eine weitere Instanz, die alles beurteile, was ich tue, und meistens zu dem Resultat komme,
daß die Welt absurd sei, zumal wenn ich in sie eingriffe.
Vielleicht seien die Verfolgungen eine Art Auflehnung gegen diese Instanz gewesen, um sie mit etwas noch Absurderem,
bewußt begangenem, mundtot zu machen.
Daß damit anderen Menschen Schaden zugefügt worden sei, sei mir erst durch sie richtig klar geworden.
Jede Aktion wirke auf die Umwelt eines Menschen ein, in einer Gesellschaft komme es eben darauf an,
seine Wirkungen auch auf ein für die Mitmenschen erträgliches Maß zu reduzieren,
schließlich wolle man auch selbst nicht mehr als unvermeidbar unter dem Ego-Trip eines Mitmenschen leiden.
Sie fragt mich, ob mir die Beziehung zu ihr auch absurd erscheine?
Ich erläutere, ich hätte anfangs mein Begehren nach ihr für absurd gehalten, weil ich nicht habe erkennen können, wie ich sie hätte für mich gewinnen können, weshalb ich jemals für sie interessant sein könnte, deshalb sei ich nicht fähig gewesen, sie anzusprechen. Außerdem hätte ich mich ihr eigentlich gar nicht zumuten wollen, meine Selbstironie, die innere Leere, dieses Gefühl der Absurdität. Erst als es keinen anderen Ausweg mehr gegeben habe, als ihr zu helfen, weil es garantiert niemand anderes mehr getan hätte, hätte ich allen Mut zusammengenommen und hätte versucht, ihr zu helfen, zu handeln, einmal etwas zu tun, was notwendig und nicht absurd sei. Beim Begehren an sich stellte sich natürlich die Frage, ob das nur profane Biologie sei, nur ein Trieb. Jemanden in der Stadt zu sehen und ansprechend zu finden, was könnte mehr dahinterstecken? Aber das allein wird keinem Menschen gerecht, besteht ein Mensch, eine Persönlichkeit doch aus viel mehr als der äußeren Erscheinung und dem direkt beobachtbaren Verhalten. Der erste Eindruck und das daraus resultierende Interesse biete allerdings eine Chance, sich näher kennenzulernen, wie wir es ja nun geschafft hätten.
Jetzt, wo ich fühlte, daß mein Begehren erwidert werde, wo ich spürte, daß wir uns gegenseitig liebten, sei da nichts Absurdes mehr, die Leere in mir durch die Liebe zu ihr erfüllt. Allein und einsam - absurd - mit ihr aber sei das dann belanglos, denn sie sei wichtig für mich. Groß sei das Bedürfnis, mit ihr zusammenzusein oder auch zusammen zu sein. Ich fühlte mich von ihr akzeptiert, in dieser Hinsicht sei da kein Platz mehr für Zweifel, in ihren Armen fühlte ich mich Zuhause, geborgen vor der eigenen Absurdität, die irgendwie sonst auf alles abfärbe, mit dem ich zu tun hätte, auch deshalb meine anfängliche Angst, mich ihr zu nähern, weil ich hätte befürchten müssen, daß es auch auf unsere Beziehung abfärben werde, doch sie habe mich festgehalten und damit alle Zweifel zerstreut. Und es habe natürlich auch die Angst vor Ablehnung gegeben, aber damit müsse man natürlich immer rechnen, wenn man Kontakt und Freundschaft zu finden suche.
Sie lächelt, umarmt mich, sie werde mich nicht wieder loslassen, bei ihr könne ich Zuhause sein, ihrer könne ich sicher sein, in ihr mich geborgen und sicher fühlen. Was auch immer absurd sein oder absurd erscheine - wirklich, das Leben sei eben wie ein absurder, makaberer schlechter Witz, aber das sei ja ziemlich egal, solange wir zusammenseien. Bei ihr müsse ich keine Angst vor Ablehnung haben. Wir seien an einem Punkt angelangt, wo ihre allgemeine Ablehnung der Nähe ihr unbekannter Menschen mit mir nichts mehr zu tun habe, weil wir ja nun zusammen gehörten, ein Paar sein.
Ich fahre fort, bei ihr hätte ich nicht das Gefühl, etwas so falsch machen zu können, daß sie mir nicht verzeihen könnte, bei ihr fielen alle Selbstzweifel nicht ins Gewicht, weil ich glaubte, daß sie mich so akzeptiere, wie ich sei.
Sie stimmt zu, sie werde immer zu mir halten, nicht an mir zweifeln. Ihre Liebe sei nicht bedingungslos wie die einer Mutter, ihre Bedingung sei, daß ich bei ihr Zuhause sein könne, solange ich sie liebte, solange ich sie umarmen könne und halten. Solange ich das könne, könne sie mir alles verzeihen, könne ich sie nicht enttäuschen.
Ich erwidere, ihre Bedingung sei leicht zu erfüllen, denn ich könne gar nicht anders, als sie lieben, umarmen und halten.
Wir küssen uns.
Nach dem Essen stellt sich die Frage, ob die Kinder lieber einen Mittagsschlaf halten wollen oder mit uns einen Spaziergang machen. Sie sind natürlich für letztere Möglichkeit, so gehen wir durch eine in der Nähe gelegene Grünfläche, allerdings nicht jenen Park, der I. doch nur mit dem jüngsten Vorfall wieder konfrontiert hätte.
Als wir wieder in I.s Wohnung sind, spielen wir bis zum späten Nachmittag, als ihre Eltern kommen, sie wieder abzuholen. So werde ich auch mit K.s Mann C. bekannt gemacht. Während I. bei der Begrüßung K. wieder herzlich umarmt und sie sich küssen, gibt sie C. nur die Hand. Es ist zu erkennen, obwohl sie ihn schon länger kennt, sie hält zu Männern immer eine gewisse körperliche Distanz ein, allerdings wirkt sie ganz entspannt und lächelt. Offenbar ist sie auch weiterhin nur mir gegenüber in der Lage, diese Distanz zu überwinden und ganz sicher aufzutreten.
Beim Abendbrot erzählen die Kinder, was wir alles unternommen hätten, anschließend verabschieden wir uns. Nach der Umarmung und den Küssen von I. will ich den Kindern die Hand geben, doch L. zieht mich zu sich herunter und umarmt mich, gibt mir einen Kuß auf die Wange, auch M. hält eine Umarmung für angemessen. K. meint daraufhin amüsiert, wenn ich auf die Kinder einen so guten Eindruck gemacht hätte, müsse ich für I. schon eine ganz gute Wahl sein, worauf sie gutgelaunt ihre Schwester umarmt. Nach dem restlichen Händeschütteln gehen sie. I. fällt mir stürmisch um den Hals, küßt mich flüchtig, wir gehen zum Fenster und schauen zu, bis sie abgefahren sind.
Ich frage sie, wenn das Wochenende mit den Kindern ein Test gewesen wäre, ob sie dann mit mir zufrieden sei?
Sie schmunzelt, wenn das ein Test gewesen wäre, wäre sie zuversichtlich, daß sie mich noch zum Vater ihrer Kinder hinbiegen könne, aber das Thema hätten wir ja schon angeschnitten und vertagt. Sie legt ihre Arme um mich, wir halten uns, schmusen eine ganze Zeitlang. Auf das so gut verlaufene Wochenende möchte sie gerne mit mir mit einem Glas Wein anstoßen, meint sie dann. Ich erinnere sie daran, daß ich keinen Alkohol trinke, was sie tue, müsse sie wissen. Sie erwidert, das habe sie nicht vergessen, ich solle mich doch nicht so anstellen, wenn ich wirklich nicht wolle, könne ich aber wenigstens eine Praline mit ihr zusammen naschen, dabei holt sie derselben aus dem Schrank und läßt eine in ihrem Mund verschwinden, sie preßt ihre Lippen gegen die meinen, öffnet ihren Mund. In einem äußerst süßen Zungenkuß spielen wir mit der Praline, bis sie sich aufgelöst hat und nur die darin befindliche Haselnuß als Spielball unserer Zungen bleibt, darauf nimmt sie noch eine. Während sie die Nuß zerkaut und herunterschluckt, hält sie die andere vor meinen Mund, als ich danach schnappen will, zieht sie sie weg, es folgen noch ein paar weitere Versuche, bis sie sie mir bereitwillig in den Mund legt und gleich darauf ihre Lippen, ihre Zunge zu einem weiteren Spiel folgen läßt.
Später sehen wir noch etwas fern, dabei trinkt sie ihr Glas Wein, ich Saft, schließlich meint sie gutgelaunt, wir sollten jetzt ins Bett gehen.
Ich gehe zuerst ins Bad, während sie den Rest Wein wegstellt. Als ich schon im Schlafanzug im Bett liege, kommt sie nackt ins Zimmer, sie lächelt, wir seien ja jetzt allein. Die Nachttischlampe läßt sie an, kommt zu mir ins Bett, zieht mir entschlossen das Oberteil des Schlafanzuges wieder aus. Wenn ich Lust hätte, sei sie fest entschlossen, einen neuen, richtigen Versuch mit mir zu wagen. Dabei öffnet sie eine Schublade des Nachttisches, holt eine Packung Kondome heraus. Die habe sie am Samstag besorgt, sie hoffe, daß ich mit der richtigen Anwendung vertraut sei, sie habe da keinerlei Erfahrung. Sie gibt sie mir in die Hand, grinst mich vergnügt an.
Ich meine, trotzdem brauche sie sich den Genuß nicht entgehen zu lassen, den Beipackzettel zu lesen. Ich zitiere eine Radiowerbung "Bei Risiken und Nebenwirkungen essen sie die Packungsbeilage und schlagen sie ihren Arzt oder Apotheker", immerhin sei das Schreiben von Gebrauchsanweisungen eine Kunst für sich, und wo sie schon so ein literarisches Kleinod mit erstanden habe, sollte sie es auch nicht ungelesen lassen.
Sie lacht, holt aber wirklich den Zettel aus der Packung und liest laut vor, zeigt mir die Bilder. Sie meint, es höre sich ganz einfach an und sehe auch so aus, sie werde es selbst versuchen, ich solle nur meine Hose ausziehen, damit sie den Sachverhalt am Schopfe packen könne und von der Wurzel bis zur Spitze eingehend studieren.
Das tue ich, meine aber, sie solle sich Zeit lassen. Das Kondom komme ja erst zum Einsatz, wenn wir ganz zusammensein wollten. Die Packung stellt sie einstweilen auf den Nachttisch, ein verschweißtes Kondom legt sie neben das Kissen, umarmt mich erst einmal, wir küssen und streicheln uns.
Ich frage, ob sie glaube, daß sie dieses Mal auch etwas empfinden werde, ihren Gefühlen freien Lauf lassen könne, worauf sie meint, sie werde sich bemühen, sie wolle es so sehr, sie sei sich nur nicht sicher, ob es gelingen werde, sie wolle aber auch nicht, daß ich alles Mögliche mit ihr anstelle, damit bei ihr etwas passiere. Sie wolle weder mich noch sich unter Druck setzen. Wenn ich mich abmühte, nur um Gefühle aus ihr hervorzulocken, gefiele ihr das nicht, das sei nicht mehr schön, ihre Bereitschaft, etwas zu empfinden, müsse letztlich von selbst da sein, sicher müsse ich mir auch Mühe geben, doch wenn das zu viel werde, könne es nicht mehr so schön werden, wie es eigentlich zwischen uns sein sollte. Sie fügt hinzu, wenn ich die Rolle des phantastischen Liebhabers spielen wollte, könnte ich das später sicher immer wieder versuchen, das werde sicher sehr lustig und schön sein, auch die Rolle des etwas rauen, rücksichtslosen Liebhabers könne zur Abwechslung einmal sehr erregend sein, weil sie Vertrauen zu mir habe, daß es zwischen uns immer nur ein Spiel sei, doch für den Anfang genügten ihr meine Zärtlichkeiten und meine Bemühungen ohne große Ausschmückungen.
Ich frage sie, wie sie sich das vorstelle, sie könne mir ja erzählen, was ihr besonders gefalle, oder wie es mit J. gelinge.
Sie schüttelt den Kopf. Das sei etwas ganz anderes, auch wolle sie mich nicht mit Details quälen, sie wisse auch nicht, ob J. das Recht sei, außerdem müßten wir für uns unseren eigenen Weg finden, ihre Erlebnisse mit J. könnten für uns nicht sehr hilfreich sein.
Vielleicht sollte sie diesmal die aktivere, führende Rolle übernehmen, schlage ich vor, ob sie sich das zutraue? Sie neigt unsicher den Kopf zur Seite, scheint aber durchaus interessiert zu sein. Ich streichele sie sanft, sie kniet wieder, beide Beine an meine Seiten gedrängt. Sie schließt ihre Augen, als meine Hände ihre Brüste berühren, Muster auf Busen und Bauch malen. Als sie schon etwas erregt wirkt, gleitet eine Hand tiefer, sie erhebt sich etwas, ich streichele ganz sanft die Umgebung ihrer Schamlippen, eine ihrer Hände kommt hinzu, führt mich, sie atmet schneller, das Spiel unserer Finger in der Nähe ihrer Clitoris geht eine ganze Weile, bis sie meine Hand nimmt, sie küßt, an mir herabgleitet. Sie hält meine Hände fest, küßt mein erigiertes Glied, leckt und streicht mit ihrer Nase darüber, ich spüre den Luftstrom ihrer schnellen Atemzüge, ihre Lippen umschließen die Eichel, mit festem Druck gleiten sie weiter am Penis hinab und wieder bis zur Spitze der Eichel, ihre Zunge umspielt sie, dabei nimmt sie das Kondom, packt es aus und streift es gemäß Anleitung über den Penis. Sie lächelt mich an "das hat ja schon mal geklappt!", wirft ihre Haare über mein Gesicht, unsere Lippen treffen aufeinander, während sie vorsichtig mit der Hand über mein Glied streicht, sie bewegt sich, langsam führt sie es in ihre Vagina ein, richtet sich sodann wieder halb auf, führt meine Hände auf ihre Oberschenkel, wo sie sie festhält. Sie beginnt ganz langsam, sich zu bewegen, schaut mich fragend an, ich lache zustimmend zurück, was sie ermutigt, sich sanft weiter zu bewegen, zu probieren, wobei sie immer wieder kontrollierend meinen Blick sucht, um eine Bestätigung zu bekommen, daß alles in Ordnung sei. So macht sie also ermutigt und mutiger weiter, sogar recht geschickt, gleichzeitig vorsichtig und gefühlvoll, auch ihr scheint es zu gefallen, sie schließt die Augen, krümmt ihren Oberkörper weit nach hinten, hält dort etwas inne, richtet sich dann wieder auf und sucht wieder meinen Blick, bewegt sich dann weiter, wechselt die Arten der Bewegungen, die Intensität, den Rhythmus. Dabei schaut sie immer wieder in meine Augen, nach Bestätigung suchend, aber es ist alles gut, was sie macht, vorsichtig und sanft, aus einem guten Körpergefühl heraus, welches sie als Sportlerin offenbar hat, trotz der tragischen Vorfälle, die sie auch in Konflikt mit ihrem Körper geführt haben, wovon jetzt nichts zu bemerken ist. Sie bewegt ihren Oberkörper wieder näher zu mir, legt ihre Hände um meine Schultern, ich meine um ihren Po, ich spüre, wie sie die Muskulatur ihres Beckenbodens stärker als beim vorherigen Liebesspiel anspannt, ihre Bewegungen werden schneller, jetzt schaut sie mir dauernd und intensiv in die Augen, ich spüre, wie ich die Kontrolle über mich verliere, zu stark sind die jetzt von ihr erzeugten Reize, ich schließe die Augen, ich kann es nicht länger aufhalten, durch ihr enorm verstärktes Reizspiel kommt es bei mir zum Orgasmus.
Danach öffne ich die Augen, will schon etwas sagen, als sie ihre Hand auf meinen Mund legt und flüstert, es sei heute bei ihr noch nicht gegangen, aber wenigstens sei es für mich schön gewesen, das habe sie deutlich gesehen und gespürt. Auch sie habe Lust empfunden, aber im letzten Moment sei sie zu feige gewesen, es sei heute wohl doch noch zu früh gewesen, da habe sie es schnell für mich zu einem Ende gebracht. Für sie sei es trotzdem sehr angenehm gewesen, ich solle mir keine überflüssigen Gedanken machen. Dann fragt sie nach, ob wirklich alles in Ordnung gewesen sei, ihre Bewegungen und ich nicke nur, ziehe sie zu mir heran und küsse sie liebevoll.
Das Kondom läßt sie in einen schon bereitgestellten Becher fallen, löscht das Licht, sie werde nie versuchen, mir etwas vorzuspielen, dafür liebe sie mich viel zu sehr, sie sei aber ganz sicher, daß es uns gelingen werde. Sie umarmt mich, unsere Lippen treffen sich, wir liebkosen uns noch eine ganze Weile ohne Worte.
Das Uhrenradio weckt uns, sie gibt mir einen Guten-Morgen-Kuß. Ich bin noch etwas träge, sie wirkt bereits recht munter. I. plant für den Tag: Sie glaube, es wäre gut, wenn wir uns heute nicht mehr sähen, den Tag ohne den anderen verbrächten, das steigere ihr Verlangen, sie müsse sagen, das ganze Wochenende, vor allem das nächtliche Liebesspiel hätten sie schon in eine so große innere Unruhe versetzt, diese ganze Anspannung müsse sich einfach bei unserem nächsten Versuch entladen, doch das Warten werde ihre Erregung noch weiter steigern, beinahe bis ins Unerträgliche, um die Erfüllung unserer Wünsche zu gewährleisten.
Sie werde mich am Dienstag Abend aber ganz bestimmt anrufen, ob ich Zeit haben werde?
Ich sage, daß ich für sie beinahe immer da sein würde.
So stehen wir also auf machen uns fertig, frühstücken und brechen in die neue Woche auf.
I. bleibt eine Überraschung, ein Rätsel. Einerseits war sie gestern so zutraulich und anschmiegsam, konnte sich aber doch ihrer Lust nicht ganz hingeben. Heute vertröstet sie mich mit sichtlich guter Laune auf den nächsten Abend. Nun, im Grunde hat sie recht, es ist aufregend, bei ihr weiß ich nie genau, was mich im nächsten Augenblick erwartet, unglaubliche intime Nähe und dann wieder Aufschub und Distanz mit dem gleichzeitigen Versprechen samt Termin für die nächste Annäherung. Es ist ein wohliger Wahnsinn, in welchen sie mich treibt. Aber ich wehre mich nicht, ergreife nicht zu sehr die Initiative, lasse den Dingen ihren Lauf. Sie scheint offenbar in ihrem schlauen, hübschen Kopf ihren Weg zu verfolgen und dem bin ich bereit zu folgen oder vielmehr sie zu begleiten.
Und sonst, was soll ich sagen, das Wochenende mit den Kindern ist prima gelaufen, auch für mich, diese kindliche Begeisterung, die Gespräche, all das hat auch mich wacher gemacht. Es hat einfach Spaß gemacht, mitzuerleben, wie die beiden Gedanken entwickelt haben, wie sie sich bei den Spielen verhalten haben. Ihr Vertrauen, ihre spontane Anhänglichkeit hat mich auch überrascht, vielleicht auch etwas verunsichert, weil ich ja auch komplett umschalten mußte. Den einen Augenblick habe ich noch I. im Arm, um intime Zärtlichkeiten auszutauschen und dann stehen auch schon die Kinder in der Tür und bringen insbesondere I. damit für einem Moment ganz aus dem Konzept. Aber es ist uns gut gelungen, gleich umzuschalten und auf die Kinder einzugehen. Ich meine, das Wochenende haben wir gemeinsam gut gemeistert und ich habe mich nicht einmal bei den Kindern unbeliebt gemacht. Das ist insgesamt ein guter Erfolg.
Vermutlich, so kann ich wohl annehmen, ist das so gut gelaufen, daß I. gleich noch mehr Lust bekommen hat, eigene Kinder zu bekommen. Nun, ich sollte mich darauf einstellen und sie nicht durch intensive Abwehr frustrieren. Stattdessen scheint es mir besser zu sein, mich langsam drauf einzulassen und wenn das Thema wieder aufkommt, nicht in Opposition zu gehen, sondern eher auf einen plausiblen Zeitplan hinzusteuern. Aber sollten wir uns da wirklich mit einem Plan unter Streß setzen? Vielleicht ergibt sich das im Laufe der nächsten Monate auch von selbst, wenn wir ganz vertraut miteinander sind und irgendwann einfach die Stimmung richtig ist.
I. ruft am späten Nachmittag an, ich könne sie wieder wie letzte Woche von der Sporthalle abholen, sie werde mich zum Essen einladen, ich könne gleich kommen. Das tue ich auch, werde schon an der Tür erwartet, durch die gerade mehrere Frauen aus dem Gebäude kommen, offenbar ist der Kurs vor kurzem beendet worden. I. gibt mir einen Kuß und meint, wir müßten noch warten, bis alle draußen seien, sie müsse noch abschließen. Das dauert aber nicht lange und sie kommt mit A. wieder heraus, erläutert, sie werde uns begleiten. So gehen wir, I. ist geradezu übermäßig gut gelaunt, wir unterhalten und amüsieren uns auf dem Weg. Übermütig ruft I. so laut sie kann meinen Namen in die Dunkelheit, ruft weiter, sie brauche mich, weil sie mich liebe. A. lacht vergnügt und wird dabei ganz rot im Gesicht. Ich will I. natürlich bei solchen Albernheiten nicht nachstehen, auch ich rufe daher mit voller Lautstärke I.s Namen, füge hinzu, sie werde bekommen, was sie brauche, weil ich sie liebte. I. legt den Arm um mich, küßt mich auf die Wange, und wir gehen weiter bis zu einer besseren Kneipe. A. lacht und ist doch unsicher, wieviel Abstand sie zu uns halten soll. Aber bevor sie zu sehr verunsichert wird, benehmen wir uns und gehen nur noch Hand in Hand und A. geht neben uns.
Drinnen in der Kneipe setzen wir uns. A. wählt wie ich einen Saft, I. will für sich zunächst Wein bestellen, überlegt es sich dann aber anders, wählt auch Saft. Wir bestellen das Essen.
I. erläutert, A. sei unter anderem mitgekommen, um von mir etwas über das Studium zu erfahren, sie sei noch unsicher, ob sie das tun solle, zumal ihre Familie eigentlich dagegen sei.
Ich frage A., was sie denn studieren möchte.
Ihr schwebt Mathematik vor, Physik, wie bei mir, käme auch in Frage, aber sie neige eher zu Mathematik.
I. meint, ich solle ihr gut zureden, sich gegen ihre Eltern durchzusetzen und zu tun, was sie wolle.
Ich meine, nach den hiesigen Gepflogenheiten sei sie ja alt genug, um selbst Entscheidungen zu treffen.
A. lacht, das sei eben das Problem, ihre Eltern und noch mehr ihr Bruder seien gegen ihre Selbständigkeit, aber sie sei nun einmal hier aufgewachsen, da werde sie nicht hinnehmen, daß ihre Familie für sie entscheide, sie wolle so leben, wie ihre deutschen Freundinnen und Mitschülerinnen auch, wenn sie aber Zuhause sei, sei es eine ganz andere Welt, so sitze sie zwischen den Stühlen, heimatlos.
Sie spreche türkisch ebenso gut wie deutsch. In deutsch schreiben könne sie natürlich genauso wie ihre deutschen Mitschülerinnen auch, türkisch zu schreiben, falle ihr schon schwer.
Sie könne die Ansichten und das Verhalten ihrer deutschen Mitschüler oft viel besser verstehen als die Ansichten ihrer Familie, dennoch könne sie sich im Sommer niemals so anziehen wie die Mitschülerinnen, zwar trage sie nie einen Schleier, aber sie folge weitgehend den zurückhaltenderen Kleidervorstellungen ihrer Familie und ihrer türkischen Bekannten.
Wo ihre Freundinnen teilweise schon feste Freunde hätten, sei bei ihr ein unauffälliger Flirt, ein Kuß im Verborgenen, eine Umarmung mit der Zusicherung der Verschwiegenheit von einem deutschen Jungen schon das Äußerste, sie müsse ihm allerdings klarmachen, daß mehr nicht drin sei, müsse ihn sogar auf Distanz halten, damit er keine Schwierigkeiten bekomme. Bei einem türkischen Jungen sei nicht einmal das möglich, denn sie sei schon längst im heiratsfähigen Alter, sie könnte nicht sicher sein, daß ihre Familien nicht irgendwann und irgendwie dahinterkämen, dann wäre eine Katastrophe vorprogrammiert. Unfair sei natürlich auch, daß die Jungs sich fast alles erlauben dürften, Mädchen hingegen nicht.
Sie könne nicht wie eine Deutsche leben, und das Türkische sei ihr im Grunde beinahe so fremd wie uns, dennoch müsse sie Zuhause immer damit fertig werden, und es werde auch nicht leichter.
Sie habe schon Angst zu sagen, daß sie studieren wolle, das gebe nur Schwierigkeiten, dennoch sei sie auch nicht bereit, sich den konservativen Vorstellungen ihrer Familie unterzuordnen, da sie nichts mit ihren eigenen zu tun hätten. Sie sehe ja, daß mit der hiesigen Lebensweise nicht alles gut sei, aber die Alternative sei auf keinen Fall akzeptabel. Sie meint, sie habe sich aber nun genug darüber ausgelassen, ich solle lieber etwas über das Studium erzählen.
Ich beginne, einerseits sehe sie ja an I., daß es nicht unbedingt notwendig sei zu studieren, um zurechtzukommen. Andererseits sollte sie es tun, wenn sie sich dazu berufen fühle, Interesse am Studium, am Wissen selbst habe. Insbesondere in Physik und Mathematik gebe es noch immer erheblich mehr männliche als weibliche Studenten, so daß sie in diesem Bereich mithelfen könne, Defizite aufzuarbeiten. Die Verhältnisse seien bei technischen Fächern noch deutlich ärger, da wäre sie dann beinahe schon wieder Exotin, bei Physik und Mathematik halte sich das aber in Grenzen. Generell hätten die Studenten bei solchen Fächern wohl oft genug mit dem Studium zu tun, besonders zu Beginn, da müsse sie also besondere Zudringlichkeiten wegen Herkunft oder Geschlecht nicht befürchten. Mehr komme es bei der Studienwahl daher natürlich auf die Inhalte an, die nicht unbedingt mit den entsprechenden Fächern in der Schule vergleichbar seien. Häufig ziele das Studium in den Fächern ja nicht auf einen speziellen, späteren Beruf ab, vermittle mehr ein allgemeines Wissen, welches man dann selbständig ausbauen müsse. Generell sei im Studium ja viel mehr Selbständigkeit, Eigenverantwortung und Selbstmotivation gefragt als an der Schule, wo ja doch viel vorgegeben werde und auch kontrolliert, das letztere sei an der Universität in dem Umfange nicht mehr der Fall.
So erzähle ich während des Essens und noch danach, auch Zwischenfragen beantwortend, was insgesamt gut möglich ist, da vor dem Vordiplom die gleichen Mathematikvorlesungen sowohl von Mathematikern als auch von Physikern besucht werden, auch über das Physikstudium erzähle ich und beantworte ihre Fragen, so gut ich kann.
Sie findet beiden Möglichkeiten interessant. Insbesondere die präzise logische Analyse und die Beweistechniken, das detaillierte Verständnis interessieren sie an der Mathematik. Hinsichtlich der Physik kann sie aber auch gut mein Interesse nachvollziehen, besser verstehen zu wollen, wie die Welt gut oder besser als früher beschrieben werden kann und wie man mit Experimenten Hypothesen prüfen kann. Ich weise auch auf die zunehmende Bedeutung der Numerik in beiden Fächern hin und die Bedeutung, die Computer inzwischen hätten. Auch dieser Aspekt weckt A.s Aufmerksamkeit, eine weitere Möglichkeit. A. zeigt sich wirklich sehr interessiert und stellt gute Fragen, die unser Gespräch abwechslungsreich machen und bereits zeigen, daß die anvisierten Studienfächer ihr viel bringen würden, weshalb ich sie ermuntere, sich unbedingt zu kümmern und sich nicht demotivieren zu lassen, sondern an den eigenen Ideen um die Gestaltung ihrer näheren Zukunft unbedingt festzuhalten. Auch I. redet ihr zu und A. scheint nun wirklich ermutigt und in ihrem Wunsch bestärkt zu sein, selbst zu entscheiden, was sich nach dem Abitur machen wolle. Unser Gespräch hat sie sichtlich vorangebracht und sie zeigt sich bereits in der kurzen Zeit deutlich kampfbereiter, um ihre Position durchzusetzen.
Während ich mich also sehr angeregt mit A. über Mathematik und Physik unterhalte, kann I. nicht so viel zur Unterhaltung beitragen, ich bemerke, wie genau sie uns beobachtet. Da ich nicht möchte, daß sie sich ausgeschlossen fühlt und auch keine Verwirrung aufkommen soll, weil ich mich wirklich auf Anhieb sehr gut mit A. verstehe, leite ich dann das Gesprächsthema bald wieder in Bahnen, wo I. sie wieder besser beteiligen kann. Wirklich wirkt sie gleich etwas erleichtert und entspannt sich.
So amüsieren wir uns gut, lachen und philosophieren recht unbeschwert. Irgendwie kommen wir dann auch noch auf die Implikationen der Naturwissenschaften für Religionen zu sprechen. Es stellt sich heraus, daß beide nicht religiös interessiert sind, A. möchte das allerdings vertraulich behandelt wissen. Jedenfalls steuere ich dann noch einige meiner atheistischen Hypothesen zum Gespräch bei und wir führen eine angeregte Diskussion.
Dabei stellt sich heraus, I. hat wohl zwar mal an einen Gott geglaubt, auch durch den Vergewaltigungsversuch in der Kindheit mit der eher profanen, schmucklosen Realität konfrontiert, hat sie dann allerdings schnell zu der Erkenntnis gefunden, daß es für solch eine Gestalt keine Belege gibt. Und was über ihn behauptet wird, paßt sowieso nicht zu dem, was man täglich mit seinen Mitmenschen erlebt. Ein Gott der Liebe, der Güte, eine Gemeinschaft der Nächstenliebe? In der Praxis nicht nachvollziehbar.
A. waren auch schon länger Zweifel gekommen, vieles passe einfach nicht, meint sie, insbesondere wenn Menschen darauf bestehen, daß es exakt einen Gott, den ihrer Vorstellung geben solle und sonst keinen. Zwangsläufig würden dann ziemliche viele Menschen daneben liegen, woher solle man also wissen, mit welcher Religion man richtig liege? Und bei einer Auf- oder Abspaltung - seien da nicht beide Richtungen der Meinung, dem wahren, richtigen Weg mit Gottes Hilfe zu folgen? Ja, wenn sie sogar behaupten, Gott führe sie auf ihrem Weg, erleuchte sie - wie komme es da dann zu Vorstellungen unterschiedlicher Götter, das könne dann ja nicht alles echt sein, vermutlich dann doch eher alles Hirngespinste. Diese und ein paar andere Einwände diskutieren wir noch weiter.
Einmal mehr folge ich bei dem angeregten Gespräch begeistert I.s schnellen Gedankengängen, die sich bislang kaum mit philosophischen und logischen Aspekten solcher Themen beschäftigt hat, hier aber spontan gut, einfach und überzeugend argumentiert, wobei wir in dieser Runde ja allerdings niemanden finden, der die Gegenseite ernsthaft vertreten mag.
Direkt nach dem Essen hat A. ihren Bruder angerufen, der dann auch bald kommt, während wir noch weiter angeregt plaudern. Irgendwie ist zwischen uns dreien ausgemacht, daß wir gut ab und an mal etwas miteinander unternehmen könnten, um weiter miteinander zu reden und zu philosophieren, A. weiter auf ihrem eigenen Weg voranzubringen. I. und A. sind ja ohnehin bereits miteinander befreundet und mit mir kommt A. offenbar auch sehr gut zurecht, von daher ist unsere Stimmung recht ausgelassen und vergnügt.
A.s Bruder kommt dann an den Tisch, und es findet zwischen ihm und A. ein aufgeregtes Gespräch auf türkisch statt, welches immer lauter wird, wiederholt weist er dabei auf mich und regt sich ziemlich auf. Beide stehen sich gegenüber und reden aufeinander ein, bis A. mit einer Hand auf die Tür weist und mit der anderen ihren Bruder in der Richtung gegen die Schulter drückt. Ihre gesamte Haltung wirkt angespannt, fast schon die Verteidigungsstellung von ihrem Kampfsport, jedenfalls ein subtiles, aber recht eindeutiges Zeichen, daß es nun besser sein wird, keine falsche Aktion durchzuführen. Gleichzeitig merke ich, wie auch I. sich unwillkürlich anspannt, quasi sprungbereit ist. Die zuvor fröhliche Stimmung ist schlagartig umgeschlagen und wirkt plötzlich sehr brenzlig, explosiv. A. und ihr Bruder wechseln noch ein paar Worte, er will sie mitzerren, sie entwendet sich geschickt seinem Griff, macht ihm gegenüber eine drohende Geste, nimmt jetzt eindeutig eine Kampfposition ein, I zuckt, greift meine Hand und steht nun auch plötzlich. Der Bruder von A. hat nun offenbar die Zeichen erkannt und schließlich zieht er verärgert schimpfend wieder ab.
A. entschuldigt sich, ihr Bruder habe mich wohl letzte Woche schon gesehen, als sie mir geöffnet habe, außerdem sei ihm nicht Recht gewesen, daß sie mit uns hierher gegangen sei. Er sei der irrigen Ansicht gewesen, ihre Ehre sei durch mich in Gefahr. Sie habe natürlich gesagt, daß dem bedauerlicher Weise für sie nicht so sei, da ich I.s Freund sei, was er zunächst einmal so habe hinnehmen müssen, weil ja I. meine Hand gehalten, und ich mich nicht in den Streit eingemischt habe, trotzdem habe er ihr den weiteren Besuch des Trainings verbieten wollen, da habe sie ihn fortgeschickt, habe ihm gedroht, bis er gegangen sei. Er sei unmöglich, was er ihr alles unterstellt habe, dabei wolle sie nur in Ruhe ihr Leben leben wie er das seine. Manchmal denke sie, sie sollte nur mit einem Mann ins Bett gehen, um es ihrem Bruder zu zeigen, doch dann denke sie wieder, er sei es nicht Wert, daß sie seinetwegen ihr Leben vermurkse, wenn sie es nur täte, um ihn zu treffen, statt sich sicher zu sein, jemanden gefunden zu habe, mit dem sie es um ihrer und seiner selbst Willen tun wolle.
Sie beruhigt sich bald wieder, die brenzlige Stimmung normalisiert sich wieder. Wir unterhalten uns noch eine Weile und die Stimmung wird wieder besser. Bald lachen wir schon wieder und machen Scherze, albern herum und I. bringt dann irgendwann A. und mich dazu, offiziell Freundschaft zu schließen, was so förmlich schon etwas skurril wirkt, aber I. neigt zur klaren Ansage und so folgen wir. Ich bin deswegen sogar richtig erleichtert, denn nachdem I. anfangs so wenig zu dem intensiven Gespräch zwischen mir und A. hat beitragen können, dachte ich schon, das würde auf I.s Stimmung schlagen, doch nun sieht das viel besser aus und I. scheint sehr daran gelegen zu sein, mich in ihr recht überschaubares soziales Umfeld harmonisch zu integrieren.
Draußen vor der Kneipe bittet A. uns, sie nach Hause zu bringen, damit sich ihr Bruder nicht noch darüber aufregen könne, daß sie ohne solide Begleitung nachts unterwegs gewesen sei. Das tun wir, wir bringen sie bis zur Wohnungstür. Es kommt wieder zu einer Diskussion zwischen ihr und ihrem Bruder. Auch ihr Vater kommt dazu. I. versichert, daß sie mit uns nach dem Training nur essen gegangen sei und wir uns über Perspektiven nach der Schule unterhalten hätten, was ihr sehr geholfen habe. Offenbar ist A.s Vater einsichtiger als ihr Bruder und meint zu diesem, es solle nun Ruhe geben. Ihr Bruder muß sich dem Wohl oder Übel fügen, und wir gehen.
In I.s Wohnung angekommen, sehen wir noch fern, plaudern noch etwas über A.. I. gibt zu, anfangs etwas beunruhigt gewesen zu sein. Ich hätte mich gleich so angeregt mit A. unterhalten, wo sie nicht habe mithalten können. Da habe sie schon an sich gezweifelt und A. sogar ein wenig beneidet, die Abitur mache und ihren Weg schon gehen würde. Und dann habe sie ganz gerührt gespürt, wie ich mich gleich um sie gesorgt habe und dafür gesorgt hätte, daß sie auch wieder haben mitreden können, das sei lieb von mir gewesen. A. möge sie wirklich sehr und es sei gut, daß wir uns so gut verstehen würden. Das passe im Grunde alles sehr gut zusammen, die gemeinsamen Themen und Interessen hinsichtlich der Wissenschaft bei mir und A., der Sport und die innere Verbundenheit zwischen ihr und A.. Darauf könnten wir eine gute Freundschaft aufbauen. Ich stimme zu, A. sei mir gleich sympathisch gewesen, schnelle Auffassungsgabe, kluge Fragen. Vorsichtshalber umarme ich dabei I. gleich entschlossen und fest, um gar keine irritierenden Gedanken aufkommen zu lassen. Wir küssen uns zärtlich und I. ist offenbar zufrieden mit dem Ergebnis des gemeinsamen Abends.
Wir gehen dann ins Bett. Die Nachttischlampe ist noch an, als I. eine CD einlegt (Orgelmusik von Bach) und zu mir unter die Decke kommt. Wir umarmen, küssen, liebkosen uns ganz entspannt und ohne Worte.
Bald nachdem die CD abgelaufen ist, steht I. noch einmal auf, um das Gerät abzuschalten, kommt wieder zu mir, legt sich lächelnd neben mich auf den Bauch, fährt mit ihrer Zunge über ihre Lippen, faltet die Hände über dem Kopf. Ich spiele mit ihren Locken, küsse ihre Schultern, streichele ihre Arme, meine Zunge malt Muster auf ihren Rücken, eine Hand massiert ihre Pobacken, ich sauge an ihren Halswirbeln, was ihr alles spürbar gut gefällt. Ich streichele sanft ihre Oberschenkel, meine Hand gleitet zwischen ihre Beine, die sie nun leicht spreizt. Vorsichtig setze ich die Reize fort, mich dabei langsam ihren Schamlippen nähernd. Ich schmiege mich nun an sie, meine Finger streichen über ihren Bauch, ihren Venusberg, konzentrieren das Reizspiel zunächst auf die Innenseiten ihrer Oberschenkel, was auf sie sehr gut zu wirken scheint. Ihre Schenkel zieht sie dabei wieder enger zusammen, daß meine flache Hand gleichzeitig beide Oberschenkel massiert und gelegentlich der Daumenrücken an ihren Schamlippen und dem Anus vorbeistreift. Die Wirkung auf sie steigert sich so weiter, was ihr sichtlich gut bekommt. Meine Massage unterstützt sie zudem nun mit mit kreisenden, am Laken reibenden Bewegungen des Beckenbereichs. Kurzentschlossen drehe ich vorsichtig meine Hand zwischen ihren Schenkeln herum und streichele ganz sanft und sehr vorsichtig auch die Umgebung der Clitoris, um zu schauen, ob sie das gut akzeptiert oder ob sie das eher irritiert oder sie dort so sensibel ist, daß ihr das nicht gefällt. Aber sanft und vorsichtig scheint auch hier gut für sie zu sein. Ich spüre, wie sich ihre Erregung schnell weiter steigert, sie beginnt, mit offenem Mund zu atmen, ich lecke kleine Schweißperlen von ihrer Schulter. Als die Reize für sie wohl zu stark werden, kneift sie die Beine wieder ganz zusammen, daß ich meine Hand zurückziehe. War das doch zuviel? Nicht vorsichtig genug? Sie dreht sich etwas, meine Hand streichelt wieder beruhigend die Außenseiten ihrer Schenkel, der Luftzug meiner auch schon schneller gehenden Atmung streicht über ihre Haut, meine Lippen auf ihrem Hals, am Rand eines Ohrläppchens, meine Hand streichelt ihre Brüste, sie dreht sich mir nun zu, wir umarmen uns, also wohl doch alles in Ordnung mit ihr, keine Irritationen. Wir küssen uns, meine Hand gleitet wieder hinab zu ihrem Schamberg, ganz sanft meine Bewegungen, ich spüre ihr Herz schnell pochen, eine ihrer Hände folgt der meinen, streicht über meinen Handrücken, während ich die Reize fortsetze, ihre andere Hand streichelt meinen Penis.
Irgendwie befördert sie dann das Kondom aus der Nachttischschublade und hält es in der Hand, ich schließe aber die Hand, in der sie es hält, küsse ihre Brüste, male flüchtig Muster mit der Zunge auf ihren Bauch, umkreise ihren Bauchnabel, mit einem Finger umspiele ich eine ihrer Brustwarzen, wonach ich mit der anderen Hand sanft ihre Beine auseinanderdränge, dem sie nachgibt, mein Kopf in ihrem Schoß, was sie nicht nur akzeptiert, sondern gar ihre Beine weiter spreizt und anzieht, um mir mehr Platz zu machen. Ihre unruhigen Bewegungen zeigen, es gefällt ihr, sie vertraut sich mir ganz an, sie atmet leise stöhnend, meine Zunge zwischen ihren Schamlippen, ihre Hände in meinen Haaren, ich umfasse ihren Po, verstärke mit der Zunge die Reize, ihre Hände drücken meinen Kopf etwas fester an sie, dann spüre ich, daß sie einen Orgasmus hat, ein plötzlicher Ruck, ein Pulsieren geht durch ihren Körper, den sie gleichzeitig etwas hochstemmt, etwas lauter stöhnend stößt sie ihren Atem aus, ihre Hände klammern sich in meinen Haaren fest.
Ich streichele sie weiter, komme zu ihr hoch, unsere Lippen pressen sich aufeinander, wir halten uns, sie dreht mich auf den Rücken, kniet nun, die angezogenen Beine an meinen Körper geschmiegt über mir, sie hebt ihren Körper, streift das Kondom über den Penis, dann führt sie ihn tief in ihre Scheide ein, während sie ihre Lippen auf die meinen preßt und sich unser erregter Atem vermischt. Sanft beginnt sie ihre Bewegungen, variiert sie wieder geschickt, heute jedoch etwas schneller, eine meiner Hände liebkost ihre Brüste, die andere umfaßt ihre Taille, ihr Reizspiel steigert unsere Erregung sehr schnell, sie richtet sich dann auf, hält sich an meinen Schultern fest, schließt die Augen, auch ihr schnelles Atmen, was sich mit ihrem leisen, lustvollen Stöhnen vermischt zeigt nur zu deutlich, daß es ihr heute gelungen ist, alle Hemmnisse zu überwinden. Wild steigert sie das Reizspiel weiter, bis sie ihren Kopf zurückwirft, als sie erneut einen Orgasmus hat. Das intensive Gefühl, ihr Anblick bewirkt, daß es mir gleich darauf ebenso widerfährt.
Sie bewegt sich noch eine kurze Zeit weiter, sinkt dann zu mir nieder, wir küssen uns. Ich entferne das Kondom, streichele ihre Wange, sie strahlt mich glücklich und zufrieden an, löscht das Licht, ihr Lächeln dabei beweist mir jetzt eindeutig, daß nun alles Trennende zwischen uns beiseite geräumt ist, sie kuschelt sich an mich. Ich spüre deutlich unsere beiden Herzen wild pochen, unsere Brustkörbe sich schnell heben und senken, wir setzen unsere Liebkosungen langsam fort, die allmählich in ein neues Reizspiel übergehen...