Geschrieben: 2014-10-20/11-25
Im Alltag ist man daran gewöhnt, anderen Subjekten eine eigene Identität, ein eigenes Ich zuzubilligen, aufgrund von Beobachtungen des Verhaltens, aufgrund von Interaktionen, Aussehen, Verhalten etc. Gleichzeitig geht man davon aus, daß auch andere einem selbst ein Ich zubilligen.
Das klappt aber nicht immer, oft werden andere Menschen auch diskriminiert, man billigt ihnen nicht zu, gleichwertig zu sein, billigt ihnen keine Individualität und Identität zu. Oder aber man betrachtet sie in irgendeiner Weise als irgendwie höherwertig als andere, etwa Präsidenten von Staaten oder anderes führendes Personal von Organisationen, Religionsgemeinschaften.
Derart unterschiedliche Bewertungen haben ihre Ursache in Gruppenbildung. Wer nicht zur eigenen Gruppe gehört, wird nicht als gleichwertig eingestuft. Zur Unterscheidung werden oft recht alberne Merkmale herangezogen, Aussehen, religiöse oder weltanschauliche Vorstellungen, auch soziale Unterschiede. Insbesondere Anführer der eigenen Gruppe werden auch oft als höherwertiger eingestuft als normale Mitglieder der Gruppe, wodurch ein hierarchisches System etabliert wird.
Solch differenzierte Wahrnehmung oder eher Wertung anderer Personen, Ausgrenzung von Personen, die nicht zu eigenen Gruppe gehören, kann heftige Konflikte nach sich ziehen, die gar in Massenmord gipfeln können, entweder wenn verschiedene Gruppen um dieselben Werte konkurrieren oder auch nur um die Meinungshoheit, etwa bei religiös oder weltanschaulich motivierten Konflikten.
Der Mensch als soziales Lebewesen braucht aber andere Menschen, Lebewesen als soziale Kontakte, um ein 'normales Leben' führen zu können. Die eigene Gruppe kann so auch zu Handlungen motivieren, die der Gruppe zugute kommen. Das Teilen von Werten kann nicht nur zu Konflikten mit anderen Gruppen mit anderen Werten führen, sondern auch zu einem besseren Zusammenhalt in der Gruppe, kann das Überleben der Gruppe erleichtern, ein passables Leben gar erst ermöglichen.
Daher ist leicht nachzuvollziehen, wie schockierend es für den Hauptprotagonisten der Erzählung ist, auf keine Menschen oder Tiere im Hauptszenario zu treffen. Erst auf der nächsten Abstraktionsstufe, den Metaszenarien kommt es zur Interaktion mit anderen denkenden Wesen. Im Hauptszenario muß der Hauptprotagonist weder Konkurrenz durch Feinde fürchten, noch kann er auf Unterstützung oder Geborgenheit einer Gruppe hoffen. Der Hauptprotagonist ist vielmehr einer gleichgültigen Umgebung ausgeliefert und muß sich in dieser bewähren. Somit ist der Hauptprotagonist auf sich allein gestellt, kann nicht auf Hilfe hoffen, muß selbst Ziel und Richtung vorgeben. Allerdings stellt der Hauptprotagonist all dies in der Erzählung erst allmählich fest und muß sich mit diesem Sachverhalt der Einsamkeit auseinandersetzen.
Je länger die Anderen fehlen, desto eindringlicher fällt dies auf.
Auf Dauer ist es schwer, aus dem Nichts Motivation zu schöpfen.
Nach der Befriedigung der existentiellen Bedürfnisse stellen sich schnell die Fragen: 'Ist da nicht mehr?'
und 'Wo sind die anderen?'
So kann die Wanderung des Hauptprotagonisten natürlich auch als versuchter Ausbruch aus der eigenen
Einsamkeit gewertet werden, als der Versuch, jemanden zur Interaktion zu finden, um Gesellschaft
zu haben, welche das Leben abwechslungsreicher, erträglicher macht.
Im Nebel, im Nichts beginnt der Hauptprotagonist mit der Suche, doch letztlich scheitert er. Das Ich muß hinaus aus dem eigenen Dunst und die Außenwelt erforschen, mit ihr interagieren. Doch wenn das nicht gelingt, dreht sich die Forschung letztlich immer im Kreis. Das Vergnügen und die Befriedigung der Erkenntnis kommt nicht nur aus dem Ich heraus. All dies benötigt die Außenwelt, die anderen, mit denen man Vergnügen, Erkenntnis und Befriedigung auch teilen kann, wo man Anerkennung dafür finden kann, etwas durchdacht zu haben.
In der Erzählung aber bleibt der Hauptprotagonist allein. Nach ersten Erfolgen wiederholt sich letztlich alles. Die Suche wird zum Scheitern, ohne recht zu wissen, woran. Und doch ist eigentlich klar, das Scheitern hängt primär daran, keine Gesellschaft zu finden, keine Gruppe mit skurrilen Vorstellungen, bizarren Bräuchen, der man sich anschließen könnte, um in der Fremde der feindlichen Außenwelt etwas Geborgenheit zu haben, etwas Frieden und Vertrauen.
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