Alternative Buchvariante (EPUB) mit Graphik
Geschrieben: 2002-03/06
Der Nachbarin ein Stockwerk tiefer von seiner Wohnung aus gesehen, war Markus schon ein paar mal begegnet, ohne allerdings mehr über sie zu erfahren. Auf seine Grüße hin hatte sie aber immer nur gerade eben so genickt, was einen sehr unnahbaren Eindruck vermittelte. So wußte er nicht mehr über sie als ihren Namen Annkathrin S., der auf der Klingel stand. Zwar erschien sie ihm sehr attraktiv, doch schloß er aus ihren bisherigen Begegnungen, daß es zwecklos sei zu versuchen, sie näher kennenzulernen. Es schien immer sehr ruhig um sie zu sein, wie ohnehin im ganzen Mietshaus. Das wußte er auf jeden Fall zu schätzen.
Als er jetzt abends nach Hause kommt, wundert er sich deshalb, daß es gerade an ihrer
Tür rumpelt, als er auf den Weg das Treppenhaus hinauf zu seiner Wohnung ist.
Die Tür zu ihrer Wohnung öffnet sich einen Spalt weit, es rumpelt wieder etwas
dahinter, dann Stille.
Markus hält inne, fragt zögernd in Richtung der Tür "Hallo?"
Keine Antwort.
Irgendetwas kommt ihm seltsam vor, vorsichtig tritt er an die Tür heran, drückt
vorsichtig dagegen. Annkathrin liegt im Flur ihrer Wohnung und sieht ihn wirr mit verquollenen
Augen an. Sein Gruß erscheint Markus selbst deplatziert und er fragt unsicher, ob er
helfen könne. Sie gibt gurgelnde Töne von sich, die er nicht verstehen kann.
Erst jetzt fällt ihm der intensive Alkoholgeruch auf. Er hat eine Abneigung gegen Alkohol
und will schon wieder gehen, als sie doch noch ein verstehbares "Hilfe!"
hervorbringt.
Markus schaut sie an, überlegt, was er tun könnte. Zögernd reicht er
ihr die Hand, um ihr beim Aufstehen zu helfen. Dieses Unterfangen ist schwerer als erwartet,
da Annkathrin offenbar völlig betrunken ist. Auf ihn gestützt torkelt sie zu
einer Couch im Wohnzimmer. Auf dem Tisch stehen zwei Flaschen mit ursprünglich
hochprozentigem Inhalt. Eine ist bereits ganz leer, die andere enthält noch etwa ein Glas
voll. Obgleich sonst alles sehr sorgfältig aufgeräumt und gepflegt wirkt, ekelt
ihn der Anblick der betrunkenen Frau, die komplett die Kontrolle über sich verloren
hat.
Aber es kommt noch schlimmer: Sie phantasiert, zeigt auf verschiedene Stellen des Raumes.
Erst nach einiger Zeit bekommt Markus heraus, daß sie offenbar irgendwelche Gestalten
und Tiere herumlaufen sieht, etwas rauschen hört. Mit etwas Mühe bekommt er aus
ihr heraus, daß sie wirklich beide Flaschen geleert hatte, innerhalb kurzer Zeit.
Sie brabbelt jedoch, sonst würde sie nie Alkohol trinken und hätte jetzt nur gerne
die Tiere aus ihrer Wohnung heraus und ansonsten gern ihre Ruhe. Eine Katze hätte
sie ja schon bis zur Tür getrieben.
Markus macht sich jetzt doch ernsthaft Sorgen, zumal Annkathrin nun still auf dem Sofa in sich
zusammensackt und nur noch leise, undefinierbare Geräusche von sich gibt. Er ist ratlos.
Sie scheint nicht mehr ansprechbar zu sein. So greift er sich schließlich ihr Telephon
und fragt beim Notruf um Rat. Nach genauer Schilderung der Sachlage meint man auch dort,
daß eine genauere Untersuchung angemessen sei, sie wollen einen Arzt vorbeischicken,
bitten ihn, sich umzusehen, ob vielleicht auch noch leere Packungen mit Medikamenten
aufzufinden seien. Markus sieht sich um, kann aber nichts entdecken.
Der Notarzt findet Annkathrin nicht ansprechbar vor und schlägt eine Überweisung in ein Krankenhaus vor. Er vermutet, Markus und Annkathrin würden sich näher kennen. So fragt er, ob dieser mitkommen könne. Markus zögert etwas, stimmt aber zu. Er hatte bei der Suche nach Medikamenten auch Annkathrins Krankenkassenkarte gefunden und auch die Wohnungsschlüssel.
Im Krankenhaus kann Markus nur wenige Angaben machen. Man schlägt ihm vor, am nächsten Nachmittag wieder vorbeizuschauen. Markus stimmt zu, fährt nach Hause.