Geschrieben: 2023-06-03/07
Ich erwachte plötzlich durch ein Geräusch, welches ich nicht näher zuordnen konnte. Ich besann mich, hob meinen Kopf, fand mich in meinem Labor über meinem Laborbuch wieder. Ich mußte hier eingenickt sein, brummte nun unzufrieden. Ich schaute mich um, im Labor war allerdings alles in Ordnung, also keineswegs mitten in der Arbeit eingenickt, schon alles abgeschlossen für den Tag.
Es klopfte an der Tür.
Nun erst konnte ich zuordnen, daß ich soeben durch ein ebensolches Klopfen aus meinem Schlaf aufgeschreckt worden bin.
Ich sprach also mit erhobener Stimme: "Herein!
Ist offen!"
Die Tür öffnete sich und jemand trat herein.
Ich war verblüfft, der Typ sah mir ziemlich ähnlich!
Ein paar Jährchen älter wohl, aber sonst?
Ich riß mich zusammen, fragte: "Hallo.
Was gibt es?"
Der Typ fragte zurück: "Du erkennst mich nicht?"
Ich zog meine Stirn kraus, erwiderte: "Hmmm, tja, Ähnlichkeit ist zwar vorhanden, Verwandtschaft kannst du aber nicht sein, hmmmm, sonst?"
Er lachte, kam näher, nickte: "Naja, Zeitreisen, vielmehr Raumzeitreisen oder noch genauer Komplexraumzeitreisen, Reisen durch das quaternionische, symmetrisierte Universum, du verstehst?"
Ich neigte verständnislos den Kopf, entgegnete: "Nöööö …"
Er grinste: "Du solltest ruhig zugeben, daß du dich damit beschäftigst, immerhin bin ich du in einer älteren Version, folglich weiß ich selbstverständlich darüber Bescheid …"
Ich betonte: "Bloß Überlegungen, nix Konkretes, es gibt ja reichlich fiktionale Literatur darüber, welche allerdings meist die Probleme dabei behandelt, Paradoxien, welche derartige Reisen unmöglich erscheinen lassen.
Allenfalls gibt es mal Überlegungen, daß sie mindestens selbstkonsistent sein müßten, also eben nicht zu Widersprüchen, Paradoxien führen dürfen, wobei unklar ist, durch welche Zwangsbedingung dies gewährleistet sein könnte, welche sonst so ja gar nicht auffällt.
Insofern ging ich mehr oder weniger davon aus, daß es derlei gar nicht gibt, wenngleich ich weiterhin fasziniert vom Gedanken bin.
Folglich siehst du mich verblüfft - du sollst mein älteres Ich sein?
Immerhin, die Ähnlichkeit ist schon verblüffend …"
Er versicherte: "Jaja, all diese lustigen Geschichten, welche auf zu kurz gefaßten Gedankengängen basieren - selbstverständlich funktioniert das so mal gar nicht, anders indes - durchaus!
Also, kurzum, schlicht und einfach: Vertraue mir, ist schon so …"
Ich forderte: "Also gut, gehen wir mal von der Behauptung aus, nicht von der viel plausibleren Hypothese, daß es Zeitreisen gar nicht geben kann aufgrund von Kausalketten, sonstigen Paradoxien und so …"
Er zuckte seine Schultern: "Du weißt genau, wenn solch eine kausale Raumzeitschleife schlüssig, widerspruchsfrei bleibt, ist sie selbst theoretisch nicht ausgeschlossen …"
Ich verzog den Mund:
"Grau, teurer Freund, ist alle Theorie,
Und grün des Lebens goldner Baum.
- Du weißt schon genau, daß solch theoretischen Überlegungen jegliche praktische Grundlage fehlt, niemand hat auch bloß die geringste Idee, wie es gehen könnte, Raumzeit irgendwie krümmen, doch womit, wenn nicht durch Masse, doch woher damit.
Oder wie Felder so intensiv im leeren Raum durch sich selbst verbiegen, daß die Raumzeit heftig Blasen schlägt - neenee, mein Freund und Kupferstecher - soooo einfach gehe ich nicht unter die Leichtgläubigen, auch wenn du mir verdächtig ähnlich siehst!
Sonst bleibt ja doch bloß die profane Reise durch die Raumzeit auf einer Trajektorie, welche sich nie mit sich selbst kreuzen kann, tempus fugit und so …"
Er lachte, kommentierte: "Gut argumentiert, aber bei dem Goethe hat uns ja schon immer verblüfft, warum ein goldener Baum grün sein soll.
Was die Praxis anbelangt: Schau mich an, ich bin hier, darfst mich sogar mal anfassen, alles echt, aus deiner Sicht echt Zukunft!"
Ich atmete erst einmal tief durch, brummte, hakte alsdann jedoch nach: "Genug abgelenkt!
Wie steht es um den anderen Teil meiner Frage, wie funktioniert es?"
Er grinste, erwiderte: "Am besten gleich einen Bauplan oder ein Exemplar davon samt Testreise, damit du als Erfinder von dem Ding gelten kannst, was?"
Ich neigte den Kopf: "Wir sind nicht der Erfinder?"
Er lachte, meinte dazu: "pluralis majestatis jetzt schon?"
Ich erwiderte nun schulterzuckend: "Immerhin sind wir derzeit doch zwei, wenn ich richtig nachzähle, dies jedenfalls noch konventionell im Zeitreiseumfeld so gezählt wird, wenn es um mehrere Varianten seiner selbst geht … aber du lenkst erneut ab …"
Er betonte ernst: "Aus Gründen …"
Ich hakte nach: "Aus welchen?"
Er informierte: "Was du schon meintest - oder auch ich - egal jetzt, die Konsistenz der Kausalität, die Schleife muß passen - wo kämen wir dahin, wenn ich jetzt alles ausplaudere, wäre ja praktisch ein creatio ex nihilo, ein perpetuum mobile vielleicht sogar - ich bringe dir ein paar korrekte Lottozahlen, Aktionkurse mit, du machst ordentlich Geld und finanzierst mein Leben davon, also deines, weißt, was ich meine - könnte man glatt noch weiterführen, zur Gewinnung endloser Energie nutzen, wenn die gekreuzte Raumzeittrajektorie nicht selbstkonsistent wäre …"
Ich brummte unzufrieden: "Naja, kein Tip, keine Idee, wie es gehen könnte, keine Innovation, folglich bist du an sich gar nicht hier, weil ich keine Zeitmaschine haben werde - oder hat sie doch jemand anderes entwickelt und du willst mich foppen?
Du tust nur wie ich nach einer Zeitreise, alles ein Scherz!
Selbst hast du indes keine Ahnung, wie man solch eine Zeitreise anstellen sollte, gebe es ruhig zu!"
Er spitzte den Mund: "Nönö, mal Scherzkeks beiseite, es hängt schon irgendwie an dir …"
Mehr dazu wollte oder mochte er indes nicht ausführen, deshalb entstand eine kurze Pause, in welcher ich mehr erhoffte, er allerdings entschlossen zum Thema schwieg.
Ich resümierte endlich: "Also, willst mir nichts verraten, dennoch bist du hier, warum?
Was geht ab?
Oder planst du doch eines dieser Experimente, um eine fatale Paradoxie zu erzeugen, bloß um zu sehen, wie dies selbstkonsistent vermieden wird?
Was, wenn nicht?"
Er vollzog so eine Geste mit einer Hand, tat dabei kund: "Neeneenee.
Also kein Mordversuch an einer eigenen, früheren Version, keine Bange, alles friedlich hier.
Vielmehr ist jetzt so eine zentrale Stunde unseres Lebens, ein Fixpunkt, Wendepunkt, weißt schon, wegen der Konsistenz mußte ich kommen, war an sich gar nicht meine Idee, also irgendwie unsere schon, aber aus meiner zeitlichen Perspektive eben nicht meine und nicht deine - ach, is' eben kompliziert, kurzum, Selbstkonsistenz, muß hier sein, weil tautologisch eben ist, was ist, wie das bei solchen Fixpunkten so ist, denen man sich nicht entziehen kann …"
In dem Augenblick klopfte es.
Er griff verblüfft nach meinem Arm, schaute auf meine Armbanduhr, kommentierte überrascht: "Jetzt schon?"
Wir schauten uns beide kurz an, alsdann wiederholte ich einfach: "Herein!
Ist offen!"
Herein trat ein noch relativ junger Mann, also jedenfalls einige Jährchen jünger als wir beide, abermals mit erstaunlicher Ähnlichkeit.
Mein älteres Pendant, nennen wir ihn im Folgenden kurz 'Älterer' sprach: "Huch!
Was soll das?
Eine jüngere Ausgabe von uns beiden?
Daran kann ich mich gar nicht erinnern, paßt nicht!
Ähem, der kommt jetzt echt überraschend!"
Ich begrüßte inzwischen schon beinahe routiniert: "Hallo erst einmal, Junior, also in meinem jetzigen Leben, hier, hmmmm, bei uns ist Älterer, gleichfalls ein Überraschungsbesuch für heute, ich wurde nicht unterrichtet, habe gar nicht eingeladen, von daher rein gar nichts vorbereitet zu diesem denkwürdigen Treffen der persönlichen Generationen …"
Junior grüßte mit einer Geste zurück: "Hallo auch.
Ich wußte ja so ungefähr, daß ihr älter sein werdet, gehabt zu haben müßt, wie immer man es ausdrücken mag …"
Älterer sprach: "Erwartet habe ich dich nicht, kann mich nicht erinnern …"
Junior winkte ab: "Neeee, also, du warst noch älter, als du mich besucht hast, mich losgeschickt hast, um genau jetzt sowie hier einzutreffen, samt präziser Anweisung, welches Labor und so - soll irgendsoein komplexraumzeitlicher Fixpunkt oder Konvergenzpunkt sein, an dem sich allerhand dreht, also um komplexe Raumzeitreisen und so, hab's im Grunde nich' verstanden …"
Ich wendete mich an Älterer: "Du sprachest auch kurz von derlei Worten …"
Älterer kommentierte: "Schon, doch tja, du erinnerst dich wohl gleichfalls nicht, als jüngeres Ich schon hier auf diesem Treffen gewesen zu sein?"
Ich schüttelte vehement den Kopf: "Nö, ihr seht mich inzwischen total verblüfft, ganz aus dem Häuschen, raumzeitlich verunsichert und so, doch, tja, ähm, da kann mich wohl nichts mehr umhauen …"
Älterer wendete sich an Junior: "Was hat jene noch ältere Version von uns den gesagt, wie argumentiert, um dich so auf diese Reise zu schicken?
Du hast dem offenkundig alten Knacker einfach so vertraut, bist eingestiegen - beziehungsweise er hat dich reingeschubst und hat die Kiste aktiviert?
Oder wie?"
Junior verzog seinen Mund: "Was denkt ihr denn?
Natürlich war ich neugierig, Raumzeitreisen oder so, bei einem wichtigen Wendepunkt des eigenes Lebens dabei zu sein - sollte ich etwa nicht?
Jedenfalls hatte er so eine vertrauenswürdige Art, kannte verblüffende Details aus meinem Leben, meinen Gedanken, insofern durchaus glaubhaft, dazu die Ähnlichkeit, ein vorgezeigter alter Ausweis - derselbe wie mein aktueller übrigens …"
Älterer zeigte auf mich, stellte klar: "Nach unserer Erinnerung jedenfalls sollte er dich nicht geschickt haben …"
Er zeigte seinen Ausweis, ich bestätigte: "Kenne ich wirklich!"
Junior versicherte: "Er meinte, es spiele keine Rolle, daß ihr noch nichts davon wißt, käme nicht drauf an; raumzeitliche Selbstkonsistenz von Trajektorienschleifen würden überschätzt.
Bloß ein Anzeichen dafür, die Thematik nicht komplett durchdrungen zu haben …"
Älterer brummte bloß, ich schaute ihn an: "Aha.
Soso.
Naja.
Hörthört!"
Älterer schnaufte, stieß hervor: "Sollen wir uns etwa von unserem jüngeren Pendant belehren lassen?
Nach eigener Aussage ist dies ja auch bloß Hörensagen von einer Rentnerversion von uns!"
In dem Moment klopfte es abermals an der Labortür, wir drei schauten uns an.
Älterer meinte zu Junior: "Wenn der alte Knabe dir die Maschine überlassen hat, hmmm, kann er ja jetzt nicht auch hier sein … es sei denn, er hat getrickst …"
Junior zog kurz überlegend seine Stirn kraus: "Sollte man meinen, daß er derzeit nicht anwesend sein kann, wobei er ja die Maschine nach meiner Rückkehr genommen haben könnte, um gleichfalls hier zu erscheinen.
Er sprach jedenfalls, er habe unterdessen noch etwas anderes zu erledigen, mahnte jedoch, die Maschine würde zu irgendeinem bestimmten Zeitpunkt ohnehin wieder automatisch bei ihm sein, also, dadurch würde keinerlei Problem für ihn entstehen, keines ebenso für mich, insofern keine Notwendigkeit, zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder in die Maschine zu steigen, ich würde bloß kurz nach meiner Abreise in meiner Zeit bereits wieder dort ankommen, ganz automatisch."
Älterer und ich kratzten uns jeweils am eigenen Kopf, also schon unserem, aber eben dem, wo die kratzende Hand raumzeitlich gerade direkt dazugehört.
Alle Informationen von Junior warfen im Grunde mehr Fragen auf, als Antworten, ja noch mehr Fragen, als uns je ohne ihn gekommen wären.
Und immerhin waren wir ja bereits vorher doppelt, weshalb einem schon allerhand einfällt.
So zu dritt indessen waren wir erst einmal kurzfristig gedanklich etwas gelähmt, der Fluß der Worte stockte uns etwas.
Abermals klopfte es.
Ich zuckte meine Schultern, sprach nochmals: "Herein!
Ist offen!"
Herein trat indessen eine noch ältere Variante von uns, bemerkte: "Wußte ich, wollte mich bloß ans Zeremoniell halten, höflich sein, ist ja ein wichtiges Treffen für uns - doch bin ich verblüfft, auch einen krassen Junior hier zu sehen!"
Junior bestätigte: "Ja äh, meiner war geschätzt noch etwas älter …"
Senior brummte: "Hmmmmmbrprmmmmm, gebe mir mal die genauen Daten, also wann ich dich getroffen gehabt haben werde oder so, hast du dahingehend keine Daten bekommen?
Wie altersknackrig war ich denn da inzwischen, als ich bei dir einschlug?
Dolles Ding übrigens, stramme Leistung meinerseits in der Zukunft, dich einfach mal zu schicken, Holla die Waldfee, fesch ist der Waldschrat!"
Junior nestelte einen kleinen Gegenstand aus der Tasche, zeigte ihn fragend vor.
Senior schaute es sich an, nickte: "Joaa, sollte zu meiner Zeit dekodierbar sein, also jetzt kann man damit noch nichts weiter anfangen, an sich wohl egal, wem du es gibst, zur richtigen Zeit wird die Information erst offenbar, also mir schon - denen oder dir noch nicht - kurios, extra verschlüßelt, was da wohl im Alter in Kopfe vorging? …"
Er schnappte sich das Teil allerdings noch während er sprach, steckte es einfach ein.
Damit war das Thema erledigt.
Älterer sprach zu Senior: "Also, kannst du bereits mehr dazu sagen, was Junior eben meinte, daß raumzeitliche Inkonsistenzen doch kein Problem seien?"
Senior atmete laut hörbar durch, schnaufte kurz, erläuterte alsdann: "Jedenfalls nicht alle scheinbaren Inkonsistenzen sind wirklich inkonsistent, beziehungsweise dauerhaft inkonsistent, ist eben eine komplexe Raumzeit, zunächst noch offene Schleifen könnten ja noch auf einem Umweg über andere Dimensionen, Subraumzeiten wieder geschlossen werden …"
Ich hakte nach: "Also ein komplexer Raum, mehr sechs als drei Dimensionen …"
Senior lächelte: "Nicht ganz, denn auch die Zeit …"
Älterer unterbrach ihn: "Ähm, sollten wir dies wirklich vor den beiden jungen Ichs ausplaudern?
Scheint mir dann doch heikel zu sein!"
Senior klopfte Älterer auf dessen Schulter: "Deine Bedenken zeigen mir, daß auch du das Problem noch nicht ganz durchdrungen hast, aber das kommt hin, unser Wissensstand entwickelt erst ziemlich langsam, erst deutlich später kommt noch signifikant etwas hinzu …"
Ich versuchte es weiter: "Also acht Raumzeitdimensionen, deshalb komplex …"
Junior fuhr sich mit einer Hand durch seine Haare, pfiff und stieß hervor: "Fasziniiierend!"
Wir lachten, worauf Älterer nebenbei korrigierte: "Wenn schon, dann zwölf Dimensionen, also je drei komplexe Dimensionen für den Raum, drei komplexe für die Zeit, welche fundamental unterschätzt wurde …"
Abermals pfiff Junior, wiederholte: "Fasziniiierend!"
Senior schüttelte den Kopf, warf ein: "Quaternionen …"
Junior riet munter drauf los: "Also vierundzwanzig, jeweils Quaternionen für drei Zeitachsen, drei Raumachsen, auf der einen Seite Symmetrien, durch die Quaternionen aber auch wieder dramatische Schrägen, asymmetrischem Schleifenpotential …"
Senior klopfte ihm lobend seine Schulter: "Blitzmerker - hast dir ja noch ordentlich was aus dem Studium gemerkt, naja, ich mußte erst wieder nachlesen, mit damit vertraut machen.
Schau mal, wie das die beiden verblüfft, wie sie noch gefangen sind in ihren jeweiligen Raumzeitvorstellungen - was die Dimensionen anbelangt: viel hilft viel!"
Er lachte.
Junior spekulierte fröhlich weiter: "Hat das was mit diesen aufgerollten Dimensionen zu tun?
Aber war das nicht eine andere Anzahl?"
Senior schüttelte milde den Kopf: "Nääää, nicht direkt.
Das ist noch mal extra, das waren damals, also zu deiner Zeit diese Ansätze aus der Stringtheorie, Supergravitation, Quantefeldtheorie.
Hat schon was, aber das war es im Grunde noch nicht so ganz, man muß anders denken, zwar liefert irgendeine Stringtheorie gewiß ein schickes Ergebnis, was jeweils gut angefittet werden kann, aber so zum Durchdringen - geht doch anders!
Darin liegt ja ein großes Faszinosum des Universums: Es gibt so einige gute Näherungen, welche hier und da sehr gut passen - ist das Modell umfangreich genug, läßt sich eine Menge fitten, selbst ohne das eigentliche Problem richtig durchdrungen zu haben - und dabei geht es nicht bloß um äquivalente Formulierungen oder Interpretationen, schon durchaus um Substanz."
Wir schauten nun alle interessiert auf Senior, doch dieser winkte ab: "Nicht genug Zeit auf diesem Treffen sowie auf ernsthaftem Niveau - und niemand hat für diesen historischen Moment unseres gemeinsamen, fixen Konvergenzpunktes Häppchen sowie Erfrischungsgetränke bereitgestellt!
Ach, ich erinnere mich, kam ja doch irgendwie alles überraschend - oder auch nicht, je nachdem, in welchem Trajektorienabschnitt durch die multidimensionale Raumzeit man sich gerade bewegt …"
Ich warf ein: "Apropos Häppchen und Erfrischungsgetränke: Es wundert mich, daß ihr nicht eher zur Party von Stephen Hawking gereist seid, der hatte doch etwas vorbereitet für Zeitreisende …"
Senior betonte: "Persönlich haben wir nie eine Einladung zu jener Party bekommen, aber schon klar, 2009-06-28 irgendwo in Cambridge.
Ist aber gar nicht so einfach, selbst als Zeitreisender die genaue Uhrzeit sowie den genauen Ort herauszufinden.
Das war eine seiner trivialen Fehlannahmen bei dem Experiment - vermutlich hat einfach kein einziger Zeitreisender die korrekte Einladung jemals erhalten …"
Wir lachten.
Ich frotzelte: "Ich kenne uns doch, allenfalls eine halbe Stunde im Netz gesucht, nicht gleich ein Digitalisat der originalen Einladung erwischt und sich gleich relevanteren Sachen zugewendet …"
Älterer räumte ein: "So ist es jedenfalls bei meinem Versuch gelaufen …"
Senior kommentierte: "Eben nicht sorgfältig genug gesucht: 2009-06-28T12:00:00 in Cambridge, Trinity Street, Gonville and Caius College, 52°12'21''N, 0°7'4.7''O …"
Junior meinte: "Hawking meinte jedenfalls damals, niemand sei gekommen …"
Senior grinste: "Vielleicht habe ich ihn überredet, dies zu behaupten, aus Gründen …"
Ich schaute ihn ernst an: "Du warst also da?"
Senior zuckte lächelnd seine Schultern: "Jedenfalls konnte ich solch eine Einladung sogar als Original einsehen, Beziehungen, welche ihr noch nicht habt, geschickt gefragt - gut, wenn man als Zeitreisender auf der Festivität den Hawking gefragt hätte, hätte man wohl auch ein Original zu sehen bekommen - habe ich ja vielleicht auch, danach hätte ich dann ja genau gewußt, wann und wo, wobei ich dafür ja bereits dort gewesen wäre, also lustige Umstände, ihr versteht schon.
Vielleicht werde ich mal dagewesen sein, also so hinten herum durch die komplexe Raumzeit, wie ich jetzt hier bin, wer weiß schon, was die Zukunft bringt, wenn es einem kein Raumzeitreisender erzählt - und wer weiß schon, was sich dann noch alles ändern könnte.
Immerhin habe ich das ja nun rausgehauen, weiß also bereits jetzt davon, wann Hawkings Festivität abgeht - somit könnten ja nun sogar mehrere Versionen von uns der Einladung folgen - irgendwann würde es dort allerdings ziemlich voll werden, also nicht übertreiben …"
Schmunzelnd erklärten wir uns alle daraufhin einverstanden, den guten Stephen weder zu dem Datum noch sonst heftig zu bedrängen, der hatte ja auch so dieses oder jenes Päckchen zu tragen - solch eine Ansammlung von Ichs hätte ihm noch eines aufgebürdet.
Älterer fragte nun: "Also doch vorsichtig wegen Inkonsistenzen?"
Senior räumte ein: "Nach meinem Verständnis geht viel, jedoch nicht alles, also schon vielleicht den Hawking mal besuchen, vielleicht auch nach dem Partytermin, jedenfalls sollte er nicht unbedingt öffentlich über das Treffen plaudern, das könnte ihm im öffentlichen Ansehen irgendwie schaden - naja, vielleicht auch nicht, wer weiß es schon, wenn man es nicht ausprobiert hat?"
Er lachte, sann nach.
Nun meinte ich: "Ich habe noch immer nicht verstanden, was jetzt an dieser Zeit so besonders ist, daß es hier dies Treffen der Generationen meiner selbst gibt …"
Senior meinte dazu: "Wirklich bloß das Treffen selbst ist die Besonderheit, man trifft sich ja nicht alle Tage in Mehrzahl, also, sonst ist man ja schon meist ganz bei sich, jedoch nicht in unterschiedlichen Altersstufen …"
Ich hakte hartnäckig nach: "… weil ich alsdann ernsthaft daran arbeiten werde, solch eine Maschine zu konstruieren oder weil einer von euch mir eine funktionierende spendiert?"
Älterer meinte dazu lachend: "Also doch creatio ex nihilo, deus ex machina.
Darauf läuft es bei diesem Treffen irgendwie immer hinaus.
Schade eigentlich, in irgendeiner Iteration könnte doch einem von uns mal etwas Originelleres einfallen.
An sich eine sehr elegante Lösung für das Raumzeitmaschinenproblem, einfach damit zurückreisen sowie einem früheren ich eine solche Maschine überlassen …"
Junior gab auch mal wieder einen Gedanken preis: "Wenn solch eine Maschine in Zukunft ein echter Bringer wäre, würden wir doch viel öfter von Leuten aus der Zukunft besucht werden …"
Senior meinte dazu: "Meinst du, daß deine Zeit, dein Leben bislang so interessant war, daß man sie unbedingt von der Zukunft aus in größerer Zahl auffällig besuchen müßte?"
Junior räumte ein: "So gesehen …"
Wir lachten.
Junior legte noch nach: "Allerdings ist der Gedanke ja an sich naheliegend, einer jüngeren Version seiner selbst eine Maschine zu überlassen, um diese als herausragenden Erfinder dastehen zu lassen - eventuell gar bereits einem Vorfahren, um diesem Vorteile zu verschaffen!"
Älterer spekulierte: "Ui, nimmt man Einfluß auf das Leben seiner eigenen Vorfahren, geht es ja doch schnell darum, daß eine kleine, an sich als unbedeutend eingestufte Änderung dazu führt, daß man selbst gar nicht zur Existenz kommt …"
Ich legte nach: "Die Geschichte ist ja ständig im Umlauf: Deshalb kann man seinen Vorfahren gar nicht besuchen, ihn nicht beeinflussen, weshalb man wieder zur Existenz käme, damit seinen Vorfahren besuchen, beeinflussen könnte, um nicht zur Existenz zu kommen …"
Junior ergänzte: "Und so weiter - so viel ist klar …"
Senior hob mahnend einen Finger: "Ihr versteht einfach die Implikationen einer multidimensionalen Raumzeit nicht, welche derartige Paradoxien vermeidet, jedenfalls notfalls in der langen Schlaufe …"
Ich räumte ein: "Durchaus sinnvoll, daß sie dies tut, doch wie konkret passiert dies, eine seltsame Erhaltungsgröße?
Verbot zählt nicht, denn was nicht möglich ist …"
Junior vollendete: "… muß auch nicht verboten werden …"
Senior stellte fest: "Ihr Jungen habt immer noch dieses einfache Bild einer eindimensionalen Trajektorie durch die einfache Raumzeit verinnerlicht.
In einer multidimensionalen Raumzeit biegt sich wieder allerhand hin …"
Junior sinnierte: "Die Funktionalanalysis zeigt, daß sich vernünftige komplexe Funktionen durch ihre Endlichkeit irgendwie immer selbst beschränken, sollte wohl auch so in einem multidimensionalen Quaternionen-Vektorraum so sein?"
Senior nickte anerkennend, kratzte sich allerdings auch nachdenklich am Kopfe: "Gewiß.
Ich habe es zwar selbst nie nachgerechnet, aber wird gewiß so sein, irgendwie ist die Welt zwar ziemlich seltsam sowie überraschend, jedoch gleichzeitig auf eine irgendwie vernünftige Art und Weise, sie neigt nicht zu Wundern oder solch Kram.
Wenn man solch einen multidimensionalen Unterraum, welcher in der einfachen Anschauung noch einer Trajektorie entspricht, irgendwo eindellt, beult er woanders zum Ausgleich wieder aus."
Er wendete sich an Älteren, sprach wieder: "Wir beide wissen, wie es ist, somit eine weitere Binsenweisheit: Man bekommt nichts geschenkt, von daher sind selbstverständlich auch unsere Möglichkeiten als Raumzeitreisende begrenzt, bloß eben anders als man anhand der Relativistik der vierdimensionalen Raumzeit vermuten würde …"
Junior meinte dazu: "Bereits die Quantenphysik paßt ja so nicht zur Relativistik.
Hmmmm, umgeht diese multidimensionale Raumzeit dann auch irgendwie die Unschärferelation, gibt es doch versteckte Parameter?
Wie steht es nun um das Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon, die Bellsche Ungleichung?
Letztere wurde doch vermessen …"
Älterer brummte: "Es werden stets gewisse Annahmen getroffen.
Im Experiment muß sich ja jeweils das abstrakte Modell konkretisieren, somit ist stets eine bestimmte Kombination von Annahmen zu treffen, weshalb anderweitig eben aufgrund von Bedenken abermals andere Experimente zu leicht anderen Formulierungen gemacht werden.
Die bisherigen Ergebnisse schließen schon einmal sehr einfache Ideen zu solch versteckten Parametern aus, doch gibt es über die Zeit immer wieder Einwände, was eventuell noch zu berücksichtigen wäre.
Sind jedenfalls diese Annahmen gegeben, so bekommt man bei den Messungen auch das Ergebnis, daß es in dem Kontext keine verborgenen Parameter gibt …"
Ich hakte nach: "Naja, praktisch so um die zwanzig Dimensionen mehr hier oder aufgerollte Dimensionen dort - da verbirgt sich schon allerhand …"
Wir lachten, Senior winkte alsdann ab: "Keine Zeit, dies in dieser Runde genauer zu analysieren.
Es gibt Zusammenhänge, aber auch wieder nicht so einfach, also, in dem Maße, wie ich die Angelegenheit verstehe.
Die Heisenbergsche Unschärferelation resultiert ja bereits mathematisch aus komplementären Eigenschaften sowie der Fouriertransformation.
An der Mathematik wollen wir mal nicht rütteln.
Wobei die Schrödingergleichung in voller multidimensionaler Schönheit schon deutlich anders daherkommt, was in unserem vierdimensionalen Unterraum noch unscharf wirkt, kann im multidimensionalen Raum ganz anders gequetscht sein oder werden, alles mathematisch kein einfaches Pflaster, welches wir hier keineswegs einfach mal so nebenbei in einer Nachhilfestunde für jüngere Ichs behandeln könnten …"
Älterer tickte ihn schmunzelnd an: "Mal so unter uns, ist ja sonst keiner dabei: Kannst mir doch nicht erzählen, daß du die Mathematik dazu in den paar Jahren, welche zwischen uns liegen, ernsthaft selbst durchdrungen hättest …"
Senior schaute ihn an, legte ernst seine Hand auf seine Schulter: "Unterschätze mal nicht die Weisheit des Alters - die kommt nicht von allein - ja aber, solch mathematische Zusammenhänge, dafür entwickeln wir doch auch ein Gefühl …"
Er grinste ironisch, Älterer stimmte mit ein.
Junior warf ein: "Was aber, wenn mit unserem Gefühl etwas nicht stimmt …"
Der Klassiker, wir lachten alle.
Damit jedenfalls betrachteten Senior und Älterer dies heikle Thema als abgeschlossen, machten beide eine entsprechende Geste.
Nun, man muß sich ja auch nicht ständig selbst in Verlegenheit bringen.
Ich sann nun nach: "Tja, wenn ihr nun einfach mal so vorbeigekommen seid, ich selbst wiederum gar keinen Ansatz habe, ja, wie sollte ich jemals anfangen oder auch bloß einen Ansatz finden, um solch eine Maschine zu entwickeln?
Ihr älteren unter uns solltet ja wissen, wie ihr zum Raumzeitreisen gekommen seid!"
Älterer kratzte sich kurz am Haupte, antwortete: "Das solltest du alles selbst herausfinden … wirst schon auf Ideen kommen …"
Senior wiederum tickte ihn daraufhin an: "Wir sollten mal auf dem Teppich bleiben.
Wir könnten ihm durchaus helfen.
Wie erläutert, die multidimensionale Raumzeit renkt das schon wieder ein …"
Älterer hatte Bedenken: "Hmmm, naja, aber, ähm, wenn wir unserem jüngeren alter ego einfach alles schenken, gäbe es die Raumzeitmaschine ja bloß durch eine Geschenkschleife …"
Junior warf ein: "Und ich?"
Senior merkte an: "Ähm, dich hat ja offenkundig bereits eine Greisenversion von uns versorgt."
Junior erinnerte uns an seine Geschichte dazu: "Aber er meinte, das Gerät würde notfalls pünktlich allein zurückkommen zu ihm, um eine Schleife zu schließen …"
Älterer kommentierte: "Interessante Information, das …"
Senior spekulierte: "Tja, vielleicht weiß ich in ein paar Jahren wirklich mehr über die Funktion von dem Teil …"
Junior und ich schauten ihn an.
Ich sprach: "Öhm, tatsächlich hat keine Version von uns dieses Teil entwickelt oder?
Wo kommt es dann her?"
Älterer räusperte sich, Senior fühlte sich nun gemüßigt, darauf einzugehen: "Soooo kann man das auch nicht sagen, irgendwer von uns muß es ja gebaut haben, vielleicht nicht in dieser Iteration, doch gewiß in irgendeiner, uns hat ja sonst niemand besucht, welcher das Teil abgegeben hat, oder?"
Er schaute fragend zu Älterer, welcher sich verlegen am Kopf kratzte, endlich mit seinem Wissen dazu herausrückte: "Ähm, also, genaugenommen ist das ja nun im Rahmen dieses Treffens passiert, das war irgendwie der Anfang, wobei unser Junior nicht dabei war.
Durch meine jetzige Ankunft hier hoffte ich mehr zu erfahren, auch über die eigentliche Herkunft der Maschine und so - aber offensichtlich Fehlanzeige!
Junior - aber unser alter Knacker sollte doch mehr wissen …"
Junior beteuerte, als wir ihn alle ansahen: "Ich weiß von nichts, also jedenfalls nichts Relevantes über das hinaus, was ich bereits erzählt habe, meine Maschine ist auch bloß von jenem älteren Ich ausgeliehen, soll automatisch zurückkehren zum fraglichen Zeitpunkt meines Aufbruches, wobei ich zwischenzeitlich, beziehungsweise zeitlich freie Bahn habe, also nach dem Besuch hier geht es einfach per Knopfdruck zurück, Pauschalreise mit allem drum und dran praktisch …"
Ich spekulierte: "Tja, so wäre es ja durchaus möglich, daß die Maschine jeweils ausgeliehen wird, ohne daß sie dem Ausleiher wirklich fehlt.
Kehrt der Leihende noch kurz dem Ausleihtermin zurück, gäbe es doch gar kein Problem.
Selbst wenn er die Maschine nach dem Leihen beliebige Zeit nutzt, lediglich Sekunden nach dem Ausleihtermin zurück beim Leiher eintrifft, wird dieser das Gerät ja unterdessen gar nicht missen und beiden ist gedieht.
So kann der Leiher ja die Maschine unbegrenzte Zeit nutzen, sie würde ja nach Ende der Nutzung pünktlich bereits zum Ausleihtermin zum Leihenden zurückkehren.
So sollte es gehen - allerdings habe ich keine solche Maschine, ist also wohl noch nicht passiert, könnten wir also nun realisieren, müßten bloß genaue Zeiten festlegen.
Gibt es ferner solche einen Modus mit autonomem Fahren für die Rückkehr, müßte der Leiher ja gar nicht selbst mitreisen, was auch vermeiden würde, daß man plötzlich mehrfach herumsteht und sich überlegen muß, wie man wieder in den eigenen Rahmen zurückkommt, bei mehreren Ichs und bloß einer Maschine."
Älterer und Senior brummten.
Junior fragte indes nach: "Was ich mich dabei schon fragte, jedenfalls bei meiner Variante mit der automatischen Pauschalreise: Was wäre bei einem Defekt der Maschine, diese würde ja gar nicht automatisch zurückkehren können, wenn sie defekt wäre?"
Senior schüttelte den Kopf: "Nee, da gibt es einen einfachen Trick, diesbezüglich hatte ich auch schon einmal Anforderungen.
Also, irgendwo in der multidimensionalen Raumzeit gibt es offenkundig Reparaturmaschinen, welche mit unserer Maschine in Kontakt sind.
Sie liefern einfach Ersatzteile für die Selbstreparatur.
Ich mußte da auch schon einmal Nachschub an ein paar Teilen liefern, kein Problem, denn ich hatte da ja unterdessen praktisch nebenbei ein Vermögen gemacht, nicht wahr?"
Er tickte Älterer an, dieser sprach leise: "Äh ja, das Buch der relevanten Daten und Kurse …"
Senior nickte: "Genau, solltest du nun wohl unserem Gastgeber überreichen …"
Älterer kratzte sich am Kopf: "Alle terminierten Aktienanlagetips sind unterdessen noch gar nicht abgelaufen …"
Nun zückte Senior ein Büchlein, reichte es ihm: "Fortsetzung mit Überlapp - nicht, daß du es wirklich bräuchtest …"
Älterer schaute aufmerksam hinein, nickte zufrieden, zückte nun seinerseits ein Büchlein, steckte dieses mir zu, erläuterte: "Es beginnt damit, daß du ein paar Monate lang Lotto spielst.
So fällt es nicht so auf, daß du alsdann einem gewaltigen Jackpot abräumen kannst, dies ist dann die Grundlage für weitere Aktienspekulationen …"
Senior betonte: "Keine großen Sachen, mehr unauffällig, nützlich sowie gesamtgesellschaftlich hilfreich.
Letztlich dämpfen wir bloß ein paar überhitzte Werte, retten ein paar interessante Unternehmen, ohne unseren Gewinn zu optimieren.
Haben wir größere Anteile an gewissen Unternehmen, ist es auch später leichter, die benötigten Ersatzteile relativ vertraulich fertigen zu lassen, also alles mit Bedacht, bloß kein Aufsehen!"
Er lachte.
Nun schaute auch ich neugierig in jenes gereichte Büchlein, darin Notizen, wann was zu tun wäre.
Ich war fasziniert, wobei ich jetzt nicht der Typ bin, welcher sonderlich auf Reichtum abfährt, aber es beruhigt immerhin, derart unabhängig zu sein.
Ich steckte das Büchlein weg.
Junior hakte nach: "Ich bekomme kein solches Büchlein?"
Senior zuckte seine Schultern: "Du warst eine Überraschung für uns alle, von daher nichts vorbereitet, hast du allerdings auch gar nicht nötig."
Junior verzog den Mund, meinte dazu: "Etwas finanzielle Sicherheit wäre ja nicht schlecht gewesen …"
Älterer spekulierte: "Vielleicht bekommst du ja noch Tips von jenem, welcher dir die Maschine geliehen hat, für den war es ja keine Überraschung …"
Ich wendete ein: "Bei meinem naiven Verständnis der Umstände: Also in der Zwischenzeit haben wir nicht Lotto gespielt oder großartig jenseits von normalen Fond-Anlage investiert, keinerlei Büchlein …"
Senior klopfte mir auf meine Schulter: "Ist eben dein Verständnis.
Das würde sich schon wieder ausdellen, wenn Junior ein Büchlein bekäme, danach handelte.
Sowieso, wenn er in dein Alter kommt, der hiesige Gastgeber wird, wüßten wir ja davon, daß ein Junior kommt, von daher wäre dieser keine Überraschung mehr, spätestens in der nächsten Iteration dieses Treffens bekäme er also mehr konkrete Tips!"
Ich seufzte, bekannte: "Ich habe wirklich offenkundig ein naives Verständnis, jetzt auch noch iterative Schleifen …"
Junior seufzte mit: "Was soll ich da erst sagen, du hast immerhin schon einmal solch ein Buch, ferner gibt es sowas wie eine Idee, wie du an eine Raumzeitmaschine kommen kannst - ist ja im Grunde bloß die Frage, wer von den beiden dir nun eine kopiert oder leiht nach der Idee, welche du vorgeschlagen hast."
Älterer brummelte dazu: "Oi, abgemacht war dies ja nun noch keineswegs, also mit dem Ausleihen und so, nach meinem offenkundig ebenfalls noch relativ gut nachbesserungsfähigem Verständnis habe ich schon noch Bedenken, daß sich das alles so verknäult, daß niemand mehr durchblickt …"
Wir drei jüngeren lachten, Senior indes winkte bloß schmunzelnd ab, kommentierte: "Bekommen wir schon irgendwie hin, später klären wir dies …"
Es entstand eine kleine Pause.
Ich hakte alsdann nach: "Andere Variante: Was würde passieren, wenn einer von euch mich beispielsweise mich mit in die Zukunft nimmt, ich mir von dann aus die Maschine borge?
Entsprechend pünktlich noch vor dem Borgen zurückbringe oder zurückschicke?
Dann gäbe es ja zeitgleich zwei Versionen, niemand müßte überhaupt auf die Maschine verzichten."
Senior bekannte: "Ausgefuchste Idee.
Hätte von mir sein können - ach, ist sie ja im Grunde auch!"
Wir lachten abermals.
Älterer merkte allerdings an: "Das Teil ist nicht geräumig, im Grunde für eine Person ausgelegt …"
Senior machte eine abwägende Handbewegung: "… andererseits dauert solch eine Raumzeitreise mit der Maschine bloß ein paar Augenblicke, also den noch immer nicht vorhandenen Bauch einziehen, Luft anhalten, reinquetschten, starten, schon ist man da, tritt heraus - geschafft!
Von daher durchaus machbar.
Unbequem, jedoch machbar."
Ich fragte: "Keine weiteren Implikationen, wenn jemand in die Zukunft reist?"
Senior wies auf Junior: "Siehst du welche?
Ist doch alles im grünen Bereich bei unseren Junior, wobei er allein eine geborgte Maschine verwendet hat.
Der Unterschied wären also allenfalls zwei zu einer Person.
Oder eben zwei unterschiedlich alte Ichs, aber da verankert sich jetzt nichts direkt an einem bestimmten Ich, also wohl egal.
Letztlich ist das doch ganze naive, vierdimensionale Universum auf einer ständigen Reise in die Zukunft - ohne Probleme damit zu produzieren.
Warum sollte dies für eine Person der Fall sein, wenn diese bloß etwas schneller in einer speziellen Maschine unterwegs ist?"
Älterer meinte: "Es sind ja eher die Reisen in die eigene Vergangenheit, welche seit jeher problematisiert wurden - aber seht uns an, ist ja wirklich so, wir treffen uns, haben damit keinerlei Problem für uns ausgelöst, inklusive Schulterklopfen, Bücher mit einschlägigen Informationen aus der Zukunft zustecken."
Abermals gab es eine kurze Pause.
Mir kam ein weiteres Thema in den Sinn, fragte nach: "Wie sind eure Maschinen abgesichert - ich meine, offenkundig stehen diese jetzt da irgendwo jenseits der Tür irgendwo herum - wenn ein neugieriger Mitmensch nun einfach einsteigt und damit entfleucht?"
Älterer stellte dazu klar: "Die Geräte parken gewöhnlich nicht in dieser naiven, allgemein verfügbaren, vierdimensionalen Raumzeit, jedoch dicht dran.
Dies hat auch den Vorteil, daß über eine multidimensionale Raumzeitmembran gesteuert werden kann, was hinein oder hinaus kommt, also auch von der Umgebung, beispielsweise Luft oder so.
Ferner muß die Maschine dann keine vorhandene Materie im Hier verdrängen, um präsent zu sein.
Auch schwuppst nichts knallartig zusammen, wenn die Maschine plötzlich aus dem Hier abreist."
Ich neigte den Kopf: "Wie kommt man dann rein?
Mit einer Art Schlüssel oder so?
Wo kam der erste Schlüssel, der erste Übergang in die Maschine her oder zustande?"
Senior erläuterte: "Zum guten Teil sind wir Zeitreisende selbst der Schlüssel.
Durch die Zeitreise sind wir praktisch minimal in der multidimensionalen Raumzeit quaternionenartig-komplex verschmiert, weshalb wir den Zugang erkennen können."
Junior hakte nach: "Schadet diese Verschmierung irgendwie?
Klingt irgendwie etwas schmierig, unerquicklich!"
Senior schüttelte schmunzelnd den Kopf: "Nööö, siehst ja, wir sind doch alle gesund und munter und wirken kein bißchen bekleckert, beschmutzt oder verschmiert - auch für Außenstehende nicht …"
Ich meinte: "Nunja, Junior hatte diese Verschmierung jedenfalls noch nicht, als er die Reise zu unserem Treffen hier angetreten ist, ich habe sie ja auch nicht …"
Älterer und Senior nickte, Älterer schlug vor: "Junior kann ja einfach berichten, was ihm zum Reisestart widerfahren ist …"
Junior nickte einverstanden, erklärte: "Ja, das ältere Ich, welches mit aufgesucht hat, hat offenbar den Eingang direkt an unsere normale Raumzeit herangebracht, der Eingang waberte etwas unregelmäßig, er hat mir hineingeholfen …"
Älterer nickte: "Eben.
Es ist ja durchaus möglich, den Zugang komplett ins Hier und Jetzt zu legen, daß er allgemein verfügbar ist, dies ist bloß nicht mehr notwendig, wenn bereits solch eine Reise mit der Maschine stattgefunden hat.
Eine näherungsweise Konkretisierung wird auch genutzt, um vor einer Landung gucken zu können, ob man beobachtet wird oder ob der anvisierte Ort der Landung wirklich gut geeignet ist."
Ich wendete ein: "Wenn man etwas sehen kann, verschwindet ja aber Licht im Eingang, Leute in der Umgebung müßten den Eingang also mindestens als dunklere Zone sehen können."
Älterer nickte: "Gewiß, indes reicht bereits ein kleiner Lichtfluß, um genug zu erkennen, dessen Schwund fällt nicht so auf.
Ferner, sofern man sich vor einem eher dunklen Hintergrund positionieren kann oder eben im Dämmerlicht, fällt etwas mehr Dunkel im Zugang ja ohnehin nicht auf.
Erst beim Heraustreten oder Hineingehen wird der Zugang kurz auffällig konkret, insofern ist es sinnvoll, diese Prozeduren möglichst unauffällig zu absolvieren, um Aufsehen sowie Spektakel zu vermeiden."
Ich nickte erst einmal zufrieden, alsdann fiel mir allerdings gleich die nächste Frage ein: "Wie ist es nun mit der Vermeidung von Effekten, welche einem perpetuum mobile ähneln können, also ein steter Zuwachs von Energie, indem man rekursiv immer derart landet, daß es einen Energiezuwachs gibt, welchen man daraufhin ja nutzen kann …"
Senior erläuterte dazu: "Die Erhaltungssätze der multidimensionalen Raumzeit sind etwas anders formuliert, es ist jedoch richtig, daß man nichts geschenkt bekommt, die Energiedifferenz muß jeweils irgendwie aufgebracht werden, wenn es zwischen Zustieg und Ausstieg irgendeine Potentialdifferenz gibt oder sonst ein Erhaltungsatz der vierdimensionalen Raumzeit ernsthaft betroffen ist.
Aber es ist letztlich so, daß wegen der konsistenten Schleifenbildung, dazu einem Äquivalent der Unschärferelation Energie aus einem anderweitigen Subraum geborgt oder durch Quetschung erlangt werden kann, um den Konflikt geschmeidig zu beheben.
Ist aber auch klar, anschaulich gesprochen, was geborgt ist, muß irgendwann auch wieder zurück, insofern also eine konsistente Schleifenbildung.
Wegen der Multidimensionalität ist allerdings das Borgen aus der Verschmierung einer Unschärferelation deutlich umfangreicher, flexibler, als man dies so aus der einfachen, vierdimensionalen Raumzeit gewohnt ist.
Folglich letztlich also kein Superkraftwerk durch geschickten Einsatz von Raumzeitreisemaschinen, kein deus ex machina für Energieprobleme und so."
Erneut entstand eine kurze Pause, um vermittelte oder erlangte Informationen kurz zu verinnerlichen, zu reflektieren.
Junior war damit zuerst durch, reflektierte nun laut: "Tja, so der so, ihr tauscht Büchlein, es gibt eine Option für ein älteres Ich, sich ein Maschinchen zu borgen, ich scheine mehr oder weniger leer auszugehen …"
Älterer meinte schmunzelnd: "Naja, stimmt schon, zu einem Überraschungsbesuch hätten wir Älteren durchaus selbst Schnittchen sowie Erfrischungsgetränke mitbringen können …"
Wir lachten.
Senior meinte indes: "Junior, das Materielle hat uns ja eigentlich nie wirklich besonders interessiert, von daher kämest du doch mit Immateriellen viel besser davon … wobei das mit dem Borgen für unseren Gastgeber auch noch gar nicht ausgemacht, komplett durchdacht ist, müssen wir noch sehen …"
Junior machte eine wohlwollende Geste: "Ja gut, ich bin ganz Ohr …"
Senior kratzte sich kurz überlegend am Kopf, formulierte langsam: "Hmmm, wie sage ich es meinem jugendlichen Ich?
Aaaalso, fange ich vielleicht mal so an: nach langer Zeit traf ich die Jessika mal wieder, auf die fährst du ja derzeit voll ab, traust dich allerdings nicht ran …"
Ich sinnierte: "Tja, die etwas verpeilte, chaotische, verschlossene Jessika, eine verpaßte Chance?"
Senior vollführte so eine unbestimmte Geste, erzählte: "Jedenfalls ist es für sie schlecht gelaufen.
Auch irgendwie aus Frust ist sie auf einen eher unerfreulichen Typen hereingefallen, mit welchem sie reichlich Kummer hatte.
Ferner hat es alsdann Jahre gedauert, den wieder loszuwerden - letztlich alles bloß, weil ihr irgendwie das Selbstvertrauen fehlte, die Zuversicht, sonst hätte sie sich niemals dessen Avancen ergeben …"
Junior fuhr sich durch seine Haare, stieß hervor: "Ohoh, die arme Jessika - ähm, jetzt seid ihr im Kontakt?"
Senior beschwichtigte: "War bloß so eine zufällige Begegnung, ein Gedankenaustausch.
Da war ja nun längst nichts mehr akut, sie hatte nach der schlechten Erfahrung sowieso den Männern abgeschworen …"
Junior hakte nach: "Was aber bringt mir diese Information?
Oder ihr, daß du es nun uns erzählst?"
Seniors Zeigefinger richtete sich nun genau auf Junior, Senior sprach: "Dies ist der springende Punkt, das hüpfende Komma, der tanzende Doppelpunkt, das intermittierende Semikolon, das sich windende Fragezeichen, das aufdringliche Ausrufezeichen - doch genug der banalen Satzzeichen.
Also, ja die Jessika, die fand dich ja durchaus sympathisch, hat im Grunde bedauert, daß ihr nie wirklich ins Plaudern gekommen seid.
Nun, mit diesem Wissen solltest du dich schon überwinden können, sie mal freundlich ansprechen - gut möglich, daß sich mehr daraus entwickelt - jedenfalls allemal eine gute Chance, daß die Jessika etwas erheblich besseres findet, was verhindert, daß sie sich aus einer Schwachheit heraus auf den Idioten einläßt!"
Junior machte große Augen, stieß hervor: "Ohoh!"
Senior betonte: "Sowieso!
Also abgemacht?
Jessika freundlich ansprechen, sei ihr harmloser, liebevoller Held, also nicht aufspielen, einfach laufen lassen, entspannt bleiben, im Gespräch bleiben.
Wenn du es nicht auf die bester-Freund-Schiene einbiegen läßt, wäre da ja durchaus mehr drin.
Ohne schlechte Erfahrung, wie dies noch der Fall für die Jessika in deinem Alter der Fall ist, sollte sie durchaus aufmerksam auf dich reagieren, es fehlt derweil eben bloß ein Startpunkt, um etwas aufzubauen, was für beide erfreulich ist.
Diesem Anfang könnte ein Zauber innewohnen - doch bloß, wenn du es wagst, sonst werden wir es nie erfahren …"
Junior schluckte, wirkte verlegen, sprach leise: "Ja, ähm, guuuuut, wenn du sicher bist, daß die Jessika es freundlich aufnehmen wird, wenn ich sie mal ganz unverfänglich anspreche, wir ins Plaudern kommen …"
Senior lächelte, klopfte ihm aufmunternd auf seine Schulter: "Bekommst du hin, schon der Jessika wegen, an welcher uns ja sehr viel liegt - dadurch bekommst du eine gute Chance auf dem Tablett serviert, Gutes für sie sowie obendrein für dich zu erreichen.
Mir scheint es durchaus wahrscheinlich, daß sich für euch beide mehr daraus ergibt, diesbezüglich habe ich ein ganz gutes Gefühl …"
Wir lachten alle und sinnierten so kurz vor uns hin: "Jaja, die Jessika, wäre schon was (gewesen) …"
Mir fiel allerdings ein: "Ähm, nun ist uns älteren Ichs ja allerdings klar, daß wir die Jessika nie angesprochen haben, insofern …"
Senior tickte mich an: "Numal nicht gleich so defätistisch!"
Zu Junior gewendet betonte er ferner: "Derlei Einwand soll dich gar nicht irritieren, du hast dein eigenes Jetzt mit deinen Entscheidungen; an was wir uns erinnern, ist für dich kein zwanghafter Maßstab!"
Junior nickte nun vehement: "Ja also gut, mache ich!
Mit dieser Hintergrundinformation bekomme ich das doch hin!"
Senior klopfte ihm erneut aufmunternd auf eine Schulter, Älterer und ich guckten doch noch etwas zweifelnd.
Senior wendete sich nun allerdings auch noch an mich: "Apropos - in deinem Jetzt, also im hiesigen ist ja nach Jahren des Schmachtens Jessika Geschichte, gar nicht mehr akut.
Aber, ich weiß es noch genau, aktuell zählt für dich die Juanita.
Und wie es aussieht, sind da ja auch ein paar Tips fällig, sonst wird das ja auch nicht laufen …"
Ich atmete tief durch.
Älterer sinnierte bloß so: "Frauen, vorne mit J, ein Faszinosum … man denke bloß an die Jennifer aus der Schule, unerreichbar, brutal erotisch irgendwie in ihrer heftig erblühenden Jugend!"
Junior meinte: "Ach die Jennifer, auf die standen ja irgendwie alle, dem Gerücht nach kamen auch durchaus welche ran, aber das war so eine nahezu geschlossene Clique.
Sie hat wohl irgendwie eine Karriere als B-, C- oder D-Promi angepeilt …"
Ich neigte den Kopf: "Jepp, reichlich nacktes Fleisch samt Fleischbeschau im Fernsehen.
Hat aber einen mit Geld abgekommen …"
Senior spekulierte: "Um bei der zum Zuge zu kommen, müßten wir noch einen anderen, jüngeren Junior im Studentenalter, jedoch mit vorgezeigtem Vermögen ins Rennen schicken, dann vielleicht …"
Ich betonte: "Abgehakt, jene offenherzige, jedoch nicht sonderlich tiefsinnige, schon durchaus bei gewisser Ansicht tief sinnige Jennifer - mit unserem heutigen Wissen können wir doch mal sagen: Gut, daß wir mit der Clique nie etwas zu tun hatten …"
Wir nickten allesamt nachdenklich.
Junior neigte den Kopf: "Immerhin.
Was aber hat es mit jener Juanita auf sich?"
Ich entgegnete: "Hast du die Jessika-Schwärmerei über die Jahre verdaut, taucht eben plötzlich eine Juanita auf, welche, hmmmmm äußerst faszinierend ist."
Älterer korrigierte: "Was eine Übertreibung ist, jedenfalls so in der Reflexion, was alsdann abgegangen ist, denn an sich ist sie durchaus faszinierend gewesen, doch ja, bloß eben nicht gerade so hätte es nun auch wieder nicht laufen sollen …"
Senior schubste ihn: "Ach, daß das nicht so lief, wie erhofft, ist nun kein Grund, daß er es nicht nun anders versuchen sollte.
Es kommt auch auf den richtigen Zeitpunkt an.
Wenn du es genau betrachtest, haben wir ihn bereits durch unseren heutigen Termin davon abgehalten, sich bis auf die Knochen bei einem zufälligen Zusammentreffen zu blamieren.
Aus der mißratenen Aufführung hätte sich allerhand ergeben, was jedenfalls aus unserer Sicht doch völlig ungünstig aus dem Ruder lief …"
Älterer orakelte: "Ach, das wäre heute gewesen?"
Senior triumphierte spielerisch mit den Fingern: "Keine Chance mehr, erbärmlich zu versagen, solange wir hier plaudern.
Nee, da gilt es nun auch für dich, mal geschickter vorzugehen …"
Ich konterte: "Soso, die Weisheit des Alters oder was spricht aus dir?"
Senior hob den Mahnfinger: "Nanana, willst du nun eine Ermunterung, einen Tip?
Oder doch bloß spöttische Kommentare, aus denen du nichts ableiten kannst?"
Ich erwiderte: "Du hast also auch die Juanita später mal zufällig wieder getroffen sowie angequatscht, daß sie dir verraten hätte, womit ich Erfolg haben könnte?"
Älterer seufzte erst, brummelte so dann: "Kann man soooo nicht sagen …"
Senior wendete sich an diesen: "Wir sollten jedenfalls nicht davon ausgehen, daß die Juanita alternativ geradezu darauf abfliegen würde, wenn der den Don Juan aufführt oder den Casanova mimt …"
Ich verzog den Mund: "Ein konstruktiver Tip wäre vermutlich hilfreicher als Ideen, was so nicht funktioniert …"
Älterer lachte nervös: "Devot, unterwürfig, anbetend ist jedenfalls sagen wir mal suboptimal verlaufen, ähm, also durchaus intensiv - doch wie soll ich sagen, so insgesamt doch eher nicht das, was wir eigentlich wollten …"
Ich zog meine Stirn kraus: "Du sprichst in Rätseln …"
Senior winkte ab: "Details ersparen wir euch auch mal besser von der Affäre mit Juanita.
Also, ich sage jetzt keinesfalls: Finger weg!
Aber.
Ich wiederhole: Aber!
Meiner Meinung nach, wenn du dich ihr annäherst, achte stets auf Augenhöhe.
Biederst du dich an, buttert sie dich unter, im direkten intensiven Erlebnis zwar äußerst kribbelnd, überfordert uns jedoch in der Grenzüberschreitung, denn sie lotet stets aus, wie weit sie gehen kann.
Daher muß klar sein, daß du deine Grenzen setzt, ihre respektierst, also eigentlich ganz normal emanzipiert für beide, an sich ganz einleuchtet, ist eben ein Spielchen mit dem Feuer, durchaus spannend, erhitzend, erregend gut, doch auch stets an der Grenze zum Abgründigen.
Also heißt es, subtil dosieren, es im erfreulichen Rahmen halten, was beiden hilft, denn in der Übertreibung liegt viel Unheil …"
Ich atmete tief durch, kommentierte: "Auch wieder ziemlich nebulös, aber mehr werdet ihr wohl ohnehin nicht rausrücken, oder?"
Älterer spitzte kurz den Mund: "Nööö, eher nicht, Senior ist großzügig mit seinen Tips.
In diesem Falle kann ich sagen, für dich wie für Juanita gedeihlich, wenn du dich daran hältst.
Also schon wie gehabt (also für uns ältere) ran an das Prachtweib, aber eben so wie angedeutet mit Fingerspitzengefühl auf Augenhöhe, sonst sind unerfreuliche Verbrennungen garantiert!"
Senior lachte, womit das Thema wohl als abgeschlossen gelten sollte.
Also eine allerdings etwas diffuse Strategie, um mich Juanita erfolgreich anzunähern - immerhin, nicht viel mit einem eigenartigen Gefühl in der Magengegend, daß die beiden alten Kämpen aus offenbar unerfreulichen Erfahrungen heraus geplaudert hatten.
Klar, die Juanita ist keinesfalls zu unterschätzen, aber auch gleichzeitig sehr faszinierend.
Irgendwie fühlte ich mich nun dennoch ermuntert, endlich etwas zu wagen - immerhin, schien es gemäß der Andeutungen von den beiden ja doch zu Interaktionen gekommen zu sein, wobei beide darauf tippten, daß ein geschickteres Vorgehen erfreulicher verlaufen sollte.
Ich räumte mir gegenüber ein, daß ich für eine Chance bei Juanita schon allerhand aufs Spiel gesetzt hatte, nach deren Einlassungen neigte ich nun indes zu einer etwas anderen Strategie, schon durchaus ran an die Frau, aber ausgeglichen aushandeln, statt wie ein Kaninchen vor der Schlange hypnotisiert erstarren.
Schlagen Kaninchen nicht sowieso immer zügig Haken?
Junior fragte sodann nach: "Ähm, geplant war ja jetzt sowieso nichts weiter, oder?"
Ich antwortete: "Was mich anbelangt, war es sowieso ein kompletter Überraschungsbesuch von allen."
Älterer sprach: "Junior, was dich anbelangt, sowieso für alle eine Überraschung!"
Er wendete sich zu Senior: "Muß dir ja demnächst eingefallen werden worden sein oder so."
Senior winkte ab: "Nun bloß keine Grammatik für Raumzeitreisende unter Berücksichtigung des Treffens der eigenen Person aus jeweils anderen Zeiten.
Jedenfalls hatte ich mir ja vorsichtshalber Juniors Daten notiert - bloß für den Fall, daß es mir noch in den Sinn kommen sollte, ihn mal zu besuchen, anscheinend wird dem ja mal so gewesen werden sein.
Ist aber richtig, wir haben allerhand besprochen - und wir wollen die Gastfreundschaft ja nun auch nicht überstrapazieren - sollte es also keine dringenden Anliegen mehr geben, Junior, ab die Post!
Wie erwähnt, wegen deines für uns alle überraschenden Besuches ist für dich nichts weiter angedacht gewesen, aber schön, dich mal wieder gesehen zu haben!"
Dem schlossen Älterer und ich uns selbstverständlich gerne an, denn mit sich selbst plaudert es sich doch zumeist ganz entspannt, letztlich kennt man sich ja selbst am längsten sowie am oftesten, dabei sind solche Überraschungstreffen allerdings nicht einmal inbegriffen.
Junior meinte also: "Ja gut, er hat das bloß so eingestellt, daß ich einen Knopf drücken muß und schon bin ich den nächsten Augenblick zurück in meinem Hier und Jetzt …"
Senior nickte: "Stimmt, die Einstellung.
Ist ja mal so, im Universum bewegt sich alles rasant, da muß genau abgepaßt werden, daß man den gewünschten Ort auf der Erdoberfläche zur beabsichtigten Zeit auch wirklich präzise trifft, deshalb schon ist solche eine Automatik sehr bequem.
In den Geschichten und Filmen wird immer so getan, als wäre es eine Selbstverständlichkeit - ist ja bereits in der vierdimensionalen Raumzeit nicht so einfach, mit dem Auto etwa täglich in der Stadt dieselbe Parklücke zu treffen."
Wir lachten, Senior merkte ferner an: "Ach ja, das waren noch Zeiten, gar nicht mal so gute mit den Stinkekisten in den Städten, die irre Parkplatzsuche …"
Ich meinte dazu: "Hat uns ja ohnehin kaum betroffen, in der Stadt doch lieber anders unterwegs …"
Wir nickten alle bedächtig.
Ich meinte zu Junior: "Wenn du sowieso los willst, könnte ich mir doch interessehalber mal ansehen, was da so abgeht beim Einstieg."
Älterer beteuerte sogleich: "Nix an sich, aber gut, wenn wir ihn einsteigen sehen, abreisen, wissen wir schon einmal, daß alles in Butter ist mit unserer frühen Vergangenheit - kein Peng! und neues Universum oder so, hoffentlich!"
Wir lachten abermals gemeinsam, machten uns allerdings tatsächlich auf den Weg, hinaus aus dem Labor, wirklich gar nicht so weit.
Juniors Maschine hatte einfach den Gang runter im Bereich einer unscheinbaren Ecke geparkt - also ja nicht wirklich, aber da sollte sie angeblich sein, wie mir meine anderen Ichs versicherten.
Junior hob zum Abschiedsgruße die Hand, tat einen Schritt und wirklich! dort waberte die Raumzeit etwas, er verschwamm ein wenig beim Eintritt, verschwand einfach kurz vor dem Ende der Wand des Flurs, schon ein verblüffender Eindruck.
Kurz darauf sprach Älterer: "Weg isser!"
Ich beteuerte: "Ich jedenfalls sehe keinerlei Unterschied!
Mal abgesehen davon, daß er kurz zuvor noch mit uns gemeinsam über den Flur geschlendert ist."
Beide klopften mir tröstend sowie grinsend jeweils eine Schulter.
Älterer sprach nun, eher in Richtung Senior: "Gut, wie verbleiben wir nun, also was machen wir - ich wollte mich ja eher bedeckt halten …"
Senior lächelte: "Ich in deinem Alter habe ganz ähnlich gedacht - Donnerlüttchen - ich in deinem Alter bist ja du …"
Älterer seufzte: "Alter schützt vor Tollheit nicht …"
Senior insistierte: "Aber wenn du mal nachdenkst, wie du unser Treffen als unser jetziger Gastgeber erlebt hast, wie sind wir da noch gleich verblieben, du hattest gleichfalls dieses Begehren nach solch einem flotten Maschinchen - und können oder sollten wir unserem eigenen, jüngeren Ich das nun wirklich abschlagen, wäre ja so, als würdest du dir selbst einen dringlichen Wunsch abschlagen, welcher dir einst erfüllt wurde, dessen Erfüllung ja überdies überhaupt dazu geführt hat, daß wir uns in dieser illustren Runde mal wieder getroffen haben."
Älterer atmete tief durch: "Soooo gesehen, tja, naja, sich selbst ein Bein stellen?"
Beide lachten, klopften mir jeweils munter auf eine Schulter.
Beiläufig merkte Senior noch an: "Als ich Gastgeber war, kam lediglich ein Senior vorbei, mehr nicht, nun, lange ist es her, es scheint immer anders zu laufen, vermutlich bis die Schleife geschlossen ist!"
Älterer kniff ein Augenlid zusammen, schaute ihn kritisch an, ich fuhr mir mit den Händen durch meine Haare.
Senior schaute zu Älterer: "Du hast dein Teil gleich hier geparkt, oder?"
Älterer erwiderte: "Du kannst dich noch gut erinnern."
Er wies auf eine der Bürotüren.
Ich steuerte bloß "Ui!" bei.
Senior winkte grinsend ab: "Als wenn der jemals um diese Uhrzeit in seinem Büro gewesen wäre …"
Wir lachten.
Älterer meinte dazu: "Selbst wenn, wäre ja kein Problem, ist doch ein ganz anderer Subraum als das Büro."
Senior nickte verständig.
Älterer fragte zurück: "Und du?"
Senior machte eine Geste den Gang runter: "Ich erinnerte mich, daß dahinten praktisch eine tote, kaum genutzte Ecke ist - ähm, da stand zwar jetzt ein Stahlschrank herum, aber stört ja mal nicht, wenn keiner guckt, wenn man scheinbar aus einem geschlossenen Stahlschrank steigt, schon etwas bizarrer als aus einer Bürotür, ohne diese zu öffnen, aber hinreichend für unser Treffen."
Wir lachten.
Älterer insistierte: "Kurzum, wie drehen wir es nun, wenn ich mein Maschinchen hier übergebe?"
Senior zuckte seine Schultern: "Während unser Jungchen hier sich in die Anleitung einarbeitet, tricksen wir eben ein wenig mit meinem Teil?"
Älterer schnupfte kurz überlegend seine Nase, hakte nach: "Besser doch, ich erkläre ihm etwas, danach tricksen wir aber wie jetzt konkret?"
Senior schmunzelte: "So ungefähr der vorgeschlagene Trick: Ich stelle meine Maschine auf Fernbedienung, diese dreht alsdann eine Schleife und kommt ein paar Minuten oder so vor dem Losschicken zurück auf einem Platz daneben und wir haben zwei da stehen, für jeden eine, ganz einfach …"
Älterer breitete einverstanden seine Hände aus: "Also gut, eine kleine Tasche persönliche Sachen, kurze Einweisung, dann setzen wir dies um?"
Senior nickte und ich konnte kaum fassen, daß ich wirklich eine Maschine behalten sollte.
Ich fragte: "Äh, wie jetzt, ich kann das Teil ja weder sehen noch anfassen, noch existiert es für mich hier überhaupt."
Älterer meinte: "Ich drücke dich einfach vor mir rein, wir machen zusammen einen kleinen Hüpfer damit, einerseits in dein Labor, andererseits eine Minute oder so nach vorne, dann bist du mit im Club der Raumzeitreisenden-Ich-Varianten."
Senior nickte, meinte dazu: "Gut, ich schlendere einfach schon mal den Gang runter zum Labor!"
Senior schaute uns erst noch zu, wie Älterer eine Geste zur geschlossenen Bürotür machte, ich zögerte etwas, machte einen Schritt darauf zu, ganz automatisch wollte ich schon nach der Klinke greifen, daß wir wieder alle lachen mußten.
Älterer zückte seine Fernbedienung, dürckte bloß einen Knopf und der Zugang manifestierte sich plötzlich ziemlich eindeutig durch ein merkwürdiges Wabern direkt vor der Tür hindurch, bis der Eingang ganz klar, real für mich erkennbar war.
Älterer legte seine Hand nun ziemlich vertraulich von hinten auf meinen Rücken, schubste mich so scheinbar in die Mischung aus Zugang und Bürotür, doch statt eines Aufpralls auf der realen, harten Fläche waberte ich plötzlich kurz davor, alles löste sich merkwürdig in Unschärfe auf, woraufhin ich mich kurz darauf in einem kleinen, anderen Raum befand, jedenfalls garantiert kein Büro, mäßig technische Umgebung mit Bedienpult, bloß einem Sitz davor, auch sonst nicht viel Platz.
Älterer raunte: "Du bist vorne, du setzt dich, ich kann schon so seitlich im Stehen etwas zeigen, erläutern, die Bedienung für den Hüpfer einstellen."
Dies bekam er wirklich ganz gut hin.
Auf Knopfdruck sollte das Gerät alsdann den Hüpfer absolvieren, wovon lediglich akustisch eine Andeutung zu vernehmen war: mit dem Einschalten ging die Frequenz eines Surrens kurz hoch, danach wieder runter.
Älterer zeigte auf eine Anzeige, aus einem Wabern heraus klärte sich daraus ein leicht verrauschter Blick in mein Labor auf.
Er justierte etwas brummend, meinte dabei: "Parken wir so, daß der Zugang mit der Wand abschließt!"
Er zeigte mir, woran dies zu erkennen war, endlich nickte er, drückte auf den Landeknopf.
Abermals surrte es sanft mit veränderlicher Frequenz, der Blick klärte sich noch mehr.
Älterer verkündete: "Fertig!"
Er trat zurück, also raus aus der Maschine.
Ich schaute noch kurz, erhob mich ebenfalls, folgte ihm.
Senior kam auch gerade herein, begrüßte uns: "Da seid ihr ja wieder!"
Ich schaute mich nach dem Verlassen der Maschine um, in der Tat sah ich einen Umriß des Zugangs.
Älterer drückte mir eine Art Fernbedienung in die Hand, zeigte mir die Bedienung: "So ist der Abstand der Maschine größer als unsere Verschmierung, also sichtlich weg, kannst ja hingreifen, kommst so immer noch an die Maschine ran, gerade so.
Kannst ja einfach die Tür zuziehen, relativ genau an einer leeren Stelle einer Wand platziert, hast du so gar kein Problem damit."
Ich nickte, meinte: "Fernbedienung besser nicht verlegen, oder?"
Senior meinte: "Besser nicht, aber selbst wenn, kommst du ja doch rein und drinnen gibt es eine Hilfe, um das verlegte Teil wieder einzusammeln.
Die Maschine hält stets eine subtile Verbindung aufrecht.
Außer uns Ichs kann ja niemand hinein oder auch bloß die Tür davon benutzen.
Lediglich im Sondierungsmodus schluckt es eben etwas Licht, wie vermittelt parkt man für den Modus das Gerät besser in einer dunklen, unauffälligen Stelle, sonst würden Passanten doch einen rätselhaften, etwas dunkleren, wabernde Bereich sehen, welcher sie beunruhigen könnte, welchen sie jedoch nicht betreten können …"
Ich nickte.
Ich fragte neugierig: "Was wäre passiert, wenn ihr die Maschinen zufällig an derselben Stelle geparkt hättet?"
Senior antwortete: "Praktisch ausgeschlossen bei den vielen Dimensionen.
Aber bei einer unangemessenen Annäherung gibt es ein Signal, ein Ausweichen, sonst wäre ja das Ein- und Aussteigen kompliziert, also in welche Maschine man eigentlich will oder wohin man hinaus will."
Ich hakte nach: "Kann oder sollte man auch in einen anderen Subraum aussteigen?"
Älterer räusperte sich, schaute Senior an.
Dieser kratzte sich am Kopf: "Kannst es ja gleichfalls gelegentlich mal probieren, ist mehr oder weniger bloß eigenartig, kann man schlecht in Worte fassen.
Vorsichtshalber vorher tief einatmen, Luft anhalten."
Nun kratzte ich nachdenklich mein Haupt: "Kann man da ins Nichts, von der Maschine weg fallen?"
Senior erwiderte: "Kann man aus einem geschlossenen Fenster fallen?
Klar, wenn man es hinreichend weit öffnet oder durchspringt - doch wir sind ja mal nicht so blöd, daß wir aussteigen, ohne vorher zu prüfen, was draußen los ist, nicht wahr?
Gut, mal den Kopf durch die Membran stecken versuchen, schon.
Es ist letztlich so, wenn der Raum draußen nicht paßt, beult sich diese Zugangsmembran erst einmal aus, läßt einen jedoch nicht durch, deshalb primär kann einem die Luft knapp werden.
Blöd wäre es natürlich, oben direkt an der Kante eines Hochhauses zu parken und munter auszusteigen, im Profanraum mit Erde drunter kann man durchaus runterfallen."
Ich fragte munter weiter: "Die Gravitation greift nicht durch nach nebenan?"
Senior erläuterte geduldig: "Bloß aufgrund der Verschmierung minimal.
Warum man in der Kabine der Maschine normal steht oder sitzt - frage mich besser nicht, müßtest du schon selber herausfinden.
Jedenfalls sitzt man da auch anständig herum, wenn man die Maschine auf den Kopf dreht - dann wäre bloß das Aussteigen oder wieder Zusteigen ziemlich dämlich!"
Wir lachten.
Älterer und ich traten wieder heran, ich setzte mich erneut auf den Stuhl und mir wurde ausführlicher erläutert, wobei sich auch Senior ab und an noch mit ein paar Tips oder Ergänzungen meldete.
Von zentraler Wichtigkeit war für mich selbstverständlich das Auffinden der Anleitung.
An sich ist das Lesen einer Anleitung ja eher etwas für technikferne Feiglinge, indes, tja, bei einer Raumzeitmaschine war ich ja eben doch kompletter Novize, insofern wollte ich mir dies literarische Kleinod schon noch vor der ersten Alleinreise sehr genau ansehen, übrigens laut Deckblatt von mir höchstpersönlich verfaßt.
Ich machte dazu eine Bemerkung, woraufhin Älterer meinte: "Ich hatte damals bloß eine minimalistische Version, ein paar handschriftliche Zettel, ich habe das bei Gelegenheit mal etwas ordentlicher aufgesetzt, ausgedruckt …"
Ich nickte: "Sehr löblich von uns!"
Wir amüsierten uns darüber, schauten darauf, daß wir mit meiner Einführung weiterkamen.
Als ich so mehr oder weniger zur Meinung gelangt war, damit schon fertig zu werden, waren die beiden zufrieden. Mittlerweile war es nicht mehr spät, schon wieder früh. Nun, ich begleitete beide zum Standort von Seniors Maschine. Diese konnte ich nun als leicht wabernden Umriß wirklich erkennen. Beide verhandelten kurz, woraufhin Senior einstieg, etwas eingab, von dem ich nun bereits ungefähr verstand, um was es ging. Er legte seine Fernbedienung drinnen ab, drückte den Ausführungsknopf und kam wieder heraus.
Wir hatten uns ja ganz auf all dies konzentriert, ich zumindest, deswegen hatte ich gar nicht bemerkt, daß Älterer hinter mir gleichfalls hantierte. Senior machte eine Geste. Tatsächlich war die Maschine plötzlich an zwei Orten. Älterer verabschiedete sich, stieg in die Kopie und verschwand damit.
Ich merkte an: "Äh, aber du hast ja jenes Original derart programmiert, daß sie gleich verschwinden wird!"
Senior winkte ab: "Halb so wild, paß auf!"
Er stieg hinein, erläuterte dabei: "Selbstverständlich stelle ich das Programm wieder ab, bevor sie verschwindet, bin ja nicht blöd.
Die Kopie ist ja bereits unterwegs, von daher muß das Programm doch gar nicht mehr laufen …"
Ich wagte nachzufragen: "Ähm und das Paradox, daß die nie abgeschickte Maschine trotzdem angekommen ist?"
Er lächelte, antwortete: "Du denkst immer noch zu einfach.
Offenkundig ist sie ja angekommen, sonst hätte sich Älterer damit ja nicht aus dem Staube machen können.
Kannst ja später mal nachsehen, die Maschine hat einen Speicher für noch offene Schleifen oder Schlaufen.
Wenn man irgendwann mal Lust und Muße hat, beauftragt man die Maschine, diese in einer Phase der Nichtbenutzung zu schließen.
Also, bis auf die eine große Schleife, welche uns betrifft, hüpft sie dann hin und her und verknüpft elegant die offenen Enden eben zu dieser einen offenen großen Schleife, eben alle, bei denen dies bereits möglich ist.
Ich vermute einfach mal, die noch ältere Version, welche unseren Junior geschickt hat, wird das irgendwann mal machen, ich hatte da, hmmmmm, bislang gewisse Bedenken, irgendwann ohne Maschine dazustehen.
Naja, irgendwann ist einem dies vermutlich auch egal, wobei ich ja durchaus mal in der Zukunft gucken kann, wie weit die Medizin ist, ob es da nicht inzwischen einen Jungbrunnen gibt, um noch ein paar Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte dranzuhängen an gelebter Zeit.
Ich bin mir nicht sicher, ob man in der Maschine altert, jedoch eben doch außerhalb, wo man ja praktisch fast immer ist, denn die persönlche Reiseeigenzeit ist ja sehr kurz, ein Augenzwinkern jeweils …"
Ich spekulierte: "Hmmm, Junior meinte, daß jene Ältesten-Variante vor dem Verleihen meinte, sie hätte in unserer Vergangenheit noch etwas zu erledigen - du bist näher dran, was mag das wohl sein?"
Senior spekulierte kurz mit: "Eine Anlage mit langer Laufzeit wohl kaum, mit den Büchlein fahren wir besser mit kürzeren Anlageformen.
Tja, vielleicht legt er schon einmal bei Jessika ein gutes Wort für unseren Junior ein.
Ferner, naja, ach, gelegentlich fehlen einem in der Zukunft ein paar Sachen, welche einfach nicht mehr produziert werden.
Springt man da mal schnell in der Vergangenheit in einen Laden, ist das an sich schnell erledigt.
Man muß nur aufpassen, hinreichend altes Geld dabei zu haben, sonst kann es peinlich werden - tja, könntest ja mal drauf achten, ein paar ältere Scheine zurücklegen.
Denn du kannst dir vorstellen, erst Preziosen oder Kleinode mitnehmen, alsdann vor Ort in Geld umtauschen, das ist schlicht nervig, allerdings relativ zeitlos."
Ich brummte grübelnd: "Hmmmmmbrmpfhmmmm …"
Senior meinte grinsend: "Durchaus möglich allerdings, daß der alte Fuchs diese Reise in eine erfreuliche medizinische Zukunft bereits absolviert hat, irgendwas mit der Maschinenversion für unsere Junior getrickst hat, wer weiß, vielleicht altert dieser nach seiner Rückkehr gar nicht mehr - ui, was gäbe das für Iterationen!
Wir könnten den Hawking nach solch einer Trickserei gleich als ganze Horde von Raumzeitreisenden besuchen und ihn vollquatschen, mit unseren Überlegungen, warum solche Reisen doch funktionieren, nebenbei sein Büfett plündern - naja, der arme Bursche, derlei könnte ihn hart angehen - ob er Personal dabei hatte, um zu großen Andrang zu regulieren oder Querulanten abzuweisen?
Bei solchen allgemeinen Einladungen kann man ja nie wissen, wer so auftaucht …"
Erneut lachten wir.
Mich ließ es noch immer nicht los, daß die Maschine angekommen war, obgleich sie alsdann gar nicht losgeschickt worden war.
Ich meinte: "Noch immer, bei aller Komplikation mit der multidimensionalen Raumzeit scheint mir etwas faul zu sein, wenn die Maschine ankommt, bevor sie gestartet ist und man dann den Start einfach absagt, eventuell hätten wir doch die harmlosere Variante wählen sollen …"
Senior schmunzelte, nickte jedoch weise: "Ach, vielleicht hat ja Älterer getrickst und er hat bei seiner Kiste eine andere Variante eingestellt, daß er sie von dir geborgt hat, unbemerkt in dein Labor zurückgeschickt, noch bevor du etwas davon bemerkt hast, gut möglich.
Dies wäre ja die andere Variante gewesen, ausborgen, selbst lange in der Eigenzeit benutzen, jedoch in der Rahmenzeit bereits Sekunden später an den alten Ausleihort zurückstellen lassen, als wäre nichts passiert.
Geschickt gemacht, muß niemand auf etwas verzichten.
Was verstehen wir im Grunde schon wirklich von der Welt, da passieren manch wunderliche Ereignisse.
Allein wenn man daran denkt, wer schon alles in ein Amt gewählt wurde, zu dem zuvor gesagt wurde: So blöd kann doch kein Volk sein …"
Ich unterbrach: "Zu lenkst ab mit einer thematischen Abschweifung …"
Er versicherte mir: "Mehr fällt mir dazu nicht ein.
Wenn du genauer drüber nachdenkst, auch andere Varianten sind nicht deutlich harmloser, also für lange eigene Zeit ausborgen, jedoch kurz vor dem Ausborgen zurückgeben, führt zu einem ähnlichen Ergebnis.
Selbst wenn du die Maschine, wie angemerkt, in der Zeit des Leihers bereits wieder per Fernsteuerung Sekunden später zurückgibst, es unterdessen jedoch selbst Jahre verwendet hast, ergeben sich solch kuriose offene Pseudoparadoxien in der einfachen, vierdimensionalen Raumzeit.
Überlege es dir, wenn du ausgeschlafen bist.
In der quaternionischen, symmetrisierten Raumzeit hingegen läßt sich mal hier, mal da was schubsen sowie quetschen, um auf der realen Achse allerhand zu ermöglichen, was unterdessen in den anderen Dimensionen insbesondere der Zeit ziemlich kurvig verquirlt aussehen kann.
Wenn du einen prallen Luftballon plattdrückst, sieht der auch ziemlich knautschig auf zwei Dimensionen reduziert aus.
Auf eine Kurve reduziert, passen die ganzen Huppel gar nicht mehr hinein, alles wirkt Paradox.
Indessen sind die Schlaufen, dort auch verdrehte Ringe oder verdrehte Gegenringe, Möbiusabläufe etc relativ normale Gebilde in solch einer multidimensionalen Raumzeit, insbesondere mit gleichberechtigten Zeitdimensionen.
Man denke nur als weiteres Beispiel daran, daß formal auch Magnetfeldlinien stets geschlossen sind - denkt man jedoch etwa an eine Sonne mit aufgewirbelter, brodelnder Oberfläche, sind selbst dort die Schlaufen durch die Dynamik stark deformiert, scheinen gelegentlich aufzureißen, dabei Sonnenwind in die Umgegend zu spritzen.
Aber von der Mathematik her weiß man natürlich, daß die Schlaufen irgendwann, irgendwo dennoch auf verworrene Weise geschlossen sein müssen, weil es keine magnetischen Monopole gibt.
Also, keine Panik jedenfalls, siehst ja, in meinem Alter bist du noch putzmunter - und wir haben von Junior gehört, daß wir auch noch einige Jahre älter weiterhin sehr gut drauf sind, um uns noch selbst zu überraschen, indem wir einen Junior vorbeischicken, welcher bei dem Treffen gar nicht eingeplant war.
Ferner, nach unserem Einfall von vorhin, vermutlich gucke ich in Zukunft wirklich mal nach einem Mittelchen für den persönlichen Jungbrunnen.
Einziger Nachteil für dich eventuell bei Anwendung bereits bei unserem Junior oder noch früher: Die Juanita nimmt dich noch nicht für voll, wenn du wie ein allzu junger Hüpfer aussiehst, naja, aber mag auch sein, daß sie gerade dies richtig heiß machen würde, um dir komplett zu verfallen!"
Mir schwirrte der Kopf.
Eigentlich war diese Aktion mit vorher zurückgeben ja nun mein Vorschlag gewesen, welcher umgesetzt worden war wenn auch noch kürzer, als von mir beim eigentlichen Vorschlag schlecht durchdacht.
Vielleicht war dies auch nicht so passiert, vielleicht hatte Älterer ja wirklich mit der harmloseren Borgerei-Variante mit Rückgabe kurz nach dem Ausleihen getrickst.
Wobei Senior meinte, auch dies würde zu einer offenen Schleife führen, doch war ich inzwischen zu müde, um dies noch klar genug durchdenken zu können.
Aber Senior sowie Älterer hatten ja nun Jahre Zeit gehabt, um zu durchdenken, wie die Angelegenheit am einfachsten zu bewerkstelligen wäre.
Wobei mir erst jetzt aufging, daß das ja doch einen Haken hätte haben sollen, denn wurde das Programm gar nicht ausgeführt, hätte die Kopie ja gar nicht ankommen sollen.
Ich raufte mir die Haare.
Über den Punkt kam ich trotz der Beruhigungsversuche, der Erklärungsansätze, möglicher alternativer Abläufe einfach nicht hinweg.
Senior hatte sich unterdessen in seine Maschinen-Variante gesetzt, riet mir, mir nicht zu sehr den Kopf zu zerbrechen.
Alsdann fragte er nach: "Büchlein hast du, Maschine, du kommst zurecht?"
Ich nickte mehr oder weniger automatisch.
Er hob zum Abschiedsgruß die Hand, drückte einen Knopf und weg war er.
Ich taumelte beinahe zurück ins Labor, wo allerdings noch immer jene Maschine präsent war, welche nunmehr meine war, also an sich dieselbe wie die anderen.
Ich setzte mich erst einmal wieder an meinen Labortisch, stemmte die Hände vor mein Gesicht, atmete tief durch.
Irgendwie muß mir der Kopf so geschwirrt haben, daß dich ihn erschöpft durch die langen Selbstgespräche auf das Laborbuch gelegt habe. Irgendwann muß ich alsdann eingenickt sein.
Ich erwachte plötzlich durch ein Geräusch, welches ich nicht näher zuordnen konnte. Ich besann mich, hob den Kopf, fand mich in meinem Labor über meinem Laborbuch wieder. Ich mußte hier eingenickt sein, brummte nun unzufrieden.
Die Tür ging auf, ich erblickte eine Putzfrau, diese sprach: "Oh, guten Morgen, wollte gar nicht stören, bloß den Mülleimer leeren …"
Ich antwortete: "Ebenfalls guten Morgen, ist ja alles gut, ich wollte ja nicht hier verweilen, muß über meine Forschung eingenickt sein!"
Sie lächelte, nickte mir freundlich zu, hatte nach Leerung des Mülleimers auch schon wieder die Tür geschlossen.
Das war eigentlich auch eine ganz nette, war ihr gelegentlich schon einmal begegnet.
Ich schaute mich um.
Was war da in der Nacht abgegangen - oder auch nicht?
Ich stand auf, bewegte mich zu jener Stelle, an welcher die Maschine hätte sein sollen.
Dort fand ich allerdings bloß eine massive Wand, ganz normal an der Stelle in meinem Labor.
Keine Spur von einem Zugang zu einer Raumzeitmaschine.
Ich kramte eilig in meiner Tasche nach der Fernbedienung.
Auch diese nicht aufzufinden!
Das Büchlein, welches ich in einer anderen Tasche verstaut hatte: Fehlanzeige!
Ich seufzte, sann nach, setzte mich allerdings wieder, griff nach Stift und Zettel, notierte mir wenigstens jene Zahlen, welche ich mir noch gemerkt hatte, welche ich die nächsten paar Monate tippen sollte.
Vielleicht, ja vielleicht stimmten die wenigstens?
Hatte es sich Älterer doch anders überlegt, mich sowie Senior ausgetrickst?
War er nach meinem Einnicken zurückgekehrt, hatte alles samt Maschine beseitigt, was außer meinen wirren Erinnerungen noch ein Beleg für unser eigenartiges Treffen hätte sein können?
Beleg gegenüber wem eigentlich?
Alles bloß geträumt?
Die tolldreiste Geschichte wimmelte ja vor Blödsinn, Widersprüchen, Paradoxien.
Alles gar nicht stimmig.
So ist Raumzeit einfach nicht.
Naja, so dachte ich mir, vielleicht solltest du dich doch mal hinsetzen, die Angelegenheit mit einer von der Anzahl der Dimensionen her symmetrisierten Raumzeit genauer ansehen, imaginäre oder gar quaternionische Extradimensionen?
Mit oder ohne Schieflage, rechte wie linke Schleifen, verzwirbelte Schlaufen, quaternionische Möbiusstreifen durch einen multidimensionalen Raum, mit und ohne vorübergehende Offenheit?
Aufgelöste, verschobene oder frustrierte Paradoxien?
Ich hüstelte verlegen, hatte keinen Plan, wie ich da auch nur anfangen sollte, etwas aufzuschreiben, geschweige denn experimentell nachzuprüfen.
Sind Träume nun Schäume, weil dies sich reimt?
Oder steckt darin eine tiefe, unbewußt erahnte Wahrheit, eine kreative, relevante Idee von der Welt?
Ich sinnierte.