Alternative Buchvariante (EPUB) mit Graphik
Geschrieben: 2015-07-15/08-03
Man ahnt es bereits am Titel, bei diesem Kunstmärchen handelt es sich um eine Variation eines alten Themas, bei welchem ein Mensch aus irgendwelchen Gründen in einen Frosch (hier eine Kröte) verwandelt wird und dann nur durch eine bestimmte Interaktion mit einem anderen Menschen zurückverwandelt werden kann. Am bekanntesten von den Märchen dieser Themengruppe ist wohl jenes, welches die Brüder Grimm aufgezeichnet, nachbearbeitet haben und welches unter dem Namen: 'Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich' bekannt ist. Es gibt aber zahlreiche weitere.
Oft wird bei den alten Texten ausgespart, warum genau solch ein Mensch in solch eine Amphibie verwandelt wurde. Verschlüsselt ist darin fraglos die Frage, wie man auf andere wirkt durch die eigene Erscheinung oder allgemeiner die eigene Wirkung auf andere oder auch umgedreht, was insbesondere beim Froschkönig die größere Rolle spielt, wenn das pubertierende Mädchen in dem interessierten Mann zunächst nur ein abstoßendes Wesen sieht, im Rahmen der aufkeimenden Sexualität aber trotzdem bereit ist, darauf einzugehen, beim Fröschkönig zudem unter Druck des Vaters.
Dieser Text bietet Varianten dazu an, wie es zu den Verwandlungen in eine Amphibie kommt, welche sich zum guten Teil an die Motive der Märchen anlehnen, aber sicher auch ähnlich im übertragenen Sinne verstanden werden können. Spannend ist es aber natürlich auch, wie eigentlich überzeugt wird, daß es zu einer Interaktion mit einer Amphibie kommt, um die Rückverwandlung zu bewirken, zweifellos aber auch, was die beiden Akteure danach anstellen und wie sich die Dinge entwickeln, auch darauf wird in dieser Geschichte näher eingegangen.
Sofern es nicht um die wenig wirklich traurigen Passagen im Text geht, behandeln die Hauptprotagonisten
ihr Schicksal in dieser Geschichte mit Haltung, Humor und einem intuitiven Gespür für die
Skurrilität des Lebens, in dem sie ihren Platz zu finden hoffen.
Im Sinne von Bertolt Brecht könnte man einiges davon als Verfremdungseffekte deuten, welche bei
klassischen Märchen noch unbekannt waren. Gerade solche beabsichtigten Brüche erlauben es jedoch auch,
einen anderen Blick auf das Genre Märchen zu werfen, auch auf das verwandte Genre Fantasy, welches
oft recht unnötig in beliebiger Magie und Phantastik schwelgt, eher eine Flucht aus der Realität
vortäuscht, während im Märchen der Bruch mit der Realität nach festgelegten Regeln eher dazu genutzt
wird, um Sachverhalte verschlüsselt oder als Metapher aufzugreifen, um sie dem Leser näherzubringen.
Allerdings ist eine lange Zeit seit der Entstehung solcher Märchen vergangen. In aktuellen
Texten wird man zurecht erwarten oder erhoffen, daß inzwischen erreichte Erkenntnisse und
Wertmaßstäbe berücksichtigt werden, unter anderem natürlich auch nicht unreflektiert historische
Geschlechterrollen stereotyp übernommen werden. Auch daraus entsteht eine Spannung, vielleicht
gar ein Verfremdungseffekt in dem Genre, der äußerst interessant ist, um neue Texte zu realisieren.
Die Charaktere sind nicht mehr so stereotyp und linear und nicht mehr so eindeutig in eine
klassische Schublade gesteckt, die Ideale, wie man als Mensch im Allgemeinen oder als Mann oder Frau
im Spezielleren ist und wie man angemessen handelt, sind heute einfach andere - und das zurecht!
Jedenfalls tauschen hier die Rollen etwas, ist es sonst eher ein Prinz in Gestalt eines Frosches,
geht es in dieser Geschichte um eine Prinzessin in Gestalt einer Kröte, die per Kuß zurückzuverwandeln
ist.
Auch aus Sicht des Mannes erscheint die Frau oft als rätselhaftes Wesen aus einer komplett anderen Welt,
im übertragenen Sinne als Kröte, mit der nicht einfach umzugehen ist, die Forderungen stellt,
denen man(n) nicht immer unbedingt nachkommen mag. Sie sind sprunghaft, launisch und ihr Verhalten
ist oft überraschend, ihre Äußerungen sind öfter auch mal rätselhaft wie die Laute einer Kröte,
nicht zu verstehen und recht wunderlich. Auch in diesem Sinne paßt die Umkehrung der Rollen gut.
Auch als Mann steht man oft vor der Herausforderung, erst einmal Kröten zu küssen (zu schlucken?),
bevor sich vielleicht einmal die richtige findet oder man sich mit einer arrangieren kann.
Das Kußmotiv ist in diesem Zusammenhang des Findens eines Partners oder einer Partnerin zwar recht populär, in den klassischen Texten aber nicht zu finden, wird hier aber genutzt, auch weil die klassischen Varianten teils eher verschlüsselte drastischere sexuelle Aktivität nahelegen, die hier aber deutlich vom magischen Akt der Verwandlung getrennt wird, ohne damit abstreiten zu wollen, daß ein ordentlicher Kuß eine ganze Menge bewirken kann, auch oder gerade in sexueller Hinsicht. Im Laufe der Geschichte muß der Retter allerdings noch weitere (männliche) Kröten küssen und so zeigen, daß er neben dem sexuellen Aspekt auch altruistisch leistungsfähig ist, um vor der Prinzessin zu bestehen. Eindeutig heterosexuell angelegt, muß er so seine Scheu überwinden, jenseits seiner Rolle menschlich bestehen.
In klassischen Märchen kommt es öfter vor, daß ziemlich unverschlüsselt über grauenhafte Gewalttaten berichtet wird, so daß derartige Texte eigentlich nicht für Kinder besonders geeignet erscheinen, ursprünglich auch nicht primär für diese gedacht waren, trotzdem scheinen sie zur klassischen Kinderliteratur zu gehören. Auch in diesem Text wird in eher kleineren Textpassagen Gewalt und Mißhandlung beschrieben, daher sollten Eltern gegebenenfalls vor dem Vorlesen eingehend prüfen, ob diese Passagen inhaltlich in ihr Erziehungskonzept passen oder wie man gegebenenfalls auf Rückfragen von Kindern geschickt eingeht. Die Schilderungen sind allerdings weder detailliert noch sehr explizit, von daher schwelgt der Text nicht in Gewaltphantasien, sondern beschränkt sich auf das für die Handlung Notwendige. Die ärgsten Dinge werden zudem recht distanziert und relativ knapp geschildert, weil es inhaltlich wenig sinnvoll erscheint, Leser durch Details zu schockieren, die für den eigentlichen Text nicht gebraucht werden.
Auch sexuelle Motive kommen in Märchen oft vor, zumeist mehr oder weniger verschlüsselt, was meist der Entstehungszeit geschuldet ist. Sexualität gehört unmittelbar zum eigentlichen Grundmotiv, daher wird es hier nicht ausgespart, sondern angemessen behandelt. Die Protagonisten gehen letztlich halbwegs offen damit um, aber auch mit dem Sachverhalt, sich dem Thema in Wort und Tat als junger Mensch erst einmal eher mit etwas Scheu zu nähern. So werden die eigentlichen Aktivitäten hier zumeist auch mit allerdings recht eindeutigen Metaphern oder Allegorien oder Parabeln beschrieben. Alberne Prüderie ist hier dann auch nicht zu finden, die Beschreibungen sind allerdings auch nicht allzu explizit durch die Verwendung genannter Strukturen. So oder so ist auch hier zu prüfen, ob die Lektüre zum Erziehungsmodell für die eigenen Kinder paßt.
Formal sind die hier einmal kurz als erotischer Inhalt zusammengefaßten Bestandteile der Geschichte sicher bei der Kernthematik angemessen, aber es ist ja doch erstaunlich, daß bei vielen Leuten bei sexuellen Themen deutlich mehr Vorbehalte vorzuliegen scheinen als bei der Schilderung brutaler Gewalt, daher auch hier der Hinweis zur Prüfung, der aber auch genutzt werden kann, um die eigene Gewichtung zu überdenken und zu hinterfragen, wie man an ein angemessenes, natürliches, tolerantes und sozial verantwortliches Verhalten gegenüber Mitmenschen heranführt, wenn man die recht unverschlüsselte Darstellung brutaler Gewalt in verschiedensten Medien nicht einmal hinterfragt, die Darstellung von Zuneigung und menschlicher Sexualität aber schon.
Zu einer ganz anderen Zeit, in einer ganz anderen Welt voller Königreiche lebte jene Prinzessin, um die es sich in dieser Geschichte vorrangig dreht. Sie lebte in einem Königreich mit Bergen, Tälern, Wäldern, Steppe und Küste, alles in allem in weiten Teilen ein fruchtbarer Landstrich, bevölkert mit Menschen, die genug hatten, um mit ihrer Arbeit ihr Leben zu bestreiten und auch noch eine Verwaltung und ein Königreich zu finanzieren. Zum Glück, muß man sagen, lebte man mit den Nachbarreichen im Großen und Ganzen in Frieden, jedenfalls führte man keine Kriege, allenfalls hier und da Intrigen und kleinere Streitigkeiten, so daß es effektiv reichte, ein nicht allzu großes Heer zu unterhalten. Intern gab es im Königreich allerdings viele Intrigen um die Macht und den Einfluß, denn die Eltern der Prinzessin, König und Königin waren bereits alt und die Prinzessin war auch noch Einzelkind. Sie war sozusagen ein später Glücksfall, denn man hatte eigentlich die Hoffnung auf Kinder bereits aufgegeben, als sie der Geschichte dann doch noch eine unerwartete Wende gab.
Es gab einen Reichskanzler und viele Minister, Räte und Gremien, die der Königsfamilie halfen, das Land zu regieren und praktische Entscheidungen in kniffligen Fragen zu finden, wobei, so muß man sagen, viele auch ihre Ämter zum eigenen Vorteil zu nutzen pflegten.
Der Name der Prinzessin war Gundula Maria Elizabetha, Prinzessin von Hohental und Tiefenkamm und so weiter, da kam dann bei Bedarf noch mehr an Titeln und Landstrichen hinten dran, wofür man letztlich einen kompetenten Sprecher gebraucht hätte, der alles hätte vorlesen müssen, was natürlich sorgfältig notiert und festgehalten war. Jedenfalls, die Prinzessin hielt recht viel auf ihren Namen mit all den Titeln und ließ sie dann auch gern einmal vollständig vorlesen, wenn sie einmal wieder bei einem offiziellen Fest sich die Ehre gab, die Zeit zu finden, dem Publikum ein wenig ihrer Aufmerksamkeit zu schenken. Das Interessante an solchen Festen aber war zweifellos die Tanzerei, zwar waren die zugehörigen Herren durchgehend nicht ihr Fall, daher wechselte sie oft, zudem diese auch oft bald erschöpft waren. Sie hatte da viel Ausdauer und wußte immerhin zu schätzen, wenn einer mithalten konnte. Zunächst irritiert nahm man wahr, daß sie auch gern mit Frauen tanzte, aber das legte sich, was letztlich auch ganz verständlich war, denn im Durchschnitt tanzten sowieso die Frauen deutlich lieber, öfter und eleganter als die meisten Herren, so daß spezielle Tänze der Damen schnell zu einer sehr geschätzten Zier am Hofe wurden.
Einmal abgesehen von der Tanzerei hatte sie kein Interesse an den jungen Burschen, weder den schlaksigen, den pickligen, noch den dicken mit ganz roten Wangen und Schweiß überall. Auch wenn ihr junge Männer Avancen machten, fand sie das eher befremdlich. Mit einigen älteren konnte man besser reden, die waren ruhiger und wagten es seltener, einer so jungen Prinzessin ernsthaft Avancen zu machen, allenfalls zum Spaß und Amusement, was akzeptabel war. Mochten das Thema der körperlichen Annäherung andere spannend finden, sie fand keinen rechten Gefallen daran. Sobald sie feststellte, daß die Herren nicht nur mit ihr tanzen wollten oder ein gutes Thema diskutieren, schuf sie eindeutig Distanz. Da hatte sie eine deutliche Scheu und ließ niemanden in ihr Innerstes schauen, an welches sie sich selbst nicht so recht heranwagte. Irgendwie dachte sie, sie würde über den Dingen stehen oder schweben und hatte keinen Bedarf, diese körperlichen Dinge in ihre Sphäre treten zu lassen. Wenn andere das spannend fanden - in Ordnung - aber ihre Angelegenheit war das nicht. Das traf übrigens auch auf Frauen zu, denn sie hatte sehr wohl gelesen, daß nicht nur Männer an Frauen und umgedreht Interesse zeigten, nein, offenbar war das nicht allzu streng an das Geschlecht gebunden, was aber so öffentlich eher nicht akzeptiert wurde. Dazu zuckte sie nur die Schultern und tolerierte auch dies als Angelegenheit, der sie nicht zu nahe kommen wollte, die sie anderen aber wohl zugestand, solange sie selbst darin nicht involviert war.
Ansonsten interessierte sie sich auch nicht sonderlich viel für Volk und Publikum, gern saß sie in ihrem Elfenbeinturm und schmökerte in kostbaren Büchern, formulierte Fragen, auf die sie Antworten in anderen Büchern zu finden hoffte oder die sie dann auch Lehrern, Weisen oder Professoren meist schriftlich zu übermitteln pflegte, um Antworten zu finden. Die meisten ihrer Fragen und Themen waren praktisch nicht wirklich wichtig, aber knifflig und ihre Briefe und Nachfragen waren berüchtigt im Reich, umso mehr, als sie inzwischen erwachsen war, schon einiges gelesen hatte und wußte, was so in den Büchern stand. Gern veranlaßte sie auch einmal diesen oder jenen, zu prüfen, was da stand oder auch das, was sie meinte, was da stehen sollte, aber nicht zu finden war. Das gab wirklich einige Male gelehrten Damen oder Herren Anlaß zu prüfen und einen neuen Artikel oder gar ein neues Buch zu beginnen.
Der Turm, in welchem sie gern war, war übrigens wohl nicht wirklich komplett aus Elfenbein, wie sie irgendwann herausfand. Die betreffenden inwendigen Verzierungen stammten aber wohl von Stoßzähnen großer Tiere, die einst in grauer Vorzeit in nördlichen Reichen im Dauerfrost einer kargen Steppe erfroren sein mußten. Kostspielig war das schon, diese kunstfertige Zier aus dem Norden zu bekommen, aber es schmückte sehr schön mit der anderen Zier aus Gold und edlen Steinen und den kostbaren Büchern in dem Turm, welchen die Prinzessin so als ihr Reich beanspruchte, daß niemand ernsthaft zu widersprechen wagte. Neben den herrlichen Büchern und der Zierart gab es im Turm auch zahlreiche Kunstwerke, Bilder und Skulpturen, welche die Prinzessin ebenfalls sehr zu schätzen wußte, und welche sie inspirierten, selbst ein paar kleine Werke zu erschaffen.
Beinahe ebenso lieb wie ihr Turm war ihr ein schöner Ziergarten, der zum Schloß gehörte und den einiges Personal pflegen mußte, um die Königsfamilie zu erfreuen. Und immer, wenn die Prinzessin von einer schönen, exotischen Pflanze erfuhr, ließ sie das Personal nicht länger ruhen, bis man davon beschafft hatte, es angepflanzt hatte und angemessen gepflegt hatte, ob direkt im Garten oder in einem der Tropenhäuser, die dazugehörten, hing natürlich davon ab, um was für eine Pflanze es sich handelte. So liebte sie es auch, wenn sie nicht in ihrem Elfenbeinturm saß, in den Garten zu gehen und die herrlichen Pflanzen zu genießen, sich an Düften zu erfreuen oder von Früchten zu kosten, auf einer Decke im Schatten eines Baumes zu verweilen und den Tag verstreichen zu lassen, während sie las oder einmal wieder ein Schriftstück mit einer brisanten Frage verfaßte.
Öfter aber nahm sie auch des Nachmittags mit einigen anderen jungen Damen den Tee in einem Gartenhäuschen. Ihre Freundinnen mochte sie die jungen Damen, Töchter aus den hohen Kreisen des Hofes eigentlich nicht nennen, mehr ihr Gefolge, dennoch mußte sie zugeben, ein kleiner Plausch mit den Damen über das tägliche Geschehen am Hof hielt sie informiert und war auch recht unterhaltsam. Nun gut, viel mehr durfte sie nicht erwarten und wenn sie einmal begehrte, ein Gedicht vorzutragen und darüber zu reden, so ging die Diskussion darüber meist nur zäh, ähnlich ging es mit komplizierteren philosophischen Themen. Da war nicht viel zu machen. Immerhin aber konnte sie so gut erfahren, wer gerade Interesse an wem hatte und war im Zweifelsfalle schon einmal vorgewarnt, wenn für sie ein neuer Kandidat am Horizont zu erscheinen drohte. So konnte sie hier schon einmal diese oder jene Vertraute mit kleinen Diensten und Recherchen beauftragen, für alle Fälle, um Überraschungen zu vermeiden und schon einmal etwas in der Hand zu haben über den Kandidaten.
Was sie auch sehr mochte, man kann wohl sagen, wie viele junge Damen, so sie die Möglichkeit dazu haben, waren prächtige Pferde des Hofes. Sie ritt gern aus, auch wild und querfeldein, daß die Bediensteten oder gelegentliche Begleiter Mühe hatten, zu folgen. Doch so wild das auch erscheinen mochte, es war schon sehr bedacht, denn keinesfalls hätte sie riskieren wollen, daß eines dieser schönen Pferde durch sie zu Schaden kam.
Bereits als Kind und Jugendliche hatte man die Prinzessin dazu gebracht, sich selbst zu verteidigen. Das fand man gemeinhin wichtig, daß sich Mitglieder der Königsfamilie mit verschiedensten Kampftechniken zu verteidigen wußten. Die Prinzessin überraschte dabei weniger durch besonderes Interesse als durch Ausdauer beim Lernen, Geschick, schnelle Reaktionen und großer Gelenkigkeit. Auch war sie trickreich und flexibel in der Auslegung der Regeln, denn schnell hatte man ihr klargemacht, daß es einen wesentlichen Unterschied zwischen Kampfsportarten mit unterschiedlichen und umfänglichen Regelwerken gibt und einem richtigen Kampf. Hinsichtlich richtiger Kämpfe gab es nur drei einfache Regeln, in abfallender Wichtigkeit:
Dazu gab es noch umfangreichere optionale Regelwerke, welche die Prinzessin ebenfalls verinnerlichte. Dabei ging es primär darum, wie man einen Kampf vermeiden kann und was zu tun war, wenn man angegriffen wurde, während man zu erörtern suchte, warum man nicht angegriffen werden wollte oder sollte. Zudem gab es natürlich Erörterungen zu dem Problem, wie man sich bei einem Streit anderer verhalten sollte, wie deeskalieren und Aggressionen vermeiden.
Kampfsport kann man natürlich ausgiebig üben, auch in diversen Kombinationen, auch in begrenztem Umfang Freistil. Um richtige Kämpfe zu üben, hätte man natürlich richtige Gegner gebraucht. Auch um die Hauptregeln zu üben und die Regelwerke anzuwenden, brauchte man richtige Gegner, das war der Prinzessin natürlich klar. Schade für die Übung, gut für das eigene Leben war dabei, daß es solche praktisch nicht gab. Bei harmlosen Streitereien, die ab und an in Kindheit und der Jugend vorkommen, gelten ein paar mehr Regeln als bei einem richtigen Kampf, aber das eignete sich mit Abstrichen natürlich schon zur Übung. Auch da wagte natürlich kaum jemand, sie anzugreifen. Jene, die es wagten, taten es kein zweites Mal. Bevor sie noch mit Wachen aneinander gerieten, mußten sie feststellen, daß die Prinzessin erstaunlich detaillierte anatomische Kenntnisse hatte, die sie intensiv einsetzte. Damit war sie auch beim Freistil-Training eine gefürchtete Gegnerin, die Kombination mit Gelenkigkeit, Geschick, Intelligenz und dem praktisch intuitivem Erkennen der Schwachpunkte ihrer Gegner machte sie zu einer gefährlichen Gegnerin, weniger durch Kraft, denn sie war eher von zierlicher Statur. Da man aber Kraft trainierte, hatte sie davon spätestens als Jugendliche genug, um die notwendigen Techniken und Ideen auch wirklich konsequent umzusetzen.
Indessen, so besprach sich das Königspaar mit dem Reichskanzler, so konnte es letztlich nicht weitergehen. Interessierte sich die Prinzessin nicht für das Reich, sondern nur für Turm und Garten, wie sollten sich ihre Eltern je auf ihr Altenteil zurückziehen? Auch der Reichskanzler hatte schon graues Haar und als schlauer und loyaler Mann plädierte er entschieden dafür, daß man die Prinzessin mehr für die Belange des Reiches interessieren müsse. Und dann, wovon der Reichskanzler nicht so viel hielt, gab es da noch die Tradition, daß es jedenfalls König und Königin geben sollte, um das Reich zu repräsentieren und zu regieren, nicht nur eine Prinzessin oder dann Königin. Und in der Hinsicht gab es zwar einige, sogar reichlich Interessenten, die dem Amt sehr zugetan gewesen wären, und auch der hübschen Prinzessin, indessen, die erwies sich bei solchen Gelegenheiten und Verehrern eher garstig bis listig und las sie wie ihre Bücher und stellte Fragen, recherchierte oder ließ recherchieren, was es mit den Herren auf sich hatte. So jedenfalls hatte bislang niemand ihre Aufmerksamkeit im engeren Sinne erregt. Und das hätten sich ihre Eltern nun mittlerweile schon anders gewünscht, ein kompetenter, stattlicher Prinz oder auch ein Mann von gutem Ruf und Stand hätte da schon ihre Zustimmung gefunden, um die familiären Dinge voranzubringen. Allein die Prinzessin zeigte sich an diesen Herren nicht interessiert.
So kam man jedenfalls überein, daß die Prinzessin wenigstens im Rat und einigen Gremien mitwirken müsse, der Reichskanzler sollte organisieren, daß sie Einblick in die Regierungsgeschäfte und die Verwaltung bekommen sollte. So spekulierte man, dumm sei sie ja nicht, entweder sie beschäftige sich mit diesen Dingen kompetent oder sehe ein, daß sie dem weitgehend entgehen könne, wenn sie einen Mann finde, der sich weitgehend um diese lästigen Scherereien kümmere.
Und so mußte die Prinzessin an mehreren Tagen der Woche über Stunden an Sitzungen teilnehmen. Und das war ziemlich langweilig für sie, all diese Intrigen und Diplomatie, Berichte, die sie nicht einmal mit voller Aufmerksamkeit verfolgen mußte, um mitzubekommen, daß da viele Leute zum eigenen Vorteil manipulierten und intrigierten. Die Prinzessin hörte zu und ließ dies eine ganze Weile an sich vorbeirauschen. Anfangs gegen die Langeweile hatte sie einen Notizblock mit dabei und zeichnete gerne eine Karikatur von diesem oder jenem bei diesen Sitzungen. Dann notierte sie auch, wie sie es auch sonst gern bei ihren Studien tat, um Unstimmigkeiten auf die Spur zu kommen und neue Fragen zu formulieren. Irgendwann begann sie auch in den Sitzungen zu fragen. Und obwohl sie nicht von sich dachte, Menschen besonders gut zu verstehen oder mit ihnen umgehen zu können, verstand sie doch allerhand von Sprache und von den Berichten, die sie wirklich las und sie verstand es recht gut zu beobachten, wie sich die Leute verhielten. So wurden ihre Fragen schnell peinlich und veranlaßten so manchen, Korrekturen vorzunehmen, zunehmend schon bevor solch eine Sitzung begonnen hatte. Eigentlich wollte die Prinzessin ein recht schnelles Sitzungsende, um sich wieder ihren Interessen zuwenden zu können. Sie ging allerdings nicht davon aus, Zeit zu sparen, wenn die Berichterstatter einfach so mit ihrem Unfug durchkamen. Für sie waren die Dinge erledigt, wenn sie stimmig waren und ein jeder, der unvorbereitet war, Unfug erzählte oder Daten und Berichte manipuliert hatte, der stahl ihr die Zeit. Und bald fürchtete jeder Vortragende auch nur die Andeutung der Prinzessin, daß er ihre Zeit stehlen würde, denn dann konnte man sich nahezu darauf verlassen, daß Detailfragen folgten und eine endlose Sitzung, bis die Dinge stimmig waren oder zur Korrektur zur nächsten Sitzung verwiesen wurden. Und dann hatte man der Prinzessin wirklich nicht nur Zeit gestohlen, sondern auch noch ihre Aufmerksamkeit auf die Berichte gelenkt. Das erforderte noch mehr Zeit und man hatte dann eine Prinzessin und auch einige andere Teilnehmer vom Gremium, die sehr genau zu gucken begannen, warum das alles nicht gleich akkurat abgeliefert wurde. So plagte sich die Prinzessin also mehr und mehr mit langweiligem Zeug, um Fehler und Unstimmigkeiten bei Dingen zu finden, die sie eigentlich gar nicht interessierten, aber es war wie ein Zwang und es machte sie zornig und unzufrieden, besonders mit jenen, die das nicht gleich ordentlich gemacht hatten und sie somit genötigt hatten, das alles selbst nachzuprüfen.
Anfangs hielt es der Reichskanzler eigentlich für eine Plage, die hochnäsige Göre bei den Sitzungen dabei zu haben, wie sie so abgelenkt albernes Zeug in ihren Notizblock malte und offenbar doch geistig gar nicht anwesend war. So war er ganz froh, sie auch in Gremien stecken zu können, wo er nicht anwesend war. Seine Meinung änderte sich schnell, als die Prinzessin begann, den Berichterstattern Fragen zu stellen. Im hohen Rat hielt sie sich länger zurück, aber in den Gremien bekam sie schnell den bereits erläuterten Ruf und der Reichskanzler begriff schnell, wie er sie in solchen Gremien einsetzen konnte, um durchzulüften und aufzuräumen. Nicht selten war dann plötzlich ein sonst eher korrupter Bereich plötzlich besenrein, denn niemand wagte so recht, gegen eine Prinzessin zu intrigieren, die unbestechlich und weitgehend uninteressiert war und doch immer irgendwie die Fragen zu stellen wußte, die niemand beantworten wollte, der auch in die eigene Tasche wirtschaftete.
Der Reichskanzler und jene Minister, denen er vertraute, waren ehrliche Menschen, die für Land und Volk arbeiteten. Das hatte auch die Prinzessin schnell verstanden, weswegen sie den Reichskanzler auch respektierte. Und irgendwie, wenn beide in Sitzungen anwesend waren, verstanden sie sich mit Blicken zu verständigen. Der Reichskanzler sah an ihren Verhalten und ihrer Mimik, wenn ihr etwas aufgefallen war und wenn eine Frage zu einem Bericht drohte. Gerade im Rat war da aber Diplomatie gefragt, nicht bedingungslose Aufklärung von Mißständen. So kam er ihr im Zweifelsfalle bei kritischen Angelegenheiten mit geschickt formulierten Fragen zuvor, um peinlichen Skandalen zuvorzukommen und von da an wechselten sie öfter Blicke. Und mit leichten Kopfbewegungen gab der Reichskanzler der Prinzessin zu verstehen, wann es vorteilhaft war, skurrile Berichte zu hinterfragen und wann Diplomatie vorzuziehen war.
Das bewährte sich so weit ganz gut und mittlerweile hatte der Reichskanzler seine Meinung über die Prinzessin revidiert und verstand es recht gut, sie dort einzusetzen, wo es aufzuräumen galt. Das war jetzt nicht direkt der Auftrag von König und Königin, aber für das Reich nützlich. Es war etwas in Bewegung geraten, insbesondere in den untergeordneten Verwaltungsebenen, wo die Prinzessin mal hier und mal da in Gremien entsendet wurde, um sich ganz offiziell mit der Verwaltung des Reiches vertraut zu machen.
Die mehr diplomatischen, kritischen Unstimmigkeiten machten die Prinzessin aber auch ein wenig unzufrieden und so drängte sie den Reichskanzler irgendwann zum Gespräch über all die Dinge im Rat, die aufgefallen waren, aber dann doch erst einmal übergangen wurden. Der Reichskanzler hatte sich ein wenig vor diesem Gespräch gefürchtet, sah dann aber doch ein, daß er die Karten auf den Tisch legen mußte und erläuterte so der Prinzessin die Machtverhältnisse in den Regionen des Reiches, den Einfluß verschiedener Familien und wie alles mit allem zusammenhing. Deswegen mußte man schließlich auch als Königin, König, Reichskanzler oder Prinzessin vorsichtig agieren und eher subtil vorgehen, um keine Unruhe zu provozieren, sondern eher beiläufig Bemerkungen fallenzulassen, die verschiedene Leute darüber in Kenntnis setzten, daß man Dinge wußte, die problematisch waren und wo es letztlich besser wäre, daß diese nicht irgendwann zu einem Skandal würden, weswegen die betroffenen Mitbürger besser entsprechend handelten, um zum Wohle des Reiches persönliches und allgemeines Unheil und Unruhe abzuwenden. Der Prinzessin war dieser Intrigensumpf, die Diplomatie von Andeutungen zuwider, doch erkannte sie an, daß der Reichskanzler darin geschickt agierte und die Dinge im Sinne des Reiches zwar langsam, aber doch zielstrebig dirigierte wie ein Konzert vieler Musiker, die nur scheinbar völlig chaotisch spielten, vom Reichskanzler aber doch vorsichtig in eine Richtung gelenkt wurden, wo die Interessen nicht völlig auseinanderliefen oder zur offenen Konfrontation führten. Die Prinzessin sah ein, die Belange des Reiches konnten verwickelt sein und Menschen sehr kompliziert, kein Wunder, daß sie das im Grunde nicht interessierte. Wie schön war dagegen ein gutes Buch, ein prachtvolles Kunstwerk oder auch eine gesunde Pflanze, eine gute Frucht im Garten.
So weit konnten Reichskanzler und König und Königin mit der Entwicklung der Prinzessin also ganz zufrieden sein. es blieb allerdings das Problem, einen rechten Mann für sie zu finden, der einerseits einen guten König abgeben konnte, andererseits aber auch der Prinzessin mit ihrer sehr individuellen Persönlichkeit gewachsen war und zudem auf ihr Einverständnis traf. Man lud zu Festen ein und stellte vor, machte Andeutungen, ermunterte zu Konversation. Doch was machte die Prinzessin? Sie recherchierte, fand heraus, stellte den Verehrern und Kandidaten heikle Fragen bis hin zu peinlichen Dingen, die diese nicht diskutiert haben wollten. Oder sie stellte Fragen zu Themen, die der Kandidat nicht verstand oder wo seine Antworten so albern waren, daß sie mehr über ihn offenbarten, als man am Hofe wissen wollte, also gut, die Prinzessin wollte das natürlich schon sehr genau wissen, denn was hätte sie mit einem Mann anfangen sollen, mit dem sie nicht einmal angemessen diskutieren oder streiten konnte? Sie hatte an sich nicht persönlich etwas gegen Dummköpfe, Ignoranten und Intriganten, nur hatte sie eigentlich nicht vor, ihre privates, persönliches Leben mit solche Menschen mehr als unbedingt notwendig zu teilen.
Auch Reitausflüge nutzte sie für ihre Zwecke. Und solche wilden Ausflüge waren eine Möglichkeit mehr, unerwünschte Kandidaten zu erschrecken. Beim Ausflug in größerer Runde fiel da schon einmal einer vom Sattel oder einem anderen ging das Pferd durch, man fand nie genau heraus, wie es dazu kam, aber der jeweilige Kandidat war erst einmal blamiert vor dem amüsierten Publikum und das war der Prinzessin ganz recht, diesen so einfach abservieren zu können.
So galt sie in dieser Hinsicht bald als hochnäsig, schnippisch, besserwisserisch und tückisch, eine zu harte Nuß jedenfalls für jeden Kandidaten, der sich vorwagte, um Interesse bei ihr zu wecken. Und sie war eben nicht sehr diplomatisch, Kandidaten blamierte sie so aufs Peinlichste. Die Prinzessin fand das auch noch recht lustig und so zog gar mancher recht beleidigt ab, was unter dem Strich für die Harmonie im Reich nicht optimal war und jedenfalls auch für etwas Verstimmung mit Nachbarreichen sorgte, wo einige enttäuschte Prinzen schmollten, weil ihnen mit der recht hübschen Prinzessin ein guter Fang entgangen war und man sich nicht einzugestehen vermochte, daß das ja auch wenigstens zum Teil am eigenen Unvermögen lag, mit der jungen Dame angemessen umzugehen und sich nicht gleich öffentlich zu blamieren, wenn man mir ihr zusammentraf. Aber wie man die eigenen Fehler nicht gern bei anderen erträgt, so erträgt man auch jene nur mit Mühe, in deren Anwesenheit man unwillentlich eigenes Unvermögen hat offenbaren müssen. Und so galt die Prinzessin recht schnell als eigensinnige, schwierige Partie, vor der man sich in Acht nehmen mußte.
Der Prinzessin war das erst einmal ganz recht, etwas Distanz geschaffen zu haben. Gut, jemand nach ihren Vorstellungen wäre ihr schon recht gewesen, aber den konnte sie sich ja schlecht selbst zusammenbasteln und was sich bislang angeboten hatte, war aus ihrer Sicht eben bei weitem nicht angemessen. Es kam ihr sehr bedenklich vor, mehr als mit jenen Herren auf einem Ball zu tanzen oder eine lockere Konversation zu führen. Bislang hatte sie nichts gespürt, was sie wirklich anzog und mit einem Mann verband. Das beunruhigte sich aber auch nicht, sie hatte genug zu tun, zumal diese Sitzungen der Räte und Gremien ihre Zeit für die angenehmen Dinge des Lebens im Elfenbeinturm und im Garten noch zusätzlich beschnitten. Wozu also noch einen weiteren Plagegeist, der ihr die Zeit stahl?
Jedenfalls hatte Prinzessin Gundula so weit alles ganz gut im Griff, war gut informiert und engagierte sich sogar zwangsläufig für das Reich und half, die Dinge zu ordnen, die an einigen Stellen etwas aus dem Ruder gelaufen waren. Auch daß der Ritter von Drachenfels als Kandidat auftrat, traf sie nicht gänzlich unvorbereitet. Dem war nun nicht so einfach beizukommen, wie die Recherchen ergeben hatte. Sie kannte ihn flüchtig, weil er als einflußreiche Persönlichkeit manchmal am Kronrat teilnahm und dort primär die Interessen seiner Ländereien vertrat. Auch war dieser natürlich zugegen, wenn es um Angelegenheiten ging, die das gesamte Reich betrafen, insbesondere auch die Angelegenheiten jener, die darin zu erheblichem Besitz und Reichtum gelangt waren und die von hohem Stand waren.
Der Ritter war nun deutlich älter als sie, hatte aber eben Einfluß und seine Frau war längst bei der Geburt ihres einzigen Kindes gestorben. Die Tragik des Falles wurde um so schlimmer, als dieses Kind dann auch noch einige Monate darauf starb. Offenbar hatte er bei der Geburt die Entscheidung treffen müssen, ob Kind oder Frau weiterleben sollten und hatte so mit einer Entscheidung letztlich seine ganze Familie verloren. Nach außen ließ sich der harte Mann wenig anmerken, lebte seitdem aber sehr zurückgezogen, von ihm sah man nicht viel, wenn er nicht gerade zu den besagten Anlässen bei Hofe war. Es hielt sich allerdings das Gerücht, daß er gelegentlich Damen von zweifelhaftem Ruf empfing und entlohnte.
Der Ritter von Drachenfels hatte wohl auch bei König und Königin Verdienste erworben, so daß man ihm nicht einfach diskret von seinem Ansinnen abraten konnte. Zudem machte er Druck, wegen des Alters des Königspaares, daß endlich etwas passieren müßte, damit das Reich wieder mit starker Hand geführt würde und endlich einmal aufgeräumt würde mit all dem, was über die Jahre so eingerissen sei. Das paßte natürlich an sich auch zu dem Gesamteindruck des Reichskanzlers, der sich ja auch schon etwas alt fühlte und gerne einen König gehabt hätte, der nicht alle Amtsgeschäfte, alle Ausarbeitungen ihm überließ. Allerdings hatte der Reichskanzler insgeheim etwas Bedenken bei der Person des Ritters, die beiden mochten sich nicht sonderlich, weswegen er die Prinzessin auch auf den Sachverhalt hinwies, welche aber bereits über andere Kanäle informiert war. Wenngleich das Königspaar wegen des Altersunterschiedes in dem Ritter in dieser Beziehung nicht gerade den idealen Kandidaten für ihre Tochter sahen, waren sie ihm doch aus früheren Zeiten sehr verbunden und trauten ihm zu, das Reich durch ein paar weitere Jahrzehnte zu bringen.
Diese Entwicklung behagte der Prinzessin gar nicht. Sie konnte nicht einmal genau sagen, was an dem Ritter von Drachenfels falsch war, er hatte Bildung, konnte sich unterhalten, sah wohl auch recht passabel aus, konnte auch reiten. Die Gerüchte um die zweifelhaften Damen hatten aus ihrer Sicht zwei Seiten. Sie empfand es nicht als angemessen, daß diese Damen so leben mußten, wobei sie unterstellte, daß sie es höchstwahrscheinlich nicht wollten. Allerdings, wenn der Ritter sich in dieser Weise seinen Bedürfnissen widmete, so meinte sie, in der Hinsicht wenigstens nicht mehr bedrängt zu werden als es ihre Pflicht gegenüber dem Reich gewesen wäre, falls sie zu einer Ehe gezwungen wäre - und alleine diese Pflichtübung erschien ihr schon sehr absurd, geschweige denn weitere private Kontakte zu jenem Ritter.
Es sprach also formal sogar einiges für ihn. Aber er hatte etwas an sich, was ihr unheimlich erschien. Allein schon das intensive Interesse am Posten des Königs machte ihn irgendwie verdächtig, wie konnte es jemanden nur zu diesem Amte drängen, wenn nicht aus Lust an der Macht? Gut, wenn man das Amt aus Pflicht und Tradition zugewiesen bekommen hat, konnte man sich schlecht wehren und mußte Verantwortung übernehmen, doch sich danach ohne Not zu drängen? Aber natürlich mußte auch sie an das Wohl des Reiches denken, so hatte man ihr bereits nahegelegt. Also war sie unsicher, unentschlossen. Der Ritter würde Vieles ändern, nicht nur ihr persönliches Leben.
Jedenfalls glänzte der Ritter von Drachenfels nunmehr durch nahezu permanente Anwesenheit am Hofe und suchte auch immer wieder das Gespräch mit der Prinzessin auf den Festen und Bällen, forderte sie mehr als angemessen oft zum Tanz, um seine Ansprüche gegenüber anderen Kandidaten deutlich zu machen. Aber diesmal war es wirklich nicht leicht, etwas zu finden, um einfach mit dem Kandidaten fertig zu werden. So mußte sie dulden und hoffen, daß doch noch etwas zum Vorschein kam und bis dahin so geschickt wie möglich verzögern und auf unverfängliche Konversation ausweichen.
Bei einem Reitausflug kam es dann jedoch zu einem Zwischenfall, der sie zu einem festen Entschluß brachte. Ihr war klar, daß sich der Ritter hier nicht durch mangelnde Reitkunst blamieren ließ, so versuchte sie auch keinen ernsthaften wilden Ritt. Es begab sich aber gerade, daß ein anderer junger, etwas übermütiger Prinz als weiterer Kandidat angetreten war, offenbar auch ein guter Reiter, der etwas beweisen wollte und sich offenbar mit der Konkurrenz messen wollte. Nicht sonderlich geschickt, aber dann doch erfolgreich forderte er Ritter und Prinzessin zu einem Wettrennen. Man wollte sich nicht recht darauf einlassen, willigte aber schließlich doch ein, schon weil die Prinzessin auch sonst für ihre wilden Reiteskapaden bekannt war.
Und dann ging es auch schon los, alle drei dicht zusammen. Irgendwie hatte der junge Prinz dabei dann aber doch den Ehrgeiz des Ritters angestachelt und die beiden gerieten etwas zu dicht mit den Pferden zusammen, rangelten und hetzten immer mehr, drangsalierten ihre Pferde zunehmend unangemessen, was die Prinzessin ihrem Pferd nicht zumuten wollte, den anderen auch nicht. So rief sie mahnend, die Pferde zu schonen und nicht zu verletzen, blieb schon etwas zurück in der Erwartung, daß die beiden Herren dann doch wohl auch zurückstecken würden, doch die beiden Streithähne waren so in ihren Wettkampf vertieft, daß sie nicht hörten und heftig auf ihre Pferde einschlugen, daß diese wie wild durch die Gegend schnellten.
Die Prinzessin beobachtete dann von etwas weiter hinten, was weiter geschah: Der Prinz, das war klar, hatte an sich das bessere, schnellere Tier, war offenbar vorbereitet. Doch der Ritter hatte den Ehrgeiz und den unbedingten Willen und prügelte wie von Sinnen auf sein Tier ein, um mit dem Gegner auf gleicher Höhe zu bleiben. Er peitschte und trat, daß das Blut des Tieres spritzen mußte. Entsetzt mußte die Prinzessin zusehen, wie die wilde Jagd so weiterging. Beim Sprung über eine Hecke versetzte der Ritter aber dem Pferd seines Gegners einen überraschenden Schlag, daß dieses erschreckt die Kontrolle verlor und stürzte, der zugehörige Prinz purzelte in die Landschaft, das Pferd aber brach sich offenbar mindestens ein Bein. Der Ritter aber peitschte sein Pferd weiter blutig wohl bis zum Ziel der wilden Jagd, ohne sich auch nur umzudrehen. Er war offenbar völlig außer Kontrolle geraten.
Als die Prinzessin beim Prinzen ankam, saß dieser zitternd, aber wohl unverletzt im Gras und weinte. Er kümmerte sich nicht um sein hilfloses Pferd, welches rettungslos verloren lag und verzweifelt wieherte. Die Prinzessin forderte den Prinzen auf, sich um das Pferd zu kümmern, es von seinem Elend zu erlösen. Doch der Prinz zitterte nur, versuchte aufzustehen und zog seine Pistole, schlotterte aber hilflos, als er an das arme Tier herantrat und brachte es nicht fertig. Die Prinzessin forderte noch einmal, doch der Prinz konnte es nicht tun, da riß sie ihm die Waffe aus der Hand und ging selbst zitternd dicht zum winselnden Pferd, dessen Vorderbeine blutig und irre verdreht in Richtungen zeigten, die die Hoffnungslosigkeit der Situation für das Pferd selbst für einen Idioten deutlich gemacht hätten. Es gab keine andere Möglichkeit, besser ein schnelles Ende als weiteres Leid. Sie erschoß weinend das arme Tier und wandte sich ab, nun als es getan war, zitterte sie nicht mehr. Sie war nur noch maßlos wütend. Ihr Blut kochte und zu gerne nur hätte sie dem Ritter zunächst die Arme so verdreht wie die Vorderbeine des Pferdes und ihm dann auch den Gnadenschuß gegeben. Aber bei Menschen machte man das nicht, was sie selbst in dieser Situation zu respektieren in der Lage war. Leute des hohen Standes kamen hier zudem mit so etwas ohne Folgen durch. Das war ihr klar. Und ihr war auch klar, daß sie Königin sein mußte, um das zu ändern. Es war ihr irgendwie doch nicht alles egal, was im Reich geschah, in ihr brannte der Gedanke, die Mißstände im Lande zu beheben und den einfachen Leuten, ja auch den Tieren mehr Würde zu geben, als solche Menschen ihnen zugestehen wollten.
Erst eine ganze Weile später kamen einige der Ausflugsgesellschaft hinzu.
Der Unfall war nun das Ereignis des Tages und der tragische Tod des Tieres vertrieb die gute Stimmung,
daß man sich nicht einmal über den noch immer weinenden und schlotternden Prinzen lustig zum machen wagte,
der allerdings mehr sein Schicksal bedauerte, als das seines armen Pferdes.
Er war beschmutzt, verheult und blamiert, aber äußerlich unverletzt.
Schnell war klar, daß sich die Prinzessin um das arme Tier gekümmert hatte und es war auch klar, daß sich
ihr nur bestimmte Personen aus ihrem Teekränzchen sehr vorsichtig nähern durften, um sie zu beruhigen.
Diese waren dann allerdings überrascht, eine sehr gefaßte, ganz erwachsene Frau vorzufinden, die
entschlossener wirkte als je zuvor.
Und dann war auch der Ritter zurückgekehrt. Sein Pferd war ganz zerschunden und blutig von seiner Quälerei. Erst jetzt erkannte er wohl, was für Folgen sein Regelverstoß für den Prinzen und sein Pferd gehabt hatten. Zunächst freute er sich noch, daß sich der Prinz so blamiert hatte, der immer noch schlotternd heulte. Dann aber sah er, daß die Prinzessin noch immer die Pistole hielt, sie hatte das Pferd erlöst, dessen Blut durch den aufgesetzten Schuß über ihre Kleidung gesprenkelt war. Und der zornig flackernde Blick der Prinzessin war auf ihn gerichtet. Dem Ritter wurde schnell klar, welches Glück er hatte, daß dieser Pistolentyp nur einen Schuß hatte und dann nachgeladen werden mußte und die gesamte restliche Munition ganz offenbar irgendwo beim erbärmlich schlotternden Prinzen zu suchen war. Aber der Blick der Prinzessin fuhr ihm bis ins Mark, ihm, den so schnell nichts erschrecken konnte.
Jedenfalls nickte der Ritter noch einigen wichtigen Leuten aus der Ausflugsgesellschaft zum Abschied zu und quälte dann sein Pferd weiter, um möglichst schnell von der Bildfläche zu verschwinden. Zwar war die Prinzessin nun auch diesen Verehrer erst einmal los, doch das Erlebnis hatte auch sie sehr getroffen. Sie war schockiert und es dauerte ein paar Wochen, bis sie wieder gänzlich in ihren gewöhnlichen Alltag zurückkehren konnte.
Mit dem Reichskanzler besprach sie den Vorfall, weil sie die alten Eltern nicht damit belasten wollte. Und auch dieser war getroffen, räumte jedoch ein, dem Ritter erscheine manches angemessen, um sein Ziel zu erreichen, doch habe er hier wohl einsehen müssen, eindeutig zu weit gegangen zu sein. Unter anderem diese Maßlosigkeit und der mangelnde Respekt vor anderen sei der Grund für seine Zweifel an diesem Herren gewesen, der zweifelsohne höchst nützlich sei, wenn es darum ginge, in einer großen Krise alles auf eine Karte zu setzen und mit aller Entschlossenheit gegen wirklich bösartige Feinde vorzugehen, doch für den Frieden mit seinen üblichen Intrigen, die im Rahmen blieben, sei dieser Mann eindeutig ungeeignet. Und er schärfte ihr ein - so oder so war der Ritter ein einflußreicher, mächtiger Mann, mit dem zu rechnen war. Zwar würde sich dieser nun wohl erst einmal gesellschaftlich bedeckt halten und über die Sache Gras wachsen lassen, die Idee mit der Werbung um sie fallenlassen, doch müsse man immer damit rechnen, daß er versuchen werde, mehr Einfluß zu nehmen und Gelegenheiten zu nutzen.
Bei solchen Vorfällen fühle er sich manchmal schon recht alt und er frage sich dann, ob es nicht für ihn längst
Zeit sei, die Verantwortung anderen, jüngeren Menschen zu übergeben, die in der Lage seien, ihren jugendlichen Elan
zusammen mit ihrer Intelligenz der allgemeinen Sache zu widmen.
Inzwischen habe er gelernt, sie zu respektieren und ihr allerhand zuzutrauen, doch als alleinige Regentin
würde sie es sehr schwer haben, mit all dem Intrigentheater und all den Leuten, die noch nicht mitbekommen hätten,
daß sie inzwischen erwachsen geworden sei.
Die Prinzessin nickte nur stumm, sich allein würde sie all das auch noch nicht zutrauen.
Sie fühlte sich zwar stark, aber nicht so stark, um mit all dem fertig zu werden.
Sie habe kein diplomatisches Geschick und es fehle einfach an Erfahrung mit Menschen wie dem Ritter,
daher sei sie nicht richtig darauf gefaßt, was sie zu erwarten habe, daher könne sie auch schlecht einschätzen,
wie sie richtig und angemessen reagieren solle.
Der Reichskanzler seufzte, nickte und meinte, noch sei ja Zeit, aber es sei wichtig, daß sie nun erkannt habe,
welche Verantwortung letztlich bei ihr liege, die ihr niemand nehmen könne, so lange die Dinge hier eben so
eingerichtet seien, wie sie nun einmal eingerichtet seien.
Aber es seien nicht die schlechtesten Regenten, die ihr Amt als Bürde und Pflicht sähen, die nicht selbst zur
Macht drängten. Wem so sehr an Macht gelegen sei, dem fiele es viel schwerer,
auch in schwierigen Situationen Maß zu halten und für das Land zu denken, statt nur die eigene Perspektive einzunehmen.
Nach dem tragischen Vorfall war wieder einige Zeit ins Land gegangen und Prinzessin Gundula hatte sich erholt und sich mit größerem Eifer als zuvor den Amtsgeschäften zugewandt, zumal der Reichskanzler ihr zunehmend wichtigere Sitzungen zuwies und ihr wichtigere Positionen verschaffte und sie sogar Stimmrecht im Kronrat bekam. Sie hatte Verantwortung, um die sie sich zwar nicht gerissen hatte, der sie sich aber stellen mußte. Ob sie wollte oder nicht - nun war sie mit verantwortlich für das ganze Intrigentheater und mußte ihre Rolle möglichst gut ausfüllen. Was sie gelernt hatte, wollte sie auch nutzen und so begannen auf ihre Initiative auch einige technische Projekte im Land, welche den Menschen helfen sollten. Zudem plante sie mit dem Reichskanzler und einem kleinen, noch weitgehend geheimen Ausschuß an einigen Reformen, die den Bürgern des Landes mehr Rechte geben sollten und auch mehr Möglichkeiten. Auch das sollte ihr Leben verbessern und auch dafür sorgen, daß Gleichheit vor dem Gesetz herrschen sollte, egal um wen es geht. Man hielt das noch alles unter Verschluß, arbeitete aber aus, was funktionieren könnte und wie man den Übergang dorthin bewerkstelligen sollte.
Auch der nächste Kandidat ließ leider(!) nicht lang auf sich warten. Dieser hieß Bruno und war der Sohn einer einflußreichen Dame von hohem Stand namens Regina. Und wäre das nicht gewesen und wäre man nicht darauf angewiesen, daß diese Dame im Rat auf der richtigen Seite abstimmte, wäre der Bursche für die Prinzessin auch kein Problem gewesen, aber so war sie gezwungen, diplomatisch zu sein, wobei, wenn sie das Wort in diesem Zusammenhang aussprach, es sich irgendwie wie Kaugummi endlos in die Länge zog. Der Bursche tat irgendwie nur, was Mutter wollte. Die wollte offenbar allerhand und diesmal hatte sie den Bruno ausgerechnet auf die Prinzessin angesetzt. Sie kannte Bruno schon aus Kindertagen, er war ungefähr in ihrem Alter. Schon damals war er ein wenig albern und irgendwie niemand, mit dem sich Mädchen beschäftigen mochten. Der etwas einfache Kerl war eigentlich zu bedauern, zu kaum etwas hatte er eine eigene Meinung, zwar war er gebildet, aber nicht im geringsten an dem interessiert, was er gelernt hatte. Er dümpelte in seinem Leben so dahin, in Mutters Kielwasser. Daß er dümpelte, konnte die Prinzessin noch gut verstehen, hätte sie auch gerne einmal wieder getan, entspannt im Elfenbeinturm sitzen, über Tage in einem guten Buch vertieft und die Welt einfach mal draußen gelassen. Aber das war irgendwie vorbei. Neben dem ganzen Kram mit dem Regierungsgeschäften hatte sie nun auch noch Bruno am Hacken, der sie hier und da auflauerte und charmant und originell zu sein versuchte, was ihm leider nicht einmal ansatzweise gelang. Prinzessin Gundula behielt aber Nerven, des lieben Friedens im Rat wegen, einem fragilen Frieden, wo man stets um den Ausgleich von Interessen bemüht war und schauen mußte, möglichst niemanden so gründlich zu verärgern, daß man ihn nicht wenigstens bei der nächsten Angelegenheit wieder für seine Seite gewinnen könnte.
War es nur eine Intrige von Regina, ihr Bruno auf den Hals zu hetzen, um diesen irgendwann zurückzupfeifen, wenn die Lage es einmal erforderte und sie damit im Rat im Gegenzug etwas durchbekam, wo es sonst Probleme gegeben hätte? Oder war es ihr ernst und sie stand voll hinter dem Ansinnen von Bruno? War es wirklich sein Ansinnen? Wirkte der nicht bei jedem Gespräch unsicher und gedrängt? Sehnte der sich nicht eigentlich danach, mit einer halbwegs harmlosen Abfuhr erlöst zu werden? Prinzessin Gundula jedenfalls hatte den deutlichen Eindruck, daß hinter seinen wenig feurigen Annäherungsversuchen nicht viel mehr steckte als der Wille der Mutter, keine wahre Leidenschaft, oder die vielleicht schon, wenn sie seine Bemühungen freundlich erwidert hätte, was er aber nicht einmal zu hoffen wagte. So zog sich das Trauerspiel zäh dahin. Aus Rücksicht auf Regina gab es keine grobe Abfuhr, aus Rücksicht auf Mutter Regina riskierte Bruno aber auch keinen Rückzug. Und all das nervte Prinzessin Gundula zunehmend. Kaum kurvte Bruno wieder um die Ecke, dachte sie nur: 'Nicht schon wieder! Nicht auch noch der heute!' Aber es half nicht, ein paar Worte mit Bruno gewechselt, der mal artig eine Blume überreichte, ein Parfum oder Konfekt oder sonst eine Aufmerksamkeit, um sozusagen in wohlwollendem Kontakt zu bleiben.
Die Situation eskalierte, als Bruno sich dann offenbar anschickte, Prinzessin Gundula einen Antrag zu machen. Aus ihrer Sicht gab es da keine andere Möglichkeit mehr als dem zuvorzukommen und den Burschen ordentlich zurechtzustutzen. Da sich dieser für seinen mutmaßlichen Antrag auch noch den Garten ausgesucht hatte, wo gerade die jungen Damen zum Tee eintrafen, wurde die Angelegenheit besonders peinlich, als Prinzessin Gundula begann, ihn in der Konversation in Themen zu verwickeln, die das aktuelle Staatsgeschäft betrafen, die aktuellen Themen, mit denen man sich beschäftigen mußte, wenn man König werden wollte, wenn man im Kronrat mitarbeitete. Offenbar war Bruno da aber nur wenig von seiner Mutter Regina vorbereitet worden, denn nach oberflächlichen Antworten bohrte die Prinzessin natürlich tiefer und offenbarte so gleich nicht nur komplette Ahnungslosigkeit, sondern auch eine irritierende Einfallslosigkeit und Hilflosigkeit. Es wäre ja nicht zu erwarten gewesen, daß ausgerechnet Bruno gleich so Lösungen für Probleme aus dem Ärmel schüttelte, über die man schon seit Wochen und Monaten diskutierte und Gremien beschäftigte, aber seine Beiträge zur Konversation waren schon so naiv, daß sich die Gruppe der jungen Damen köstlich zu amüsieren begann, als Prinzessin Gundula das Gespräch immer weiter vertiefte und zumindest gewisse Ideen, ein Für und Wider für gewisse Vorschläge forderte, eben einen sachdienlichen Beitrag zur Diskussion. Aber Bruno mußte immer wieder passen, gleich bei welchem Thema, ganz offensichtlich war er weit davon entfernt, Prinzessin Gundula gewachsen zu sein. Mittlerweile brachten ihn schon recht harmlose Fragen aus dem Konzept, etwa ob er in seinen Tee lieber Zucker oder Honig gehabt hätte oder gar nicht gesüßt, von welcher Torte er gerne ein Stück gehabt hätte und ob mit oder ohne Sahne. Er blamierte sich zunehmend vor den jungen Damen. Dies mußte schließlich selbst er merken und zog sich dann auch peinlich berührt zurück. Der Vorfall machte allerdings durch die Gerüchteküche am Hofe schnell die Runde und so war schnell weithin bekannt, daß der Kandidat offenbar gar keine Ahnung hatte von der aktuellen Politik im Reich, kein Interesse an aktuellen Projekten, keine auch nur im geringsten qualifizierte Meinung zu zentralen Fragen, die man sich gerade am Hofe so stellte. Offenbar scheiterte er bereits bei der eher profanen Aufgabe, in einer Teegesellschaft etwas Konversation zu betreiben und sich für eine Torte zu entscheiden.
Prinzessin Gundula tat das sogar ein wenig leid, denn vor nicht allzu langer Zeit hätte sie das meiste davon auch nicht im mindesten interessiert, es ging eben meist um Kleinkram, Intrigen und Ärgernisse, um die sich zwar jemand kümmern mußte, aber warum gerade man selbst? Gut, wenn man Verantwortung im Reich zu übernehmen hatte oder wollte, mußte man sich wohl zwangsläufig kümmern, da ging kein Weg dran vorbei. Allerdings mußte sie auch zugeben, es hatte ordentlich Spaß gemacht, Bruno vorzuführen. Was bildete der sich ein, daß ausgerechnet er der Richtige für sie sein sollte? Einmal losgelassen, war nicht mehr zu bremsen gewesen, was sich da in ihr aufgestaut hatte, über Wochen seine Anbiederungsversuche und Nervereien, da hatte er schon eine ordentliche Abfuhr gewürzt mit etwas Boshaftigkeit verdient.
Jedenfalls war Prinzessin Gundula auch erleichtert, wähnte sie die Angelegenheit doch als erledigt, vielleicht nicht besonders diplomatisch, aber wenn sie die Notbremse ziehen mußte, konnten da auch schon einmal die Funken fliegen - und immerhin hatte sie es doch so geschickt angestellt, daß eindeutig und offenbart wurde, daß der Kandidat sich auch ganz objektiv gesehen als Königsanwärter wohl als komplett ungeeignet erwiesen hatte. So hoffte sie also auch Ruhe von dieser Seite und Bruno schien immerhin genug Verstand zu haben, um sich etwas zurückzuziehen und sein Ansinnen aufzugeben. Wenn er etwas Gras über die Sache wachsen ließ, würde er wohl in ein paar Monaten wieder recht unbekümmert durch die Gesellschaft flanieren können, denn andere Kandidaten hatten ja letztlich auch nicht besser dagestanden, also kein Grund, gleich ins Exil zu gehen.
Indessen, Regina war mit der Entwicklung natürlich gar nicht zufrieden, sie kochte vor Wut, daß ihr Bruno so kläglich gescheitert war. Aufgrund seiner Erzählung hätte sie natürlich auch bei sich selbst nach Ursachen suchen können, daß Bruno von nichts eine Ahnung hatte, was die Prinzessin inzwischen täglich beschäftigen mußte. Aber sie hatte nicht erwartet, daß ihr Sohn sich so dumm anstellen würde, der allerdings auch gehemmt gewesen war, denn Prinzessin Gundula machte schon starken Eindruck, selbstbewußt und geschickt in der Konversation, scheinbar mit allem vertraut. Und sie hatte eine so eindrucksvolle Präsenz, daß Bruno in ihrer Nähe regelmäßig das Blut im Hirn zum Denken fehlte, weil es sich gleich anderswo staute, sonst hätte er wenigstens etwas origineller und gewandter reagieren und antworten können, mit etwas rhetorischem Geschick über Wissenslücken hinwegtäuschen können, aber er hatte komplett versagt. Und nun mußte er sich von seiner Mutter auch noch eine Standpauke anhören, als sei er ein kleines Kind, was irgendwelchen Blödsinn angestellt hatte.
Regina aber konnte sich nicht beruhigen, fluchte und kochte, auch geheimnisvolle Dinge in ihrem Keller, sie braute Unheil zusammen, denn sie war eine böse Fee oder auch böse Hexe, so genau wußte sie das selbst nicht, die eigenartigen Rezepte und Formeln hatte sie über viele Jahre zusammengetragen, um sich verschiedene Vorteile verschaffen zu können. Bedacht angewendet, waren manche Dinge in ihrem Kellergewölbe mehr als Gold wert, insbesondere wenn niemand merkte, daß sie angewendet wurden. Nun aber war sie wütend und außer sich und auch außer Kontrolle und sie hatte in einem alten Buch nach Flüchen und Verwünschungen gesucht und war fündig geworden, da gab es etwas, was gut zu der hochnäsigen, bösartigen Prinzessin paßte, was sie verdient hatte. Die mischte sich neuerdings überall ein, machte Ordnung, wo andere viel lieber im Trüben fischten, wußte alle besser, war vorlaut - und was das Schlimmste war, sie beeindruckte wirklich Leute wie den Reichskanzler und drohte sich wirklich zur fähigen Regentin zu entwickeln, statt friedlich in ihrem Elfenbeinturm zu verweilen und geheiratet zu werden. Und wenn sie bloß den Bruno genommen hätte, so hätte sie schon ihre Netze gesponnen, um die Macht an sich zu ziehen und selbst Reichskanzlerin zu werden, während sie Bruno und Gundula in den Elfenbeinturm abgeschoben hätte, um ihnen die Mühsal des Regierens zu ersparen.
Sie hatte Bruno jetzt vorschicken müssen, bevor es zu spät war und sich Gundula zu weit entwickelt hatte, aber Bruno hatte versagt, tja manchmal dachte sie schon, der Bursche sei zu gar nichts zu gebrauchen, ebenso enttäuschend wie sein verstorbener Vater, den sie auch nur und spät genommen hatte, weil er als reicher Mann von hohem Stand gute Voraussetzungen für sie bot. Bruno bekam es also wieder einmal nicht hin, doch die boshafte Prinzessin machte sich auch noch lächerlich über sie, indem sie ihren Sohn so schamlos bloßstellte. Natürlich hatte der keine Ahnung, aber das konnte man ihr doch nicht antun, ihn öffentlich so vorzuführen. Gut, persönlich und im privaten Umfeld faltete sie ihn auch immer mal wieder gerne zusammen, aber doch nicht so öffentlich! Und das ihr, einer wichtigen Person des Rates mit Einfluß! Das erforderte eine angemessene Antwort, Rache!
Und da lachte Regina wieder bitter auf, ja das wollte sie tun und das Reich in ein Chaos stürzen, aus dem sie dann doch noch guten Vorteil ziehen konnte, gleichzeitig sich und ihren bemitleidenswerten Sohn rächen für die böse Tat der Prinzessin Gundula. So grummelte, grübelte und brodelte sie noch eine Weile im Keller, stellte diese Mixtur her, murmelte geheimnisvolle Formeln, nahm diese Zutat und jene Ingredienz hinzu, blätterte in ihren Büchern, um die optimale Kombination herzustellen, die sich dann alsbald in einem eigenartigen Elixier manifestierte, welches sie sorgfältig in eine Phiole abfüllte.
Und dann paßte Regina eine Gelegenheit ab, wo sie sich unbeobachtet wähnte und mit Prinzessin Gundula zusammentraf,
welche ihr eigentlich wegen dem Zwischenfall mit Bruno lieber aus dem Weg gegangen wäre. Aber Regina sprach sie
beim Vorbeigehen an, so mußte sie wohl notgedrungen auf das Gespräch eingehen.
Bereits nach ein paar gewechselten Worten aber trat Regina ein paar Schritte zurück, zückte die Phiole mit dem
Elixier und spritze dieses auf die Prinzessin, donnerte ihr in einer geheimnisvollen Sprache einen Zauberspruch zu und
sprach dann in normaler Sprache: "Verflucht sollst du sein, dich in die Kröte wandeln, die du bist!"
Die Prinzessin hatte völlig perplex vor ihr gestanden, aber nun machte es erst 'Plopp!' und dann 'Platsch!' und
sichtlich verwirrt fiel da eine Kröte zu Boden, wo zuvor die Prinzessin gestanden hatte, direkt in die prächtigen und nun so nutzlosen prinzesslichen Gewänder hinein.
Regina aber fuhr fort:
"Nur der Kuß des richtigen, gerechten Mannes kann dich in deine alte, menschliche Gestalt zurückverwandeln!
Und nur der richtige Mann vermag dich wieder nach Hause zu geleiten!"
Die Prinzessin war geschockt und konnte sich noch nicht recht mit ihren neuen Körper zurechtfinden, stand, beziehungsweise hockte der unerwarteten Situation völlig hilflos gegenüber, auch war sie so verwirrt, daß sie wohl den Fluch auch nicht
wortwörtlich verstand, sondern erst später sich wieder zusammenreimte.
Aber Regina war noch nicht fertig und ergänzte: "Nun hinweg, du Krötenprinzessin, weg in einen fernen, trüben Teich, und gib gut acht auf Störche, Krähen und anderes böses Getier und viel Glück dabei, einen Mann zu finden, der eine so häßliche, glitschige Kröte wie dich wird küssen wollen!"
Dabei lachte sie böse und laut auf, doch davon bekam Prinzessin Gundula kaum noch etwas mit, denn Schwuppdiwupp! wurde sie hinfortgetragen, in einer Art Strudel hinausbefördert ...
Die Szene aber war doch nicht gänzlich unbeobachtet geblieben und während Regina noch böse lachte und triumphierte, lief man bereits, die Wachen zu holen, Reichskanzler und Königspaar zu informieren. An diesem Ort war nun nichts weiter von ihrer Tat zu sehen, außer den nun leeren prinzesslichen Gewändern am Boden, die an sich schon recht verdächtig waren, denn wie hätten die schon sonst hier herkommen sollen und vor allem, wie die Prinzessin nackt von hier ungesehen weg, ohne einen Zauber? So eilte nun auch Regina fort, um dann in Ruhe abwarten zu können, wie sich die Dinge ohne die Prinzessin entwickelten und wie sie daraus ihren Vorteil ziehen konnte. Der Spruch hatte wirklich geklappt. Sie war erleichtert, das hatte sie zuvor so noch nicht ausprobiert und war sich unsicher. Bis jetzt wußte sie im Grunde nicht im Detail, wie sich der Zauber wirklich auswirkte, aber egal, die Prinzessin war eine Kröte in einem ferner, sumpfigen Teich in einem anderen Reich und nur sie wußte genau, in welchen, denn das hatte sie zuvor auf Karten mit Bedacht ausgewählt. Das war eine ländliche, ruhige Gegend, ein verlassenes Gut auf dem Lande, viele Störche und Krähen.
Allerdings kam Regina nicht weit, die Wachen griffen sie schnell auf und hielten sie fest. Es gab dann ja doch gleich drei Zeugen, die den Vorfall von Ferne mitbekommen hatten, aus Angst vor eigener Verwünschung oder anderen Gründen aber nicht eingegriffen hatte, den Fluch wohl auch nur in Teilen verstanden hatten, das Ergebnis aber hinreichend sehen konnten. Die Befragung der Regina ergab zunächst nicht viel, sie schwieg in ihrem Kerker. Tatsächlich breitete sich nun am Hofe große Unruhe aus, doch entgegen ihren Plänen konnte sie nicht davon profitieren. Die bösen Bücher, Formeln und Elixiere waren fern in ihrem Keller, ihre Pläne waren durchkreuzt, noch bevor sie eigentlich hatte beginnen können, weitere Ränke zu schmieden.
Sie brauchte schnell einen neuen Plan. Still bewahrte sie ihr Wissen über den Aufenthaltsort der Krötenprinzessin. Bruno sollte sie die Information wohl zustecken, damit der sie würde retten können, sofern sie bis dahin nicht schon von einem Storch vertilgt wäre. Die Prinzessin mußte ihm dann dankbar sein und als den rechten, gerechten und richtigen Mann anerkennen, so würde sie doch noch zum Ziel kommen und sich dann schon irgendwie rausreden. Im Grunde wäre ja gar nichts passiert, wenn sich Bruno zum Helden entwickeln würde und im Triumph die Prinzessin wieder in die Heimat führen würde. Was die Zeugen gehört oder gesehen gemeint hatten, alles nur ein Mißverständnis, eine phantastische Geschichte, doch nicht wirklich glaubhaft für ernsthafte, moderne Menschen. Wer glaubt schon Leuten, die behaupten, jemand habe sich leibhaftig in eine Kröte verwandelt? Doch mußte sie auch aufpassen, denn wie leicht konnte Bruno etwas ausplaudern, der mußte sich erst auf die Reise vorbereiten, dann erst sollte er das genaue Ziel erfahren, bis dahin mußte sie schweigen. Sicherlich ließ man zu, daß ihr Sohn sie besuchte, da hegte sie gar keinen Zweifel. Im Grunde waren Reichskanzler und das Königspaar Gutmenschen, zwar nicht naiv und harmlos, aber den Besuch des Sohnes hätten sie ihr wohl unmöglich lange verweigert.
Gundula fand sich wieder in einem trüben Teich voller Algen und Entengrütze und anderen ekligem Schleim und Gewürm. Sie war ganz verwirrt über die Geschehnisse und ihren nun so fremden Körper, die Perspektive und die neue Umgebung, die einfach widerlich war. Sie versteckte sich zwischen Schilf und Rohrkolben, irgendwo in der Nähe von einem großen Drachenwurz. Immerhin, von hier aus konnte sie sich sogar am Anblick einiger Sumpfschwertlilien erfreuen.
Ihr eigentlicher Körper - wie stand sie dazu?
Wie hatte sie ihn empfunden?
Natürlich hatte er sich über die Jahre verändert, an einigen Stellen in auffälliger Weise,
was jetzt etwa beim Sport oder Kampf nicht unbedingt vorteilhaft sein mußte.
Er zog Blicke auf sich, was ihr peinlich war, konnten die Leute,
besonders die Männer sich nicht um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern?
Oder taten sie das, wenn sie so auf sie schauten?
Und nun?
War sie wirklich äußerlich zu dem geworden, was sie innerlich war?
Einer Kröte an sich konnte man ihr Krötensein kaum vorhalten, aber sie verstand, wie es gemeint war,
man hielt ihr Verhalten anderen Menschen gegenüber für abstoßend und Regina hatte dafür einen Körper gewählt,
der auf die meisten Menschen ebenfalls abstoßend wirkte.
Fühlte sie sich selbst als abstoßende Kröte?
Es war ihr immer recht gewesen, wenn sie keine Aufmerksamkeit oder sonst etwas erregte, hatte immer lieber in ihrer Ecke gehockt.
Aber wenn sie sprach, bemühte sie sich schon, nicht nur blödes Gequake von sich zu geben,
jedenfalls weniger blöd als das, was die meisten anderen absonderten.
Empfand man sie deshalb als abstoßend, weil sie sich nicht nur für schlauer und gebildeter hielt als viele andere,
sondern es gelegentlich wohl auch wirklich war?
Was ist falsch daran, schlauer, geschickter, gebildeter zu sein?
In vielen Fällen mußte das ohnehin nicht viel heißen, von daher bildete sie sich eigentlich gar nicht so viel darauf ein.
Das war eben sie selbst.
Und war es nicht richtig, zu sich selbst zu stehen, statt krampfhaft zu versuchen,
so zu sein wie die anderen oder wie die anderen einen haben wollten oder man meinte, was die anderen von einem wollen könnten?
Und würde das nicht ganz schnell schiefgehen und ins Unglück führen, wenn man auch noch falsch interpretierte,
was die anderen vielleicht wollten, vielleicht aber auch nicht?
Wußten die anderen eigentlich, was sie wollten?
Und wäre das überhaupt erstrebenswert für sie selbst?
Und war es nicht ihr Recht, frei über sich zu entscheiden und Kandidaten abzuweisen,
mit denen sie nichts zu tun haben wollte?
War es nicht deren Angelegenheit, wenn diese sich dabei
blamierten? Wenn sie so eine abstoßende Kröte war, was kümmerten sich dann die Kerle um sie?
Wenn sie sie nicht verstanden, was interessierte sie dann an ihr?
Also saß sie nun irgendwie mitten in der Natur.
Hatte sie nicht immer ungestört im Grünen sein wollen, eins sein mit dieser Welt?
Nun, das war offenbar nun ihre Chance, ihre Gelegenheit, hier neue Einblicke zu gewinnen.
Es war also nicht alles schlecht und unerfreulich.
Gut, der Teich hätte schon etwas gepflegter sein dürfen, in ihrem Garten wären die Bediensteten mit
so etwas nicht durchgekommen.
Aber sie hatte auch Angst, welches Getier gab es hier, welches ihr gefährlich werden konnte?
Und sah man am Himmel nicht wirklich Krähen, einen Storch oder einen Reiher, die Ausschau hielten?
Quakte da sonst noch wer im Teich? Gab es etwa größere Fische?
Sie hatte Angst.
Sie mußte hier weg.
Mit einem Male schien es gar nicht mehr so erstrebenswert zu sein, eins mit der Natur zu sein, so unmittelbar in der Natur zu sein.
In ihrem schönen Garten - gut, der war angelegt, geplant und eine Zier.
Aber dies hier war wild und vermutlich gar nicht so harmonisch oder idyllisch.
Ihr natürlicher Lebensraum war dann doch eher ihr Elfenbeinturm oder der gepflegte Garten, der Königshof.
Dies hier war eine ganz andere, ihr fremde Welt!
Natürlich war es eine romantisierende, idealisierende Vorstellung, daß alles so schön war in der freien Natur.
Dort fing gerade eine große Libelle eine kleinere, setzte sich auf ein Schilfblatt und begann zu fressen.
Das hier war ein Überlebenskampf.
Als Kröte hätte sie wohl nach der großen Libelle schnappen können oder sollen, welche die kleine fraß, um sich in diesen
Reigen, diesen Kampf auf Leben und Tod einzureihen. Einstweilen beobachtete sie lieber.
Jenseits der Sumpfschwertlilien schien eine verwilderte Blumenwiese zu sein.
Doch das durfte sie wohl nicht riskieren, zu gefährlich, also doch wohl besser ausharren und sich versteckt halten.
Aber worauf warten?
Die Situation war doch aussichtslos.
Wer sollte hier schon vorbeikommen und ihr helfen?
Konnte sie jemanden ansprechen, falls jemand vorbeikam?
Und wer würde ernstnehmen, was eine Kröte so von sich gab?
Priorität hatte erst einmal überleben.
Immerhin war Sommer und es war ausreichend warm.
Sie verbarg sich so gut sie konnte beim großen Drachenwurz und beobachtete, was so um sie herum geschah.
Sie war nicht dumm und wußte einiges über Pflanzen und Tiere, sowohl aus den Büchern als auch aus der
Praxis im Garten, wenn sie auch nie selbst Hand angelegt hatte, um zu gärtnern, so hatte sie doch ein
genaues Auge darauf gehabt, was die Bediensteten taten, um Fehler zu vermeiden und kompetent nachfragen zu können.
Sie mußte hier irgendwie nutzen, was sie konnte.
Doch was konnte sie wirklich, was wußte sie, was hier für das Überleben von Belang sein könnte?
Plötzlich kam sie sich doch ganz schön dumm und ignorant vor.
Und war das vielleicht die eigentliche Lehre aus dieser Angelegenheit?
In die falsche Situation gestoßen, ist da nicht ein jeder ignorant und stellt sich dümmer an, als er ist?
Man mußte sich also nicht viel darauf einbilden, was man bereits wußte, gab es doch immer viel mehr,
von dem man rein gar keine Ahnung hatte und wo man große Mühe haben würde zu bestehen.
Gab es hier überhaupt eine Lehre? Regina wollte ihr bestimmt nicht nur eine lehrreiche Lektion erteilen.
Nein, das war keine Schulstunde. Sie war auf sich selbst gestellt und wenn sie etwas lernte, mußte sie
es sich schon selber beibringen, daran war sie gewöhnt, aber nicht auf diese Weise, mitten in einem ganz
realen, praktischen Sumpf steckend.
Sie grübelte.
Es war Sommer, immerhin war die Paarungszeit der Kröten vorbei, auch von daher hatte sie zumindest hier wohl nicht mit lästigen Kandidaten von dieser Spezies zu rechnen. Auch hatte sie bislang noch kein 'ooooäääck!' gehört, welches sie auf Konkurrenz im Teich hingewiesen hätte, vielleicht hatte sie Glück und hier hatte bislang keine andere Kröte ihr Revier abgesteckt?
Mußte sie nicht irgendwann essen und trinken?
Davor graute ihr, es war so schon alles glitschig, widerlich und etwas stinkig hier. Wie konnte sie da trinken?
Oder gar Insekten oder anderes Kleingetier vertilgen?
Ihr graute bei dem Gedanken, doch sie mußte überleben.
Sie sah irgendwelche Fliegen in der Nähe, Mücken, Larven, Libellen. Für eine Kröte gäbe es genug zu fressen.
Es wäre gelegentlich nur ein Sprung aus dem Verborgenen notwendig, und sie spürte schon die Muskeln in den Beinen zucken,
konnte sich aber gerade noch zurückhalten und die fette Fleischfliege auf einem benachbarten Blatt war gerade
noch einmal verschont. Und auch die gefräßige Libelle widmete sich weiter ungestört ihrem Mahl.
Gab es nicht auch Insekten, die ihre Eier in Kröten oder anderes Getier legten,
welches dann von den Larven von innen her aufgefressen wurde?
Sie schauderte bei dem Gedanken.
Es dämmerte und dann wurde es Nacht. Immerhin gab der Mond etwas fahles Licht über den Teich, so konnte man wenigstens etwas sehen und die Geräusche rund herum erschienen nicht mehr ganz so unheimlich. Es kamen wohl Mäuse vorbei und auch ein Fuchs vielleicht, einiges andere Getier der Nacht, doch von der Krötenprinzessin nahm zum Glück niemand Notiz, sie hingegen schon und wagte nicht eine Minute einzunicken.
Irgendwann graute endlich der Morgen und die einen Tiere beendeten ihre Nachtschicht, andere begannen mit der Frühschicht und stöberten herum. Durch die Kälte der Nacht wären einige Insekten jetzt eine leichte Beute gewesen, auch für sie selbst, sie hatte ein paar in der Umgebung gesehen, doch in ihr kämpfte immer noch die Gewohnheit im Kopf mit dem Hunger und der Natur des Krötentiers. Einstweilen gewannen noch die Bedenken im Kopf, doch die Argumente des Magens wogen immer schwerer.
Sie wagte sich noch immer nicht aus ihren Versteck. War da nicht ein verdächtiger Schatten, ein Rascheln, eine Bewegung, ein Feind? Sie war sich nicht ganz sicher, gut, manches Mal war es wohl nur ein Windhauch, dann aber wieder ein Tier - und sie wußte längst nicht von allen, wie sie zu Kröten standen. Also wartete sie weiter.
Gegen Mittag dann streifte ein größerer Schatten über den Teich - und wirklich, da landete ein Reiher auf der Wiese, stakste vorsichtig zum Teich, nickte hier und da mit dem Kopf. Gundula stockte der Atem, das war definitiv ein Feind, der es auf sie abgesehen hatte. Der Reiher blieb ganz ruhig stehen und beobachtete seine Umgebung, beobachtete, beobachtete und stieß dann zu, durch den Algenschleim hinein ins trübe Wasser und hatte wohl ein Fischlein erwischt, vielleicht auch eine Libellenlarve. Das konnte nur die Vormahlzeit sein, bei der Größe des Tieres war es sogleich auf der Suche nach einem Hauptgang. Und eine Kröte wäre da schon ein größerer Fang!
Gundula drückte sich in den Schleim, um unentdeckt zu sein, doch durfte sie mit einem erfahrenen, aufmerksamen Gegner rechnen. Vorsichtig sah sie sich schon einmal nach einem Fluchtweg um. Einstweilen stocherte der Reiher wohl erst einmal auf Verdacht, um etwas aufzustöbern, näherte sich dabei aber langsam. Nahe heran, erstarrte der Reiher. Hatte er sie gesehen? Gundula konnte es nicht länger aushalten und sprang vom Drachenwurz-Versteck aus weiter zwischen die Rohrkolben und das dichte Schilf, zwängte sich hindurch und hinab, hinab in den trüben Sumpf, während sie noch gerade so mitbekam, wie der Reiher ihr nachsetzte und offenbar aufgrund des langen Halses mit dem dichten Schilfgewirr weniger Probleme hatte als erhofft. Durch ihre Bewegung war all der Schlamm aufgewirbelt und nichts mehr zu sehen. Der Reiher fischte im Trüben und Gundula zwängte sich verzweifelt seitwärts und weg, während wohl irgendwo ziemlich dicht hinter ihr ein Reiherschnabel das Schlammdickicht zerhackte, aber wohl nicht traf, aber motiviert weiter suchte.
Irgendwie hatte sich Gundula aus der direkten Gefahrenzone gewurschtelt und war unter ein überhängendes Uferstück gekrochen. Zumindest dachte sie das zunächst, es schien aber eher ein Gang irgendeines Getiers zu sein, welches vermutlich nicht sonderlich Wert auf Besuch legte, aber da der Reiher noch immer stocherte und dabei recht systematisch vorzugehen schien, blieb ihr wohl keine Wahl, also rein in den Gang unter der Erde, der immerhin dann etwas nach oben anstieg und die Wasseroberfläche erreichte. Halb im Wasser, halb an der Luft verharrte Gundula voller Angst im dunklen Tunnel. Sie mußte Stunden gewartet haben und zum Glück tat sich im Tunnel nichts. Aber sie mochte nicht bleiben, wußte nicht, welches Tier solche Tunnel gräbt.
Also dann doch irgendwann vorsichtig zurück. Die Abenddämmerung hatte bereits eingesetzt und der Reiher hatte sich verzogen. Immerhin, wieder Ruhe am Teich. Gundula nahm wieder ihren Beobachtungsposten am Drachenwurz ein und schaute sich um. Alles schien wieder friedlich zu sein. Zumindest draußen, denn in ihr kämpfte der Hunger gegen die Gewohnheit im Kopf, die sich noch immer verzweifelt wehrte und den Gedanken weit von sich wies, eine Fliege oder Libelle zu schnappen. Vielleicht waren die eigentlich gar nicht so schlecht? Vielleicht ganz knackig im Biß? Oder eine Schnecke? Selten gab es die bei Banketten am Hofe und auch dort hatte sie die schon nicht gemocht, auch keine Austern oder Froschschenkel. Wobei ihr bei letztem Gedanken einmal mehr der Atem stockte. Ob Frosch oder Kröte, wer machte da hier auf dem Lande schon einen großen Unterschied? Und wenn jemand vorbeikäme, Frösche für eine Mahlzeit zu fangen, sie ihn wagte anzusprechen und dafür in einer Pfanne landete? Sie schauderte.
Nach der Abenddämmerung war da zunächst einmal wieder der Mond, der sie mit seinem Licht wenigstens noch etwas erkennen ließ. Doch dann schoben sich Wolken davor. Und in der Finsternis waren die Geräusche der Nacht nur noch geheimnisvoller und unheimlicher. Sie wagte nicht einzunicken, obwohl sie inzwischen sehr müde war. Sie wagte es nicht, doch ihr Körper tat es ganz automatisch ...
Ein Prasseln und Hämmern weckte sie. Erschrocken sah sie sich um. Es regnete, nicht besonders heftig, aber es war kälter geworden als in der vorherigen Nacht. Immerhin war bereits Morgengrauen und grau vor Wolken war der Himmel, aber wenigstens konnte sie wieder etwas sehen und auch der unfreiwillig riskierte Schlaf hatte ihr ganz gut getan.
Es schien nur ein sommerlicher Wolkenbruch zu sein, der sich bald beruhigte. Die Wolken verzogen sich und gaben die Sonne frei, deren Wärme nun an Kraft zunahm und die Gegend belebte. Von den Pflanzen tropfte es noch, da sah man schon einige Fliegen, Mücken und auch Bienen, eine Hummel ziehen.
Diesmal stakste am frühen Nachmittag ein Storch über die benachbarte Wiese, zum Glück kam er erst einmal nicht so dicht an den Teich heran. Gundula beobachtete. Vielleicht hielt er ja wenigstens den Reiher fern oder die Krähen, die ein ganzes Stück weiter in den Bäumen offenbar einen verwandtschaftlichen Streit austrugen. Gundula hatte ständig Angst, etwas Wichtiges zu übersehen, nicht im richtigen Moment die Flucht anzutreten, entdeckt zu werden. Es war grauenhaft. es beruhigte ja auch nicht, daß der Storch aus ihrem Gesichtswinkel verschwand, denn vielleicht näherte er sich gerade von einer schwieriger zu übersehenden Seite aus wieder dem Teich, um dort nach einer Leckerei zu suchen.
Hatte sie ihrerseits schon Appetit auf einen knackigen Insektenhappen? Der Hunger war da und das kleine Getier im und um den Teich herum erschien ihr allmählich eine verlockende Mahlzeit zu sein. Was, wenn die Natur des Tieres ganz von ihr Besitz ergriff, Instinkte all ihr Verhalten steuerten, wenn das Tier die Kontrolle übernahm und sie vergaß, wer sie war? Und wer oder was war sie im Grunde schon noch anderes als eine einfache, ängstliche, kleine Kröte in einem sumpfigen Teich?
Dann wurden offenbar die Krähen durch irgendwas aufgeschreckt und flogen auf. Erschrocken hörte sie auch dicht am Teich ein Rauschen von etwas Großem und sah, wie der Storch startete. Der hätte sie sonst beinahe gehabt! Was war es, was die Vögel zum Aufbruch trieb? Doch wohl eine Gefahr, eine Gefahr, die sie nicht sehen konnte. In ihr schienen sich die Gedärme vor Anspannung zu verknoten. Was näherte sich da?
Nichts rührte sich und die Stille war irgendwie noch unheimlicher.
Aber dann kam Gewißheit in Form eines Mannes, der über die Wiese schlenderte,
wohl eigentlich eher vorbei am trostlos verwilderten Teich.
'Ein Mann!' schoß es Gundula durch den Kopf.
Sollte sie es wagen, aus dem Versteck hervorhüpfen und Hilfe einfordern?
Oder war es ein Feind?
Konnte sie überhaupt verständlich sprechen als Kröte?
Gleich wäre er vorbei! Sollte sie es riskieren?
Jetzt? Wenn nicht jetzt, so wäre es zu spät, also nahm sie allen Mut zusammen und rief zu dem Mann hinüber!
"ooooäääck!" oder so tönte ihr Ruf nur.
Sie schreckte zusammen, das konnte doch nicht klappen!
Was hatte sie ihm zurufen wollen?
Sie wußte es gar nicht genau, wollte nur mit einem Ton auf sich aufmerksam machen.
Hatte wenigstens das geklappt?
Tatsächlich, der Kerl schaute zum Teich herüber, zögerte einen Moment und kam dann heran und starrte auf den trüben Algensumpf, den nur der gestrige Reiher etwas durcheinander gebracht hatte. Er brummelte etwas von saubermachen oder so, Gundula verstand nicht genau. Jetzt mußte sie etwas sagen, aber verständlich, das war klar, aber sie hatte auch Angst. Fangwerkzeug hatte er offenbar nicht dabei, ein recht normaler Mann, ein paar Jahre älter als sie, nicht weiter auffällig, schon etwas attraktiv, jedenfalls machte er einen eher harmlosen Eindruck - und da war ihre Intuition in der Vergangenheit immer ganz gut gewesen. Zwar war sie nie sonderlich diplomatisch gewesen, Leute einschätzen konnte sie aber ganz gut. Dieser jedenfalls sah aus, als ob sie es riskieren sollte. Besser als noch einen Reiherangriff zu überstehen, besser als noch eine finstere Nacht mit unheimlichen Geräuschen, besser als noch ein Storch, der sich hinterrücks dem Teich näherte.
Sie mußte deutlich artikulieren irgendwie, also langsam und laut und das klappte, irgendwie quakte sie dabei auch ordentlich, aber es wurde besser und deutlicher und es blieb verständlich hängen: "He du! Du mußt mir helfen!"
Erstaunt schaute der Kerl über den Teich und durch das Schilf, entdeckte sie aber nicht einmal unter dem großen Drachenwurz.
Zögernd fragte er nach: "Wer spricht da? Was ist hier los?"
Ihm schien es, als sei in dem verwahrlosten Teich nicht genug Platz für etwas, was sprechen konnte.
Er sollte hier dringend einmal ausmisten, dann konnte sich hier am Teich auch wieder richtig was entwickeln.
Immerhin, er hatte nicht gedacht, daß es hier Frösche oder Kröten oder so etwas gab, dachte,
wenn es die einmal gegeben hätte, so hätten sich längst Krähen, Reiher und Störche darum gekümmert.
Von weitem hatte es sich so angehört, als hätte sich irgendeine Amphibie bemerkbar gemacht.
Näher herangekommen, meinte er eine Stimme gehört zu haben, aber wie sollte das möglich sein?
Gundula nahm nun all ihren Mut zusammen und hüpfte aus dem Schatten des Drachenwurzes hervor ins Licht,
was für ein Auftritt: "Ich spreche! Du mußt mir helfen! Wer bist du?"
Sie schaute den Kerl streng an, wie sie Bedienstete anzuschauen pflegte, wenn sie keinen Widerspruch
duldete. Sie war sich aber auch nicht so sicher, ob was wirkte, wenn sie eine so kleine Kröte war und
nicht direkt als Prinzessin zu erkennen war.
Ihr Selbstvertrauen war zumindest etwas angeknackst. Das mußte sie überspielen, durfte gar keine
Zweifel aufkommen lassen, wer hier das Sagen hatte.
Gut, seine Kleidung sah eher einfach aus, aber immerhin sauber und gepflegt war er, eher feine Hände,
wohl kein einfacher Bauer. Auf einen stattlichen Prinzen hätte sie wohl auch nicht hoffen dürfen.
Was hätten die an solch einem verwahrlosten Teich zu suchen gehabt?
Sie mußte nehmen, was zu kriegen war und rein vom äußeren Eindruck hätte es wenigstens deutlich
schlimmer kommen können, stellte sie fest.
Aber vielleicht war der Typ auch schwer von Begriff oder sonstwie blöd - andererseits, wer würde nicht
blöd schauen, wenn er von einer Kröte in einem Teich angesprochen wird?
Der Kerl bückte sich am Rand des Sees herunter, hockte sich hin und betrachtete die Kröte: "Ich habe gar nicht gewußt, daß es hier Kröten gibt, erst recht keine sprechenden. Aber du hast sicher recht, Hilfe kannst du gebrauchen, der Teich sieht übel aus, da müßte mal aufgeräumt werden. Ich sollte mal Gerätschaften herbeiholen!" Dabei fuhr er mit der Hand am Schilf vorbei und stocherte mit einem Stöckchen in dem verfilzten Algenbrei, wies dann auf die Schwertlilie und den Drachenwurz: "Aber das ist doch eigentlich ganz schön! Achso, ja und du kannst mich Paul nennen, da du wissen wolltest wer ich bin..."
Gundula konnte es nicht fassen, der machte sich doch über sie lustig oder wollte er jetzt wirklich den Teich saubermachen? War der Typ blöd oder stellte sich nur dumm? Oder hielt er sie für dumm? Nun gut, was konnte man einer Kröte für geistige Leistungen zutrauen? Schickte er sich gar an, jetzt wieder aufzustehen und irgendwelchen Kram zu holen? Hastig erwiderte sie "Es geht nicht um dem scheußlichen Teich, es geht allein um mich! Und nur daß du es weißt - Kröten können gar nicht sprechen. Das weiß doch jeder! Du mußt mir helfen!"
Paul nickte bedächtig, dachte sich aber nur: 'Die kleine Kröte nimmt sich ganz schön wichtig!', antwortete aber: "Schon klar, ich dachte ja auch, daß Kröten gar nicht sprechen können, aber wer wäre ich, wenn ich hier vor den einfachen Tatsachen die Augen verschließen würde. Der Teich ist definitiv versifft. Da kannst du schon Hilfe brauchen. Ist schön, daß sich hier Kröten ansiedeln, aber ich denke, du mußt dich vor den größeren Vögeln in Acht nehmen!"
Gundula dachte sich 'Schlaumeier!' und schüttelte innerlich den Kopf, daß sie auch ein wenig auf dem Blatt wippte, auf dem
sie saß. 'Jetzt bloß nicht zu ungeduldig werden'. Also los, etwas Sinnvolles sagen, um den Typen zu überzeugen:
"Also gut, der Teich ist eine Katastrophe.
Aber erst einmal nicht mein Problem, die großen Vögel schon, darum mußt du mir helfen und zwar schnell!
Und es ist kein Widerspruch, daß Kröten nicht sprechen können, denn ich bin eigentlich gar keine Kröte,
sondern eine verwunschene Prinzessin!"
Jetzt war es raus, das mußte den Typen doch interessieren, jedenfalls mehr als der gammelige Teich.
Paul staunte nicht schlecht über diese Ausführungen: "Oh! Das ... konnte ich ja nicht ahnen.
Eine verwunschene Prinzessin, so so, das ist ja mal ein Ding!
Hier mitten auf dem Land in dem alten, verwahrlosten Teich.
Handelt es sich nicht im Normalfalle um einen verwunschenen Prinzen,
der zumindest als Frosch auch ein kleines goldenes Krönchen trägt?
Soll ich dir wirklich glauben? Ich habe meine Zweifel.
Ich glaube nicht, daß es so etwas gibt!
Vielleicht setzt du als Kröte einfach nur auf Mimikry und denkst, du kommst damit durch,
daß du sprichst und behauptest, eine verwunschene Prinzessin zu sein!"
Paul schüttelte dabei den Kopf und schaute die Kröte vor sich ungläubig an. Da war nicht einmal die Anmutung eines Krönchens und bei dem starken Krötendialekt konnte man natürlich auch schlecht einschätzen, ob männlich oder weiblich, so genau kannte er sich mit Kröten auch gar nicht aus, um da einen Unterschied zu erkennen, wozu er das Getier vermutlich auch noch hätte anfassen und untersuchen müssen - und da wäre vorherzusehen gewesen, daß das nicht nur in der Hand unangenehm gewesen wäre. Diese Kröte machte durchaus den Eindruck, daß sie keine Untersuchung ohne gewaltiges Gezeter über sich ergehen lassen würde. Das Tierchen schien doch recht von sich überzeugt zu sein.
Eine Kröte, die sich für einen Menschen hielt. Hmmm, in den Psychiatrien hatte man wohl schon umgekehrte Fälle gehabt, das hier war bemerkenswert und versprach einiges an Unterhaltung.
Die Krötenprinzessin aber war verstimmt, daß man ihr zu widersprechen wagte und erwiderte barsch: "Wie kannst du es wagen, an meinen Worten zu zweifeln? Ich bin Prinzessin Gundula Maria Elizabetha, Prinzessin von Hohental und Tiefenkamm ..." und so weiter und sie trug wirklich die gesamte Namenslitanei vor, daß Paul ganz schwindelig wurde. Als diese geendet hatte, lachte er vergnügt, sie sollte sich doch besser Krötenprinzessin Krötina vom trüben Teiche im Algenschleim nennen. Das machte Gundula aber richtig wütend und sie vermochte sich kaum zusammenzureißen. Und wäre sie keine Kröte gewesen, so hätte sie diesen frechen Kerl in den Kerker geworfen. Und da war sie wieder am Angelpunkt ihres Problems, wäre sie keine Kröte gewesen, müßte sich nicht mit diesem Schlaumeier diskutieren. Also besser gute Mine zum bösen Spiel machen? Mühsam schluckte sie also eine weitere barsche Erwiderung herunter wie eine alte, tote, trockene Fliege, daß es sie im Halse würgte. Dann aber sprach sie: "Also hilfst du mir nun, statt mich zu verspotten? Kannst du dich nur über mein Schicksal lustigmachen oder einfach helfen, wo jemand wirklich deine Hilfe braucht?"
Paul kam sich nun etwas gemein vor, auch eine Kröte sollte man schon in gewissem Maße respektieren,
zumal wenn sie sprechen konnte.
Also antwortete er: "Schon gut, Kröte, kannst ja aber nicht erwarten, daß ich dir jeden Unfug glaube,
selbst wenn du sprechen kannst.
Das heißt ja nicht, daß wahr ist, was du sagst!
Wenn ich kann, will ich dir helfen! Hinsichtlich der Krähen, Reiher und Störche bist du hier am falschen Platz,
da will ich versuchen, dir ein besseres Plätzchen zu verschaffen, du bist ja ganz unterhaltsam.
Ich bring dich zu meinem Haus, da bist du sicher!
Und dort wird sich sicher auch diese oder jene Fliege fangen lassen
und draußen vor dem Haus gibt es sicher auch Schnecken und kleineres Getier,
dem du deine Aufmerksamkeit schenken kannst.
So dicht am Haus trauen sich die Vögel meist keinen Angriff zu, jedenfalls so weit ich das bislang beobachtet habe.
Aber du bist glitschig, stinkig und schmuddelig.
Ich muß einen Behälter holen, um dich zu transportieren!"
Schon stand er auf und drehte sich um, fügte noch hinzu:
"Nimm dich in Acht, daß dich nicht doch noch in letzter Minute ein Vogel erwischt!"
Und schon war er weg.
Gundula war zu überrascht gewesen, um gleich etwas zu erwidern, nun mußte sie warten und hoffen, daß er zurückkam. Was dachte der nur, was er tun sollte. Sie wollte nicht seine Hauskröte sein und ihm die Stubenfliegen wegfangen! Er glaubte ihr offenbar nicht. Was für eine Katastrophe. Aber immerhin, wenn er sie erst einmal von hier wegbrachte, war sie nicht mehr in unmittelbarer Gefahr. Und vermutlich konnte sie ihm doch auch zu anderer Kost überreden. Ein Stück Brot und sauberes Wasser hätten ihr jetzt schon gut getan. Sie hoffte wenigstens, daß Kröten mit einem Stück Brot gut zurechtkamen. Jedenfalls, da er sich entfernt hatte, sprang sie wieder schnell zurück unter den großen Drachenwurz und wartete und hoffte, daß dieser Alptraum endlich ein Ende nehmen möge.
Jedenfalls blieb es ruhig am Teich und es dauerte wirklich nicht lange, als Paul wieder erschien. Er hatte einen Zinkeimer dabei und bückte sich wieder zum Teich herunter: "Kröte, noch da?"
Gundula war noch immer sauer, als Körte tituliert zu werden, doch hüpfte sie erst einmal wieder in den Sonnenschein: "Da bin ich! Und nenn mich nicht Kröte! Meinen Namen habe ich dir genannt!"
Paul grinste vergnügt: "Den langen Namen kann sich doch niemand merken, Kröte klingt doch da viel praktischer.
Spring in den Eimer mit sauberem Wasser, auf dem Rückweg zum Haus kannst du dich so vom gröbsten Schmodder reinigen.
So verdreckt kommst du mir jedenfalls nicht ins Haus!"
Er senkte den Eimer in den schmuddeligen Teich und neigte ihn, daß kein Wasser hineinlief,
Gundula aber hineinsehen und springen konnte.
Gundula zögerte: "Da komme ich doch nicht wieder heraus! Willst du mich damit hereinlegen und fangen?"
Sie fragte sich, ob sie Paul trauen konnte, oder wie weit, aber hatte sie eine andere Wahl?
War sie erst einmal in seinem Haus, würde sie ihn schon überzeugen.
Und Paul wirkte jetzt nicht so, als hätte er Appetit auf ihre Schenkel.
Paul erwiderte: "Hmm, du wolltest, daß ich dir helfe, da wirst du schon ein wenig vertrauen müssen."
Er neigte den Eimerrand noch ein wenig tiefer, dicht über das Wasser, um Gundula den Blick und den Sprung zu erleichtern,
auch um zu zeigen, daß da nichts weiter drin war als ganz sauberes Wasser.
Gundula mußte einräumen, daß dies ihre derzeit beste Chance war, zögerte noch ein wenig und sprang dann in den Eimer:
"Wage es bloß nicht, mich auszutricksen!"
Immerhin, das saubere Wasser tat ihr gut.
Paul zog den Eimer aus dem Wasser, stand auf und trat den Heimweg an. Um höfliche Konversation zu treiben und auf die Kröte einzugehen, fragte er nach und erhoffte sich so etwas Unterhaltung: "Wenn du wirklich verwunschen bist, wer hat das getan und warum? Das Reich, dessen Namen du in deinem Namen erwähnt hast, kenne ich, also ich war nie da, ist etwas weiter weg, dies hier ist ein anderes Land. Die genannte Prinzessin ist mir vom Namen her bekannt, soll ein ziemlich verzogenes Gör sein, gut, mittlerweile mag sie auch eine junge Dame sein, die ihren Bediensteten mit dekadenten Wünschen auf die Nerven geht! Die hat wohl wirklich eher ordentlich Haare auf den Zähnen, ob auch Warzen auf der Haut wie eine Kröte, vermag ich natürlich nicht zu beurteilen. Wenn du mit der wirklich etwas zu tun hast, sollte ich mir eigentlich noch mal überlegen, ob ich dich wirklich in mein Haus lasse. Wer will schon solch einen Drachen bei sich beherbergen und sich um ihn kümmern, der einem wohl gerade noch die Hand abbeißt, die ihm das Brot reicht und einem hinterrücks mit einem Feuerstoß den Rücken versenkt, nur weil ein Drache es kann!"
Wieder war Gundula eingeschnappt. Sie war kein verzogenes, dekadentes Gör und ihren Bediensteten ging es gut.
Sie war kein Drache, der Hände abbiß oder Rücken versenkte.
Gut, einige ihrer Kandidaten sahen das vielleicht etwas differenzierter, mußte sie in Gedanken einräumen.
Aber auch Haare auf den Zähnen war da doch stark übertrieben, sie wußte eben ihre Worte zu gebrauchen,
war das etwa verwerflich?
Hätte man das einem Mann vorgeworfen?
Das war ungerecht!
Sie wollte sich um ihr Land und ihre Leute kümmern und nicht als Kröte in einem Blecheimer sitzen und lächerliche
Diskussionen führen.
Aber was oder wie sollte sie das solch einem Schlaumeier vom Lande erklären, das wäre verschwendete Zeit, vergebliche Mühe.
Sie seufzte und entschloß sich zur Kurzfassung: "Am Hof gibt es immer Intrigen.
Im Rat gab es leider auch eine böse Fee oder Hexe.
Als ich den Antrag ihres Sohnes zurückwies und damit ihre Pläne durchkreuzte,
hat sie mich wütend verwünscht und daraufhin bin ich als Kröte in jenem trüben Teich gelandet!
Statt hier sinnlos im Eimer zu hocken, würde ich doch viel lieber wieder daheim sein,
im Rat und in Gremien mich um mein Land und meine Leute kümmern."
Das klang jetzt in Pauls Ohren gar nicht so schlecht.
Wobei ihn die Geschichte mit einer Hexe oder Fee, die jemanden verwünschen konnte, noch immer reichlich unglaubhaft erschien.
Und jene Prinzessin hatte eigentlich nicht den Ruf, sich besonders um Staatsgeschäfte zu kümmern.
Aber immerhin eine Geschichte. Die Kröte war wirklich recht unterhaltsam.
Eine sprechende Kröte mit Interesse an Staatsgeschäften, na sicherlich auch nicht schlechter als der Schnitt, der sich
so an solchen Höfen und in der Politik herumtrieb.
Bei jemandem in Krötengestalt hatte man wenigstens gleich einen Eindruck
und war vorsichtig in der Auseinandersetzung mit den Vorschlägen von dieser Seite.
Er wollte die Kröte jetzt nicht gleich wieder auf die Palme bringen, zumal er hier in der Gegend gar keine hatte, deswegen
antwortete er nur: "Ja, so mag es wohl bei Hofe zugehen, Intrigen über Intrigen. Hier auf dem Lande ist es friedlicher,
jedenfalls wenn man nicht gerade als Kröte im Teich sitzt und die Vögel aufmerksam werden."
Dann konnte er es aber doch nicht recht lassen und fügte hinzu:
"Hmmm, wenn ich es genau bedenke, war es nicht ziemlich dumm von dir, den Antrag zurückzuweisen?
Ich meine, da interessiert sich schon mal ein Mann für eine Kröte wie dich und dann bist du auch noch kleinlich?"
Gundula wollte explodieren, besann sich aber, in welcher Lage sie war, nicht nur in diesem Zinkeimer, sondern auch noch diesem frechen Kerl ausgeliefert. Sie war wirklich im Eimer und mußte nun auch noch ertragen, wie dieser Kerl, dieser Paul sich über sie lustig machte. So erwiderte sie nur knapp: "Ich entscheide selbst über solche Anträge - und ich kann dir versichern, da ist niemand dabei, der auch nur im Entferntesten in Frage gekommen wäre!"
Paul stichelte weiter: "Oh, kein hübsches Krötenmännchen dabei, welches dich mit seinen prächtigen Schenkeln und seinem
lauten Gequake hätte für sich einnehmen können? Keiner mit eindrucksvolleren Warzen als deinen?
Alles Dumpfbacken in deinem alten Teich, die dir nicht das Wasser reichen konnten?
Immerhin riskant, dann in solch einen sumpfigen Teich umzuziehen, da hat sich ja nun die Auswahl auf null reduziert."
Gundula wäre ihm am liebsten an die Gurgel gesprungen, nur war die Ausgangslage im Eimer ziemlich schlecht, so schwieg sie beleidigt für den Rest des Weges.
Bald schon waren sie am Haus angekommen und Paul stellte den Eimer ab: "Einen Moment, ich hole noch einen weiteren mit klarem Wasser, dann kannst du dich gut vom restlichen Schmutz befreien."
Schnell war er wieder da und neige den Eimer mit Gundula, die schnell sprang.
Der andere Eimer war voll und sie konnte gut schwimmen und zweifellos im Bedarfsfalle auch gleich über den Rand springen.
Da fühlte sie sich etwas besser.
Er hatte nicht einmal die Tür geschlossen, keine Katze, kein Hund in Sicht, Flucht schien also notfalls gut möglich zu sein,
wobei Gundula nicht so recht gewußt hätte, was sie dann hätte machen sollen.
Sie war diesem frechen Burschen ausgeliefert, aber erst einmal ging es ihr hier schon einmal besser als im Teich.
Sie mußte sich etwas einfallen lassen, um ihre Situation weiter zu verbessern, aber das würde sich schon finden.
Dieser Paul war wohl schon frech und etwas gemein, aber nicht bösartig, eher gutmütig, das mußte sie doch zum
eigenen Nutzen verwenden können.
Er war frech und sie beleidigt - aber gut, es hätte schlimmer kommen können, etwa mit einem Storch oder Reiher.
Erst einmal genoß sie das Bad im sauberen Wasser und Paul machte sich irgendwie an der Fensterbank zu schaffen.
Gundula überlegte, irgendwie mußte sie Paul davon überzeugen, sie zu küssen, wobei allein der Gedanke daran nicht ihren Gefallen fand. Sie wollte niemanden küssen. Und dieser Paul, also der hatte seinen eigenen Kopf und folgte ihren Anweisungen als Prinzessin nicht, weil er ihr nicht glaubte. Er war frech und machte sich über sie lustig. Den wollte sie bestimmt nicht küssen. Allein der Gedanke schien abwegig. Aber das war Voraussetzung, um zurückverwandelt zu werden. Also mußte sie ihn irgendwie um den Finger oder eher um den Schenkel wickeln, damit er es tat, so widerlich es auch für sie sein mochte. Sie mußte ihn irgendwie herumkriegen - und das war nun gerade das Gegenteil von dem, worin sie reichlich Erfahrung hatte. Konnte sie irgendwie davon profitieren, daß sie Routine hatte, interessierte Verehrer herunterzubürsten und abzuweisen? Wohl eher nicht. Aber sie brauchte auch nur einen Kuß, einen einzigen, lächerlichen Kuß! Was war im Grunde schon dabei? Im Grunde war allerhand dabei, denn sie hatte dazu rein gar keine Lust! Irgendwie hatten sich die Rollen vertauscht, aber doch irgendwie nicht ihre ablehnenden Gefühle. Wenn sie wenigstens wie ihre Kandidaten die geringste Lust verspürt hätte, sich an jemanden heranzumachen! Aber dies war einfach nur widerwärtig!
Es schien ihr protokollarisch gesehen irgendwie falsch zu sein, von diesem einen Kuß zu fordern. Das war komplett unangemessen. Andererseits pfiff sie in diesem Fall auf das Protokoll, was hatte sie jetzt mit dem Protokoll zu tun?
Nun hatte er ihr immerhin aus dem sumpfigen Teich geholfen, aber solch ein Kuß wäre da schon ein reichlicher Lohn für solch eine kleine Tat, die im Grunde eine Selbstverständlichkeit war. Hätte nicht jeder einer verwunschenen Prinzessin aus dem Sumpf geholfen? Hätte nicht ein jeder geradezu dankbar sein müssen, ihr überhaupt helfen zu dürfen? Dennoch, um sich gänzlich aus der vertrackten Lage zu befreien, brauchte sie nun einmal offenbar jemanden, der sie küßte, so scheußlich das auch für sie sein mochte, sie mußte sich überwinden. Und das fiel ihr wirklich nicht leicht. Und dieser Paul, naja, immerhin ein stattlicher Mann, keine direkte Lusche wie einige andere Kandidaten, die bereits Interesse an ihr gezeigt hatten. Und daß er seinen eigenen Kopf hatte, widersprach, so schlecht stand ihm das nicht. Obwohl sie es zu schätzen wußte, wenn Lakaien und Speichellecker ihr dienten, viel mehr hätte sie denen nicht zugetraut, sie nicht respektiert. Paul zweifelte und dachte selbst nach, war frech und selbstbewußt, ließ sich von ihr nicht gleich einschüchtern, das war immerhin mal eine Person, die man eigentlich halbwegs gelten lassen konnte - und etwas besseres würde sie hier wohl ohnehin nicht auftreiben können, also keine Alternativen, keine Wahl, er war nicht nur das kleinere Übel, sondern offenbar weit und breit das einzige. Konnte er ihr das Wasser reichen? - oder tat er es nicht bereits, jedenfalls ganz praktisch, immerhin schwamm sie darin - in seinem Eimer.
Paul war irgendwie mit seiner Bastelei am Fenster zu einem vorläufigen Ende gekommen und sagte zu ihr gewandt: "Schau mal, hier habe ich einen Platz am Fenster für dich eingerichtet, ein paar Steine, etwas Wasser, eine Ecke, wo du dich verkriechen kannst!" Er hatte in aller Eile ein eigenes Reich für die Kröte zusammengestellt, nichts besonderes, war ja auch nur eine Kröte aus einem verwahrlosten Teich, die sollte damit doch wohl schon zufrieden sein, selbst wenn sie sich für eine Prinzessin hielt. Immerhin sehr unterhaltsam, eine solche Kröte im Haus zu haben. Gut, auf ihr Herumzetern hätte er schon gut verzichten können, aber ab und an eine angeregte Diskussion mit jemanden mit einem eigenen Kopf versprach schon Abwechslung, denn er war hier ziemlich allein. Gut, er hatte sich in die Einsamkeit auf dem Land zurückgezogen, um erst einmal seine Ruhe zu haben, aber er mußte zugeben, es war schon sehr ruhig um ihn geworden. Da war selbst solch eine lustige Kröte ein Höhepunkt im Alltag, eine gute Abwechslung und Bereicherung.
Gundula beschloß, sich das einmal anzusehen, bevor sie mit ihrer Forderung herausrückte.
Im Rahmen seiner Möglichkeiten und Vorstellungen schien Paul ja immerhin bemüht zu sein, ihr etwas anzubieten.
Sie forderte: "Heb mich hinauf!"
Aber gleich kamen ihr auch Bedenken, dachte der Kerl wirklich, sie würde hier bleiben, auf der Fensterbank zwischen
ein paar Steinen und Topfblumen? Was dachte der, wer sie war, offenbar dachte er immer noch, sie sei eine Kröte!
Paul aber wollte die Kröte nicht unbedingt anfassen, obgleich nun sauber, war die schrumpelige, warzige Kröte nicht gerade ein kuscheliges Haustier. So nahm er kurzerhand den Eimer mit der schwimmenden Kröte und hielt beides dicht vor die vorbereitete, breite Fensterbank. Gundula sprang und sah sich um. Gut ein paar Steine, man konnte sich auf einer Seite in der Sonne wärmen, in der anderen Ecke im Dunkeln verstecken. Es gab einen großen Suppenteller mit frischen Wasser. Und dann natürlich ein paar Topfblumen. Sie kannte die Arten alle beim Namen. Die waren nicht besonders exotisch, aber ganz hübsch und robust - also wohl ganz gut geeignet für solch eine einsame Männerwirtschaft. Sie sprach: "Ich habe Hunger. Gib mir zu essen! Etwas Brot, bloß keine Fliegen oder ekliges Zeug!"
Paul schmunzelte: "Na steckst jedenfalls voll in deiner Prinzessinnenrolle, Anweisungen geben und keine Fliegen und kein ekliges Zeug zu essen. Na gut, ich habe recht frisches Brot, kannst es auf eigene Verantwortung probieren."
Er legte gleich einige Stückchen Brot auf den Rand des Tellers mit dem frischen Wasser und kostete sogar demonstrativ vor.
Hungrig probierte nun auch Gundula davon.
Es war einfaches, aber frisches Brot, es duftete gut. Und sie dachte, niemals hätte sie so köstliches Brot gegessen
wie jetzt, sie fühlte sich besser, zumal Paul gleich ein paar Stückchen nachlieferte, als sie die ersten aufgegessen hatte.
Zusammen mit dem Wasser war das ein zwar einfaches, aber köstliches Mahl. Gundula fühlte sich besser und wurde ruhiger.
Sollte sie es nun riskieren und den Kuß fordern? Von diesem Burschen? Gut, von wem sonst. Offenbar war dieser Paul ihre
Chance, ihre Fahrkarte nach daheim.
Konnte sie ihn dazu bringen, mehr als eine sprechende oder quakende Kröte in ihr zu sehen?
Also versuchte es Gundula erst einmal für ihre Möglichkeiten mit sehr freundlich: "Ich danke für das einfache Mahl."
Paul nickte: "Gerne doch. Ich hoffe doch, damit ist die Stimmung auch gleich besser?"
Gundula stimmte zu: "Jaja, sicher. Ähm also da gäbe es noch etwas..."
Paul: "Was denn?"
Gundula: "Ich fordere dich auf, mich zu küssen, dann verwandelt sich meine Gestalt zurück in meine ursprüngliche menschliche Gestalt,
die für mich als Prinzessin angemessene Form. Dann wirst du mir schon glauben, daß ich eine verwunschene Prinzessin bin!"
Paul verzog fast schon erwartungsgemäß das Gesicht: "Also ich weiß nicht. Ich möchte betonen, ich mag Tiere und habe nichts gegen Kröten an sich, aber Kröten küssen ist nicht so mein Ding. Vielleicht bist du ja auch giftig oder hast halluzinogene Substanzen auf der Krötenhaut, das gibt es doch alles! Du hast ja schon ein ziemlich giftiges Mundwerk mit deinen Forderungen, warum sollte das nicht wirklich irgendwie giftig sein, im eigentlichen Wortsinne?"
Gundula antwortete empört: "Also an mir ist überhaupt nichts giftig, jedenfalls nicht, wenn ich jetzt endlich mal zügig zurückverwandelt werde, daher fordere ich erneut deinen Kuß! Und vor allem sollst du mich ja nicht wie ein Drogensüchtiger abschlecken, um einen Kick zu bekommen, was zudem so wohl gar nicht klappen wird. Außerdem ist die Vorstellung widerlich, wie deine lappige Zunge über meinen Krötenleib schlabbert. Also ein einfacher, sauberer Kuß mit spitzen Lippen auf den Mund, gerade so eben, mehr nicht, mehr bestimmt nicht, ich warne dich! Und denk bloß nicht, für mich ist das ein Spaß. Es ist entwürdigend, wenn man sich küssen lassen muß! Ich habe auch persönlich nichts gegen Kröten, will jetzt aber endlich meine menschliche Gestalt zurück!"
Paul zeigte sich noch immer sehr skeptisch und unschlüssig: "Also wenn ich es mir genau überlege, so eine sprechende Kröte ist doch deutlich spektakulärer als eine herumzickende Prinzessin, die Küsse fordert, die sie für eine persönliche Zumutung hält. Als sprechende Kröte könnte ich dich an Schausteller verkaufen, das gäbe bestimmt eine lustige Vorstellung mit dir! Mit lustigen Vorstellungen bist du ja jetzt schon ganz groß. Mußt gar nicht proben, nur du selbst sein!"
Gundula kochte innerlich, sie war keine lustige Kröte, die eine Vorstellung gab und sie zickte nicht herum, jedenfalls im Moment nicht: "Das wagst du nicht! Ich würde schmollend wie eine Kröte in der Ecke sitzen und keinen Ton sagen, damit kämst du also gar nicht durch!" Tatsächlich saß sie aber ganz oben auf dem Stein und hatte stolz den Kopf gehoben, um sich Respekt zu verschaffen.
Paul: "Also gesetzt einmal den Fall, ich glaube dir. Was soll da schon für eine Prinzessin daraus werden, wenn man mit einer schrumpeligen, warzigen und vorlauten Kröte beginnt?" Dabei grinste er ganz frech und herausfordernd.
Gundula wurde einmal mehr ungeduldig:
"Was denkst du dir, meine menschliche Gestalt hat keine einzige Warze, keinen Schrumpel.
Mein Körper ist jung und gepflegt, ich habe lockiges Haar. Gut, ein paar Sommersprossen werde ich einräumen,
aber sonst gibt es da nichts, was in Richtung häßlich von der Norm abwiche!
Ich habe den Körper einer ganz normalen Frau, nichts besonders bemerkenswertes dran, was für dich von besonderem Belang oder Interesse sein sollte.
Ich kann doch wohl einen gewissen Respekt als Prinzessin erwarten und verbitte mir solche Unterstellungen.
Zudem, du sollst mich ja nur als Kröte küssen, nicht als Mensch!
Von daher kann es dir doch gleich sein, wie ich danach aussehe.
Zudem hast zu zugegeben, von mir gehört zu haben, weist also, wie alt ich bin und zu meinem Ruf gehört sicher nicht, daß ich
eine schrumpelige warzige Zicke bin. Gut, daß ich in mancher Hinsicht eine eigene Meinung und Persönlichkeit habe, das stimmt sicher, aber was ist daran verkehrt? Dürfen Frauen etwa nicht selbst über ihr Schicksal bestimmen? Was sollen all diese Anfeindungen, nur weil ich meinen eigenen Weg gehen will? Bin ich gleich vorlaut und schlecht, nur weil ich nicht nur eine eigene Meinung habe, sondern sie auch vertrete, nur weil ich selber denke und keine Lust habe auf dämliche Verehrer? Nur weil ich selbst wählen und entscheiden will, was meine Zukunft ist und mit wem ich sie verbringen will?"
Aber vermutlich war Gundula gerade deswegen so aufgebracht, weil sie im Grunde sehr verunsichert war.
Wer war sie denn wirklich?
Wenn niemand ihr glaubte, daß sie eine Prinzessin war, war sie dann wirklich mehr als eine Kröte?
Bestimmte das, als was andere sie sahen, was sie war? Oder doch das, was sie fühlte, wer sie war?
Und war bei letztem wirklich ein zentraler Punkt, daß sie eine Prinzessin war?
Oder war das nur ein Schutz, eine Tarnung, eine Rolle, hinter der sie sich bislang immer hatte verstecken können,
um ihre eigenen Zweifel, Unsicherheiten, ihre eigene Empfindlichkeit zu verstecken?
Nun, als die Gestalt der Prinzessin fort war,
diese Rolle, die man ihr ja eigentlich nur von Kindertagen an übergestülpt hatte,
blieb da nicht wirklich nur eine kleine, unattraktive, belanglose Kröte mit großem Maul?
Trotz oder gerade wegen ihrer aufkommenden Zweifel und ihrer Unsicherheit hatte sich Gundula richtig in Fahrt geredet, ihre Stimme überschlug sich schon und sie artikulierte zunehmend schneller und daher als Kröte auch zunehmend schlecht verständlich. Und Paul hatte natürlich nichts gegen selbstbewußte Frauen, die bereit waren, selber zu denken. Und wenn sie so weiterplapperte, würde sie bald wirklich nur noch wie eine Kröte quaken und das war gemein, daher beschwichtigte er sie: "Gut, gut, ruhig bleiben! Ich habe überhaupt nichts gegen intelligente Frauen, die wissen, was sie wollen oder auch nicht, sich aber auch nicht sagen lassen wollen, was sie wollen sollten, das ist alles völlig in Ordnung. Beruhige dich, deine Vorstellung ist schon recht überzeugend. Eine echte Kröte würde wohl nicht so eifrig auf Frauenrechte insistieren, was immer sie auch denkt, was sie ist. Dazu gehört mehr an kulturellem Hintergrund und Bildung, als eine Kröte sich aneignen könnte."
Gundula hüpfte triumphierend auf und forderte erneut: "Du siehst es also ein. Die einfache Logik ist erfolgreich bis in dein Denken vorgedrungen. Herzlichen Glückwunsch! Du machst Fortschritte! Siehst du, wenn du dir nur die Mühe gibst, ein wenig nachzudenken und den Sachverhalt zu analysieren, statt dich über mich lustig zu machen, kommst du doch zu haltbaren Ergebnissen. Küß mich jetzt sofort! Ich kann es nicht mehr ertragen! Sofort, Kuß und Schluß mit dem Krötenwahn!"
Paul verzog unzufrieden das Gesicht, mußte aber einräumen, daß sie argumentatorisch und logisch irgendwie gewonnen hatte.
Und im Grunde, als er sich auf den Sachverhalt eingelassen hatte, sich mit einer Kröte zu unterhalten, war es auch nicht viel
unplausibler, daß die Kröte eine verwunschene Prinzessin war, wohl kein verwunschener Prinz, der ihn auszutricksen versuchte,
denn der hätte wohl anders argumentiert, selbst ein schwuler Prinz, dem wohl vielleicht an einem Kuß gelegen gewesen wäre.
Und hätte es letztlich einen so großen Unterschied gemacht? Prinz oder Prinzessin in einer skurrilen Notlage - sollte man
nicht beiden helfen, schwul oder hetero hin oder her, rein oder raus? Argumentierte die Kröte nicht irgendwie mehr wie eine Frau?
Forderte sie nicht mehr wie eine verwöhnte, verzogene Prinzessin?
Also eine Prinzessin oder so etwas steckte da drin, ein Mensch jedenfalls, versuchte sich Paul zu konzentrieren und sich vorzustellen.
Das war jetzt nicht gerade einfach für ihn, als er sich der Kröte näherte.
Es wurde ernst und zögernd streckte er die offene Hand zur Kröte aus.
Gundula zögerte nun auch, nicht einfach, jemandem zu vertrauen, doch dann gab sie sich einen Ruck und sprang in Pauls Hand.
Der ging ein paar Schritte zurück, mitten in den Raum, hob die Hand näher zum Gesicht.
Eine Weile starrten sie sich gegenseitig an, kein Wort mehr, knisternde Spannung.
Sie schluckten beide mehrmals bei der unangenehmen Vorstellung solch eines Kusses.
Das war jetzt irgendwie kein Spaß mehr.
Gundula war buchstäblich in seiner Hand.
Und Paul dachte sich: 'Für was muß ich hier eigentlich eine Kröte küssen? Gut, immerhin muß ich keine schlucken...'
Paul zog die Stirn kraus, verzog erneut das Gesicht, schloß die Lippen fest und spitzte sie und
führte die Hand mit der Kröte zum Mund, schloß die Augen.
Und? Es passierte nichts!
Dann ertönte unsicher Gundulas quäkige Stimme ganz nah, mit recht nervösem Ton und verlegenen Verzögerungen:
"Ähm, Hallo? Also es ging ja darum, daß du mich küßt und nicht ich dich ...
ähm also du müßtest das schon übernehmen!"
Paul dachte nur: 'Was für ein nerviges Wesen, womit habe ich das verdient?
Sie hört einfach nicht auf, mir alles zuzuschieben und die Verantwortung noch oben drein - und ich kann mich darauf verlassen,
was immer auch passieren wird, die Schuld gibt sie mir sowieso - an allem. Und insbesondere wenn es gar keine Schuld gibt, wird diese Kröte trotzdem einen Grund finden, mir die Schuld an allem zu geben. Warum mache ich bei dem Blödsinn nur mit?'
Paul wußte aber auch, daß er nicht der Typ war, der eine um Hilfe bittende Kröte einfach wieder zurück in den Teich warf.
Er war nicht der Typ, der sie ohne zu Fragen oder gar gegen ihren Willen herausgefischt hätte.
Aber nun hatte er sich am Hals oder eher vor den Lippen, es gab kein Zurück!
Paul öffnete vorsichtig ein Auge und linste auf die Kröte, die immer noch etwas zappelig in seiner Hand saß, sich aber nicht rührte. Paul fluchte innerlich, mit der Kröte so dicht vor dem Mund wollte er aber selbigen nicht öffnen, um zu antworten. Bestimmt wollte er nicht riskieren, eine Kröte zu schlucken, diese hier wäre durchgedreht genug, um es zu versuchen! Kurzentschlossen führte er nun aber die Kröte zu den noch immer gespitzten Lippen und! Küßte sie nur gerade eben mit wieder geschlossenen Augen! Er wollte das Elend gar nicht sehen!
Schwuppdiwupp! und Wutsch! machte es! Augenblicklich wurde seine Hand nach unten gerissen, erschrocken wich er ein paar Schritte zurück. Und dann öffnete er die Augen wieder. Es dauerte einen Augenblick, bis er die Informationen seiner Augen verarbeitet und eingeordnet hatte. 'Hmmm gar nicht mal so übel!' dachte er. Etwas desorientiert stand da eine nackte junge Frau mitten im Raum. Die lockigen Haare bedeckten nicht wirklich ihre Blöße. Das lockige Kopfhaar umschmeichelte ihre Brüste, die wohl trotzdem als wohlgeformt und nicht besonders groß zu erkennen waren. Auch ihr Schambereich war durch eine Lockenpracht zwar durchaus bedeckt, die war aber nicht sonderlich dicht, so daß man gut alles ahnen konnte. Ansonsten, was ihrer weiblichen Erscheinung eher zum Vorteil gereichte, sie aber um so nackter erscheinen ließ, barg kaum noch ein Härchen die junge, nackte, zarte Haut, welche in der Tat weder Schrumpel noch Warzen aufwies. In dieser Hinsicht hatte die Prinzessin sich also ebenfalls zutreffend beschrieben und hatte sicher nicht übertrieben. Paul schaute erst einmal genau hin, nicht mager, aber auch nicht dick, hübsche Beine, wohlgeformter Po, den man durch ihre leicht seitliche Aufstellung gerade so ausmachen konnte. Muskeln zeichneten sich ansatzweise unter ihrer Haut ab, sie war offenbar trainiert, aber das war nur so weit ausgeprägt, daß es ihre weiblichen Reize noch deutlich unterstrich. Das Gesicht war auch hübsch, obwohl derzeit doch zu einer Grimasse verzogen und sichtlich verwirrt. Aber die kraus gezogene Nase durchaus süß, auch das Kinn und natürlich lockte dieser Mund schon deutlich mehr zum Kuß als der vorherige Krötenschlund. Das war auf jeden Fall ein hervorragender Tausch, was sich da aus der Kröte entwickelt hatte. Rein optisch war er schon einmal beeindruckt davon, was für einen Fang er da gemacht hatte - oder hatte doch diese Kröte eher ihn gefangen und manipuliert? Und wenn auch die äußere Gestalt schwer beeindruckte, so zweifelte er doch daran, daß sich auch an ihrem Verhalten etwas gewandelt haben würde. Aber gut, solange sie den Mund hielt, war mit ihr alles in Ordnung, das war nun klar. Und ein zweiter Kuß mit diesem Mund würde wohl auch schon deutlich besser schmecken, da würde er nicht lange zögern - und da würde er auch in der Hinsicht zu Kompromissen gern bereit sein, daß sie den Mund auch einmal aufmachen dürfte, solange er sie nur mit seinen Lippen schlösse. Aber er zog auch in Betracht, daß sie vermutlich bissig war, Haare auf den Zähnen hatte und für sie das Thema Kuß wohl erst einmal erledigt war. Damit würde sich der gute Fang in der Beurteilung also wieder deutlich relativieren. Dann war der Fang in der Erscheinung deutlich nervenaufreibender als die Kröte.
Allmählich kehrten normale Überlegungen in seinen Kopf zurück und auch gewisse Bedenken, immerhin war das an sich kein angemessener Auftritt für eine Prinzessin, die er ihr so erst einmal abnahm, wobei das im Grunde ganz egal war, was sich da verwandelt hatte, war auf jeden Fall gegenüber der Kröte ein ganz großer Gewinn. Auch das würde sich voraussichtlich sofort etwas relativieren, wenn sie feststellte, daß sie komplett nackt im Raum stand und er sie unbekümmert und bis ins Detail ansah. Nun, er war aber auch nur, was er eben war, bei so etwas mußte er eben schauen und wenn sich die Gelegenheit bot, eben ganz genau.
Paul resümierte über den Kuß selbst, gut, im Grunde hatten sie sich kaum berührt, nicht so dramatisch an sich, eine Kröte zu küssen, wenn es nicht mehr war, aber jetzt, in der Erinnerung meinte er einen Moment menschliche Lippen gespürt zu haben, ein heftiges Prickeln schon während oder direkt nach dem Schwuppdiwupp! und Wutsch! Und gut, diese Lippen, dieser Mund, da wäre es schon in Ordnung gewesen, etwas intensiver, sorgfältiger zu kosten, mußte er einräumen, zumal sie dann ja auch zwangsläufig einmal den Mund hielte und nicht herumkommandieren würde. Auch so war sie derzeit noch still und bewegungslos, ein prachtvoller Anblick und so still, zart und hilflos einfach unwiderstehlich, aber er wußte natürlich, welch ein Unwetter über ihn hereinbrechen würde, wenn er versuchen würde, die offenbar noch ganz verwirrte Prinzessin schützend und beruhigend in den Arm zu nehmen. So blieb auch er bewegungslos stehen und schaute und wartete erst einmal ab, ob sie sich nicht von selbst regen würde.
Gundula war noch immer erstarrt und stand einfach nur, als sich Paul vorsichtig räusperte, aber recht ungeniert weiter schaute. Sein Räuspern löste irgendwie ihre Erstarrung und sie fühlte erst vorsichtig schaute dann blinzelnd erst auf ihn und dann auf sich herunter. Alles da wie gehabt. Sie wollte gleich erleichtert aufjubeln, da aber schoß ihr durch den Kopf, daß sie komplett nackt war und der Kerl starrte sie ungeniert an, was für ein Mistkerl! So brüllte sie gleich los: "Was wagst du, mich so anzuschauen! Schau weg, Schau weg, das ist peinlich und völlig unangemessen!"
Paul hatte es ja längst eingesehen, senkte nun schnell den Blick. Und es war ihm selbst etwas peinlich, so genau hingesehen zu haben. Und diese Prinzessin war ja auch gleich immer so aufgeregt. Und wirklich, gleich hatte sie wieder ihren Befehlston gefunden, während sie gleich die Beine umeinander geschlungen hatte, einen Arm dicht vor ihre Brüste gedrückt, mit der Hand des anderen Arms provisorisch die Locken zwischen ihren Beinen verdeckend, was nicht komplett gelang, aber immerhin den heikelsten Bereich verdeckte: "Geh! Geh doch! Hol mir Kleidung zum Anziehen."
Wirklich eilte Paul gleich in den Nebenraum, abgewendet riet er ihr aber:
"Draußen, gleich zwischen der Hecke ist eine Wanne mit sauberem Wasser und einer Pumpe. Das ist zwar kalt, aber wird dir helfen, den restlichen Schleim und Glibber loszuwerden.
Draußen ist niemand in der Nähe, es muß dir also nicht peinlich sein.
Ich gucke nach Sachen, habe aber nur welche für mich, also Männerkleidung,
sollte aber ungefähr passen, du bist nicht viel kleiner und was die offensichtlichen Unterschiede anbelangt,
die Sachen sind bequem und nicht eng, das wird schon gehen!"
Beim Stichwort 'offensichtlich' oder doch 'offen sichtlich' biß sich Paul einen Moment lang auf die Lippen,
war aber erleichtert, weil Gundula sich in dieser Hinsicht offenbar jetzt einen Kommentar sparte.
Gundula war natürlich gleich einverstanden und rannte hinaus, fand die Wanne und die Pumpe und stieg ohne zu zögern ins Wasser, was nicht mehr gänzlich kalt war, denn es war ja Sommer und die Sonne schien. Das Wasser aus der Pumpe war natürlich sehr kalt, aber trotzdem genoß sie das frische Wasser auf ihrem Körper, spürte es prickeln und spürte überhaupt, daß alles wieder richtig war. Sie tauchte wieder in der Wanne unter, wusch alles ab, spürte und streichelte ihren ganze Körper und fand alles richtig. Und wieder ließ sie das kalte Wasser aus der Pumpe über ihren Kopf, ihre Haare strömen. Es zog sich in ihr alles zusammen und sie bekam eine ordentliche Gänsehaut, was sie nur kurz erschreckte, weil sie das ganz kurz an die raue Krötenhaut erinnerte. Aber dann war es in Ordnung und sie stieg aus der Wanne. Auch die körperliche Anstrengung bei der Betätigung der mechanischen Pumpe hatten ihr ganz gut getan, das erhitzte sie etwas und sie fühlte sich lebendig.
Jetzt dachte sie an den Kuß und spülte heftig, etwas zu heftig vielleicht Lippen und Mund mit dem frischen Wasser aus der Pumpe, obgleich der Kuß selbst im Grunde nichts gewesen war, kaum eine Berührung - und doch auch ein heftiges Prickeln - aber dann machte es in ihr auch gleich ein innerliches Kawumms und alles geriet durch die Verwandlung durcheinander und sie war verwirrt. Das war aber sicher nicht das Prickeln und die Verwirrung eines richtigen Kusses, von dem sie gelesen, gehört hatte, das war der Zauber, die Verwandlung, hatte also mit Paul rein gar nichts zu tun, der war nur Mittel zum Zweck, ein Werkzeug, welches sie benötigte, um sich zu verwandeln. Das war rein gar nicht romantisch oder emotional, das war nur ein ganz zweckmäßiger Kuß gewesen, also hätte sie sich keine Gedanken darüber machen sollen, tat es aber doch, was sie verwirrte. Sie hatten sich kaum berührt, es war also im Grunde gar nichts zwischen ihnen passiert, es hatte nichts zu bedeuten, das heftig pochende Herz, die innere Aufwühlung nur eine Folge des Zaubers, der Verwandlung. Erleichtert nickte sie, so mußte es sein, sie war eine Prinzessin und Paul, gut, Paul war eben Paul, lebte in dieser Wildnis hier in einem einfachen, kleinen Haus, nichts besonderes, Mittel zum Zweck.
Paul stand abgewendet an der Haustür und wartete geduldig. Als das Geplätscher nachließ räusperte er sich erneut und meinte:
"Hallo, ich könnte bei Bedarf erst einmal ein Handtuch reichen..."
Gundula erklärte sich einverstanden und Paul reichte das Handtuch abgewendet und mit langer Hand durch die Lücke in der Hecke.
Gundula griff einfach danach und sagte nichts weiter.
Erst als sie sich abgetrocknet hatte, forderte sie die Kleider und Paul reichte sie ihr wieder durch die Hecke,
dann auch ein paar Schuhe, die glücklicher Weise tragbar waren, obwohl sie im Grunde zu groß waren.
Gundula stellte fest, daß ihr prachtvoll gelocktes Haar durch den unerfreulichen Aufenthalt im Teich doch etwas verfilzt war,
weniger als man befürchten mochte, aber doch nicht zu dulden. Immerhin, so überlegte sie, Kröten haben ja keine Lockenpracht,
vermutlich ist deswegen nicht so viel Schmodder hängengeblieben.
Jedenfalls forderte sie sogleich von Paul: "Ich brauche einen guten und sauberen Kamm!"
Paul antworte: "Einen Moment, ich hole einen. Meine Auswahl ist allerdings begrenzt. Einen Kamm extra für eitle Prinzessinnen kann ich daher nicht bieten, keinen mit güldenen Zinken und einem Griff aus Elfenbein, mehr die einfache Machart. Und ist er dir nicht sauber genug, so spülst du ihn im Wasser aus, ich gebe dir gleich zwei, dann kannst du sie gegenseitig abziehen!"
Gundula dachte da natürlich 'Was für eine Zumutung! Was denkt sich der Kerl?'
Aber als er zurückkam und ihr zwei Kämme reichte, sahen die ziemlich sauber aus, kaum ein Haar dran, kein Filz.
Also beruhigte sie sich wieder und spülte sie wie vorgeschlagen aus.
Das Kämmen selbst ging ihr nicht so gut von der Hand, ab und an blieb sie an filzigen Stellen hängen.
Offenbar war sie einmal mehr auf Pauls Hilfe angewiesen, was sie ein wenig ärgerte.
Zwar hatte sie sonst natürlich Lakaien, die sehr kompetent ihr Haar kämmten,
aber bei Paul schien ihr das irgendwie nicht so selbstverständlich, beinahe so arg wie der Gedanke an einen Kuß.
Als sie aus der Hecke hervortrat, sah sie natürlich auch bekleidet recht attraktiv aus,
daran hätte auch kaum eine Kleidung etwas ändern können.
Sie hatte einfach in allem Ausstrahlung und wirkte selbstbewußt und wie eine Prinzessin.
Sie hatte das komplett verinnerlicht und man vermochte das nicht mehr zu bezweifeln, wenn man sie sah.
Haltung bewahrte sie stets, so auch hier. Und sie guckte routiniert streng.
Der Vollständigkeit halber wies Paul auch gleich in eine Richtung zu einem kleinen Häuschen,
der Toilette des Gebäudes und ergänzte schmunzelnd
"...falls da Bedarf aufkommen sollte und um dringlichen Nachfragen zuvorzukommen..."
Gundula rümpfte die Nase und wollte den Ort eigentlich gar nicht so genau kennenlernen.
Zum Glück hatte sie derzeit keinen Bedarf, als Kröte hatte sie ja auch gefastet.
Irgendwann würde sie sich dem Ort schon stellen müssen, das würde dann schon schlimm genug sein.
Die Situation schien ansonsten so weit in Ordnung zu sein, die nackte Angelegenheit wurde nicht weiter angesprochen. Gundula war erleichtert, sie hatte einen großen Schritt voran geschafft. Wieder auf zwei Beinen war sie auf gutem Wege zurück in ihr Reich, ihr Heim.
Gundula stellte fest, es gäbe ein paar filzige Stellen in ihrem Haar, die offenbar unter dem Aufenthalt im sumpfigen Teich gelitten hätten, er müsse ihr beim Kämmen helfen. Paul lachte, sie habe ja im Grunde Glück gehabt, nach der Verwandlung überhaupt Haare zu haben, denn solch eine Kröte sei da ja eher spärlich ausgestattet. "Aber vermutlich ist solch eine zauberhafte Verwünschung ja komplett reversibel, die Person, die man zuvor zur Kröte verwandelt hat, kommt nachher auch wieder heraus. Gut, die Verfilzungen deuten vielleicht an, daß die Verwandlung nur nahezu reversibel ist."
Sie gingen ins Haus und Gundula setzte sich, reichte Paul einen der Kämme. Paul nahm ihn und begann vorsichtig mit der Arbeit. Natürlich blieb er bald an einer filzigen Stelle hängen und Gundula beklagte sich über die grobe Behandlung. Paul schlug vor, er könne ja die filzigen Stellen herausschneiden. Gundula brauste auf: "Wenn du es wagst, an meinen Haaren herumzuschnipseln, wirst du dir wünschen, nicht geboren worden zu sein! Gib dir gefälligst Mühe und sei vorsichtig!"
Die zimperliche Zickerei wollte Paul natürlich nicht ganz so einfach durchgehen lassen und gab zu bedenken, so lange Haare seien hier auf dem Lande sowieso sehr unpraktisch, ein Kurzhaarschnitt würde ihr sicher auch stehen und wäre der Situation angemessen. Das Haar trockne nach dem Waschen schneller, sie bleibe nirgends hängen und die filzigen Stellen seien auch erledigt. Aber da hatte er eine empfindliche Stelle der Prinzessin getroffen, denn sie wurde nun wirklich ärgerlich und drohte ihm erneut böse Folgen an, wenn er sich erdreistete, ihre Haare abzuschneiden. Seine Aufgabe sei es lediglich, die filzigen Stellen sorgfältig zu entwirren, mehr nicht.
Paul verstand das Drama um die Haare nicht so ganz, zwar machten die wirklich Eindruck, aber im Moment eben auch ganz offenbar einige Arbeit, die an ihm hängenblieb. Und was hatte er eigentlich mit diesen Haaren zu schaffen? Trotzdem gab er sich ohne zu murren Mühe und entwirrte diese und jene Stelle. Hielt das Haar entschlossen vor dem Kopf fest, wenn er weiter unten entschlossener durch eine filzige Stelle kämmen mußte. So kam er langsam voran, was aber bis zur Abenddämmerung dauerte. Aber die Arbeit lohnte sich, das mußte er in Gedanken zugeben. Gundula entspannte sich offenbar und hielt den Mund bei der Arbeit, was auch schon mal etwas Wert war. Das Haar war weich, duftete gut und fertig gekämmt entfaltete es seine volle Pracht, wie es für eine stattliche Prinzessin wohl angemessen war.
Gundula war nach vollendeter Arbeit aber noch nicht ganz zufrieden. Sie hatte den Gedanken sehr wohl aufgegriffen, daß offen getragenes Haar hier draußen sehr unpraktisch sein würde. So forderte sie, er müsse ihr Zöpfe flechten. Paul gab allerdings zu verstehen, daß er damit sicher gar keine Erfahrung habe, so mußte sie es ihm erst zeigen und vorführen, was noch ganz gut ging, als sie einen seitlichen Zopf flocht. Paul mußte genau beobachten und dann nachmachen. Gundula kommentierte und griff dann ungestüm ein, wenn ihr etwas nicht gefiel. Dabei berührten sich ihre Hände und ein Schauer und ein heftiges Prickeln ließ sie zurückzucken. Aber es mußte getan werden und so zeigte sie ihm weiter, wie er richtig flechten mußte. Und wenn sie dabei seine Hand berührte oder er die ihre, so war das Prickeln gar nicht so unangenehm. Wie übrigens an sich der Sachverhalt, daß er ihre Haare kämmte und sie dann flocht. Ihr Herz schlug schneller und nach anfänglicher Unruhe entspannte sie mehr und mehr, ließ ihn dann einfach machen und genoß, daß er sich um sie kümmerte. Aber, das war ja im Grunde ganz klar, so dachte sie, immerhin war sie die Prinzessin, da war es doch selbstverständlich, daß man sich um ihr Wohlbefinden kümmerte. Daran war nichts Besonderes. Nichts anderes wäre zu erwarten. Paul trieb dann noch irgendwie geeignete Klammern auf, mit welchen sie die geflochtenen Zöpfe im Kopfhaar fixieren konnte, damit sie wirklich nicht mit ihrem langen Haar irgendwo draußen im Gestrüpp hängenblieb. Die Klammern waren zwar nicht besonders schön, sie waren einfach und schmucklos, eigentlich nicht angemessen für eine Prinzessin, aber unter den gegebenen Umständen wohl das beste, was sie derzeit bekommen konnte.
Paul lud sie dann zum Abendessen ein, nun nicht nur Brotstücke, obwohl frisches Brot auch dabei war, dazu auch Gemüse und Obst und Tee. Gundula konnte gut etwas zu essen gebrauchen und griff ohne Umstände mit der Selbstverständlichkeit einer Prinzessin zu, der irgendwie sowieso alles gehörte. Das Essen war einfach, aber gut und nahrhaft. Und aufgrund der guten Fortschritte wollte Gundula auch nicht mäkeln, mehr als solch ein einfaches Mahl konnte sie hier auch nicht erwarten - und im Grunde mochte sie die frischen Dinge aus dem Garten, das war etwas Unmittelbares, Wahrhaftiges. Das war etwas ganz anderes als das aufwendige Essen auf den Banketten am Hof - vielleicht war das alles wirklich etwas dekadent dort und sie zeigte, daß sie das Mahl hier zu schätzen wußte, indem sie noch einmal gut zugriff. Paul staunte schon etwas, daß sie bei der guten Figur so ordentlich zugriff, doch er wußte das zu schätzen, denn immerhin schien sie nicht so ein albernes Püppchen bei Hofe zu sein, zwar kompliziert in ihrer Art, aber doch auch recht authentisch und direkt.
Sie ließen sich Zeit und plauderten ein wenig über das Essen und über einige Belanglosigkeiten, wobei Gundula auch über ihr Leben am Hof berichtete, um noch einmal in aller Deutlichkeit zu unterstreichen, wer sie war. Dabei war sie natürlich so mit ihrem eigenen Schicksal und der Darstellung der eigenen Person beschäftigt, daß sie nicht einmal daran dachte, nach Paul und dessen Leben zu fragen. Das war doch nicht von Belang. Was jetzt wichtig war, war ihr Heimweg als nächster Schritt.
Aber zunächst mußte sie feststellen, daß das bisherige Abenteuer sie doch sehr ermüdet hatte. Sie brauchte ein ordentliches Nachtlager, ein angenehmes Bett. Auch Paul machte sich bereits Gedanken, wie er seinen Gast zur Nacht unterbringen konnte. Da sie nun keine Kröte mehr war, war die Option mit der gemütlich gemachten Fensterbank natürlich erledigt. Aber er hatte hier nur ein Bett für sich selbst. Was also tun? Jedenfalls tat er den Sachverhalt erst einmal kund, daß er leider kein Gästebett habe, sie also improvisieren müßten.
Das behagte Gundula gar nicht. Sie erwiderte nur kurz: "Wo schläfst du? Zeig mir das!" Paul fragte erst einmal nicht nach, sondern führte sie in den anderen Raum, in welchem auch sein Bett stand. Gundula sah sich um, inspizierte kritisch und mit spitzen Fingern erst die weitere Umgebung des Bettes, dann dieses selbst, resümierte schließlich: "Das wird für mich und heute schon gehen, aber du mußt es natürlich frisch beziehen! Dann kannst du dich zurückziehen!"
Nun war Paul schon etwas aufgebracht. Natürlich hätte er ihr das Bett schon angeboten und hätte selbst nebenan mit ein paar Decken improvisiert, aber diese Selbstverständlichkeit, mit der sie hier kommandierte, ging ihm nun doch schon ordentlich gegen den Strich: "Also, ich habe dir das Bett nicht angeboten, ich wollte dir eher nebenan ein paar Decken auf den Boden legen, vielleicht etwas Heu darunter, damit du es bequem hast."
Gundula schaute ihn streng an, konnte es nicht fassen, was für ein Bauerntölpel! Sie erwiderte aber nur knapp: "Das ist nicht akzeptabel! Ich bin eine Prinzessin! Du kannst mich nicht am Boden im Heu schlafen lassen!"
Paul zog mittlerweile genau dies ernsthaft in Erwägung, oder auch, sie einfach vor die Tür zu setzen. Es war Sommer, das würde sie schon überstehen. Er konnte ihr ja eine Decke mitgeben. Er zog die Stirn kraus: "Du bist keine häßliche Kröte, sondern eine lästige Laus, eine fette Zecke am Wohlstandssack, ein verzogenes Gör. Du bist kein bißchen dankbar, für dich ist jede Hilfe selbstverständlich. Reicht man dir den kleinen Finger, nimmst du gleich die ganze Hand! Warum, ja warum sollte ich dich nicht einfach hinauswerfen, um wieder meine Ruhe zu haben?"
Erst empört, dann aber doch verunsichert schaute Gundula ihn an. Das würde er ihr doch nicht antun, sie einfach vor die Tür setzen, schutzlos in die Nacht hinausjagen. Sie war eine Prinzessin! Sie zitterte, lief dann in den anderen Raum, setzte sich an den Tisch und schlug die Hände vor das Gesicht. Sie war jetzt nicht der Typ, der heulte, flennte und bettelte, aber nun hatte sie doch etwas Angst, wieder ganz allein zu sein. Dieser Paul war nicht so harmlos und einfach, wie sie gedacht hatte, beziehungsweise, eigentlich hatte sie das gar nicht gedacht, sondern war einfach darüber hinweggegangen, was er sein mochte. Und nun drohte er, sie hinauszuwerfen. Mußte sie jetzt nachgeben? Kompromisse eingehen? Sie war ganz unsicher geworden.
Paul war etwas überrascht, daß sie nichts gesagt hatte, er hatte fest mit weiterem Gezeter und empörten Anweisungen gerechnet. Aber nein, jetzt saß sie erst einmal brav und still am Tisch. Eine Lösung war das nicht, aber schon einmal ein Fortschritt. Offenbar hatte er sie wenigstens ein wenig verunsichert, ihren etwas fiesen, arroganten, hochnäsigen Zug ausgebremst. Nun, so dachte er, sie ist kein Kind mehr, also zu spät für Erziehung. Sie hat ihre eigene Persönlichkeit, das mußte er respektieren, sich aber deswegen noch lange nicht alles gefallen lassen. Er ließ sie erst einmal sitzen, ging zurück ins andere Zimmer und bezog schon einmal das Bett neu, denn die weitere Entwicklung schien ihm klar, die Zicke würde sowieso im Bett landen und er im Heu, aber ein wenig Drama vorher konnte ihr sicher nicht schaden.
Als er fertig war, ging er zurück ins andere Zimmer, wo Gundula noch immer mit dem Händen vor dem Gesicht reglos am Tisch saß. Das tat ihm schon beinahe ein wenig leid, aber auch nur beinahe. Dachte sie wirklich, er würde sie hinauswerfen? Sie hätte ja nur das Angebot mit dem Decken im Heu annehmen müssen, um die Situation zu lösen. Wortlos setzte er sich auch an den Tisch, ihr gegenüber. Das hatte sie wohl mitbekommen. Eine Weile war Stille, bedrückende Stille.
Paul wollte schon etwas sagen und einknicken, um dann doch noch zu etwas Schlaf zu kommen, aber da nahm Gundula endlich
die Hände vom Gesicht und fragte sehr leise:
"Gilt das Angebot mit den Decken und dem Heu noch? Du wirfst mich doch nicht raus?"
Sie schauten sich beide tief in die Augen.
Aber diesmal war Gundula ziemlich erledigt und hatte keine Kraft für solch ein Duell.
Schnell und verlegen schlug sie die Augen nieder.
Irgendwie hatte sie den Bogen überspannt, ganz offenbar ließ sich Paul nicht alles bieten.
Paul antwortete nach einer Pause: "Du kannst mir helfen, Heu von nebenan zu holen.
Dann legen wird Decken drüber und das Nachtlager ist fertig."
Gundula nickte nur wortlos und folgte ihm.
Zusammen schafften sie eine ordentliche Menge Heu herbei und aus dem anderen Zimmer aus einem Schrank ein paar Decken.
Das Ergebnis sah dann auch ganz akzeptabel aus.
Paul reichte ihr auch eine Zahnbürste und sie machten sich für die Nacht fertig.
Als sich Gundula schon in das improvisierte Nachtlager legen wollte, grinste Paul aber und sprach:
"Ich habe das Bett längst frisch bezogen, kannst natürlich da schlafen."
Gundula öffnete den Mund, war aber sprachlos, nickte nur, lief in das andere Zimmer und kuschelte sich tief in das weiche Bett mit einem guten, frischen Geruch. Sie durfte nicht mehr so herumkommandieren, sah sie nun ein. Paul hatte ihr eine Lektion erteilt. Sie mußte lernen, sich zu benehmen, ihn zu respektieren. Sie sah ein, sie war sein Gast, sie war auf ihn angewiesen. Aber er hatte ihr auch letztlich das Bett überlassen. Das verbuchte sie aber nicht mehr als ihren Sieg, mehr als ein Geschenk. Und hier in dem weichen Bett ließ sie nun plötzlich los und akzeptierte ihre Lage und auch Paul als eigene Persönlichkeit. Doch sie war jetzt viel zu müde, um weiter nachzudenken. Sie drehte sich im Bett herum und vergrub sich tief darin und schlief gleich ein.
Als Gundula wortlos in den anderen Raum gegangen war und sich im Bett versteckt hatte, löschte er in diesem Raum das Licht und schloß die Tür, schüttelte den Kopf, räumte noch etwas auf, schloß auch die Haustür und löschte alle Lichter und legte sich ins improvisierte Nachtlager, welches übrigens recht bequem war. Er überdachte die Geschehnisse des Tages nur kurz, war aber auch müde und schlief ebenfalls schnell ein.
Morgens erwachte Paul zuerst, wusch sich draußen an der Pumpe, zog sich an, setzte Wasser für den Tee auf,
ging dann zur Tür, klopfte laut vernehmlich und rief: "Guten Morgen! Aufstehen, ich mache Frühstück!"
Drinnen blieb es kurz still, dann ließ sich die leise Stimme der Prinzessin vernehmen: "Komme gleich!"
Paul wendete sich wieder den Frühstücksvorbereitungen zu und hinter ihm flitzte die Prinzessin knapp
bekleidet mit ihren Sachen auf dem Arm durch den Raum nach draußen zur Morgentoilette.
Frisch gemacht und komplett gekleidet kam sie dann bald darauf wieder herein und setzte sich, langte kräftig zu. Ihr Selbstbewußtsein war offenbar mit gutem Appetit zurückgekehrt. Neugierig fragte sie dann auch gleich, wo sie eigentlich derzeit seien. Paul erklärte ihr, sie sei mehrere Tagesfußmärsche von ihrer Heimat entfernt, nannte den Namen der Region Wrec. Gundula forderte: "Du mußt mich nach Hause bringen! Wir sollten nicht zögern!"
Unzufrieden runzelte Paul die Stirn, sie forderte schon wieder.
Er schüttelte den Kopf: "So einfach ist das nicht. Ich werde sicher nicht gleich so mit dir losziehen,
um dich nach Hause zu bringen, ich habe hier auch noch ein bißchen was zu tun..."
Klar mußte sie wieder irgendwie nach Hause, aber das wollte sorgfältig vorbereitet sein,
das brach man nicht so über das Knie, von jetzt auf gleich einfach mal so los, dazu hatte er gar keine Lust.
Gundula aber war schon wieder sehr ungeduldig und über Widerspruch aufgebracht:
"Aber ich muß hier weg, will nicht länger hier verweilen, ich bin doch hier sowieso nicht willkommen.
Willst du mir nicht helfen, so ziehe ich alleine fort!"
Paul schüttelte den Kopf, das konnte sie auch vergessen, dachte er sich, laut aber begann er zu erklären:
"Da du Prinzessin eines Nachbarreiches bist, ist dir vermutlich auch bekannt, daß das Reich Bractland,
zu welchem die Region Wrec gehörte, derzeit durch einen Putsch ins Chaos gestürzt ist.
Gut, die Region Wrec war ja nur einmal irgendwann annektiert worden und hatte nun die Chance genutzt,
die Unabhängigkeit zu erklären, zudem hat man die Republik ausgerufen und hat begonnen, die
Regionsverwaltung in eine Regierung umzuwandeln und allerhand Neuerungen durchzuführen.
Da gibt es derzeit noch viel Unruhe, aber das Gröbste haben wir hier wohl überstanden und
die Lage beruhigt sich langsam wieder.
Dennoch ist das nun keine Gegend, wo junge Prinzessinnen mal eben allein nach Hause marschieren.
Mit den Leuten aus der Region Wrec selbst mag das vielleicht noch gerade so angehen, die allermeisten sind
ruhige, nette Leute, aber aus Bractland ist allerhand Gesindel herübergekommen.
Die fliehen entweder vor dem Chaos oder den Unruhen dort und es sind Provokateure oder sonstige Gestalten,
die die Gunst der Stunde zu nutzen versuchen. Dein Weg führt zunächst auf die Grenze zu Bractland zu
und dann eine langes Stück fast parallel dazu, also maximal ungünstig. Und ein anderer Weg würde dir sehr
lang werden, der würde dann erst einmal weg von deiner Heimat führen und über einen weiten Umweg dann
zurück, du wärst Wochen unterwegs und das allein in einem Land im Umbruch."
Gundula schaute ihn an und unterbrach ihn: "Ich bin nicht so hilflos, ich kann mich selbst gegen einen Angreifer verteidigen,
ich habe keine Angst!"
Paul nickte: "Ich traue dir wohl zu, daß du dich selbst gegen einen Gegner verteidigen kannst und trainiert worden bist.
Doch das hier sind keine netten Trainingsgegner.
Mögliche Angreifer, denen du auf dem Weg begegnen magst, wissen zudem ja gar nicht, daß du dich verteidigen kannst.
Die sehen eine Frau, die sie ausrauben oder gar mißbrauchen können.
Die sehen kaum auf das Ende. Und wenn du kämpfst, kämpfen die auch, selbst wenn du gewinnst, kannst du doch verletzt werden.
Zudem, selbst wenn man sehr stark und wehrhaft ist, so ist man doch recht chancenlos gegen drei, vier oder fünf rücksichtslose Gegner.
Das wirst du wohl einsehen. Wir müssen planen und dann in ein paar Tagen vielleicht..."
Gundula unterbrach erneut: "Gibt es denn keinen Ort in der Nähe, von wo eine Kutsche in mein Reich abfährt oder wenigstens in die Richtung zu einer größeren Stadt?" Paul wies grob in eine Richtung: "Das nächste ist ein kleiner Flecken, also ein paar Häuser, ein Händler etc, keine richtige Stadt, von da aus geht es schon weiter zu einer Stadt, aber Kutschen fahren derzeit nicht. Wer derzeit reisen will, muß das schon selbst organisieren. In ein paar Monaten mag das schon wieder etwas besser aussehen!"
Nun schüttelte Gundula energisch den Kopf, ein paar Monate wollte sie keinesfalls bleiben. Das wäre unerträglich. So schwiegen sie eine Weile und frühstückten weiter. Gundula grübelte indessen, wie sie Paul doch noch überzeugen könnte. Vielleicht, so überlegte sie, sollte sie einfach etwas mehr Interesse zeigen, um ihn so zu bewegen, ihr nach Hause zu helfen. Ihr war schon längst aufgefallen, daß er nicht gerade eine Statur hatte, die für einen Bauern passend gewesen wäre, auch seine Hände waren fein, gut gepflegt und die Haut weich, der ganze Paul nicht von körperlicher Arbeit gezeichnet. Also riet sie einfach drauf los: "Du kommst doch auch nicht von hier. Wie bist du hierher gekommen?"
Paul nickte: "Als sich abzeichnete, daß in Bractland nichts mehr zu retten war und das Chaos ausbrach, die dortige Königsfamilie von Putschisten verfolgt und ermordet worden war, habe ich mich entschlossen, zu gehen. Da war es günstig, daß auch gerade die Region Wrec sich unabhängig machen wollte. Ich nutzte die Gelegenheit und habe dieses Gut günstig kaufen können und bin hierher gezogen. Das meiste Land des Gutes ist ohnehin verpachtet und das Gut war ziemlich vergessen. Der Krise angemessen habe ich mich mit meiner Besitzurkunde eben vorgestellt und habe schnell etwas mit den Leuten ausgehandelt hinsichtlich der Pacht. Die stehen nun viel besser da als zuvor und mir bleibt noch genug, um ergänzt durch eigene bescheidene Bemühungen genug zum Leben zu haben. Ich kümmere mich hier in diesem Bereich um einiges und organisiere einige technische Dinge, etwa die Bewässerungsanlagen auch für die Pachtgebiete. Zum Glück haben wir auch ein großes Stück Land mit vielen guten Obstbäumen, das wird gemeinsam bewirtschaftet und alle haben etwas davon. So kommen wir hier zusammen ganz gut klar. Es gibt hier auch Räte und Gremien im Kleinen, auch um die neue Republik zu organisieren. Ich helfe mit, gebe hier Rat, schreibe da einen Vorschlag, sehe zu, daß die Dinge gut vorankommen."
Gundula war überrascht, also doch kein so ganz ahnungsloses Landei. Von den Problemen in Bractland hatte sie gehört,
hatte dem aber nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt. In ihrem Land war alles ruhig geblieben, das grenzte nur an die
Region Wrec hier, die ruhig blieb. Zwar hatte man einiges vom Militär verlegt, aber sonst nichts weiter unternommen.
Der Mord an der Königsfamilie war schrecklich, wohl alle ausgelöscht, ermordet.
Sie erwiderte: "Von der Katastrophe in Bractland habe ich natürlich gehört, schrecklich das mit der Königsfamilie ..."
Paul griff das gleich auf: "Die hatten sich als schreckliche Tyrannen erwiesen und plagten das Volk. Trotzdem hat es natürlich
niemand verdient, ermordet zu werden. Zumal die Putschisten nicht besser gewesen sind, unter denen drohte alles noch schlimmer
zu werden, so gab es weitere Gruppen und es begann ein grausiger Kampf um die Macht, der alles ins Chaos stürzte.
Derzeit ist letztlich nichts unter irgendeiner Kontrolle, doch einige Gruppen beanspruchen verschiedene Zonen und man
kämpft noch immer. Derweil ist die Versorgung zusammengebrochen und viele trauen sich nicht mehr aufs Land, um Nahrung
zu produzieren. Immer besteht die Gefahr, geplündert zu werden, wenn man Nahrung oder Vermögen hat. Die Situation ist
noch deutlich schlimmer geworden, es war schon arg, als ich gegangen bin, doch es etabliert sich einfach keine neue
Ordnung, gemäßigte, vernünftige Kräfte können sich nicht durchsetzen gegen die eigennützigen Tyrannen, die die frühere
Regierung offenbar irgendwie hervorgebracht hat. Man hat einfach komplett versagt und das Volk ausgenommen."
Gundula führte nun aus: "Ich mußte feststellen, daß auch in meinen Reich einiges in Unordnung geraten war, meine Eltern und der Reichskanzler sind alt und ich war zu jung oder zu uninteressiert, um mich zu kümmern, da war einiges aus dem Ruder gelaufen. Doch nun habe ich zusammen mit dem Reichskanzler und einigen vertrauenswürdigen Ministern längst begonnen, aufzuräumen, neue Projekte anzustoßen, um das Land voranzubringen und das Leben der Menschen zu verbessern. Doch das hat natürlich gerade jene gestört, die lieber weiter im Trüben gefischt hätten, die lieber ihr eigenes Süppchen gern weitergeköchelt hätten. Jene Fee oder Hexe, selbst Mitglied des Kronrates, ist eine solche Person und wohl auch deshalb hat sie mich in eine Kröte verwandelt und fort in diesen Teich gezaubert. Nun droht auch in meiner Heimat Unheil und Chaos, wohl nicht, weil ich bislang wirklich viel erreicht hätte und deshalb fehlen würde, sondern weil sich alles darauf ausgerichtet hatte, daß mit mir oder durch mich über die Zukunft entschieden wird. Ich muß zurück, um die Intrigen zu stoppen und dem Land wieder Ruhe zu geben, das duldet keinen Aufschub!"
Paul verstand sie besser, als sie hätte vermuten können und seufzte: "Wie dringend das auch ist, du mußt dich etwas gedulden.
Deine Leute werden auch ein paar Tage ohne dich auskommen, du mußt ihnen etwas zutrauen, insbesondere jenen, denen du
vertraust und die auch bislang die Geschicke des Landes gelenkt haben und für Stabilität gesorgt haben."
Gundula nickte zögernd, aber ein paar Tage waren für sie bereits eine lange Zeit.
Nach dem Frühstück räumten sie gemeinsam die Sachen zusammen, wuschen ab. Dann zeigt Paul Gundula den benachbarten Gemüsegarten und es war schnell klar, daß Gundula sich mit Pflanzen ganz gut auskannte, wenigstens von der Theorie her, Namen und Eigenschaften waren ihr vertraut. Das freute Paul, das zeigte eine andere Seite an ihr und in dem Garten wurde sie ruhiger und ausgeglichener und erfreute sich an den Pflanzen und daran zu erzählen, was sie über sie wußte.
Sie zogen dann ein Stück über das Gut und Paul zeigte ihr einige schöne Ecken. Von einer Stelle aus konnte man auch die großen Obstwiesen überblicken, nicht weit davon entfernt konnte man auch vom Weg aus den Flecken erkennen, ein paar Häuser in einiger Entfernung, die Paul bereits erwähnt hatte. Gundula bekam der Ausflug sehr gut.
Dann sah sie unvermittelt etwas weiter weg ein größeres, prächtigeres Haus, viel besser als das kleine Haus von Paul, was aber auch zum Gut zu gehören schien und fragte diesen danach. Paul schaute: "Das ist das eigentliche Gutshaus. Ich wohne nur in einem kleineren Verwaltungshaus, denn mit dem großen Haus würde ich gar nicht fertigwerden, da braucht man Personal. Da wohnt schon lange niemand mehr, beziehungsweise früher gab es mal Besuch ein paar Monate im Sommer, aber das ist nun ja vorbei, auch durch das Chaos in Bractland. Die früheren Besitzer haben ja auch wegen der Unruhen und der instabilen Lage günstig verkauft und sind weiter fortgezogen."
Gundula aber fragte nach, ob das Haus möbliert sei. Paul führte aus, das sei der Fall, aber alles abgedeckt natürlich, um die Dinge vor Staub zu schützen. Und da kam bei Gundula wieder die Prinzessin durch, mit gerunzelter Stirn sprach sie: "Du hast so ein großes Haus, voll eingerichtet? Und du bietest mir nur ein Lager auf Heu an? Zeig mir das Haus, ich will es sehen!"
Der Kommandoton gefiel Paul natürlich gar nicht. Er schüttelte den Kopf: "Wenn ich dich daran erinnern darf - du hast im Bett geschlafen, ich im Heu, was beklagst du dich also? Natürlich, das große Haus ist viel komfortabler, aber wegen dir nehme ich das nicht in Betrieb, das wären mehrere Tage Arbeit für mich allein, was denkst du dir? Wir werden uns das Haus jetzt nicht ansehen, das geht dich gar nichts an. Du willst hier weg, warum also Zeit damit vertun und sich um das Haus kümmern? Oder machst du schon wieder auf hochnäsige Prinzessin, um mich zu provozieren?"
Das war Gundula bei seinen Worten gerade auch aufgefallen. Er kümmerte sich immerhin um sie und er mußte über sein Gut entscheiden. Das große, prächtige Haus hatte sie schon gereizt und neugierig gemacht, aber sie sah ein, das war nicht ihr Reich. Ja, sie ließ es ein für alle Male in ihre Gedanken sickern, sie war hier nicht daheim, sondern allenfalls Gast, vielleicht auch nur geduldet. Sie nickte nur und meinte leise, sie habe ihn nicht provozieren wollen. Die gute Stimmung war nun allerdings dahin und wich einer etwas gedrückten Stimmung, obgleich Paul bei ihrem Rundgang noch ein paar schöne Stellen zeigte.
Aber bis sie kurz vor Mittag wieder beim Haus waren, ging es schon wieder besser. Paul hatte sie auch auf einige schöne Bäume und Pflanzen hingewiesen und er hörte wirklich interessiert zu, was sie zu erzählen wußte. Und das freute sie dann wieder. Über solche Dinge konnte sie nur selten vor einem interessierten Zuhörer reden, das bedauerte sie immer daheim. Paul konnte zuhören - und nicht nur das - es interessierte ihn sogar und er fragte sogar nach und kam dabei schnell zu Dingen, die sie sich teilweise auch schon gefragt hatte, wo sie aber bislang in den Büchern auch keine Antworten gefunden hatte. Da lebte sie wieder richtig auf und sie diskutierten, stellten Hypothesen auf, die sie sich noch notieren wollte, um zu suchen oder gar später prüfen zu lassen.
Beim Haus angekommen, fragte Paul, ob sie nicht im Garten etwas frisches Gemüse pflücken wolle,
es gäbe auch ein paar Obstbäume hier, ob sie nicht ein Mittag bereiten wolle, er müsse noch etwas erledigen.
Dabei schaute er sie an, als hätte er noch hinzufügen wollen,
ob es überhaupt statthaft sei, einer stolzen Prinzessin einen solchen Vorschlag zu machen.
Gundula hielt dem Blick aber stand. Sie hatte nicht viel Erfahrung im eigenhändigen Zubereiten von Mahlzeiten,
aber sie kannte sich aus und hatte im Garten manch schmackhafte Kräuter, gute und nahrhafte Pflanzen gesehen.
Sie nickte: "Gut, mache ich! Wann bist du wieder da?"
Paul nannte die Zeit und verschwand dann zügig hin zu den Dingen, die er erledigen wollte,
etwas mit der Bewässerungsanlage hatte Gundula einer weiteren flüchtigen Bemerkung entnommen.
Paul kam zur angekündigten Zeit wieder und Gundula hatte das Essen auch beinahe fertig. Und als sie es probierten, war Gundula ziemlich froh, daß es schmeckte und zwar ganz offenbar nicht nur ihr. War also alles gar nicht so schwer. Sie konnte nicht nur herumsitzen und theoretisieren. Paul fand das Essen auch ganz in Ordnung, aber davon war er ausgegangen, denn Gundula kannte sich offenbar aus im Garten, da war es nicht so weit, um daraus was zu machen. Gute Idee, ihr das zuzutrauen und sie mal machen zu lassen, das lenkte sie ab und die Stimmung war wieder besser, denn es war ihr anzusehen, daß auch sie mit dem Ergebnis zufrieden war.
Nach dem Essen räumten sie ab und auf. Und dann legte Paul die Karten auf den Tisch, also wirklich. Hier im Haus hatte er nur welche vom Gut und der näheren Umgebung, im Haupthaus gab es mehr, die hatte er auf dem Rückweg von den Bewässerungsanlagen mitgenommen. Eigentlich wollte er nicht in das Haus, aber was sollte er anderes machen? Aber es war weniger schlimm als gedacht. Ein paar Erinnerungen aus der Vergangenheit waren natürlich nicht zu vermeiden. So beeilte er sich, rein, in die Bibliothek, die Karten herausgesucht und zügig wieder raus. Als Gundula noch letzte Hand an das Essen legte, als er wiederkam, steckte er die Karten einfach erst einmal im Nebenzimmer zwischen die anderen, um sich nach dem Essen mit ihr darum zu kümmern. Im Haupthaus wollte er sie wirklich nicht haben, das wäre dann wirklich zu viel für ihn gewesen, sie hätte zu viele Fragen gestellt.
Paul zeigte Gundula erst die Karte vom Gut und der Umgebung.
Das war jetzt nicht so wichtig, aber sie schaute schon genau.
Damit konnte sie sich in der näheren Umgebung zurechtfinden und das ging besser als mit dem Rundgang.
Die Regionskarte zeigte dann schon die wesentlichen Wege für ihr Anliegen und Gundula studierte alles genau.
Paul wies darauf auch nochmals auf die nahe Grenze hin.
Gundula sah so genau, auf dem Weg war wirklich nicht so viel, aber immerhin ein paar Dörfer.
Der Weg an sich erwies sich als einfach zu finden, eben nur weit, besonders ohne Transportmittel.
Auch der Weg in ihrem Reich war Gundula nicht genau bekannt, aber da würde sich sich schon zu helfen wissen,
ließ sie mit Selbstvertrauen wissen.
Trotzdem schauten sie auch da auf eine Karte.
Sie schmunzelte: "Die ist schon älter!"
Paul stimmte zu, er hatte bislang keinen dringenden Bedarf an Karten über das Reich, hatte bislang keinen Besuch geplant.
So studierten sie also bis zum Abend und stellten ein paar Schätzungen an, was sie wohl brauchen könnten, um zum Ziel zu kommen. Dann war auch schon Zeit fürs Abendbrot. Sie plauderten noch ein Weilchen bis in die Nacht, wobei Gundula vorrangig von ihrem Land erzählte und von neuen Projekten, die sie mit angestoßen hatte und die Studien und Experimente, die sie angeregt hatte - und da war Paul doch ganz beeindruckt von ihrer Gedankenwelt.
Die Einteilung hinsichtlich des Nachtlagers wurde nicht wieder diskutiert und so schlummerte man wie in der Nacht zuvor, aber durchaus entspannter.
Der Morgen gestaltete sich bis zum Frühstück ähnlich wie am Tag zuvor. Gundula hatte damit gerechnet, daß sie nun die Reisevorbereitungen entschieden vorantreiben würden. Paul erklärte allerdings, er müsse sich wegen der Regenfälle in den letzten Tagen um die Bewässerungsanlage kümmern, da erst einmal wohl eher mit Trockenheit zu rechnen sei, komme es nun darauf an, das aus den Bergen oder Hügeln kommende Wasser richtig zu verteilen und überschüssige Mengen auf verschiedene Speicher zu verteilen, sonst könnte es für die Ländereien in den kommenden Wochen recht trocken werden. Zudem, so führte er weiter aus, wolle er noch zu einem Treffen, sozusagen einem inoffiziellen Gremium, wo er zu erfahren hoffe, wie die aktuelle Lage an der Grenze aussehe und ob oder wann sie es wohl gut riskieren könnten, die Reise anzutreten.
Gundula war sichtlich enttäuscht, sie wollte endlich los. Paul merkte das wohl und dachte sich, Langeweile fördere ihre Ungeduld nur und schlug vor, sie könne doch derweil im Garten nach dem Rechten sehen und ordnen, was sie für richtig halte, sie habe ja gestern schon an einigen Stellen entsprechende Anmerkungen fallenlassen. Aber sie solle es schon ruhig angehen lassen, denn dem Garten gehe es ja schließlich so schlecht nicht und die anstehende Reise würde ihnen ja schon einiges abverlangen, da wäre es albern, sich schon vorher an dem Garten zu erschöpfen.
Gundula bedachte sich, einerseits war sie Prinzessin und Gartenarbeit eigentlich nicht ihre Angelegenheit, andererseits hatte sie eine Unterkunft und zu essen. So nickte sie. Sie verabredeten sich noch ähnlich wie am Vortag zum Essen, welches Gundula wieder zubereiten sollte.
Nach dem Abräumen und Säubern des Frühstücksgeschirrs zog Paul los. Gundula begab sich in den Garten, aber sie war noch immer enttäuscht. Ein paar Sachen erledigte sie, doch das vermochte sie nicht wirklich zu beruhigen. Sie wollte los und dieser Drang war nicht zu bändigen. Den Weg zu dem Flecken mit einem Laden kannte sie ja nun, hatte die Häuser gar gestern von weitem bereits gesehen. Sie ging zurück ins Haus und überlegte. Sie hatte kein Geld, wenigstens etwas wäre für die Reise aber sicher sehr nützlich gewesen. Als Prinzessin war sie mit richtigem Geld nicht so vertraut. In ihrer Welt war Geld eher eine abstrakte Zahlenaufstellung in irgendwelchen Bilanzen, die es auf Manipulationen zu prüfen galt. In diesem Falle mußte sie wohl nach Münzen oder Scheinen mit Zahlen und Köpfen bekannter Herrscher drauf suchen.
Als sie aber so die Schubladen durchsuchte, gar etwas von diesem Bargeld fand, bekam sie ein schlechtes Gewissen. Sie war immerhin Gast, da konnte sie nicht einfach mitnehmen, was man ihr nicht gegeben hatte. Also schloß sie die Schublade wieder ohne etwas einzustecken. Bei den Karten war die Entscheidung schon schwerer. Das waren auch eindeutig nicht ihre, aber sie brauchte wenigstens die von der Region Wrec hier, um voranzukommen. Aufgrund ihres gemeinsamen Studiums gestern waren die Karten für die Reise gedacht, aber nicht unbedingt, daß sie sie einsteckte und damit alleine loszog. So nahm sie doch lieber ein paar leere Blätter und einen Stift und pauste die wichtigsten Teile der Karte ab. Sie schaute sich dann den Stift, der sehr gut in der Hand lag, etwas genauer an, das war wirklich ein sehr gutes Exemplar. Er hatte gar eine goldene oder vergoldete Spitze für die Tinte, sonst aber wenig Verzierungen, robust, lag aber hervorragend in der Hand, das Gewicht genau austariert. Daß Paul solch ein gutes Schreibwerkzeug hatte, schien ihr etwas über ihn und seinen Stand zu verraten, ähnlich wie die weichen, grazilen Hände, die sie mochte. Da verbarg sich mehr als er erzählt hatte. Woher hatte er das Geld, um dieses Gut zu kaufen, selbst wenn es wegen der Krise günstig zu bekommen war? Was hatte er eigentlich vorher gemacht? Er war offenbar gebildet und kannte sich mit technischen Angelegenheiten aus, hatte aber ähnlich wie sie auch ein angelesenes(?) Wissen über viele Dinge, auch über die Pflanzen auf dem Gut.
Nun, allerdings hatte sie ein anderes Ziel, sie mußte los. Pauls Geheimnisse oder wenigstens seine Vergangenheit waren nicht ihre Angelegenheit und ihn schien die Lage in seiner alten Heimat nicht sehr zu drücken. Er fühlte sich hier wohl, womit sie unter anderen Umständen unbedingt einverstanden gewesen wäre, das war ein wunderbares Gut, eine schöne Landschaft. Hier konnte man es eigentlich gut aushalten, kein Wunder, daß Paul keine Lust auf die Reise hatte. Sie drängte es aber unbedingt Heim!
Mit nicht viel mehr als der geschenkten(?) Kleidung auf dem Leib und etwas Wasser eilte sie davon, den Weg entlang und mit klopfendem Herzen. Sehr wohl war ihr nicht dabei, aber sie konnte sich wehren, war nicht so hilflos, so schutzbedürftig, unselbständig, wie Paul wohl immer noch annahm. Sie würde sich schon irgendwie durchschlagen. Erst einmal zu dem Laden. Dort würde sie schon etwas für die Reise organisieren können. Wie eigentlich? Man kannte sie ja nicht und sie hatte auch nichts von diesem Bargeld! Sie war ja auch nicht besonders diplomatisch und unter den gegenwärtigen Umständen war es wohl auch mit einem Kredit kompliziert. Sie konnte immerhin versuchen, Paul als Bürgen zu erwähnen, das stimmte zwar nicht genau, aber wenn sie wieder daheim war, würde sie für ihre Schulden schon komplett aufkommen, sie wollte niemandem etwas schuldig bleiben. Und dann dachte sie auch an die Kandidaten und Verehrer. Irgendwie waren die immer recht schnell bereit, irgendeine Dummheit für sie zu machen, wenn sie sie nur anlächelte und ermunterte. Daß sie sich dann im Endergebnis selbst lächerlich machten, war das dann wirklich ihre Schuld? Wenn die nicht schlau und geschickt genug waren, die Prüfung überhaupt zu erkennen oder dann zu bestehen? Vielleicht, so dachte sie, könnte sie mit einem Lächeln und ein paar guten Worten auch auf ihrer Reise genug erreichen, um durchzukommen. Darauf wollte sie setzen.
So eilte sie entschlossen den staubigen Weg entlang und bald schon sah sie in der Ferne die paar Häuser, die den Flecken bildeten, also los, das war ihr nächstes Ziel!
Paul kam indessen ganz gut voran mit der Umleitung des Regenwassers aus den Bergen. Damit fertig, ging er übers Land und dachte nach, wie er die Prinzessin nun am sichersten nach Hause bringen konnte. Ganz wohl war ihm nicht dabei. Zwar konnte er sich auch verteidigen, war aber nicht der große Kämpfer. Und zwei Fußgänger, Mann und Frau auf einem langen Weg wirkten nicht allzu abschreckend auf potentielle Angreifer. Hätte sie wenigstens Pferde, würden sie zügig vorankommen. Die Bauern hatten welche, aber die brauchen sie selbst und die Prinzessin auf solch ein breites Bauernpferd zu setzen, war auch nicht richtig, da konnte er sie auch gleich auf einem Ochsen durch die Gegend treiben, wobei selbst der nicht einfach zu bekommen wäre. Derzeit hielten die Leute ihre Tiere und ihren Besitz hier gut zusammen.
Paul zögerte und hielt an. In der Ferne sah er eine Gestalt den Weg entlangeilen. Sie kam vom Haus. Das mußte Gundula sein! Was wollte sie hier? Sie eilte offenbar zum Flecken, wollte also weg! Offenbar wollte sie entgegen den gut gemeinten Absprachen eigenmächtig losziehen. So ohne Vorbereitung konnte das nur schiefgehen. Sie hatte sich hoffentlich genug Proviant eingesteckt. Viel Geld konnte sie nicht gefunden haben, er hatte nur wenig in Schubladen herumliegen, damit mögliche Diebe es gleich fanden und nicht allzu intensiv nach mehr suchten. So jedenfalls würde sie es nicht schaffen. Paul beschloß, ihr zu folgen. Sie war dickköpfig, erwachsen und selbständig, aber ein wenig verantwortlich fühlte er sich schon. Sie kannte sich besser mit Büchern, Räten und Gremien aus, nicht mit den Leuten vom Land und schon gar nicht mit Spitzbuben und Räubern, wobei er einräumen mußte - mit den üblichen Spitzbuben und Räubern kannte er sich auch nicht gut aus.
Gundula hatte dann irgendwann die Ansammlung von Häusern erreicht. Es war nun später Vormittag und bemerkenswert ruhig hier. Aber sie hatte keine Mühe, den Laden zu finden, um zu suchen, war der Ort definitiv zu klein. Es war ein Laden mit eher kleinem Schaufenster. Da schien man jedenfalls alles zu bekommen, was man auf dem Land so brauchte und nicht selber herstellte.
Sie stand vor der Tür und überlegte einen Moment. Spontan nahm sie die Klammern aus dem Haar, daß ihre Zöpfe lang herabfielen. Sie spiegelte sich im Glas der Tür. Kurzentschlossen löste sie auch die Zöpfe und schüttelte ihr langes, lockiges, prächtiges Haar auf. Vielleicht konnte sie damit ja Eindruck machen. Sie straffte ihre Gestalt wie zu einem offiziellen Auftritt, damit hatte sie sich noch immer Respekt verschafft. Als sie durch die Tür eintrat, klingelte oben ein kleines Ensemble von Glöckchen. Sie schaute sich um, hatte sich im Kopf schon grob zurechtgelegt, was sie brauchen würde. Und ein paar Sachen sah sie auch schon. Pauls Sachen waren ganz in Ordnung, um sich damit zu bewegen, aber sie brauchte auch Ersatz, einen Rucksack, etwas Proviant, Wasserbehälter, ein praktisches, einfaches Sommerkleid, ein großes Jagdmesser doch wohl, vielleicht eine Pistole und Munition, wenn man das hier bekommen konnte. Eine Flinte wäre zu schwer und zu sperrig gewesen.
Durch die Türklingel benachrichtigt, nahte nun ein junger Mann aus einem Hinterzimmer. Sichtlich erstaunt starrte er mit offenem Mund auf die Erscheinung in seinem Laden. Es war der Sohn des Krämers - und so etwas, solch eine Frau, ein Engel? hatte er hier in der Gegend noch nicht gesehen. Ihm stockte der Atem und der stotterte etwas Unverständliches. Und als dieses zauberhafte Wesen ihn auch noch freundlich anlächelte, rutschte, wie er meinte, sein Herz endgültig in die Hose, tatsächlich rauschte aber eine ordentliche Menge Blut in den Unterleib und bekundete da nur allzu deutlich, wie anziehend er dieses Wesen fand. Unterdessen, der Blutstau unten führte zu einem Mangel im Kopf und so hatte er etwas Mühe, den Ausführungen der jungen Dame zu folgen, die irgendwas erzählte, wozu er nur nickte, weil allein schon ihre Stimme ihn vollkommen in einen Bann schlug, daß es ihm vorkam, als sei er in einem Traum, einem sehr feuchten Traum. Seinen Blick konnte er nicht von ihren Lippen abwenden, wie köstlich sie sich bewegten, bei jedem Wort. Was für ein Himmelsgeschöpf, oder profaner: Was für ein Weib! Zum Gesamteindruck trug auf jeden Fall auch bei, daß ihr dünnes Hemd bei jedem tiefen Atemzug spannte und sich so die Wölbung ihrer Brüste gut abzeichnete. Der junge Mann mußte schlucken, als habe er eine Kröte im Hals.
Gundula bemerkte mit Genugtuung, daß sie bei dem jungen Mann eine gewisse Wirkung erzielte, die sie ähnlich bereits von diversen Kandidaten kannte. Das würde es ihr enorm erleichtern, hier etwas zu erreichen. Sie erzählte nur knapp von ihrem Reiseansinnen und von der etwas problematischen Lage, um die Beschützerinstinkte in dem jungen Kerl zu wecken, das schien zu klappen, denn er nickte verständnisvoll. Das ermutigte sie und sie begann, ihre Einkaufsliste mit ihm durchzugehen, was sich etwas schwieriger als gedacht gestaltete, weil sie irgendwie mehr Eindruck auf den Knaben machte, als für diesen Zweck förderlich war, aber egal, da sie bereits selbst einige Dinge gesichtet hatte, ging es ganz gut, also hin, auswählen, wobei die Auswahl meist ohnehin nicht besonders groß war, gestotterte Erläuterungen von dem jungen Mann abwarten, nicken, lächeln. Nicht zu vergessen: Ab und an eine zufällige Berührung, mit der Seite oder gar mit den Fingerspitzen auf seiner Hand, wenn er ihr etwas reichte. Sie beobachtete genau, das hatte gute Wirkung, den Burschen würde sie gut um dem Finger wickeln können. Sie hatte darin keine Erfahrung, eher im Gegenteil, zunächst war sie etwas unsicher, dann machte es aber auch Spaß, aus dem jungen Mann einen brabbelnden Idioten zu machen. Sie hätte nicht gedacht, daß das so extrem wirken würde, aber nun gut, sie mußte zusehen, wie sie zurechtkommen konnte. Und dabei war ihr die Aufführung eigentlich durchaus peinlich. Der arme Kerl machte sich zum Idioten, nur weil sie da war und sich mit ihm unterhielt. Das war ein wenig unheimlich, aber in ihrer jetzigen Lage auch sehr nützlich.
Der Rucksack und die wichtigsten Sachen waren schnell zusammengestellt, sie waren beinahe fertig, kamen aus den Tiefen des Ladens ein letztes Mal zurück an den Verkaufstresen, wo sich alles versammelt hatte, wonach Gundula derzeit begehrte, ein recht bescheidener Haufen, aber es mußte ja auch alles in den Rucksack passen und sie mußte es über eine lange Distanz tragen können, also bescheiden, minimalistisch, praktisch auswählen. Gundula war ganz damit beschäftigt, den Burschen irgendwie um den Finger zu wickeln, was nun wirklich nicht ihre Spezialität war, sie pflegte ja eigentlich lieber Verehrer abzuwehren und zu erschrecken oder zu blamieren. Dieser hier war von Minute zu Minute mehr für sie entflammt, was sie schon etwas sorgte. Vielleicht hatte sie doch übertrieben? Sie hatte da keine Erfahrung, aber sie mußte mit dem Rucksack voller Sachen auch irgendwie auf Kredit raus aus dem Laden, weswegen jetzt der heikle Aspekt der Angelegenheit begann.
Sie war ganz darauf konzentriert, ihren Plan, ihre Worte zurechtzulegen, um den Burschen zu überzeugen, daß sie gar nicht richtig mitbekam, was der Bursche stotterte und brabbelte. Aber irgendwie war der vor Liebe oder Leidenschaft entbrannte Bursche plötzlich auf sie zugeeilt, noch bevor sie etwas unternehmen konnte, hatte er sie zitternd umarmt und an sich gezogen! Das war doch völlig absurd. Sie war erstarrt, der Bursche war aber ohnehin nicht zu bremsen, sondern drückte gleich recht frech seine blassen Lippen auf ihren köstlichen, süßen Mund ...
'Plopp!' und dann 'Platsch!' und da war die Umarmung des jungen Burschen auch schon gelöst, ja der ganze Bursche war weg, beziehungsweise seine Kleidung wirbelte zu Boden und als Gundula verwundert und erschrocken hinuntersah, saß da eine äußerst verwirrte Kröte auf dem leeren Kleiderhaufen und quäkte stotternd und kläglich!
Praktisch im Moment der üblen Kußattacke wurde die Tür des Ladens aufgerissen. Paul war kurz zuvor angekommen und hatte durch das Fenster kurz beobachtet, was vor sich ging. Als aber der offenbar gänzlich betörte Krämersohn ansetzte, um Gundula mit einer Umarmung zu beglücken, stürmte er herein, und was dem Krämersohn bei der Aktion als himmlisches Geläut erschien, waren doch nur die Türglöckchen, die ob der aufgerissenen Tür heftig tönten!
Paul war schon sehr überrascht über die Verwandlung des Krämersohns, aber geistesgegenwärtig nahm er von der Seite eine guten Zinkeimer und stülpte ihn erst einmal umgedreht über die Krämersohnkröte auf dem Kleiderhaufen, die immer noch äußerst verwirrt war und noch gar nicht registriert, geschweige denn verstanden hatte, was eigentlich vorging.
Paul schaute Gundula nur an. Die senkte sehr verlegen den Kopf, ihre Wangen hatten sich gerötet, nicht etwa bedingt durch die Kußattacke, sondern weil Paul dicht vor ihr stand und sie ansah. Sie fühlte sich ertappt, wie ein kleines Kind, was ganz offenbar großen Blödsinn angestellt hatte. Paul aber schalt sie gar nicht aus, schaute nur eine Weile, erst auf sie, dann auf die Sachen auf dem Tresen und die Rechnung, welche der Krämersohn schon ausgestellt hatte.
'Endlich, Endlich!' dachte Gundula 'ich habe es verdient, ausgeschimpft zu werden!', als Paul die Stille brach: "Und nun?"
Gundula zuckte nur hilflos die Schultern, damit hatte sie nicht gerechnet, also weder,
daß der Bursche es einfach wagen würde, sie zu küssen, noch daß er sich in eine Kröte verwandeln wurde.
Aber genau das war geschehen.
Paul schaute sie schräg von der Seite an: "Du hast ihn heiß gemacht, um die Sachen auf Kredit oder geschenkt zu bekommen, oder? Und jetzt bist du betroffen, geschockt, daß er nicht nur auf die Anmache angesprungen ist, sondern auch gleich auf dich? Du bist hier nicht in deinem Palast oder Elfenbeinturm. Das hier ist die freie Wildbahn sozusagen."
Gundula verstand nicht genau, was er mit den Worten meinte, mit heißmachen oder anmachen, ahnte aber, daß bei ihrem Plan etwas gänzlich schiefgegangen war und daß das vorrangig ihre Schuld war. Nun kam sie sich wirklich wie eine dumme, einfältige Prinzessinenzicke vor, die gar nichts allein auf die Reihe bekam. Sie ließ die Schultern hängen und all ihr Stolz, ihr Selbstvertrauen, ihre Zuversicht waren dahin. Oh! Das war mehr als peinlich, sie hatte sich mehr als blamiert. Es war ganz und gar nicht angemessen gewesen, was sie hier veranstalten wollte. Es gab keine Entschuldigung, es war alles falsch, so sehr sie auch nach Hause wollte. Der Zweck heiligte doch nicht die Mittel! Sie stotterte ähnlich wie kurz zuvor noch der Krämersohn etwas unverständlich vor sich hin, riß sich dann aber irgendwie zusammen: "Ich bin eine blöde Zicke. Aber den können wir doch nicht so lassen!" dabei wies sie auf den Zinkeimer hinunter, der noch immer die Kröte unter sich verbarg.
Paul nickte nicht einmal, lehnte sich grübelnd an den Tresen, schien ratlos. Gundula wollte das alles ungeschehen machen und langsam arbeitete ihr Verstand wieder, obgleich er sich lieber verschämt in eine Ecke verkrochen hätte. Indes, die Situation erforderte seine Anwesenheit. Dann brach die Idee mit einem Male aus ihr hervor, noch bevor sie sie einer kritischen Prüfung unterzogen hätte oder dafür eine angemessene Formulierung gefunden hatte: "Du hast mich geküßt und ich bekam wieder meine menschliche Gestalt. Er hat mich geküßt und wurde zur Kröte. Du mußt ihn küssen, damit auch er sich zurückverwandelt!"
Paul schaute sie nur zweifelnd an: "Ich soll den von dir in eine Kröte verwandelten Krämersohn küssen?"
Gundula mußte gedanklich einräumen, daß sie das auch widerlich gefunden hätte, aber gab es einen anderen Ausweg?
Ihr Kuß hatte ja offenbar bereits Unheil bewirkt, wobei sie annahm, daß es in diesem Falle wohl letztlich gleich war,
daß der Bursche sie geküßt hatte, die Wirkung wäre wohl nicht reversibel, wenn sie nun diesen küßte - wobei eine Kröte
zum Burschen küssen - ihr lief es eiskalt den Rücken runter. Das war eindeutig eine Herausforderung, mit welcher der
gutmütige, ruhige, bedachte Paul viel besser fertig werden würde als sie.
Sie würde die arme Krämersohnkröte eher gegen die Wand klatschen, bevor sie sie küßte - und damit hätte sie ihren fatalen Fehler
nun wirklich nicht wieder gutgemacht. So also flüsterte sie kaum hörbar und was sie sagte fiel ihr wirklich schwer: "Bitte!"
Sie schaute ihn dabei nicht einmal an, sondern zu Boden, wo noch immer die Kleider von dem Burschen lagen.
Wie peinlich auch, wenn der wirklich plötzlich nackt vor ihr stehen würde, das mochte sie sich gar nicht vorstellen.
Bei Paul schon eher, mit dem war sie wenigstens schon etwas vertraut, aber das wäre eindeutig zu viel.
Erschrocken schob sie den Gedanken an einen nackten Paul beiseite und fuhr fort: "Bei mir wird es doch sicher nicht funktionieren,
bei dir vielleicht schon, du bist der richtige Mann, ich nur eine blöde, einfältige Prinzessin!"
Paul überlegte, konnte das klappen? Hatte sein Kuß etwa auch bei dem Krämersohn solch eine Wirkung? Konnte das möglich sein? Ein Krötenkuß war ihm im Grunde schon zu viel. Das Ergebnis war dann ja im Grunde so schlecht nicht, obgleich es ihm jetzt eine Menge Ärger bescherte, 'man wird eben immer für seine Taten bestraft' dachte er sich. Aber wenn es funktionierte, das Ergebnis eines verliebten, nackten, vielleicht noch erregten, mindestens aber sehr verwirrten Krämersohns schien nun gar nicht verlockend zu sein. Aber so lassen konnten sie das auch nicht, der arme Junge. Strafe hatte er vielleicht verdient, selbst wenn Gundula Blödsinn angestellt hatte und ihn becirct hatte, so war es doch keinesfalls in Ordnung, daß er diese gleich anfiel, denn es war wohl ausgeschlossen, daß Gundula ihn aufgefordert hatte, sich ihr zu nähern oder gar zu küssen. Selbst als Kröte war ihr das schon sehr schwergefallen und hier gab es einen solchen hinreichenden Zwang nicht. Schließlich sprach er, während er die Sachen in den Rucksack packte: "Also gut, du verziehst dich schleunigst, nicht nur aus dem Laden, sondern ganz auf den Weg zurück zum Haus. Wenn das mit dem Burschen hier klappt, tische ich ihm eine Geschichte auf, die zu seiner Verwirrung passen wird. Dann regele ich das noch mit den Sachen im Rucksack und komme nach."
Gundula nickte kaum und stürmte schon erleichtert durch die Tür nach draußen, daß die Glöckchen an der Tür nur so bimmelten. Sie rannte, als sei eine Horde Raubtiere hinter ihr her, schaute sich nicht um, rannte nur durch die heiße Mittagssonne, weiter, immer weiter zurück den Weg zum Haus.
Indessen zögerte Paul noch, raffte sich dann aber entschlossen auf. Mit arg verzogenem Gesicht näherte er sich dem Zinkeimer. 'Also los!' dachte er 'nun gilt es! (erneut)!' Und das war nun beinahe eine Bewegung, Eimer schwungvoll zur Seite, Griff nach der Kröte, Augen zu und durch, beziehungsweise: Kuß!
Schwuppdiwupp! und Wutsch! erneut wurde seine Hand vom Gewicht nach unten geschlagen, er wich zurück, öffnete die Augen. Gut der Anblick war sicher nicht schön in dem Sinne, jedenfalls nicht für ihn, aber es war immerhin wieder der Krämersohn, der da nackt auf seinem Kleiderhaufen stand, komplett verwirrt und verdattert. Das mußte Paul ausnutzen und so kritisierte er spontan: "Also wirklich, Karl!" (so hieß der junge Bursche) "Was fällt dir ein? Ziehst dich aus, stürmst auf mich los, küßt mich? Geht es dir noch gut? Schäm dich, das ist völlig inakzeptabel. Ich muß dir leider sagen, daß ich dein Interesse nicht erwidern mag, das ist sicher nicht meine Neigung! An sich ist das natürlich völlig in Ordnung, nur nicht gerade mit mir!"
Karl aber stotterte nur, war völlig verwirrt, barg nicht einmal das tatsächlich noch immer stehende Geschlechtsorgan mit den Händen und starrte recht blöd. Auch das wußte Paul zu nutzen: "Also, siehe, ich habe die Rechnung unterschrieben, bringe das Gelde bald abends vorbei, wenn dein Vater im Geschäft ist. So können wir diese Peinlichkeit sofort beenden. Ich verrate auch niemandem etwas."
Tatsächlich hatte er die Rechnung mit einem Vermerk und Unterschrift zum Schuldschein umfunktioniert, hob noch grüßend die Hand und
verschwand mit dem gepackten Rucksack durch die bimmelnde Tür nach draußen.
Da mußte er dann doch sowohl sehr erleichtert als auch herzhaft lachen. Der Bursche hatte aber auch zu blöd dreingeschaut. So ging er dann doch recht gut gelaunt, trotz des dramatischen Zwischenfalls und des erneut aufgezwungenen Kusses einer Kröte, auf dem Weg zurück zu seinem Gut. Noch eine ganze Weile schüttelte er unterwegs den Kopf und lachte. Gut, der Bursche tat ihm auch etwas leid, denn im Grunde war er recht harmlos, gutmütig und zurückhaltend, so wie er ihn bislang kennengelernt hatte. Aber gut, hier hatte er sich eindeutig mehr als schlecht benommen. Die Folgen hatte er sich auch ein gutes Stück selbst zuzuschreiben. Hätte er sich nicht verwandelt, hätte er von Gundula vermutlich umgehend eine Ohrfeige kassiert - und wer weiß, ob ihr Zorn damit schon besänftigt gewesen wäre. Auch diese tat ihm dabei ein wenig leid. War sie sich ihrer Wirkung nicht bewußt? Oder war sie es und nutzte es? Er konnte sich eigentlich nicht vorstellen, daß das ihrem normalen Verhalten entsprach. Hatte sie hier in der Krise eine Dummheit begangen und den armen Karl provoziert? Sie hatte immerhin die Zöpfe gelöst, das war sicher nicht zufällig passiert, aber gewiß hatte sie die Wirkung ihrer Erscheinung unterschätzt und es sprach im Grunde alles dafür, daß sie dann der Angelegenheit nicht gewachsen gewesen war. Sozusagen wurde sie die Geister nicht mehr los, die sie gerufen hatte. Es war also sicher für Karl und Gundula gut, daß er ihr nachgegangen war.
Aber was war da eigentlich vorgegangen? Warum hatte sich der Bursche bei dem geraubten Kuß in eine Kröte verwandelt? Der Fluch konnte doch unmöglich auf den Krämersohn wirken! Also mußte er noch immer bei Gundula wirken. Trotz der Verwandlung war er offenbar noch nicht gänzlich gebrochen. Sie blieb gefährlich - und das vermutlich selbst ohne Fluch.
Gundula war zurück auf das Gut gehetzt, zurück zum Haus. Sie war atemlos, zitterte am ganzen Leib. Nie wieder würde sie etwas Derartiges versuchen. Sie würde von nun an auf Paul hören und auf ihn vertrauen, bis er sie Zuhause abgeliefert hätte. Sie hatte sich wie eine Idiotin benommen, vielleicht, so stellte sie sich das vor, gar wie eine kokette Kokotte oder auch eine kokotte Kokette, so genau kannte sie sich da nicht aus, aber genug, um sich zu schämen. Wie konnte sie das wieder gutmachen? Sie fürchtete sich davor, wie Paul ihr - zurecht! - ihren dummen Ausflug vorhalten würde. Aber sie hatte es nicht besser verdient. Zu gern hätte sie sich jetzt in die hinterste Ecke des Bettes verkrochen oder darunter, aber das tat sie nicht. Stattdessen band sie ihre Haar zunächst zu einem langen Zopf, den sie wieder mit den Klammern hochsteckte. Das mußte erst einmal reichen, bis Paul vielleicht wieder geneigt war, ihr Zöpfe zu flechten. Dann eilte sie in den Garten, suchte noch so atemlos und zitternd, wie sie gekommen war, Kräuter und Gemüse zusammen, eilte ins Haus und bereitete wie verabredet das Mittagessen zu.
Paul kam eine ganze Weile später ebenfalls daheim an und war erleichtert, Gundula zu sehen und staunte gar, daß sie wie
verabredet das Mittagessen beinahe fertig hatte. Den Rucksack hatte er beiseite gestellt und deckte für sie beide
den Tisch und bemerkte nur so nebenbei: "Hat geklappt, der Krämersohn ist wieder einer, zwar ganz schön verwirrt, aber wohlauf.
Ich glaube, der wird sich eine Zeit lang nicht mehr zum Küssen berufen fühlen."
Er grinste etwas, aber Gundula hielt noch immer das Haupt gesenkt, das war ihr alles mehr als peinlich.
Paul bekam das mit, schalt sie nicht und betrachtete das Thema nahezu als erledigt.
Man mußte nicht noch hinterhertreten, wenn jemand schon am Boden war.
So ging das Essen recht still zu, dann räumten sie ab und säuberten das Geschirr.
Dann wies er nur auf den Rucksack: "Bei der Gelegenheit habe ich gleich einige Sachen besorgt, die dir noch nützlich sein könnten, hier und für die anstehende Reise. Schau doch mal, da ist auch ein Kleid dabei, einfach, aber leicht und für diese Gegend angemessen. Ich muß demnächst noch mit etwas Geld zum Bezahlen los, hatte gerade nicht so viel dabei, aber man kennt mich, da habe ich anschreiben lassen."
Gundula verstand, er machte es ihr leicht, beinahe als sei das gar nichts passiert. Sie war ihm dankbar, daß er ihr keine Vorhaltungen machte, nicht zusätzlich zu ihren eigenen. Sie nickte nur mit gesenkten Kopf, stand auf, nahm den Rucksack und ging in den anderen Raum. Sie packte aus, probierte Unterwäsche und Kleid an und ging zurück drehte sich damit schüchtern vor Paul, der nickte nur zustimmend: "Sieht doch gut aus! Kannst du sicher auch mal unterwegs tragen. Müssen wir dann sehen, wann es günstiger mit Männerkleidern, wann mit Frauenkleidern besser ist! Wir müssen unauffällig bleiben, Aufsehen vermeiden!"
Nach der kleinen, improvisierten Modenschau schlug Paul vor, gemeinsam im Garten aufzuräumen. Und Gundula war sofort einverstanden und eilte hinaus. Das Kleid zog sie hoch, um es nicht zu beschmutzen und kniete so mit nackten Knien, Unterschenkeln und Füßen im Beet, um Unkraut zu zupfen. Paul richtete ein paar andere Sachen und so arbeiteten sie eine Weile schweigend. Dann aber fragte Paul nach, zu etwas, was Gundula gestern angemerkt hatte und so gelang es ihm, sie wieder zum Reden zu bewegen und schnell berieten sie wieder recht flüssig und das Geschehen des Vormittags war erledigt, Gundula mied es aber, die Prinzessin aufzuführen, sie hielt sich einfach zurück, provozierte nicht, entspannte sich langsam wieder, weil so auch Paul nicht stichelte. Gerade hätte er sowieso praktisch alles von ihr verlangen können, sie hätte ihm vertraut und mitgemacht. Aber weder verlangte er alles von ihr, noch schlug er alles vor. Was sie gemeinsam taten, brachte das Gut voran und nun war Gundula froh darüber, einfach helfen zu können. Ja, bei der Arbeit im Garten dachte sie eine ganze Zeit lang nicht einmal mehr an daheim. An dem warmen Tag arbeitete und schwitzte sie kräftig. Obwohl sie diese Arbeit gar nicht gewohnt war, machte es ihr Spaß, mit ihren Händen zu arbeiten, die Pflanzen und die Erde zu spüren und zu sehen, was sie geschafft hatte. Und nebenbei schaute sie auch immer wieder gerne zu Paul hinüber, was der tat und wie er sich bewegte. Plötzlich sah sie ihn als ihren stattlichen Helden und Retter. Sie lächelte. Und als sich einmal ihre Blicke trafen, lächelten sie beide.
Gundula war sich nicht so sicher, warum ihr Herz schneller pochte, aber ihr Blick auf Paul hatte sich verändert. Das war ein stattlicher Mann, freundlich, hilfsbereit und offenbar nicht nachtragend. Mit ihm konnte sie sich gut unterhalten, jedenfalls wenn sie sich nicht gerade stritten, aber selbst solch ein Streit hatte seinen Reiz, wenngleich sie nicht mehr provozieren wollte. Irgendwie stand da plötzlich mehr auf dem Spiel, als rausgeworfen zu werden, wenn sie es übertrieben hätte. Dann hätte sie Paul persönlich enttäuscht - und da hätte sie sich wirklich als Versagerin und Idiotin gefühlt. Paul war ihr Retter aus dem Teich und aus dem heutigen Schlamassel. Vor ihm wollte sie unbedingt gut dastehen, jedenfalls soweit sich das nach dem heutigen peinlichen Zwischenfall überhaupt noch machen ließ. Er war nicht weiter darauf eingegangen, so hatte sie Hoffnung, das Gras über die Sache wuchs.
Auch Paul war zufrieden, wie sich die Dinge nun entwickelten. Gundula schien voll auf ihre Arbeit und den Garten konzentriert zu sein. Und es sah auch noch sehr gut aus, wie sie kniete und zupfte, sich um die Pflanzen kümmerte, wie sich ihr Körper unter dem dünnen Kleid abzeichnete. Wenn sie beide nur wollten, konnten sie sich schon vertragen und zusammen etwas erreichen. Und wie sollten sie anders das Abenteuer der Reise bestehen, wenn sie nicht zusammenhielten? Gundula schien ihm durch das Abenteuer am Morgen verwandelt zu sein. Und das hatte schon seinen Reiz, sie so zahm zu sehen, wobei er einräumen mußte, wenn es um nichts ging, schätzte er auch ein gutes Streitgespräch mit ihr. Und da war er doch recht zuversichtlich, daß es nicht lange dauern konnte, bis ihr Selbstvertrauen wieder voll an Bord war, und keinesfalls wollte er absichtlich etwas unternehmen, um sie davon abzuhalten, souverän ihre Frau oder Prinzessin zu stehen. Was er aber noch mehr schätzte: Als sie sich gegenseitig ansahen, lächelte sie, daß ihm ganz schwindelig wurde und da mußte er natürlich auch lächeln.
So arbeiteten sie bis zum Abend und kamen gemeinsam ganz gut voran. Paul gab das Zeichen zum Feierabend und erst jetzt spürte Gundula, daß sie erschöpft und müde war und auch sehr verschwitzt. Sie meinte zu Paul, sie sollte wohl besser erst einmal in der Wanne ein Bad nehmen und sich umziehen und das Kleid waschen. Paul stimmte zu, das sei sicher erfrischend, wenn sie fertig sei, werde er das auch tun.
Gundula stürmte um die Hecke zu Pumpe und Wanne, sog zügig die Kleider aus, genoß erst die Luft auf der nackten, verschwitzten Haut und dann das kühle, frische Wasser direkt aus der Pumpe auf der Haut, dann das Bad in der Wanne. Bei dem kalten Wasser zuckte sie zusammen, als Prinzessin hätte sie das nicht als angemessen gefunden, erst recht nicht, nackt draußen ein Bad zu nehmen. Aber jetzt fühlte sich das einfach gut und richtig an.
Paul holte schon einmal Handtuch und ihre Kleider aus dem Haus und brachte sie heraus.
Die Hecke war recht dicht, so konnte man nur erahnen, daß sich Gundula bereits in der Wanne erholte.
Er räusperte sich kurz und sagte: "Ich lege dir Handtuch und Kleider über die Hecke."
Gundula antwortete nun ganz wie von selbst mit normaler Lautstärke:
"Danke, ich beeile mich, damit du dich auch gleich erfrischen kannst."
Und das war schon neu für sie, sie hatte ganz einfach so Danke gesagt und meinte es zudem auch noch so.
Paul zog sich ins Haus zurück und Gundula beeilte sich wirklich, sprang aus der Wanne, ließ das Wasser ab,
spülte dann nackt und ohne sich abzutrocknen das Kleid unter der Pumpe aus,
wusch es und legte es über die Hecke und pumpte sogar die Wanne wieder voll mit frischem Wasser.
Ein leichter Wind kühlte das Wasser auf ihrer Haut und auch das tat ihr gut.
Als sie so weit fertig war, trocknete sie sich flüchtig ab und schlüpfte hastig in die bereitgelegten Kleider.
Barfuß und fröhlich sprang sie ins Haus zurück und rief: "Fertig! Jetzt bist du dran, aber Vorsicht, ich habe frisches,
sauberes Wasser für dich in die Wanne gepumpt, aber das ist nun leider kalt!"
Paul nickte: "Danke dir, nach dem heißen Tag wird ein kaltes Bad doch ganz gut tun."
So ging er mit Handtuch und frischen Kleidern zur Wanne, zog sich aus und stieg hinein.
Und er mußte feststellen, daß es wirklich kalt war,
aber er verkniff sich irgendeinen Kommentar und spürte nur leicht erstarrt, wie die Kälte in seinen Körper kroch.
Das war gleichzeitig erfrischend wie schockierend.
Gundulas Bad hatte immerhin die normale Umgebungstemperatur gehabt, denn die Wanne hatte er wie jeden Tag morgens frisch gefüllt.
Aber frisch gepumpt war wirklich hart. Lange hielt er das nicht aus, wusch sich zügig ab und sprang wieder heraus,
trocknete sich flüchtig ab, da ging es ihm wieder gut. Er zog die neuen Kleider an, wusch das verschwitzte Hemd und Unterzeug
aus. Dann ging er ins Haus zurück, wo Gundula inzwischen das Abendessen zubereitet hatte.
Und nach dem arbeitsreichen Nachmittag tat beiden das Essen sehr gut.
Gundula verhielt sich noch immer zurückhaltend, aber recht ruhig und entspannt. So brachte Paul das Gespräch auf Garten und einige Stellen auf dem Hof, auch den versumpften Teich, wo er vorhatte, etwas zu tun. Ohne zu zögern stimmte Gundula zu, sie würde helfen. Durch die Arbeit ermüdet, nahmen sie bald ihr Nachtlager ein, in dem Arrangement wie in der Nacht zuvor.
Am Morgen hielten sie sich wieder an den Ablauf der letzten Tage. Paul teilte mit, zum einem wolle er das Bewässerungssystem wohl nun komplett umstellen, zudem noch jemanden einweisen für die Zeit der Reise, dann auch noch ein Stück weit Richtung Bractland wandern, um dort bei flüchtigen Bekannten Informationen über die aktuelle Lage einzuholen, um besser einschätzen zu können, wie sicher sie inzwischen reisen könnten. Gundula wollte draußen arbeiten, sich um die Wiese am Teich kümmern und auch um den sumpfigen Teich selbst.
So packten sie sich also Essen und Trinken für den Tag ein, auch noch die Geräte, die Gundula brauchen würde. Sie wollte unbedingt mit einer Sense hantieren, obgleich sie eine solche noch nicht benutzt hatte. Paul hatte das auch erst vor kurzer Zeit von einem Bauern gelernt und hatte sie bereits ein paar Mal erfolgreich benutzt, warnte aber, das sei kein Spielzeug, auch weil Gundula offenbar nun barfuß durch das Gut und den Garten zu streifen pflegte. Dazu erklärte sie, das habe sie schon als Kind gerne im Garten getan. Und so führte sie aus, daß auch jetzt noch manches Mal getan zu haben, wobei ihr Damengefolge dann ebenfalls brav das Schuhwerk beiseite legte und barfuß folgte, wobei sie sich sicher war, daß das einigen der Damen gar nicht so sehr behagte. Und in ihrem gepflegten Garten ging das natürlich schon deshalb ziemlich gut, weil die Bediensteten davon wußten und natürlich immer bestrebt waren, daß der Rasen weich und ohne Überraschungen zu betreten war.
Gut, hier mußte sie mit einer etwas wilderen Umgebung zurechtkommen, aber sie scheute sich nicht, obgleich sie schon ein paar kleinere Überraschungen erlebt hatte, die sie aber abstreifen konnte oder später abwaschen. Sie zeigte ihre Füße her und Verletzungen waren daran nicht zu erkennen. Paul zog es trotzdem vor, mit Schuhwerk unterwegs zu sein, zudem wie er ausführte, er auch auf steinigen Wegen unterwegs sei und wie sie vielleicht flüchtig am Weg zu dem Flecken mit dem Krämerladen gesehen habe, die Wege seien hier steinig und teils auch überraschend.
Gundula wollte auf diesen Weg nicht weiter eingehen, auf den Gebrauch der Sense schon.
Folglich zeigte Paul ihr, wie man mit dem Gerät vorsichtig umging, einen gleichmäßigen
Schnitt hinbekam, sie ab und an schärfte und so weiter.
Wie man das Gras zu Heuhaufen aufschichtete, hatte Gundula in der Heimat gesehen,
wenn auch keine Details, es würde schon gehen und sie schmunzelte auch, als sie
einräumen mußte, perfekt würde es nicht werden:
"Auch die Bauernschaft, man weiß es - achtet nicht des Laien Fleißes!"
Auch Paul mußte da lachen, denn genau wußte er das natürlich auch nicht, vermutete
nicht einmal, daß es da ein normiertes oder auch nur tradiertes eindeutiges
Verfahren geben würde, wobei er Gundula die Kompetenz zutraute, davon mindestens
schon einmal irgendwo gelesen zu haben, falls es das gab und irgendwie sinnvoll war.
Überhaupt stellte sie sich bei diesen praktischen Sachen für eine Prinzessin
überraschend geschickt an und mit ihrem einfachen Kleid und einem Sonnenhut, unter
dem sie die hochgesteckten Haare verborgen hatte, wirkte sie bei der Arbeit schon
beinahe wie eine der Frauen hier aus der Gegend, die auf den Feldern und Wiesen
arbeiteten. Durch die Sonne hatte ihre anfangs eher blasse Haut schon etwas
Bräune angenommen, auch hier schien sich nicht allzu empfindlich zu sein, denn
ein Sonnenbrand war nicht auszumachen. War sie hier auch wie ein Fremdkörper aus
einer anderen Welt gelandet, so hatte sie sich doch atemberaubend schnell integriert,
ohne sich selbst und ihre Persönlichkeit aufzugeben.
Sie traute sich zu, etwas zu tun - und sie bekam es hin.
Paul schaute noch etwas zu, als Gundula entschlossen begann, die Sense zu schwingen. Und sie fand schnell einen gemächlichen, gleichmäßigen Rhythmus, denn sie hatte sich auch seinen Hinweis verinnerlicht, sich nicht zu verausgaben, sondern ruhig und gleichmäßig zu arbeiten, es einfach fließen zu lassen, statt sich anzutreiben. Er gab ihr noch zwei kleine Tips, mit denen es noch besser funktionierte, dann wollte er aufbrechen, mehr als zuversichtlich, daß Gundula nicht versehentlich ein Blutbad mit der Sense anrichten würde. Sie bewegte sich elegant und Paul konnte den Blick gar nicht von ihr abwenden, denn ihr Körper zeichnete sich unter dem Kleid ab und ihre nackten Beine im Gras, ihre Waden, das alles sah schon sehr verlockend aus.
Dann löste er sich aber doch von dem hinreißenden Anblick und zog davon. An der Bewässerungsanlage hatte er nicht viel zu tun. Da es nicht mehr geregnet hatte, hatten sich die Bäche aus den Bergen beruhigt, die Speicher waren bereits gut gefüllt und eine gleichmäßige, sparsame Regulierung war eingestellt, da er für die nächsten Tage jedenfalls nicht mit Regen rechnete. So ging er zu einem der Bauern, der sein Land in der Nähe hatte und schon Grundkenntnisse mit der Anlage hatte und unterrichtete ihn, daß er in ein paar Tagen für eine Weile verreisen müsse. So sahen sich beide die Anlage an und Paul erklärte noch einige Details und war dann zuversichtlich, daß die Leute so ganz gut über den Sommer kommen würden, wenn es nicht eine große Dürre geben sollte oder sehr starke Regenfälle. Aber die Leute waren auch nicht dumm und würden sich etwas einfallen lassen müssen, wenn es wirklich so schlimm kommen sollte.
So zog er weiter in die Richtung auf Bractland zu, um seine flüchtigen Bekannten aufzusuchen. Das war eine der Gruppen, die die Selbstverwaltung der Region Wrec vorantrieben. Zudem waren sie recht gut informiert über die Vorgänge in Bractland, auch weil einige ebenfalls von dort geflohen waren und sich hier neu angesiedelt hatten. Was er dann hörte, sah immer noch recht trostlos für die Bürger seines Landes aus, immerhin schienen sich jetzt vorrangig die Intriganten und Putschisten gegenseitig zu bekämpfen, statt das eigentliche Volk zu tyrannisieren, doch versuchte natürlich ein jeder, Truppen zu rekrutieren, brauchte dafür auch Ressourcen, so daß es insgesamt mit der Versorgung nicht gut lief. Kurzum, die Lage hatte sich nicht beruhigt, man mußte immer noch mit Leuten rechnen, die nicht nur flüchteten, sondern auch entweder aus Not oder schon aus Verrohung und Abgestumpftheit Ärgeres im Schilde führten. Es war wohl jedenfalls in der Region Wrec etwas ruhiger geworden, aber es war noch immer recht attraktiv, über die (neue) Grenze zu kommen, die auch kaum jemand wirklich kontrollierte oder sicherte. Ins Hinterland stießen diese Banden kaum vor, sie zogen es vor, im Chaos von Bractland Unterschlupf zu suchen und dann nur die nähere Umgebung abzugrasen. Mit diesen Informationen kehrte Paul um. Sie mußten also sicher auf der Hut sein. Das war keine ganz einfache und harmlose Reise.
Gundula hingegen kam gut voran mit ihrer Arbeit, obwohl sie es nicht gewohnt war, unter der heißen Sonne über Stunden zu arbeiten. Aber sie ließ sich dabei auch Zeit und hastete nicht, machte ab und an eine Pause. Der Schweiß floß ihr in Strömen vom Leib und durchnäßte das dünne Kleid, aber das war in Ordnung, sie würde gründlich in der Wanne baden können, bevor sie wieder Pauls Haus betrat - und auch der würde durch seine Wanderschaft ordentlich durchgeschwitzt sein, also alles in allem nichts, was ihnen peinlich sein müßte. Das war der Schweiß ehrlicher, einfacher Arbeit, daran war nichts auszusetzen - und wer das getan hätte, der hatte vermutlich nie versucht dahinterzukommen, wie es zu all den Dingen kam, von denen man jeden Tag lebte. Sie versuchte nun wenigstens praktisch dahinterzukommen und ahnte bereits, daß das gar nicht so einfach war. Was sie am Hof tat, war auf andere Art nicht einfach, von daher konnte man gegenseitig wohl respektieren, was erarbeitet wurde, wenn man erst einmal erfahren hatte, wie es war, den Boden mit dem Schweiß der eigenen Arbeit zu tränken.
Um den Teich herum hatte sie ein gutes Stück der Wiese gemäht und Heuhaufen zusammengetragen. Das würde gehen. Nun sah sie nach dem Teich. Mit einigem Gerät, besonders einer Harke, Schere und einem Zinkeimer begann sie behutsam aufzuräumen und den Teich von viel zu vielen Algen und einem guten Teil Schilf zu befreien, damit er nicht weiter zuwucherte.
So war sie ganz in die Arbeit vertieft, flitzte erst immer rund um den Teich, um außen etwas zu verbessern, steckte bald mit beiden Beinen und hoch an den Oberschenkeln verknotetem Kleid im matschigen Sumpf und kümmerte sich. Ziemlich verschmutzt hockte oder kniete sie auch am Ufer und tat was sie konnte, doch die Arbeit war längst nicht fertig.
Plötzlich lachte jemand hinter Gundula! Sie fuhr erschrocken herum und sah den Ritter von Drachenfels mit zwei Pferden. Sie hatte sich so erschrocken, daß sie unbedacht einen Schritt zurückging, am glitschigen Ufer ausrutschte und beinahe in den Teich gefallen wäre. Jedenfalls war sie von oben bis unten beschmutzt und sah sicherlich gar nicht mehr nach einer Prinzessin aus, der Ritter von Drachenfels schien sie aber dennoch zu erkennen und meinte noch immer grinsend: "Ich hatte mir das zwar etwas anders vorgestellt mit der Verwandlung in eine Kröte, aber gut, auch das kann man wohl so durchgehen lassen!" Er stieg von seinem Pferd und kam heran, jedoch vorsichtig, denn so ganz traute er dem schmuddeligen Wesen am Teich offenbar nicht, schaute kritisch, erkannte die Prinzessin aber doch, die schließlich ihre Fassung wiedergewonnen hatte und fragte: "Sie hier? Woher wissen sie, wo ich bin?"
Der Ritter machte eine ausladende Geste und berichtete, daß er sich ja zwar nach dem tragischen Unfall mit dem Pferd, wo er eine gewisse Mitschuld durchaus einräumen müsse, vom Hofe zurückgezogen habe, keinesfalls aber seine Informanten abgezogen habe. Einer von diesen habe das Attentat der alten Regina auf sie mitbekommen, übrigens noch zwei oder drei andere Leute am Hof. Jedenfalls sei einerseits sie verschwunden gewesen, andererseits aber Regina verhaftet worden, was sicher nicht ihrem Plan entsprochen hätte. Überraschend auch, daß der Reichskanzler, der alte Gutmensch, das aufkommende Chaos wieder ganz gut hatte beruhigen können, den alten Strategen sollte man eben nicht unterschätzen. Allerdings schwieg die alte Regina im Kerker und ihre Eltern und der Reichskanzler als Gutmenschen machten auch keine Anstalten, irgendwelche Informationen mit Folter oder so aus ihr herauszupressen. Es gab korrekte Verhöre, aber die Alte schwieg. Und da war es natürlich schon sehr nett, daß sie auch noch ihr Sohn Bruno im Kerker besuchen durfte. Da hatte er natürlich schon geahnt, daß der Reginas letzter Strohhalm war, um sich doch noch zu retten. Aber wie sie beide wüßten, sei Bruno nun wirklich kein guter, zuverlässiger Teil in einem Plan. Jedenfalls setzte er darauf, daß sie Bruno verraten würde, wohin die zur Kröte verwandelte Prinzessin verschwunden sei, der Rest sei ja aus ihrem Fluch bekannt gewesen. Sie verriet es Bruno wie vermutet, zusammen mit dem Auftrag, loszureisen und sie zu retten und als ewig dankbare Braut nach Hause zu führen. Da Bruno ja nun eindeutig eher zu den Gesandten als den Geschickten gehörte, fiel es nicht schwer, dessen Abreise gehörig aufzuhalten, während er bereits die nötigsten Sachen gepackt hatte und nur noch das Ziel brauchte, um loszureiten.
Und da lachte der Ritter von Drachenfels: "Und also da bin ich, um die verwunschene Prinzessin zu retten, mit dem
Bruno hättet ihr ja doch nichts anzufangen gewußt! Den Fluch der alten Schachtel aber hatte ich offenbar zu wörtlich
interpretiert, ich hatte eine echte Kröte hier in dem Teich erwartet. Und ihr seht ja noch beinahe menschlich aus!"
Gundula zog empört die Stirn kraus, was man aber aufgrund des Drecks nicht einmal richtig erkennen konnte,
sagte aber noch immer nichts, war noch immer erschrocken.
Der Ritter aber fuhr fort, sie mit ordentlich verzogenem Gesicht skeptisch ansehend:
"Na gut, mit der Erlösung von dem Fluch geht es mich auch so hart genug an, aber was tut man nicht alles!"
Daraufhin schritt er sogleich eilig und entschlossen auf sie zu, wischte mit seinem Ärmel über ihr schmutziges
Gesicht. Gundula geriet nun in Bewegung wich halb zurück, halb versuchte sie ihn zu schubsen: "Geht weg!
Wagt es nicht, mich anzufassen!"
Der Ritter aber lachte erneut: "Oh Prinzessin, die Zeit, in welcher ihr Anweisungen gegeben habt, ist nun
vorbei, ich nehme dich zum Weib und werde König und du darfst allenfalls noch einmal beim Frühstück
vorsichtig um die Butter bitten! Wenn ich mit dir hier fertig bin, wirst du genau wissen, wozu eine
Frau gedacht ist, was ihre Aufgabe ist!"
Er faßte einfach und blitzschnell ihre schubsenden Hände, drehte sie, bis Gundula schmerzvoll aufschrie
und einsah, daß sie dumm gewesen war und nicht richtig angegriffen hatte.
Sie erkannte ihren fatalen Fehler und war böse auf sich selbst.
Wozu war all das Training der Selbstverteidigung gut gewesen, wenn sie sich so einfach überrumpeln ließ?
Sie war eben doch keine Kämpferin, sondern hatte die ganze Zeit nur Sport gemacht und theoretisiert,
schoß es ihr durch den Kopf.
Der Ritter zögerte aber keinen Augenblick, packte sie hart an, zog sie wie eine wehrlose Puppe an sich heran, während er gleichzeitig ihre Hände und Arme nach hinten drängte, um endgültig zu vermeiden, daß sie sich wehren konnte, zudem hielt er sich etwas seitlich zu ihr, daß sie nicht gut austreten konnte und seine empfindlichste Stelle zwischen den Beinen treffen, was trotz des dortigen Schutzes immer noch schmerzhaft gewesen wäre. Er kannte diese Ratte oder Kröte, sie konnte sich wehren, wenn man ihr Zeit dazu ließ, das tat er aber nicht, machte sich zu nutze, daß sie keine Praxis, aber Skrupel hatte. Sie konnte nichts mehr tun. Seine kräftigen Arme umspannten sie bereits wie ein Schraubstock. Sie hatte bereits zum lauten Protest den Mund geöffnet, da drückte er aber bereits den seinen eigenen Mund hart und gnadenlos darauf. Doch sie spürte nur einen Augenblick den Druck seiner Lippen durch den immerhin ehrlichen Schmutz, der noch vom Teich an ihrem Gesicht haftete und nicht von ihm fortgewischt worden war. Dann aber machte es auch schon 'Plopp!' und dann 'Platsch!' und die brutale Umarmung des Ritters von Drachenfels war auch schon wieder gelöst, daß sie das Gleichgewicht verlor und beinahe auf diesen getreten wäre, als sie nach vorn stolperte, denn dieser war längst als erstaunte, verblüffte Kröte auf seinem Kleiderhaufen gelandet.
Gundula wich der Kröte gerade noch so mit ihrem Fuß aus, hielt das gleichzeitig für eine Dummheit, die Kröte nicht
zu zertreten, hatte gleichzeitig aber schon Skrupel und stolperte so aber endgültig hinter diesem und fiel ...
in die Arme von Paul, der gerade hinzugerannt kam und sie auffing.
Als sie sicher stand, griff er reaktionsschnell den Zinkeimer, leerte ihn und stülpte ihn kurzer Hand über
den Krötenritter, der bereits ein paar Hüpfer weg von seiner Kleidung seitlich zum Teich auf die Wiese hinaus
gemacht hatte, was vielleicht auch nur ein automatischer Impuls seiner bisherigen Bewegung und Kraft gewesen
war, die mangels Gundulas Anwesenheit nun ins Leere ging.
Gut, der Krötenritter war erst einmal im Eimer, Paul sah Gundula an und dann auf den
ganzen Schmodder an ihr und was an seiner Kleidung davon hängengeblieben war, als er sie aufgefangen hatte.
Paul schüttelte die Kopf.
Gundula sprach hastig: "Den Ritter habe ich nicht gerufen! Ich habe sicher auch nicht verlangt, daß er mich küßt!
Ich kann nichts dafür, daß er sich in eine Kröte verwandelt hat!"
Paul schaute sie trotzdem skeptisch an, als hätte sie (wieder) etwas ausgefressen, fast wie ein kleines Kind
schaute er sie an und sie schämte sich, auch als ihr bewußt wurde, wie verdreckt sie aussehen mußte und das
vor Paul, sie hatte doch vorher baden wollen!
"Ich glaube, er wollte mir Gewalt antun, mich mißbrauchen!" stieß sie hervor und war den Tränen nahe,
was sie aber nicht akzeptabel fand.
Sichtlich entsetzt und erst einmal wortlos schaute Paul sie bei diesen Worten an.
Gundula riß sich zusammen und erzählte Paul hastig und nur mit kleinen Unterbrechungen
die Kurzfassung des Vorfalls mit dem Pferd, welche Stellung der Ritter im Reich hatte,
welche nicht nur aufgrund des Vorfalls deutlich gelitten hatte.
Sie wiederholte auch kurz, was der Ritter erzählt hatte,
was daheim nach ihrem Verschwinden vorgefallen war.
Paul hörte schweigend zu.
Dann setzte er sich auf die Wiese, dort wo sie geschnitten und nicht mit Schmutz von Gundula und dem Teich
beeinträchtigt war, sah Gundula freundlich an, klopfte neben sich auf den Boden.
Gundula kam heran, setzt sich mit angezogenen Beinen, verschränkte die Arme um diese,
legte den Kopf auf die Knie und sah Paul an.
Dieser fragte nur: "Und nun?"
Er wollte erst einmal wissen, wie sie reagieren wollte, bis er einen Vorschlag machen wollte,
wie man mit dem Ritter umgehen solle.
Gundula zuckte erst einmal nur die Schultern, sagte dann leise: "So lassen können wir ihn nicht, obgleich er es verdient hätte!
Wieso lacht er mich so aus? Wieso bedrängt er mich so, droht mit Ungeheuerlichkeiten und küßt mich, ohne auch nur zu fragen,
ob er meine Erlaubnis hat. Ja, er spricht mir gar das Recht ab, überhaupt über mich zu entscheiden!
Er ist ein Mistkerl, aber so bleiben kann er nicht!
Aber ganz sicher werde ich keinen einzigen Schritt mit ihm gehen, dem widerlichen Kerl traue ich nicht und schon gar
nicht auf einer gemeinsamen Reise! Er muß also weg, muß kapitulieren, damit wir freie Bahn haben!"
Paul seufzte, denn er ahnte, was auf ihn zukommen würde.
Gundula war im Grunde ein gutherziger Mensch, sie dachte nicht einmal daran,
sich wirklich bösartig für den ekelhaften, widerlichen Angriff zu rächen.
Es lief also wohl darauf hinaus, ihm wieder zu seiner alten Gestalt zu verhelfen, davon wäre sie letztlich nicht abzubringen.
Aber das hier war kein harmloser Krämersohn, sondern immerhin ein echter Ritter.
Er schaute Gundula an: "Also soll ich mich wieder kümmern? Und du verziehst dich?"
Nun seufzte auch Gundula: "Also, ähm, also das Küssen der Kröte müßtest du wohl schon übernehmen,
das brächte bei mir ja nichts und bei dem Krämersohn hat es ja auch funktioniert.
Aber das ist ja auch irgendwie mein Problem, kommt ja aus meinem Reich.
Zudem ist der gefährlich, das dürfen wir nicht unterschätzen - und wie du bereits sinngemäß angemerkt hast,
zu zweit sind wir stark und haben bessere Chancen.
Aber wir brauchen einen Plan, was wir mit ihm anstellen, wenn er wieder seine vorherige Gestalt hat!"
Paul kratzte sich am Kopf:
"Seine Waffen sollten wir auf jeden Fall außer Reichweite bringen, auch was vielleicht noch bei den Pferden ist."
Gundula nickte: "Ja, räumen wir alles beiseite, ich aber stehe dort mit meinem Jagdmesser" dabei deutete sie die Richtung an und zückte das Messer bereits.
"Du küßt ihn ungefähr hier und weichst zügig zurück.
So stehst du vor ihm, ich hinter ihm.
Du wartest und ich nutze seine Verwirrung aus, um ihn zu fixieren..."
"Zu fixieren?" fragte Paul ungläubig nach.
Gundula: "Ja ich kenne mich aus.
Der Krämersohn war doch sicher verwirrt, ich war es jedenfalls nach der Verwandlung."
Paul nickte, worauf Gundula fortfuhr:
"Den Moment der Verwirrung nutze ich, stoße ihn um und knie mich auf ihn.
Das habe ich trainiert und ich kenne mich mit Anatomie aus ..."
worauf Paul sie skeptisch ansah: "theoretisch, also jedenfalls nicht wie ein erfahrener Kämpfer und Ritter, der er ist.
Da sind auch Pistolen in seinen Sachen, ich denke, ich halte die besser bereit,
falls dein Plan nicht klappt und es zu Problemen mit ihm kommen sollte!"
Gundula nickte: "Gut, so wird es gemacht!
Ich werde dann mit ihm reden und ihm klarmachen, daß er hier am falschen Platze ist,
ja überhaupt am falschen Platze ist, wo ich auch gerade bin."
Daraufhin räumten sie alle Sachen weg und positionierten sich wie abgesprochen um den Zinkeimer herum, in welchem sich der Krötenritter befand, vermutlich in doppelter Hinsicht noch etwas im Dunkeln über seinen derartigen Zustand, also ganz sicher auch verblüfft und verwirrt, wenn Paul die Aktion begann.
Paul verzog wieder einmal das Gesicht in erheblichem Maße, als er sich vorsichtig, langsam dem Eimer näherte. Viel lieber hätte er doch die von oben bis unten schmutzige Gundula saubergeküßt, als diesen alten Krötenritter. Aber die Aufgaben waren einmal wieder verteilt und offenbar hatte er es erneut ziemlich schlecht erwischt. Würde das klappen mit Gundulas Plan? Er traute ihr ja alles zu und sicher war der Ritter verwirrt, was diesen aber auch noch wilder und unberechenbarer machen würde. In den Teich werfen und dem Storch oder dem Reiher überlassen, wäre die sicherere Option gewesen, aber zugegebenermaßen nicht korrekt gegenüber einem Menschen. Gundula schaute ihn an, bewegte sich sehr geschmeidig und konzentriert, leicht gebückt, mit all dem Dreck und dem hoch oben an den Schenkeln verknotetem Kleid sah sie wirklich wie ein gut getarnter Kämpfer aus, bewegte sich wie eine Raubkatze, kurz bevor sie einen Angriff starten würde. Paul mußte zugeben, in diesem Zustand wollte er keinesfalls dort stehen, wo sie hinzuspringen gewillt war. Auch er war verblüfft, sie so zu sehen, keine Kröte, kein Mensch, ein fast schon unheimliches, aggressives Raubtier auf der Lauer. Er traute ihr wirklich alles zu.
Paul überwand sich. Er nickte Gundula kurz zu, sie gleich zurück. Also los! Also blitzschnell und in einer einzigen Bewegung: Eimer weg, Kröte hochheben, Kröte küssen, Schwuppdiwupp! und Wutsch! abwarten, Schmerz wegdrücken, als einmal mehr seine Hand durch das Gewicht der sich verwandelnden Kröte nach unten geschleudert wird, mehrere Schritte zurückspringen, die Pistolen vom Boden aufheben und bereithalten.
Gundula hatte gelernt, die beste Grundlage für eine erfolgreiche Verhandlungsführung war, alle Trümpfe in der Hand zu haben: Praktisch in der gleichen Bewegung von Paul sprang Gundula also sogleich von hinten auf den verblüfft, regungslos und nackt stehenden Ritter zu, geschickt trat sie ihm dabei ins Kreuz, das er gleich vornüber zu Boden fiel. Gundula aber kniete auf ihm, sein Gesicht in den feuchten Schmodder drückend, den sie kurz zuvor aus dem Teich geholt hatte und provisorisch auf der Wiese deponiert hatte. Ein nacktes Knie aber hatte sie ziemlich genau ins Genick des Ritters gedrückt, das andere an anderer Stelle auf das Rückgrat. Der Ritter stöhnte verblüfft und es knackte auch etwas.
Das Jagdmesser hatte Gundula nun dicht an seine Kehle gehalten und begann entschlossen zu sprechen:
"Das muß jetzt für euch alles ein wenig überraschend kommen, bevor ihr aber in Erwägung zieht, euch zu wehren, wollte ich
vorsichtshalber auf einige Punkte hinweisen.
Der erste ist mein Knie an eurem Genick, wenn ich da durch Ungeschick oder eine
plötzliche Bewegung abrutsche, habt ihr entweder einen schnellen, mehr oder weniger ehrenhaften Tod durch Genickbruch vor euch oder
aber ein längeres, qualvolles Leben in Bewegungslosigkeit vor euch. Wenn ihr euch nicht bewegt und ich nicht ungeschickt bin,
könnte ansonsten meine gute Laune entscheiden, was bezüglich dieses Punktes wirklich passiert.
Und wie ihr vielleicht aufgrund eurer Informanten am Hof wißt, ich lese viel, unter anderem auch Bücher über Anatomie,
ihr könnt mir also glauben, daß ich recht genau weiß, wo und wie tief euer derzeitiger Schmerz dort derzeit sitzt,
aber das ist nichts dagegen, was dort passieren wird, wenn ich absichtlich oder versehentlich das Gewicht vom anderen
Knie mehr auf dieses verlagere.
Der zweite Punkt betrifft das Jagdmesser an eurer Kehle. Das ist ein sehr einfaches von einem Krämer hier aus der Gegend.
Wir wissen beide, obwohl neu, sind die nicht besonders scharf. Da pflegt kein kompetenter Waffenmeister die Klinge, die ich
zudem noch eben in dem schmodderigen Teich genutzt habe, um überschüssige faulige Pflanzen abzutrennen.
Mit einem sauberen, scharfen Messer wäre es nur ein leichter Schnitt, der euch erlösen würde und aufgrund des Vorfalls mit
dem Pferd wißt ihr wohl, daß ich nicht zögern werde, auch euch im Bedarfsfalle zu erlösen. Gut, mit diesem Messer aber wird
es eine Quälerei. Selbst wenn ihr mich wider erwarten überwältigen solltet, so wäre euch doch ein grober, schmutziger Schnitt
sicher und mit all dem Schmutz und fauligem Zeug in der Wunde, lange würdet ihr auch das nicht überstehen.
Der dritte Punkt ist euch vermutlich schon aufgefallen, der hat sich durch den Fluch ergeben, ich bin in der Lage,
jeden Gegner, der sich mir nähert, in eine Kröte zu verwandeln. Und ich gehe davon aus, ihr wollt das nicht noch einmal
erleben und erst recht nicht, wie geschickt Störche, Reiher und Krähen Kröten finden und jagen können, denn davon gibt
es hier in der Gegend reichlich, die Interesse an einer Kröte hätten - und sie sind besser, selbst wenn es sich bei
der Kröte um einen ehemaligen Ritter und erfahrenen Kämpfer handelt."
Sie lockerte ihren Griff an seinem Kopf etwas, daß er Paul aus den Augenwinkeln sehen konnte und sie winkte kurz mit dem
Jagdmesser zu diesem hinüber: "Als vierten Punkt möchte ich noch auf den jungen Herren dort hinweisen, der mir mit großer
Freundlichkeit beisteht. Der hat eure Pistolen im Anschlag. Und wir wissen beide, daß die nicht nur geladen sind, sondern
meist sogar treffen werden, wenn sie in die richtige Richtung gehalten werden, wozu jener junge Herr ohne Zweifel in der
Lage ist, solltet ihr mich wirklich überwältigen können. So fordere ich also eure bedingungslose Kapitulation und euer
Ehrenwort als Ritter, meinen Forderungen ohne Widerworte und Zögern zu folgen!"
Ritter von Drachenfels stöhnte nur gurgelnd auf, zum einen weil Gundula seinen Kopf bereits wieder in den fauligen Schmodder
gedrückt hatte, zum anderen weil die angeblich nicht so scharfe Klinge inzwischen arg an seinem Halse schabte und
er sich wirklich unter Schmerzen etwas zu bewegen gewagt hatte, worauf sich Gundulas Gewicht ein wenig mehr auf
jenes Knie verlagert hatte, welches präzise in seinem Genick positioniert war.
Gundula fragte nur zornig, aber ruhig nach: "Wie war das?"
Ritter von Drachenfels stöhnte aber wieder nur erbärmlich auf.
Da schlug Paul vor: "Du solltest vielleicht noch einen Punkt in Erwägung ziehen, wenn er sowohl Nase als auch Mund tief
im Dreck stecken hat, kann er nicht nur gar nicht atmen, er kann auch nicht verständlich antworten!"
Das sah Gundula ein und vorsichtig drehte sie den Kopf mit der Hand, die diesen bislang energisch in den Dreck gedrückt hatte. Tatsächlich japste nun der Ritter heftig und vernehmlich. Nachdem er eher zwangsläufig noch einen dramatischen Moment verstreichen zu lassen wagte und Gundula ein wenig und ungeduldig mit dem Knie über das Genick rutschte, schrie er geradezu heraus: "Kapitulation! Bedingungslose Kapitulation!" Gundula zog das Knie in eine etwas sicherere Position zurück, das Messer nahm sie einen Zentimeter von der Kehle weg und ließ auch seinem Kopf etwas mehr Spiel.
Ruhig formulierte sie die Kapitulationsbedingungen: "Also keine Tierquälerei mehr wie die damals bei dem Wettrennen mit den Pferden. Das ist mir sehr wichtig, ordnet das fest in eure obersten Prinzipien ein. Dann kommt mir nie wieder unter die Augen, weder hier noch daheim am Hofe. Und da ich auch durch das Reich zu reisen gedenke, empfehle ich euch dringend, nach eurer Rückkehr eure Angelegenheiten zu ordnen und irgendwohin außerhalb des Reiches umzuziehen, wo ihr mich nicht mehr mit eurer Anwesenheit belästigen könnt! Und dann - nur weil die Vertrauensbasis etwas ins Wanken geraten ist - eure Waffen behalten wir ein. Dann ist es sehr aufmerksam von euch gewesen, zweifellos für mich ein zweites Pferd mitzubringen, dieses werdet ihr mir sicherlich gern für die Heimreise überlassen, auch schon um zu zeigen, wie euch an meinem Wohlergehen gelegen ist. Eure Informanten am Hofe werdet ihr natürlich entweder abziehen oder aus dem Dienst entlassen, dafür will ich ihre Namen gar nicht wissen, solch ein Verrat wäre mir zuwider."
Der Ritter aber stöhnte immer lauter, dann brach es aus ihm heraus: "Ich schwöre euch, ich nehme die Bedingungen an, ohne wenn und aber, aber ich flehe euch an, geht bitte von meinem Rücken herunter oder macht dieser elenden Qual ein schnelles Ende! Ich bin nicht mehr so jung! Als gnadenlose Kämpferin habt ihr zweifellos meine Schwachstelle gefunden!"
Gundula schaute nach Paul und der nickte. Und so zog sie erst das Messer ab, stieß sie sich noch einmal mit dem Knie ab, welches nicht direkt im Genick positioniert war, sprang auf und einige Meter weg vom Ritter und bewegte sich dann zügig an die Seite von Paul.
Der Ritter quittierte das mit einem furchtbaren Stöhnen und sackte einfach in sich zusammen.
Gundula kickte geschickt seine Kleidung zu ihm hin: "Ihr werdet wohl so zuvorkommend sein, euch zu bedecken in Gegenwart einer Dame.
Währenddessen werde ich mich umdrehen und als Prinzessin auf euren Schwur vertrauen, während mein Begleiter sich leider vorsichtshalber
davon überzeugen wird, daß ihr mein gnädiges Vertrauen nicht mißbraucht!"
Sie wartete keine Antwort ab, sondern drehte sich gleich um und stellte sich einfach hinter Paul, untersuchte einstweilen die
restlichen Sachen des Ritters, die sie dort ausgelegt hatten.
Nur mühsam gelang es dem Ritter, aus dem schmuddeligen Bereich am Teich zum sauberen Bereich der Wiese zu kriechen,
wohin Gundula seine Kleidung gekickt hatte. Er tastete vorsichtig sein Kreuz ab,
rieb mit den Fingern darüber und stöhnte vor Schmerz, während er langsam begann, sich anzuziehen.
Paul und Gundula mußten Geduld haben, besonders Paul, der den Bemühungen ja zusehen mußte, um aufzupassen.
Selbst wenn er gewollt hätte, der Ritter hätte gar nicht angreifen können, das hätte in einer absurden Farce geendet.
Als er endlich fertig war und zusammengesackt auf der Wiese saß, hatte Gundula auch seine restlichen Sachen sortiert.
Paul teilte ihr den aktuellen Stand mit, also drehte sie sich um und erblickte das Jammerbild eines Ritters.
Sie sprach zu ihm nun ganz ruhig und gar nicht mehr aggressiv: "Wir sind keine Räuber, ihr nehmt euer Geld,
eure Papiere und Vorräte mit, nur die Waffen und das eine Pferd bleiben hier.
Die Reisekleidung in der einen Satteltasche ist ja zweifellos auch für mich gedacht, ihr werdet das sicher nicht tragen wollen, sondern auch mir überlassen?"
Der Ritter nickte erschöpft und sah dabei ziemlich alt aus, älter als er wirklich war.
So packte Gundula sogar nun sein Pferd und führte es zu ihm hin, in der einen Hand noch immer ihr Jagdmesser haltend,
ihm mit der anderen die Zügel gebend: "Zeit zum Aufbruch, steht auf!"
Der Ritter mühte sich, hatte aber deutliche Probleme, hochzukommen.
Doch noch gnädiger war Gundula nicht, blieb vorsichtig: "Aufhelfen werde ich euch nicht auch noch! Vermutlich habt ihr ja doch noch irgendwo in der Kleidung ein Messer oder dergleichen versteckt, was wir nicht gefunden haben. Aber egal, ihr sollt es behalten,
werdet es brauchen können auf der Rückreise.
Eines will ich euch aber noch zugestehen, wenn ihr die Bedingungen einhaltet. Über die Geschehnisse hier und eure Niederlage,
euren etwas jämmerlichen Auftritt als Krötenritter, der sich durch den Kuß einen Mannes hat retten lassen, werden wir
Stillschweigen bewahren, daß ihr ehrenhaft fortziehen könnt."
Der Ritter änderte seine Strategie beim Aufstehen, beugte sich weit vornüber, stand dann zunächst auf allen Vieren, begab sich so
in die Nähe seines Pferdes und zog sich langsam und mit lautem Stöhnen hinauf, bis er stand.
Der Ritter sah Gundula nicht an, sprach aber: "Ihr werdet mir hoffentlich verzeihen, daß ich mich zum Abschied nicht verbeuge und
werdet hoffentlich gestatten, daß ich mich erst einmal zu Fuß entferne, denn bis ich auf das Pferd komme, werden wohl noch ein
paar Stunden vergehen!"
Gundula blieb ernst und erwiderte: "Selbstverständlich, die Art der Abreise bleibt eure Wahl und viel Glück dabei!
Und Vorsicht mit den Halunken und Strauchdieben an der Grenze, denn ihr habt keine Waffen."
Der Ritter meinte dazu nur leise: "Oh, wenn ich mich erst wieder richtig bewegen kann, bin ich mir sicher, daß wenn ich auf
diese Leute treffe und sie ernsthaft versuchen sollten, mich zu berauben, ich sie werde überzeugen können,
mir ein paar nützliche Dinge für die Reise zu überlassen, nur um mich schnell ziehen zu lassen..."
Das nahmen sie ihm jedenfalls ab, obgleich es jetzt noch eine ganze Weile dauerte, bis er weiterhumpelnd irgendwann nicht mehr zu sehen war. Erst jetzt entspannte sich Gundula, seufzte tief auf und fiel Paul einfach in die Arme, wobei einiges von dem inzwischen zum großen Teil in der Sonne getrockneten Dreck von ihr abrieselte. Paul macht das nichts, er umarmte sie vorsichtig und hielt sie eine ganze Weile einfach wortlos fest.
Paul und Gundula hatten jedenfalls erst einmal genug. Nachdem Gundula wieder ihre Fassung zurückgewonnen hatte, ließen sie einfach alle Geräte am Teich liegen, Gundula nahm nur den Zügel des Pferdes in eine Hand und sie gingen langsam los zurück zum Haus. Unterwegs faßte sie mit der freien Hand einfach die von Paul, dieser drückte sie kurz und hielt sie dann sanft. So ging es still zurück.
Am Haus angekommen, bestand Gundula darauf, sich erst einmal um das Pferd zu kümmern. Paul konnte sich ja inzwischen baden. Paul widersprach nicht, brachte sie zu einer Scheune, die sich wohl als Stall eignen würde und wo es auch ausreichend Futter für das Tier gab, auch Bürsten und dergleichen zur Pflege. Nachdem Paul weg war, begann sie anfangs wieder zu zittern, hatte ein flaues Gefühl im Magen, der ganze Zwischenfall mit dem Ritter von Drachenfels machte ihr doch ziemlich zu schaffen. Das Tier lenkte sie ab und beruhigte sie auch gleichzeitig nach all der Aufregung langsam wieder. Das tat ihr richtig gut. Irgendwie hatte sie bei der Aktion nur funktioniert, Reflexe, antrainiertes Verhalten gezeigt. Jetzt aber fiel die Anspannung endgültig von ihr ab und aus der Kämpferin und Strategin wurde wieder das junge Mädchen, welches sich jetzt am liebsten im Elfenbeinturm verkrochen hätte. Aber es war auch schon in Ordnung, sich der Pflege des Pferdes widmen zu können. Sie bemerkte, wie sie zu weinen begann, ließ es einfach geschehen und die Tränen zogen Spuren durch das schmutzige Gesicht, die sie ab und an verschmierte, wenn sie sie wegwischte.
Paul war auch verschmutzt und es haftete ja auch noch etwas Schmutz von Gundula an seiner Kleidung, da war Baden und Waschen sicherlich eine gute Idee. Und das Bad tat ihm auch sehr gut. Allerdings beeilte er sich, denn Gundula hatte ein Bad sicher deutlich nötiger, hatte aber nun den Nachteil, das kalte Wasser aus der Pumpe zu bekommen.
Als er fertig war und neues Wasser in die Wanne eingelassen hatte, ging er zur Scheune und schaute nach Gundula. Offenbar hatte sie geweint, ihr Gesicht war verschmiert. Gern hätte er sie tröstend in den Arm genommen, traute sich aber nicht so recht. Der Zwischenfall mit dem Ritter war nun schon deutlich dramatischer als der mit dem Krämersohn, sie mußten sich allmählich auf den Weg machen, bevor sie komplett die Kontrolle über die Lage verloren.
Das Pferd war inzwischen gut versorgt und gepflegt, aber Gundula selbst sah unter all dem Schmutz natürlich ziemlich gruselig aus. Aber das war einfach nur ehrlicher Schmutz, der sie nicht wirklich störte. Beschmutzt fühlte sie sich durch den Ritter und das war nicht wirklich einfach abzuwaschen. Irgendwie kam ihr da der Schmutz auf Kleidung und Haut wie ein Schutzpanzer vor, der den Ritter wenigstens etwas von ihr getrennt hatte. Nun war es Zeit, beides abzuwaschen.
Paul mahnte zwar wegen der Kälte des Wassers, doch das war ihr gleich, sogar
noch bevor sie die Hecke erreicht hatte und obwohl Paul hinter ihr ging,
zog sie einfach das schmutzige Kleid über den Kopf und ging einfach nackt
weiter, das Kleid in einer Hand haltend. Und sie hatte eine wirklich aufrechte,
stolze Haltung, die Haltung einer Siegerin, die sich unangreifbar gab.
Paul staunte etwas, doch das war schon in Ordnung. Sie verarbeitete die
Erlebnisse auf ihre Weise. Bei Hecke und Wanne angekommen, nahm er ihr
das schmutzige Kleid aus der Hand und meinte nur: "Ich kümmere mich darum!"
Sie nickte nur und stieg einfach ohne zu zögern oder zu zucken in das
eiskalte Wasser in der Wanne, tauchte ganz unter, während Paul im
Haus das Kleid erst grob ausspülte und dann Wasser heiß machte und das
Kleid mit Wasser einweichte.
Besser, er würde vom Krämer noch ein oder zwei weitere mitbringen.
Eigentlich wollte er da heute hin, doch nun schien es angebrachter,
wenigstens heute Gundula nicht mehr allein zu lassen.
Obwohl sie sich eigentlich bereits wieder beruhigt und entspannt hatte, fühlte sich Gundula noch, als hätte sie einen undurchdringlichen Panzer um sich gehüllt. So nahm sie die Kälte des Wassers in der Wanne gar nicht wahr. Sie tauchte einfach komplett unter, und der Schlamm löste sich teils von selbst, teils erst, nachdem sie mit den bloßen Händen über ihre Haut rieb, dann auch mit einer immer bereitliegenden Bürste. Allmählich spürte sie die prickelnde Kälte, was sich mit dem Prickeln mischte, welches entstand, als die Bürste über ihre zarte Haut schubberte. Als so der gröbste Schmutz entfernt war, war natürlich auch das Wasser ganz schmutzig, so stand sie ruhig auf, ließ das Wasser ab, öffnete nun erst die immer noch hochgesteckten Haare und begann diese und ihr Gesicht unter der Pumpe sorgfältig abzuspülen. Aber sie konnte schlecht gleichzeitig spülen und sich um ihre Haare kümmern. Nicht sonderlich laut rief sie nach Paul, der schnell herbeikam, sie bat ihn zu pumpen. Also kam Paul hinter die Hecke und sah Gundula ganz unbekümmert und nackt vor der Wanne stehen, den Kopf unter die Pumpe gebeugt. Das nun so unbekümmerte Verhalten erstaunte Paul doch etwas, sagte aber nichts dazu. Jedenfalls konnte er den Blick nicht von ihrem prachtvollen Körper abwenden, insbesondere nicht von ihrem hübschen Po, der sehr exponiert war, weil sie sich ja tief vorbeugte. Als sie mit den Haaren und dem Gesicht fertig war, bückte sie sich und ließ das eiskalte Wasser nun über den Körper strömen, um auch das letzte bißchen Schmutz zu entfernen. Sie ließ sich Zeit und weder störte sie die Kälte des Wassers, noch Pauls Anwesenheit. Die Kälte spürte sie natürlich schon sehr deutlich, sie hatte längst eine ordentliche Gänsehaut. Sie hatte Paul nicht einmal angesehen, trotzdem wußte sie, daß er sie ansah. Sie wollte es, es schien ihr richtig nach dem Angriff des Ritters nicht nur auf ihren Körper, sondern auf ihr gesamtes Selbstverständnis, ihre Würde, ihre Persönlichkeit. Sie wußte bereits vom Moment der Verwandlung, daß es Paul sehr gefiel, sie anzusehen. Was sie vor kurzen noch entsetzt und verstört abgewehrt hatte, war ihr nun sehr recht, als würde sie nun Paul anvertrauen, was der Ritter ihr doch nicht hatte nehmen können. Der Ritter konnte sie nicht beschmutzen, nichts nehmen, was sie nicht freiwillig geben wollte. Bei Paul fühlte sie sich sicher und wohl, es gab eine Verbindung. Und bei dem Wissen, daß er sie ansah, spürte sie gar eine gewisse Erregung, die sie gleichzeitig beunruhigte und ermutigte, sich dem gezielt auszusetzen.
Als sie fertig war, stand sie einfach auf, schloß die Augen und drehte sich zu Paul um. Sie spürte, wie er begann, sie mit einem Handtuch vorsichtig und liebevoll abzutrocknen. Sie blieb einfach passiv stehen und ließ ihn weitermachen. So ging er systematisch vor und rieb erst kräftig ihr Kopfhaar ab. Er hatte etwas Scheu, ihre Brüste oder gar ihren Schambereich trockenzureiben. Aber da sie sich gar nicht regte, um das Handtuch an sich zu nehmen, machte er einfach weiter, trocknete mehr oder weniger von oben nach unten ab, rieb also auch über ihre Brüste, mit der gleichen Intensität und Geschwindigkeit wie über Schultern, Armen, Rücken und Busen. Gundula atmete nur etwas tiefer ein und ließ ihn einfach weitermachen. So verlor er seine Scheu, rieb auch ihren Po ab, strich dann an der Innenseite eines Oberschenkels entlang und sie stellte einfach den Fuß hoch auf den Wannenrand, so trocknete er erst dieses Bein ab, danach stellte sie den anderen Fuß hoch und er trocknete auch dieses Bein ab, zuletzt blieb ihr Schambereich, doch nun zögerte er nicht mehr und rieb darüber mit gleicher Kraft wie zuvor über den ganzen Körper. Gundula ließ ihn noch immer gewähren, so rieb er etwas schneller und heftiger, um ihre Schamhaare gut zu trocknen. Gundula atmete schneller, hielt die Augen aber noch immer geschlossen und blieb passiv. Natürlich schlug ihr Herz nun heftig, aber sie widerstand dem Reflex, ihn abzuwehren. Im Gegenteil, dachte sie, sollte er nur weitermachen, was sie empfand, was er tat, schien in diesem Augenblick nur ganz natürlich, rein und tat ihr sehr gut.
Paul schien es aber nicht richtig, hier mehr als notwendig zu tun, um Gundulas Körper ganz abzutrocknen. So griff er einfach nach einer bereitgelegten Decke und hüllte sie warm ein, denn er hatte sich schon gedacht, daß sie nach dem kalten Bad sehr frieren würde und tatsächlich sah er ja ihre Gänsehaut bei der ganzen Aktion.
Erst als sie ganz eingehüllt war, öffnete sie die Augen und schaute Paul lächelnd an. Sie sagten nichts, gingen nun zurück ins Haus. Gundula setzte sich einfach und Paul setzte Tee auf und bereitete das Abendmahl zu. Gundula schaute ihm einfach schweigend zu. Erst beim Essen begann Paul von seinem Ausflug zu erzählen. Was er erfahren hatte, war letztlich nicht so überraschend gewesen, aber nun hatten sie Gewißheit und konnten grob einschätzen, was sie erwartete.
Immerhin, nun hatten sie bereits ein Pferd für die Reise, das konnte entweder ihr Gepäck tragen oder abwechselnd einen von ihnen, der gerade müde war. Sie würden schneller vorankommen, ideal war das aber noch nicht. Natürlich, hätten sie auch das andere Pferd vom Ritter gefordert, hätten sie beide reiten können, das wäre perfekt gewesen. Es schien Gundula aber nicht richtig zu sein, so vom Besitz des Ritters zu profitieren, das eine Pferd hatte sie nur behalten, weil sie es als jenes erkannt hatte, was der Ritter damals bei dem Pferderennen selbst geritten hatte und so gequält und traktiert hatte. Sie wollte dem Tier die weitere Bekanntschaft des Ritters ersparen. Erst jetzt wurde ihnen beiden klar, daß sie damit einen großen Vorteil für die Reise bekommen hatten.
Beide waren recht ermüdet von dem anstrengenden Tag und wollten so früh schlafen gehen.
Das Licht hatte Paul längst gelöscht und sich in sein mit Heu gepolstertes Lager gekuschelt.
Er dachte, Gundula würde längst in ihrem Bett schlafen,
doch nach einiger Zeit ging die Tür auf und im Halbdunkel sah er den Umriß von Gundula,
die sich offenbar noch immer oder wieder in die große Decke gehüllt hatte.
Sie sprach ziemlich leise: "Paul? Schläfst du schon?"
Paul meinte daraufhin: "Nein, was ist los?"
Gundula hörte sich etwas unsicher an, als sie meinte, sie könne nicht schlafen.
Und dann fragte sie wirklich: "Kann ich bei dir bleiben? Also wirklich nur zum
Ankuscheln und schlafen."
Dabei schlug Gundulas Herz bis zum Hals.
Sie vertraute Paul bedingungslos, aber vielleicht verlangte sie ihm nun doch eindeutig zu viel ab.
Pauls Ton bei der Antwort klang aber ganz ruhig, ganz beruhigend; "Klar, komm schon!"
Gundula eilte zu ihm hin.
Während sie sich zu ihm niederbeugte, öffnete sie die Decke.
Nachdem sie sich hinlegt hatte und mit unter Pauls Decke geschlüpft war,schlug sie die Decke über beide.
Sie schmiegte sich einfach und sanft an Paul, der so feststellte, daß sie immer noch nackt war.
Etwas irritiert war er schon, doch hatte sie eindeutig gesagt, wie weit das gehen durfte, also nahm
er sie einfach in die Arme, wo sie bald einschlief.
Er hätte gedacht, die warme, weiche Frau in seinen Armen hätte ihn wachhalten sollen,
doch seine anfängliche Aufregung und Erregung legte sich zum Glück bald und so schlief auch er schnell
ein.
Als Paul morgens erwachte, schlummerte Gundula noch eng an ihn gekuschelt. Und das fühlte sich zu gut an, als daß er sie gleich hätte wecken mögen. So blieb auch er noch ein wenig liegen und genoß ihre gleichmäßigen Atemzüge. 'Schon witzig' dachte er 'erst hat sie so energisch gefordert, das Bett zu bekommen und nun liegt sie auch hier auf dem Lager auf Heu und das Bett bleibt leer.' Er fühlte sich wohl, endlich hatte er das Gefühl, jemanden gefunden zu haben, wo er sich zugehörig fühlte. Aber es half ja nichts, er mußte sie zurückbringen in ihre Heimat, konnte sie nicht einfach bei sich behalten. Die Rückreise zu verzögern, wäre auch unfair gewesen. Zwar schien sich ihr Verhalten doch sehr zu seinen Gunsten zu entwickeln, aber er hätte es unfair gefunden, das auszunutzen oder die Situation zu manipulieren, die Reise hinauszuzögern. 'Eigentlich schade' dachte er 'sie hat sich hier trotz der Probleme gut eingelebt, fühlt sich sichtlich wohl auf dem Land, im Garten, wenn nur solche Typen wie der Ritter nicht wären, wäre alles perfekt.' Aber er allein konnte sie hier nicht schützen. Wer weiß, wer noch alles die Pläne der alten Regina mit ihrem Sohn abgehört hatte und hier auftauchte mit eigenen Plänen und Absichten. Vor den Intrigen und Machenschaften war sie hier kaum zu schützen, sie mußte zurück, dorthin, wo man damit umzugehen wußte. Hilflos und wehrlos war sie bestimmt nicht, doch zeigte der Zwischenfall mit dem Ritter, daß sie eigentlich keine spontane Kämpferin war. Mit Plan klappte alles gut, aber zuvor hatte der sie überrumpelt und nur die Verwandlung zur Kröte hatte das Blatt gewendet. Typen wie dieser Ritter waren nun nicht so einfach zu handhaben wie der Krämersohn. Solche harmlosen Verehrer würde sie schon abwehren können, da war er sich sicher, aber wenn sie ein wirklich kampferprobter Typ wie der Ritter überraschte, überrumpelte, würde es unweigerlich gefährlich werden. Und sie konnte sich nicht darauf verlassen, daß sich jeder gleich per Kuß selbst in eine Kröte verwandelte.
Gundula erwachte auch bald, so standen sie auf, machten sich frisch für den Tag und frühstückten ausgiebig. Gundula wirkte erholt. Sie war überraschend robust und regenerierte schnell, stellte Paul fest, den Zwischenfall mit dem Ritter schien sie bereits hinter sich gelassen zu haben. Sie wollte die Arbeit an Teich und Wiese zuendebringen. Paul hatte etwas Bedenken, aber Gundula winkte ab. Sie ging offenbar davon aus, daß einerseits der Ritter zu seinem Wort stand, andererseits aber sonst niemand Reginas und Brunos Pläne belauscht hatte. Und weil der Ritter berichtet hatte, daß seine Informanten den Auftrag hatten, Brunos Reisevorbereitungen zu stören, war mit dem auch noch nicht so schnell zu rechnen. Sie meinte also, Paul sollte getrost seiner Arbeit wie geplant nachgehen und sich keine Sorgen machen.
Paul wollte ja eigentlich schon am Abend zuvor zum Krämer gehen und die Schulden zurückzahlen, aber durch den Zwischenfall mit dem Ritter hatte er davon natürlich Abstand genommen. Zudem sollte er Gundula wohl noch ein oder zwei weitere Kleider mitbringen, denn das gestern beschmutzte war über Nacht getrocknet und sie hatte es schon wieder an, aber etwas zum Wechseln für die Dame schien ihm sinnvoll zu sein, wenngleich die vom Ritter beigetragene Reisekleidung auch schon recht hilfreich war. Zwar wäre es gut möglich, dem Krämersohn Karl zu begegnen, weil der meist vormittags und den frühen Nachmittag allein im Laden war, aber das war nun eben nicht zu vermeiden. Der hatte sich hoffentlich von dem Zwischenfall erholt, so daß man wieder normal mit ihm reden konnte. Vielleicht war eine Begegnung aber eigentlich gar nicht so schlecht, denn so konnte er diesen gegebenenfalls beruhigen, ihn über die Situation aufklären, um diesen nicht weiter in einem komplett verunsicherten Zustand zu lassen, was eigentlich passiert war. Die Angelegenheit würde auch nicht so lange dauern und einen guten Teil des Weges hätte er ja immerhin im Blick, wenn über diesen jemand kommen sollte. So schien ihm dieses erst einmal eine gute Lösung zu sein, ohne sich Gundulas Wunsch, einfach weiterzumachen entgegenzustellen. Ihr Wunsch, die Arbeit am Teich zuendezubringen, entsprach zweifellos auch dem Bedürfnis, die Angelegenheit mit dem Ritter innerlich abzuschließen und sich diesem allein zu stellen, um Ängste zu überwinden. Und da sie sich offenbar zutraute, sich dem alleine zu stellen, war es sicherlich gut, daß er ihr den Raum ließ, um sich mit sich selbst auseinanderzusetzen.
Nachdem sie sich um das Pferd gekümmert hatten, zogen sie also erst einmal noch gemeinsam zum Teich los und Gundula begann wieder mit der Arbeit. Paul wollte noch einen kleinen Umweg über die Obstwiese machen, um gegebenenfalls die Leute in dem Flecken vom aktuellen Stand berichten zu können, so zog er also in die Richtung los. Dort angekommen, schaute er sich genau an, welche Früchte bereits reif waren und zog dann bald weiter hin zum Krämerladen im Flecken.
Gundula fühlte sich im Grunde gut und stark. Sie war mit dem Ritter fertiggeworden und in Pauls Armen zu liegen, hatte ihr sehr gut getan. Sie hatte etwas Bedenken, daß das für Paul doch zunehmend eine Zumutung sein könnte, schließlich hatte sie schon eine gewisse Wirkung auf ihn, was ihr einerseits sehr gefiel, aber sie wollte ihn auch nicht quälen, indem sie dringende, natürliche Bedürfnisse weckte, die sie so einfach nicht befriedigen konnte - oder da zögerte sie den Gedanken einen Augenblick hinaus - noch(?) nicht wollte oder durfte. Oder wollte sie eigentlich schon, traute sich aber einfach nicht? Sie hatte wohl widersprüchliche oder vielleicht gar schon eindeutige Signale an Paul gesendet, aber auch wieder zurückgenommen. Das war nicht sehr fair gegenüber Paul. Sie seufzte, aber darauf konnte sie sich jetzt einfach nicht einlassen. Das wäre so nicht angemessen gewesen. Obwohl sie sich eingestehen mußte, daß sich auch bei ihr natürliche Bedürfnisse eingestellt hatten, über welche sie vor wenigen Tagen noch sehr irritiert bis erschrocken gewesen wäre, obgleich sie aus den Büchern natürlich wußte, daß das im Grunde ganz normal war. Irgendwie war sie in die Falle getappt zu denken, sie stünde in dieser Hinsicht irgendwie über den Dingen. Und da war bereits damals die erste Monatsblutung ein schockierendes Erlebnis. Natürlich hätte sie wissen müssen, daß das kommt, aber irgendwie hatte sie sich eingebildet, daß dies unappetitliche Kapitel irgendwie an ihr vorbeigehen würde. Tat es nicht. Sie mußte sich daran gewöhnen. Und nun ahnte sie, sie mußte sich an mehr gewöhnen - und überraschend hatte sie bereits angefangen festzustellen, daß das diesmal gar nicht so unangenehm und unappetitlich zu sein schien wie vermutet - jedenfalls sofern sich die Angelegenheit auf Paul bezog. Theoretisch wußte sie natürlich, worauf das hinauslief. Sie war schließlich eine junge, gesunde erwachsene Frau, da war das ganz normal. Aber noch schreckte sie eindeutig davor zurück, da genauer zu forschen oder Paul eindeutig zu ermuntern mit Aktivitäten zu beginnen, die sie dann wohl unmöglich mehr ausbremsen konnte. Und wenn er einfach etwas versuchen würde, ohne ermuntert zu sein? Würde sie es abwehren wollen? Sie drängte den Gedanken beiseite. Gegen Paul konnte sie sich nicht wehren, er würde aber auch nichts von sich aus versuchen, würde ihre Unsicherheit rechtzeitig spüren und ihr Zeit lassen.
Sie kam gut voran, war mit dem Teich so weit fertig, gut, der sah immer noch wild aus, hatte nun aber eindeutig eine freie Wasserfläche und wirkte deutlich einladender und wie ein echter Teich. Sie hatte auch bereits die Reste dieser Aktion weggeräumt. Das Heu war bereits trocken oder trocken genug, also brachte sie es auch zur Scheune, sie wußte, zu feuchtes Heu könnte Brände verursachen oder faulen, sie sollte vorsichtshalber nachher Paul noch fragen, was der dazu meinte. Die meisten Geräte hatte sie auch bereits zum Haus zurückgebracht.
Sie kehrte noch einmal zum Teich zurück und betrachtete recht zufrieden ihre Arbeit.
Gerade wollte sie den Zinkeimer und eine Harke packen, um zu gehen.
Und dann sah sie plötzlich Bruno!
Er irrte irgendwie mit zwei Pferden am Zügel über das Gelände.
Dann sah auch er sie und kam auf sie zu.
Gundula hatte wieder das hochgesteckte Haar unter einem breiten Sonnenhut verborgen,
hatte inzwischen deutlich gebräunte Haut, lief barfuß herum,
hatte zudem das einfache Kleid an, welches sie auch wieder recht keck ziemlich weit
oben am Oberschenkel zusammengeknotet hatte.
So wirkte sie von Ferne sicher eher wie eine Frau vom Lande, die mit ihrer natürlichen
Ausstrahlung Eindruck zu machen wußte.
Bruno jedenfalls erkannte sie nicht gleich, war aber sichtlich erfreut, den offenbar
dringlich gesuchten Teich endlich gefunden zu haben.
Er ließ die Pferde auf der Wiese stehen und grüßte nur mit einer Geste,
und sein Blick wechselte mehrfach vom Teich auf die nackten Beine und Arme.
Dann stand er starr vor Staunen, als er Gundula offenbar erkannte:
"Oh! Prinzessin! Ich dachte nicht, daß ihr ... Oh! ..."
und mehr zu sich selbst: "Keine Kröte, sicher rein gar keine Kröte!"
Das wirkte nun zu lustig, von Bruno konnte sich Gundula jedenfalls nicht
bedroht fühlen, zumal wenn dieser allein war und seine Mutter fern.
Sie lachte vergnügt auf, als man an Brunos Gesichtsausdruck förmlich sah,
wie es im Gehirnkasten rasselte, um die Idee von der Situation allmählich an den
offenbaren Sachverhalt anzupassen. Das hatte ihn komplett aus dem Konzept
gebracht.
Bruno war wie vom Schlag getroffen, die Prinzessin hatte nicht nur ihre menschliche Gestalt wieder,
diese geballte weibliche sexuelle Ausstrahlung, diese Vitalität, die sehr freizügige Aufmachung,
all das betäubte schier die Sinne und das Denken von Bruno - auch schon deshalb, weil es nun
im Gehirn deutlich an Blut mangelte, was sich unwillkürlich an anderer Stelle versammelt hatte.
Gundula machte das Spaß und sie sprach: "Na ich weiß wohl, daß du mich als Kröte hast aus dem Teich fischen wollen. Sollte dir jetzt jedenfalls schwerfallen, mich noch zu fischen oder zu fangen!"
Bruno starrte sie an, wie gern hätte er hier gefischt oder gefangen, doch schien es ihm auch, als müsse er unweigerlich in ihrem Glanz verbrennen, wenn er sich ihr weiter näherte. Und irgendwie war es doch in seinen Kopf zu einer Entscheidung gekommen, offenbar erst einmal ein oder zwei Punkte im Plan seiner Mutter zu überspringen und an einer sinnvollen Stelle wieder einzusetzen: "Nun, edle Prinzessin, es freut mich sehr, euch so wohlbehalten und gut gelaunt zu sehen. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie erleichtert ich bin, euch gesund und lachend zu sehen. Ihr seid sogar noch beeindruckender als jemals zuvor, was an sich schon ein Wunder ist, daß sich das überhaupt noch steigern ließ. Eure Erscheinung läßt mich beinahe erblinden, sie raubt mir die Sinne! Ich möchte euch ausdrücklich mein Bedauern über die Vorfälle aussprechen, die euch hierher gebracht haben. Und ferner überbringe ich euch eine tief empfundene Entschuldigung meiner Mutter, der dieser Vorfall ganz schrecklich leid tut, sie versichert euch, das alles sei nur ein Mißverständnis gewesen, welches man sicherlich schnell bereinigen könne."
Gundula antwortete: "So so, ein Mißverständnis, das ist ja mal ein Ding!
Und du bist sicher gekommen, um mich aus dieser mißlichen Lage zu befreien?"
Bruno nickte zustimmend und froh, daß Gundula diesen Punkt von selbst erwähnte:
"Jaja, unbedingt. Ich... ich hatte wirklich aufgrund der Informationen von meiner Mutter erwartet,
daß ich euch als bedauernswerte Kröte vorfinde, aber zum Glück ist es euch offenbar besser ergangen als befürchtet."
Gundula nickte: "Jaja, ganz offenbar."
Bruno war inzwischen doch herangekommen, daß es sich für ihn anfühlte, als müsse er endgültig verbrennen. Er schaute ganz unsicher nach unten, weil dabei aber sein Blick unvermeidbar über Gundulas nackte Oberschenkel, Beine und Füße streifte, wurde er noch unsicherer und beunruhigter und nervöser. Sein Blut kochte und es fühlte sich an, als müßten dies seine letzten Sekunden sein. Der Auftrag der Mutter aber drückte ihn auch gar sehr und auf der anderen Seite stand da Gundula sehr sehr sehr eindrucksvoll und freundlich lächelnd, was ihn sehr einschüchterte, aber seine Mutter würde ihm die Hölle heiß machen, wenn er den Plan nicht umsetzte. Er mußte also handeln. Der Kern des Plans war, die Prinzessin zu küssen und zurückzubringen. Gut, bei einer Kröte hörte sich das nicht angenehm an, aber irgendwie machbar. Aber jetzt stand sie leibhaftig und in voller Größe vor ihr. Was verlangte seine Mutter von ihm? Er starb schon jetzt schier vor Aufregung - und dann noch losstürmen und sie küssen? Eigentlich wollte er lieber wegstürmen und sich nie wieder blickenlassen. Alles in ihm brannte - du meine Güte, er stand direkt vor ihr und brannte lichterloh! Er war verloren, vernichtet, würde er nicht sofort aus ihrer Nähe fliehen. Aber er wagte es nicht. Wollte nicht schon wieder wie ein Versager vor seine Mutter treten. 'Oh du meine Güte!' dachte er als Gundulas Präsenz seine volle Wirkung in ihm entfaltete, das wurde mit jedem Sekundenbruchteil mehr Frau und Präsenz, als er verkraften konnte. Das war eine Göttin, die Sonne selbst. Und er? Was hatte seine Mutter befohlen? Wie konnte sie verlangen, daß er das tat, einfach so, ohne die Prinzessin zu respektieren. In der nächsten Sekunde mußte er zerschmelzen, vergehen, daher mußte er es jetzt tun! Sofort! Was folgen würde, konnte er unmöglich überleben, so oder so, aber es gab kein Zurück, keinen Ausweg! Und dann stürmte er einfach auf die überraschte Prinzessin los...
Gundula war wie gelähmt. Bruno schaute sie plötzlich mit Augen an, die aus den Höhlen zu treten drohten, dann rannte er auf sie zu und prallte mit seinen Lippen förmlich auf ihre, daß es beim Aufschlag eigentlich hätte richtig wehtun müssen, aber! 'Plopp!' und dann 'Platsch!' und es prallte nur eine kleine, warzige Kröte von ihrem Mund ab, drehte sich in Kapriolen durch die Luft und kullerte verwirrt auf den Boden, während Brunos Kleider vor ihr zu Boden gefallen waren.
Fassungslos über dieses abermalige Krötendrama schlug Gundula die Hand vor den Mund. Das konnte doch nicht wahr sein! Einmal mehr war etwas passiert, was sie so nicht hatte kommen sehen. Bruno war harmlos, trotzdem war er auf sie zugesprungen und hatte sie einfach geküßt und schon hatte sie ein neues Krötenschlamassel an der Backe! Und diesmal sprang leider(!) nicht Paul herbei, um etwas zu tun! Was hätte er getan? Blitzschnell griff sie den Zinkeimer und stülpte ihn umgekehrt erst einmal über den sichtlich konfusen Kröten-Bruno. Dann setzte sie sich ins Gras, zog die Beine an, legte das Kinn auf die Knie und umfaßte die Beine mit ihren Armen. Sie mußte überlegen. Was nun? Paul war nicht da. Sie wußte nicht, wann er zurückkommen würde. Aber Bruno konnte auch keine Kröte bleiben. Es galt ja nun keine Sippenhaft und somit war er nicht für die Taten und Pläne seiner Mutter verantwortlich. Eben hatte er deutlich unter Druck gestanden und wer weiß schon, was ihm seine Mutter für Sachen eingeredet hatte. Eine ordentliche Standpauke für den Kußversuch konnte sie ihm immer noch halten.
'Was für ein Mist!' dachte Gundula - und kein Paul weit und breit. Sie mußte sich selbst etwas einfallen lassen. Zudem war es ihr auch irgendwie sehr peinlich, schon wieder ein Verehrer als Kröte. Wie würde sie Paul wieder ansehen? Was von ihr halten, wenn sich hier ständig verflossene Verehrer zu Kröten küßten? Und er dann zudem noch wieder dafür sorgen mußte, daß die ihre normale Gestalt zurückbekamen. So konnte das doch nicht weitergehen. 'Im Grunde', so führte Gundula ihren Gedanken fort, 'haben wir es ja noch gar nicht ausprobiert. Vielleicht wenn ich küsse, verwandelt sich Bruno auch zurück. Vielleicht hat es gar nichts damit zu tun, daß Paul küßt, sondern nur damit, daß die verwandelte Kröte geküßt wird, egal von wem, auch von mir!'
Gundula zögerte noch immer, gern hätte sie diesen Teil des Dramas eigentlich doch Paul überlassen. Der war nicht da, also mußte sie handeln. Und ohnehin war es eigentlich ein Unding, daß Paul immer ihre Dramen wieder ausbügeln sollte. Auch das war nicht fair ihm gegenüber. Also mußte sie die Angelegenheit selbst in die Hand nehmen, es wenigstens versuchen. Und bei dem Gedanken verzog sich ihr Gesicht in beträchtlichem Maße. Warum blieb das an ihr hängen, sie hatte diesen Fluch nicht ausgesprochen, warum klebten die ganzen Folgen dann an ihr? An ihr und an Paul, der damit nun wirklich nichts zu tun hatte? Das war ungerecht. Aber das wußte sie auch, das Leben, die Welt scherte sich nicht um Gerechtigkeit. Die Welt war keine Person, die sich um irgendwelche Dinge kümmern könnte, müßte oder sollte. Und selbst die meisten Menschen scherten sich nicht um Gerechtigkeit. So stand sie auf und näherte sich noch immer zögernd dem Zinkeimer. Wie hatte Paul das gemacht? Gundula erinnerte sich.
Und dann hob sie entschlossen erst den Zinkeimer weg, packte die Kröte und küßte sie. Und da machte es direkt vor ihrem Gesicht ein eigenartiges "Böööörks!" und sie hatte einen merkwürdigen Geruch in der Nase. Sie öffnete die Augen wieder und hielt noch immer die Kröte in der Hand, die noch einmal herzhaft rülpste. Angewidert wandte Gundula ihr Gesicht ab und aus einem Reflex heraus warf sie die Kröte - in hohem Bogen in den Teich! Und damit machte es dann wenigstens doch noch 'Platsch!', worauf Kröten-Bruno wieder aus dem Wasser auftauchte und etwas ungeschickt ein paar Sprünge im Teich machte.
Gundula war zunächst entsetzt darüber, was sie getan hatte, dann aber auch wieder erleichtert, daß der Kröten-Bruno sich nicht versehentlich bei dem Wurf an einem abgeschnittenen Schilfende aufgespießt hatte. Sie eilte um den See herum, um Kröten-Bruno wieder einzufangen, doch der sprang ängstlich in ein Schilfdickicht!
Gundula stand nun ratlos am Teich und hatte die Hände in die Seiten gestemmt. 'Was tun?' dachte sie. Wenn doch nur Paul bei ihr wäre. Hoffnungsvoll schaute sie über die Wiese in die Richtung, aus welcher sie Paul erwartete. Und wirklich, da war er und kam bereits gelaufen! Wieso eigentlich lief er? Egal, sie winkte hektisch, damit dieser sich noch mehr beeilen sollte.
Angekommen berichtete Paul gleich, nachdem er beim Krämer fertig gewesen sei - Karl sei übrigens inzwischen wieder ganz gut ansprechbar - und mit ein paar Leuten geplaudert habe, seien zwei Fremde hinzugekommen. Wie sich dann im Gespräch herausgestellt habe, seien das Diener von Regina und Bruno gewesen, die Bruno zurückerwarteten, der sie in dem Flecken zurückgelassen habe, um etwas zu suchen. Ob Gundula ihn schon getroffen habe? Dabei fiel sein Blick auch schon auf die beiden Pferde, die auf der Wiese standen und Gundula, die nun auch zu Worte kommen wollte, aber keine fand, nur energisch auf den Teich hinwies! Und da ahnte Paul schon Böses.
Gundula war recht peinlich berührt, sammelte doch noch ein paar Wörter zusammen und stammelte erst unverständlich vor sich hin, riß sich zusammen und faßte die Kurzform des Geschehenen hastig zusammen. Und Paul sah sie erneut an, als sei sie ein kleines Kind, welches einmal mehr irgendeinen Unfug angestellt hatte. 'Eine rülpsende Kröte, unglaublich!' dachte sich Paul, irgend wurde die Angelegenheit immer noch ein wenig absurder und skurriler. 'Eine Zumutung!' Aber Gundula hatte natürlich insofern recht, als das man das nicht so lassen konnte. Das hatte der dumme Bursche nun auch nicht verdient!
Zunächst standen sie beide an gegenüberliegenden Seiten des Teiches und versuchten Kröten-Bruno mit besänftigenden Worten hervorzulocken. Der schien aber wohl immer noch verwirrt und verstört zu sein oder auch einfach sehr mißtrauisch nach dem etwas impulsiven Wurf in den Teich. Da sich Gundula bereits gestern im Teich vollgesaut hatte, wollte Paul ihr das nicht noch einmal zumuten und so entschloß er sich, selbst in die Brühe zu steigen, zog sich dazu bis auf die Unterhose aus und stieg widerwillig in den Teich und durchstöberte das Schilf und die unübersichtlichen Stellen, möglichst um den Kröten-Bruno auf Gundula zuzutreiben, die bereits den bewährten Zinkeimer hinter ihrem Rücken bereithielt. Indessen hielt sich Kröten-Bruno bedeckt, zweimal hörten sie ihn springen, aber er kam nicht hervor. Allmählich wurde Gundula ungeduldig und drohte schließlich genervt: "Bruno! Schluß jetzt, wenn du nicht sofort vorkommst, gehen wir - und du kannst dir sicher sein, Storch, Reiher oder Krähen werden dich ganz sicher in kurzer Zeit finden!"
Das hatte Wirkung, allerdings sprang Bruno auf Paul zu, irgendwie war er offenbar durch Gundula noch deutlich verunsichert. Er sprang Paul brav auf die Hand, der so mit ihm aus dem Teich stieg. Auf der Wiese angekommen, folgte dann das übliche, diesmal etwas abgekürzte Ritual, weil die Kröte ja schon auf der Hand saß. Also Kuß und Schwuppdiwupp! und Wutsch! Vergeblich versuchen, diesmal die Hand rechtzeitig wegzuziehen, dafür fiel ihm der nackte, wackelige Bruno gleich in die Arme. Paul half ihm einfach, sich zu setzen, reichte ihm seine Sachen herüber, setzte sich ebenfalls neben ihn und betrachtete, wie der Schmodder von dem Teich an ihm hing, zwar weniger als gestern bei Gundula, aber für seinen Geschmack immer noch deutlich mehr als genug.
Gundula hatte gar nicht mehr hingesehen und sich stattdessen erst einmal den beiden Pferden zugewendet, denen es aber ganz gut ging. Paul unterrichtete sie per Zuruf, als Bruno wieder ordentlich angezogen war, aber immer noch ziemlich verstört neben ihm auf der Wiese saß. Gundula kam nun auch hinzu und setzte sich ebenfalls ins Gras. Sie blinzelte Bruno zornig an: "Das war eine komplett unnötige und unangemessene Aktion, mich einfach anzuspringen und zu küssen, das Krötendrama hast du dir selbst und deiner Mutter zuzuschreiben!"
Bruno traute sich nicht, sie anzusehen, er hielt den Blick gesenkt, betont weg von ihren nackten Beinen, einfach ins Gras:
"Tut mir leid! Mutter hat gesagt, ich müsse dich küssen und heimbringen..."
Gundula schüttelte den Kopf: "Werd mal erwachsen und nutzte deinen Kopf selbst zum Denken,
statt dich zum Spielball der Intrigen deiner Mutter machen zu lassen!"
Gundula stellte Paul erst einmal vor und berichtete kurz, daß sich dieser um sie gekümmert habe, durch seinen Kuß habe sie sich wieder von einer Kröte in einen Menschen verwandelt. Offenbar funktioniere es, wenn Paul das tue, sonst wohl nicht. Paul fragte Bruno, ob er eine Ahnung habe, wieso sich jemand in eine Kröte verwandele, wenn er wagte, Gundula zu küssen? Nur bei ihm sei es öffenbar nicht der Fall, wobei er es bislang nur bei der Krötengestalt versucht habe, nicht bei der menschlichen Gestalt. Dabei schaute er Gundula lächelnd an. Gundula ergänzte kurz, was insbesondere mit dem Ritter passiert war, welcher offenbar Bruno und Regina hatte belauschen lassen und gestern hier gewesen sei.
Bruno aber wußte von nichts, er war jedenfalls sehr erstaunt, über den Kröteneffekt: "Davon hat Mutter nichts gesagt. Aber ich glaube, sie hat längst nicht alles im Griff. Ihre Mittelchen können unerwartete Nebenwirkungen haben ... jedenfalls ist der Bann oder Fluch noch nicht gebrochen, dafür muß der richtige Mann die Prinzessin erst einmal heimbringen. Deswegen ist es mit dem anfänglichen Kuß und der Verwandlung zurück in die menschliche Gestalt nicht getan. Es fehlt noch der zweite Teil."
Paul hakte nach: "Nebenwirkungen?"
Bruno nickte traurig: "Ja, es passiert was, was sie nicht bedacht hat.
Zum Glück kann der Bann der Prinzessin gebrochen werden.
Das ist also nur von endlicher Dauer, wenn sie wieder daheim ist, ist wieder alles gut.
Mir hat sie einmal ein Mittel gegen Pickel und Akne gegeben.
Leider habe ich seitdem als Nebenwirkung immer wieder mal Sodbrennen und ich muß unappetitlich rülpsen,
wenn ich sehr im Streß bin, was leider öfter mal vorkommt, wie man sich bei meiner Mutter denken kann.
Der Haken ist nun, bei meinem Akne-Bann hat sie gar kein Ende eingebaut.
Akne bekomme ich nicht mehr, aber das üble Rülpsen bleibt leider!"
Gundula nickte, sie erinnerte sich, plötzlich waren damals bei Bruno die Pickel weggewesen, dafür neigte er zum Rülpsen,
was ihn auch unter den anderen Jungs eher zu einem Einzelgänger gemacht hatte.
Zwar ist das an sich etwas, um Jungs zu imponieren, aber nicht so wie es Bruno unterlief.
Gut und bei den Mädchen, mußte ein Bursche so natürlich gar nicht erst ankommen.
Bruno seufzte, als er diese Ausführungen von Gundula hören mußte.
Er ergänzte noch: "Was Mutter da in ihrem Keller für scharfes Zeug zusammenbraut,
ist oft eben sicher nicht so ganz richtig ausgegoren.
Sie hat zwar dort viele Bücher und Mittelchen, aber das ist alles nicht so einfach.
Wenn sie nur nicht immer über diesem Zeug brüten würde,
wäre sie ganz harmlos und wir würden jetzt nicht in diesem Schlamassel stecken."
Gundula stellte in Aussicht: "Oh, ein guter Hinweis, Bruno. Ich denke, wenn ich wieder Zuhause bin, werden wir da helfen
können, den Keller aufzuräumen und deine Mutter von dieser Bürde befreien. Und dann wird sich schon etwas finden lassen
für euch beide, wo du Gelegenheit bekommen sollst, auf deine Mutter aufzupassen, damit sie sich nicht wieder so einen
Keller anlegt und anfängt, Mittelchen zu brauen."
Bruno nickte erfreut und geradezu erleichtert. Dies wäre ihm schon sehr recht, wenn sich die Prinzessin so für ihn und seine
Mutter einsetzen könnte.
Da aber Gundula schon ein weiteres Stichwort mit der Rückreise nahegelegt hatte, so fuhr er fort, zu Paul gewendet:
"Da du sie hast zurückverwandeln können, bist offenbar eindeutig du der richtige Mann und leider nicht ich!
Vielleicht werden deshalb die Männer zu Kröten verwandelt, die versuchen, sie zu küssen.
Du mußt sie heimbringen, um den Bann zu brechen!
Ganz offenbar bin ich einmal mehr der falsche am falschen Orte."
Paul nickte: "Klar muß ich sie heimbringen, wie wollen hier ja keine Krötenplage haben!
Und wer weiß schon, wer dich und deine Mutter sonst noch alles belauscht hat."
Bruno sah ihn an: "Ich glaube nicht, daß sonst noch jemand ..."
Gundula unterbrach ihn: "Bruno, komm, vermutlich hast du bei deinen Reisevorbereitungen so viel geplaudert, daß das mit der Zeit schon
zu einigen von mir längst zurückgewiesenen Verehrern durchsickern wird, und vielleicht auch zu einigen neuen, die sich durch die Aussicht angezogen fühlen, daß dann was zu holen ist, mindestens eine Belohnung mit der Option auf eine Prinzessin oder ein ganzes Königreich!"
Bruno druckste kleinlaut herum: "Man hat mir geraten, mich gut auf die Reise vorzubereiten.
Ich habe das organisieren lassen, habe aber nicht genau verraten, wohin es geht,
das letzte Stück und die Sache mit dem Teich habe ich wirklich nicht ausgeplaudert.
Mutter war entsetzt, daß ich noch immer nicht losgezogen war, als ich sie noch einmal im Kerker besucht habe,
die hat dann aufgetragen, zwei von ihren Vertrauten mitzunehmen, damit ich sicher sei,
die warten aber ein Stück weiter bei den Häusern dahinten,
die größere Reisegesellschaft weiter weg in einem etwas größeren Ort."
Bruno begann nun noch einmal, sich ausführlich zu entschuldigen und dankte erneut für die in Aussicht gestellte Hilfe hinsichtlich der Situation seiner Mutter. Gundula akzeptierte die Entschuldigung, kratzte sich etwas verlegen am Kopf und räumte schließlich ein, es sei auch übertrieben von ihr gewesen, ihn so bloßzustellen, als er versucht habe, ihr einen Antrag zu machen. Sie habe zwar versucht, ihn zuvor etwas dezenter darauf hinzuweisen, daß sie diesbezüglich kein Interesse habe, offenbar sei das aber nicht überzeugend genug gewesen. Trotzdem habe sie dann überzogen, das müssen sie zugeben, von daher entschuldige sie sich nun auch bei ihm.
Nun schaute Bruno sie sogar an und wirkte nicht mehr ganz so traurig und er war richtig berührt, daß sich die Prinzessin ausgerechnet bei ihm entschuldigte, was ihr sichtlich gar nicht so leicht gefallen war. Er nickte also sehr dankbar. Und dann fragte Gundula, ob er ihnen nicht bei der Rückreise helfen wolle? Natürlich wollte er unbedingt und sah darin ein erstes Zeichen, daß die Prinzessin wirklich bereit war, sich für ihn einzusetzen, wenn sie ihn nicht gleich zum Teufel schickte. Sie wies auf die beiden Pferde, ob er ihnen eines überlassen könne für die Rückreise. Eifrig nickte Bruno, das eine sei ja gerade für sie gedacht gewesen, in der Satteltasche seien ja auch Kleider und einige Kleinigkeiten, die ihr sicherlich nützlich sein könnten. Er würde auch Paul das andere überlassen, denn er käme schon mit den Pferden zurecht, die die Bediensteten und die Reisegruppe hätten. Aber Paul wirkte dankend und grinsend ab, der Ritter von Drachenfels sei gestern schon so freundlich gewesen, ihnen ein Pferd für die Reise zu überlassen, damit seien sie nun komplett. Dann schlug Paul aber auch noch vor, Bruno sollte seinen Leuten erzählen, er habe seine Auftrag erledigt und werde mit ihnen zurückreisen. Sie aber würden dann in Kürze und möglichst unerkannt und ohne Aufsehen nachkommen. So könnten sie hoffentlich weitere Kröten-Zwischenfälle vermeiden. Bruno stimmte sofort und eifrig zu. Noch einmal schärften sie ihm ein, wie er sich verhalten solle, einschließlich der Bedingung, einstweilen nicht seine Mutter aufzusuchen, um ihr über die Reise und die Prinzessin zu berichten, weil sie selbst als erste mit ihr sprechen wollte. Nachdem er diesem allem explizit zugestimmt hatte und klar zu erkennen gab, alles verstanden zu haben, einschließlich des Faktums, daß es der Prinzessin sehr ernst mit ihren Forderungen war, brach er dann auf und war bald mit seinem Pferd verschwunden.
Gundula und Paul waren dann nicht unzufrieden mit der Entwicklung. Sie hatten den Eindruck gewonnen, dieser Zwischenfall habe wirklich Wirkung auf Bruno gehabt. So nahmen sie die letzten Geräte, Pauls Kleidung, das Paket, welches er noch vom Krämer mitgebracht hatte, und das Pferd und gingen zurück zum Haus.
Paul wollte sich dringend vom Schmutz aus dem Teich befreien.
So brachten sie nur eben die Gerätschaften weg, das Pferd zum anderen in die Scheune.
Gundula wies fragend auf das Paket und Paul tat kund, darin seien nur zwei einfache Reservekleider
und noch etwas Unterwäsche für sie. Sie nickte und brachte das Paket ins Haus.
Diesmal, so meinte Gundula, wollte sie gerne Paul beim Bad helfen, wie er ihr gestern geholfen habe.
Paul staunte ein wenig, aber er hatte nichts dagegen.
An der Wanne zog er einfach auch noch die Unterhose aus und stieg in die Wanne.
Er tauchte kurz den Kopf unter, Gundula wusch ihm die Haare und den Rücken, er den Rest.
Es war wirklich deutlich weniger Schmutz als gestern, so konnte er noch eine Weile in der Wanne verharren,
während sich Gundula einfach auf den Rand setzte und ihn anlächelte.
Irgendwann wechselte sie wieder auf die anderen Seite und begann, seinen Rücken, seine Schulter, seine Brust zu massieren.
Das tat Paul sehr gut, letztlich etwas zu gut, wie er feststellte,
so hielt er bald ihre Hände vor seiner Brust fest, daß ihre Wange dicht an der seinen verharrte.
Nun, sie hätte nur in das klare Wasser sehen müssen, um die Konsequenzen ihrer Massage eindrucksvoll zu erkennen,
so war es im Grunde egal, was er versuchte.
Er zog die Beine an und sie fragte: "Genug?"
Und er erwiderte: "Auf jeden Fall!"
Und sie waren sich beide nicht so sicher, ob sie sich über dasselbe unterhielten.
Jedenfalls stand Gundula auf und meinte: "Du solltest dich auch noch unter der Pumpe abspülen!"
Paul war sich immer noch nicht sicher, ob sie sich über das gleiche Problem unterhielten,
stimmte aber jedenfalls überein, daß das eiskalte Wasser in dem Falle eine gute Möglichkeit sein konnte.
Also stand er auf und was Gundula zunächst nur aus dem Blickwinkel gesehen hatte,
erschien ihr nun schon recht eindrucksvoll zu sein, natürlich sagte sie dazu nichts.
Sie dachte sich nur: 'Das ist ganz natürlich! Vielleicht hätte ich ihn nicht so intensiv massieren sollen.'
Erst jetzt kam ihr in den Sinn, in welcher Weise Paul das bisherige Gespräch gemeint haben könnte und schmunzelte.
Hinsichtlich der Wirkung von kaltem Wasser hatte sie in dieser Hinsicht aber nur sehr wage Vorstellungen,
pumpte aber artig, um zunächst seine Haar auszuspülen, dann den Rest seines Körpers.
Da sie sogleich begann, ihn mit einem Handtuch abzureiben, hielt sich die Wirkung des kalten Wassers ohnehin in bescheidenen
Grenzen, aber wie er gestern letztlich nicht gezögert hatte, so ging auch sie beim Abtrocknen systematisch vor,
in dem besonders bemerkenswerten Bereich dann allerdings sehr vorsichtig.
Als sie fertig war, meinte sie einfach nur, jetzt könne er ja den Pumpschwengel bedienen, während sie auch schon
das Kleid über den Kopf zog und danach auch die Unterwäsche aus und sich unter die Pumpe beugte.
Paul mußte sich ordentlich zusammenreißen, nun waren sie beide nackt - und er war immer noch in erheblichem Maße
erregt, während sie gerade ihren Oberkörper beugte und so ihren Po exponierte, daß ihm schon etwas schwindelig
wurde. Er schloß erst einmal die Augen und pumpte einfach weiter, hielt den Schwengel fest in der Hand,
um der Reizüberflutung entgegenzuwirken.
Bald aber war sie wohl aufgestanden und meinte: "Genug, kannst nun mich abtrocknen."
Also öffnete er die Augen und trocknete sie ähnlich wie am Vortag ab.
Dann standen sie sich gegenüber.
Gundula waren im Moment eher mehr als weniger große Details egal und sie kam einfach auf ihn zu und umarmte ihn,
drückte ihre Wange fest an die seine.
Und das war für beide eine eigenartige Mischung aus innerer Hitze und der noch vom eiskalten Wasser sensibilisierten Haut,
die leicht aneinander rieb.
Paul erwiderte die Umarmung gerne und streichelte ein wenig über ihren Rücken, worauf sie sich noch fester an ihn drückte.
Paul machte sich nun schon Gedanken, wie das weitergehen sollte, denn ihr konnte ja nicht entgehen, was da unten
gegen ihren Körper drückte.
Er hatte Lust, ihre unbekümmerte, zärtliche Art schien allerdings nicht direkt erotisch motiviert zu sein,
so war er unsicher und hielt sich zurück.
Sie genossen eine ganze Weile die innige Umarmung, bis ihre Körper entweder dadurch oder auch die Sonne wieder ganz erwärmt oder erhitzt waren. Jedenfalls schlug Gundula vor, reinzugehen, sich anzuziehen und zu gucken, was sie für die Reise nun genau mitnehmen sollten. Paul war einverstanden und wußte nicht so recht, ob er erleichtert sein sollte oder wie er sich wieder entspannen sollte. So oder so schnappte Gundula einfach alle Sachen und ging voran, er folgte also nackt und etwas breitbeinig. Gundula verzichtete einfach auf Unterwäsche und zog nur eines der neuen Kleider über, welches Paul vom Krämer mitgebracht hatte. Er selbst eilte zügig in den Nebenraum und zog sich schnell frische Sachen aus dem Schrank an. Die kritische Situation war erst einmal überstanden und er hatte bei Gundula keinerlei Irritationen oder Verunsicherungen wahrgenommen. Oder war er einfach zu zurückhaltend oder auch dumm gewesen, um auf ein vielleicht gar eindeutiges Angebot einzugehen? Obwohl er ihr an sich alles zutraute, dachte er dann doch nicht, daß sie im Bedarfsfalle gerade so vorgehen würde und wenn, dann nicht einfach über offensichtliche oder auch offen sichtliche Tatsachen einfach so hinwegsehen würde. Aber ihr Verhalten hatte sich eindeutig verändert, vielleicht war sie sich selbst unsicher, was sie tat oder wie das wirkte, vielleicht probierte sie auch herum, forschte und suchte, was ihr vermutlich theoretisch bekannt war, aber praktisch nicht vertraut. Sollte er dabei mehr die Initiative übernehmen oder ihr Verhalten so interpretieren, daß sie längst die Initiative übernommen hatte und darauf stärker eingehen? Er war sich unsicher, nicht unbedingt durch ihr selbstbewußtes, selbstverständliches Auftreten, eher durch Änderung ihres Verhaltens an sich und ihre gesellschaftliche Position. Dabei mußte er zugeben, sie waren beide erwachsene Menschen, es war also nichts dabei, Zuneigung zueinander zu empfinden und respektvoll und angemessen auf die gegenseitigen Bedürfnisse einzugehen. Keinesfalls wollte er aber etwas überinterpretieren und damit Grenzen überschreiten, die sie für sich gesetzt haben könnte. Die Lage blieb also verzwickt. So entschloß er sich, sich primär auf ihr gemeinsames Hauptziel zu konzentrieren, sie nach Hause zu bringen.
Gundula inspizierte bereits die Sachen, die sie neu erhalten hatten, ob diese zu den Reiseuntensilien gepackt werden sollten oder nicht. Die vom Ritter mitgebrachte Reisebekleidung war für sie und für das Reiten ideal, die einfachen Kleider von Paul und alle Unterwäsche waren nützlich. Die Kleider, die Bruno mitgebracht hatte, waren wohl einer Prinzessin angemessen, aber eher nicht für solch eine Reise, aber vielleicht, vermutlich hatte seine Reiseorganisation sogar eine Kutsche parat in jener kleineren Stadt, wo er sie zurückgelassen hatte. Da sie sich nun mit Bruno ausgesöhnt hatte, beschloß sie aber, alles mitzunehmen und bei Gelegenheit auch zu tragen, wenn dieser es sehen konnte. Bei den Schuhen waren wieder jene vom Ritter für die Reise ideal, jene, die sie beim Krämer ausgesucht hatte, paßten ihr auch gut und waren nützlich, die von Bruno waren eher wieder etwas für einen kleinen Spaziergang einer Prinzessin. Immerhin waren die recht kompakt gehalten und paßten sogar, also sollten sie auch mit.
So ging sie noch ein paar Kleinigkeiten durch, bis sie dann bei den Waffen ankam. Die Pistolen vom Ritter waren gut, für jeden von ihnen beiden eine davon wäre angemessen. Ein Jagdmesser hatte sie selbst, Paul hatte auch eines, was der Ritter dabei gehabt hatte, war für ihre Hände nicht griffig genug, Pauls waren ja auch nicht viel größer, also wohl eher nicht geeignet. Das Schwert war wirklich hochwertig, aber auch eindeutig für den großen, starken Ritter ausgelegt. Ihr lag es nicht richtig in der Hand. Sie versuchte damit ein paar Bewegungen, aber das ging so nicht schnell genug. Sie gab es Paul zum Probieren, da sah es bereits etwa eleganter aus, es war aber auch zu sehen, daß dieser auch, wenn überhaupt, an leichtere Waffen gewöhnt war. Sie beobachtete ihn genau und was er mit dem Schwert anfing. Er faßte es richtig an, bewegte es richtig, aber es war zu erkennen, ein Kämpfer war er sicher so wenig wie sie. Aber es war zu sehen, daß er wie sie einschätzen konnte, worauf es bei einer Waffe ankam und er wußte sich damit zu bewegen, also war sie sich nun sicher, daß er prinzipiell damit umgehen konnte. Das war so unwahrscheinlich nicht, von daher erhellte das nicht sonderlich seine Vergangenheit.
In der Tat meinte er dann auch schnell, das Schwert sei zwar sehr gut, für sie beide aber schlecht geeignet,
sie bräuchten beide etwas leichteres.
Sie nickte: "Woher?"
Paul sah sie einen Moment zögernd an und antwortete dann etwas unsicher: "Aus dem Haupthaus, du kommst mit, stellst aber keine überflüssigen Fragen. Ich zeige dir einiges im Haus,
so weit ich das möchte, wenn du magst, aber mehr auch nicht."
Sie war etwas überrascht über das Angebot, zumal er das Betreten des Hauses noch vor Kurzem verweigert hatte.
Aber seitdem hatte sich sehr viel, auch zwischen ihnen beiden verändert.
So antwortete: "Gern, ich werde keine dummen, neugierigen Fragen stellen!"
Er nickte zufrieden. Sie gingen schon raus, da meinte sie, sie sollten erst noch einmal die Sättel und Packtaschen
genau ansehen. Also gingen sie in die Scheune. Die Sachen vom Ritter waren wieder gut geeignet, Pferd und Sattel
waren groß, Gundula meinte, Paul sollte dieses Pferd nehmen, sie den kleineren Schimmel von Bruno.
Allerdings hatte Bruno da den für eine Prinzessin angemessenen Damensattel mitgebracht, den Gundula schon daheim
nur bei besonderen Anlässen nutzte, weil sie sonst eher sportlicher auf einem normalen Sattel unterwegs war.
Auf dieser Reise, wo sie vielleicht Räubern und Strauchdieben entkommen mußten, wollte sie dies keinesfalls
mit einem Damensattel versuchen. Dies tat sie auch kund und schaute Paul schmunzelnd an: "Du vermutlich auch nicht?"
Paul schüttelte den Kopf: "Nein, mit Damensätteln habe ich zum einen gar keine Erfahrung, zum andere sind die
wohl in einer heiklen Situation wirklich suboptimal."
Gundula fragte: "Was tun?"
Paul meinte nur: "Gut das du nachgefragt hast, bevor wir zum Haupthaus hinüber gehen. Dort finden wir sicher auch
einen guten Sattel für dich."
Gundula fragte: "Reiten wir zum Haupthaus? Dann können wir gleich den Sattel probieren. Und ich sehe, wie du reitest."
Paul lachte: "Glaubst du nicht, daß ich reiten kann?"
Sie schmunzelte: "Nein, aber wenn wir beide gegenseitig einschätzen können, wie gut wir reiten können, können wir bei einer Gefahr auch besser reagieren, weil wir wissen, was der andere schaffen kann. So können wir rechtzeitig Rücksicht nehmen, was für uns ein entscheidender Vorteil sein kann!"
Da stimmte Paul zu und sattelte das ihm zugedachte Pferd.
Gundula aber fragte, ob sie den Damensattel hier in der Scheune lassen sollten oder im Haupthaus unterbringen.
Paul fragte zurück, ob sie bis zum Haupthaus ohne Sattel reiten wolle oder lieber mit Damensattel.
Sie lachte, sie würde es gerne ohne probieren, sicher nicht für die lange Reise, aber hier auf dem Gut schon.
Und schon hatte sie sich ohne Hilfe auf ihren Schimmel geschwungen und war mit diesem bereits geduckt durch das
niedrige Tor geschossen, stellte sich draußen auf den Charakter des Tieres ein, während Paul in aller Ruhe seines
aus der Scheune führte und sie bat, es zu halten.
Derweil ging er noch kurz ins Haus und packte die überschüssigen Waffen ein, ebenso einige Unterlagen,
kam wieder heraus und stieg ebenfalls auf.
Sie ritten nicht direkt zum Haupthaus, sondern machten eine etwas größere Runde über das Gut. Gundula war geschickt, aber ohne Sattel doch etwas vorsichtiger, so daß der ruhigere Paul doch auf seinem schon etwas älteren Pferd gut mithalten konnte. Gundula kannte die Möglichkeiten des Tieres ja bereits von jenem tragischen Wettrennen und sie war zufrieden damit, wie Paul mit dem Tier umging. Seine Haltung verriet ihr, er mochte das ursprünglich für ähnliche Zwecke wie sie einmal gelernt haben, aber der Stil hatte sich abgeschliffen, als hätte er schon längere Strecken zurücklegen müssen, also nicht der anstrengende Paradestil. Das war auch ganz plausibel, denn er war ja von Bractland hierhergezogen, wahrscheinlich auch auf einem Pferd, obwohl ja keines auf dem Gut war, als sie angekommen war.
Am Haupthaus angekommen stiegen sie ab und Paul schloß auf. Drinnen waren die meisten Sachen sorgfältig verhängt, sie konnte aber auf eine prächtige Einrichtung schließen. Das überraschte sie, weniger, daß Paul in seiner eher bescheidenen Art das nicht unbedingt jedem zeigen wollte. Er zeigte ihr einige Räume und erläuterte nur knapp. In einem Raum öffnete er eine recht gut verborgene kleine Tür und schloß die mitgebrachten Unterlagen weg. Daß ihm nicht einmal der Gedanke gekommen zu sein schien, dies Versteck vor Gundula zu verbergen, zeigte ihr deutlich, daß seine sehr knappe Führung durch das Haus nichts mit ihr zu tun hatte, er wollte einfach zügig wieder aus dem Haus hinaus. So folgte sie ihm still und wie abgemacht ohne Fragen.
Durch einen längeren Gang kamen sie schließlich zu einer weiteren, aufzuschließenden Tür. Dahinter war ein Nebengebäude, ein derzeit leerer Stall. Tatsächlich gab es da auch einige Sättel. Recht zielsicher ging Paul in eine Richtung, Gundula folgte. Paul wies auf drei von den Sätteln hin, einer davon sollte es wohl sein. Gundula schaute und war beeindruckt, einen davon hätte sie wohl auch für sich und den Zweck gewählt. Sie schaute etwas genauer und wählte den, der ihr für die Reise am praktischsten erschien. Er nahm den Sattel und sie verließen den Stall wieder, Paul schloß gleich diese Tür und es ging hinaus zu den Pferden. Schnell war der Schimmel gesattelt und Gundula probierte eine kleine Runde und nickte: "Alles in Ordnung!"
Dann gingen sie wieder hinein, über einen anderen Flur zu einer Kellertreppe. Paul zündete eine Lampe an und es ging hinab. Unten gab es mehrere Räume, einen davon schloß er auf und machte dort eine größere Lampe an. Auch hier war Gundula überrascht. Der Raum war eine ziemlich volle Waffenkammer, mit welcher man schon einige Leute komplett hätte ausstatten können. Paul legte die mitgebrachten überschüssigen Waffen in eine Ecke, drehte sich nur kurz, dann ging er wieder ziemlich zielsicher in eine Richtung und nahm einen Degen und reichte ihn Gundula. Diese sah ihn sich an, er hatte recht, das war für sie viel besser geeignet als ein schweres Schwert. Dieser war jedenfalls einfach und schmucklos, aber sehr gut gefertigt. Und! Er hatte Gebrauchsspuren! Daheim hatte sie solche Waffen eher, die speziell für sie angefertigt worden waren. Waffenmeister waren für so etwas verantwortlich und die hätten einer zarten Prinzessin nie eine Waffe in die Hand gedrückt, die vermutlich schon in irgendeinem armen Menschen gesteckt hatte, obgleich das der Reichskanzler vermutlich für nicht unangemessen eingestuft hätte, um die Aufmerksamkeit der Prinzessin auf den Imperativ des Faktischen zu lenken - in dieser Welt konnte es vorkommen, daß man solch eine Waffe wirklich tief in einen Angreifer versenken mußte, um zu überleben. Gundula probierte also und machte damit einige Kampfbewegungen und war sehr zufrieden. Paul reichte ihr noch einen zweiten von ähnlicher Qualität. Sie verglich die beiden sorgfältig, wählte aber schließlich den ersten, der ihr noch ein wenig besser in der Hand lag als der zweite.
Sie schaute Paul an, als dieser den zweiten Degen wieder einsortiere: "Und du?".
Dabei fiel ihr sofort ein, daß sie eigentlich nicht hatte fragen sollen.
Paul aber schaute sie deshalb nicht einmal streng an, winkte nur ab und ging schon, die große Lampe zu löschen.
Im Hinausgehen nahm er einfach, noch ohne hinzusehen eine Waffe von der Wand, daß Gundula kaum so schnell
gucken konnte. Als sie schließlich wieder draußen waren und Paul das Haus bereits abgeschlossen hatte,
war sie aber doch neugierig und wollte die von ihm gewählte Waffe sehen.
Sie nahm sie aus dem Schutz heraus und schaute sehr genau, probierte damit ein paar Bewegungen, nickte,
sah sich die Waffe genauer an, die eher unauffällig verziert war, aber ausgezeichnet gearbeitet.
Und obwohl unauffällig, verrieten die Verzierungen eine ziemlich wertvolle Waffe.
Unregelmäßige Strukturen auf der Klinge verrieten ihr eine spezielle Verarbeitungsmethode,
ein spezielles Verfahren.
Eine solche Waffe konnte man nicht einfach so um die Ecke bei einem Krämer kaufen,
nicht einmal beim nächsten Schmied um die Ecke fertigen lassen.
In der Waffe mußte sehr viel Wissen um Waffentechnik stecken.
Bislang hatte sie nur ein oder zwei Stücke daheim gesehen, die mit ähnlichem Aufwand gefertigt waren,
aber viel üppiger verziert, gerade dadurch aber nicht unbedingt zum häufigen Gebrauch bestimmt.
Dieses hier allerdings war ausgeführt für den Gebrauch!
Es war eine Waffe, die für eine bestimmte Person individuell angefertigt war und sie zeigte allerdings
geringe Gebrauchsspuren!
Verdutzt schaute sie Paul an, auch damit hätte sie nicht gerechnet.
Da er sie einfach und ohne hinzusehen genommen hatte, war es offenbar seine eigene.
Und er bewahrte sie im Waffenkeller eines Hauses auf, welches er im Normalfalle nicht betrat!
Sie hielt sich aber an die Abmachung und stellte keine Fragen, obwohl sie nun schon wieder aus dem Haus heraus waren.
Sie setzten den Ausflug über das Gut mit den Pferden noch eine Weile fort, bis sie irgendwann am frühen Abend wieder am Haus ankamen, die Pferde versorgten und dann gemeinsam ihr Abendessen bereiteten.
Nach dem Abendessen war es draußen noch hell, aber immer noch warm. Sie gingen hinaus und schauten sich einen malerischen Sonnenuntergang an. Sie konnten nicht wissen, daß dieser vorrangig deshalb so intensiv rot war, weil es in Bractland einen größeren Brand gegeben hatte und dadurch sehr viele Schmutzpartikel in die Atmosphäre gelangt waren.
Sie lagen nebeneinander auf einer kleinen Anhöhe in der Nähe des Hauses. Gundula grübelte offenbar immer noch über das Krötendrama, denn sie meinte: "Jetzt wissen wir trotz Brunos Ausführungen über die Aktivitäten seiner Mutter immer noch nicht, wieso dieser Fluch so skurrile Folgen hat, insbesondere auf die Männer, die mich geküßt haben - gut hätten sie natürlich gar nicht tun dürfen, aber trotzdem ist das doch bizarr. Das war im Fluch doch gar nicht mit drin!"
Paul meinte dazu: "Fassen wir noch einmal zusammen: Auf deinen Wunsch hin habe ich dich als Kröte geküßt und du hast dich verwandelt. Drei weitere Männer haben dich ohne dein Einverständnis geküßt und haben sich in Kröten verwandelt. Darauf habe ich sie jeweils ohne Aufforderung geküßt und sie haben sich zurückverwandelt. Als du Kröten-Bruno geküßt hast, hat das nicht geklappt. Der Kuß von Kröte zu menschlicher Gestalt ist also offenbar nicht invariant unter Tausch der küssenden Person. Ich haben jedenfalls schon eine kleinere Auswahl anderer Frauen geküßt, aber keine Männer oder weitere Kröten. Bei den Frauen gab es zwar Effekte, die aber in diesem Zusammenhang nicht besonders bemerkenswert waren. Wir können auch wohl davon ausgehen, daß der Ritter bereits zuvor Frauen geküßt hat, vermutlich aber auch keine Kröten oder Männer, wie ich ihn einschätze. Daraus ergibt sich die Hypothese, daß alles an den beteiligten Personen liegt, auf jeden Fall bei dir, bei mir ist das nicht gänzlich gewiß, denn prinzipiell könnten sich ja alle Personen für den Akteur bei der Rückverwandlung eignen, die nicht mit dir identisch sind. Unbestimmt ist ferner die Frage, ob generell nichts passiert, wenn du jemanden anderen küßt. Wobei natürlich ganz klar und unvermeidlich ist, daß da allerhand passieren würde, nur hätte das nicht unbedingt etwas mit Kröten zu tun."
Gundula mußte schmunzeln und erwiderte:
"So weit, so gut, in begrenztem Umfange wäre ich zu einem Experiment bereit, aber sicher nicht mit beliebigen Männern.
An den angedeuteten allgemeinen Wirkungen bin ich da nicht interessiert, so daß es wegen dieser unangemessen wäre,
solche Experimente mit beliebigen Männern zu beginnen.
Ich wäre bereit - aus rein wissenschaftlichem Interesse versteht sich
- mich von dir küssen zu lassen und umgekehrt auch dich zu küssen."
Paul schaute sie überrascht an, sprachen sie irgendwie über zwei Themen gleichzeitig?
Er ahnte: "Vermutlich liegt das Risiko dabei doch bei mir - könnte ja glatt sein,
daß wenn ich dich in menschlicher Gestalt küsse, ich mich dann auch in eine Kröte verwandele.
Was dann?
Und was, wenn nicht?
Die angedeuteten allgemeinen Nebenwirkungen solch eines Experimentes würden bei mir sicherlich erst recht auftreten.
Und wer weiß, was erst passieren wird, wenn du mich küßt!
Das könnte gänzlich unkalkulierbare Auswirkungen auf uns beide haben!"
Dabei schmunzelte er allerdings.
Gundula war der Auffassung: "Das Risiko scheint mir recht überschaubar sein. Wir haben keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß mehr als normal passiert, wenn ich dich küsse, also jedenfalls wenn man das Krötenproblem einmal als das definiert, was nicht normal ist. Umgedreht scheint es mir auch nicht plausibel zu sein, daß wenn du mich abermals und mit meinem Einverständnis küßt, mehr passiert, als man normal erwarten kann. Hinsichtlich der normalen Auswirkungen bin ich mir nicht so sicher, aber die sind hinsichtlich der Krötenproblematik erst einmal als akzeptabel und unvermeidbar hinzunehmen, um diesen Dingen auf den Grund zu gehen, sonst kann man da nicht forschen. Und wenn doch ein krötenartiger Zwischenfall eintreten sollte, so könnten wir sicherlich den Krämersohn um einen kleinen Gefallen bitten, daß er dich wieder von einer Kröte zurück zu einer menschlichen Gestalt küßt, damit könnten wir dann auch gleich für eine andere Hypothese experimentelle Daten sammeln, ob es auf die Person des Küssers ankommt, wenn es um die Rückverwandlung geht."
Paul war bereit, etwas - rein zum Wohle der Wissenschaft versteht sich - zu riskieren und schlug vor:
"Gut, dann fang du an und küß mich!" und schaute ihr dabei tief in die Augen.
Gundula bekam nun doch ein etwas aufgeregtes Kribbeln im Bauch, ihr Gesicht lief knallrot an,
hatte sie sich doch irgendwie selbst in die Situation hineingeredet.
Hatte sich da ein Gedankengang in ihr irgendwie verselbständigt?
Hatte sie das wirklich vorgeschlagen?
Aber sie dachte sich dann gleich darauf: 'Warum eigentlich nicht?'
Sie rutschte daher einfach dicht an Paul heran, bis sich ihre Körper berührten.
Sie umarmte ihn, ließ ihr Herz einfach heftig pochen, sah Paul noch einmal ganz tief in die Augen,
drehte dann ganz dicht vor ihm ihre Nase knapp an der seinen vorbei und -
ihre zitternden Lippen trafen gerade so eben auf die seinen zu einem Kuß!
Man kann nun gar nicht beschreiben, was in den beiden passierte,
jedenfalls behielten beide ihre menschliche Gestalt und nicht mehr als zu erwarten den Verstand.
Bereits nach Sekundenbruchteilen löste Gundula die Lippen bereits wieder,
wobei sie etwas bebten oder zitterten und was geringfügig länger dauerte,
weil Paul seinen Kopf ein klein wenig hinter ihren Lippen herbewegte, um mehr davon zu bekommen.
Jedenfalls schauten sie sich wieder tief in die Augen, nicht mehr wirklich, um zu prüfen,
ob sich jemand in eine Kröte verwandelt hatte, das war offenbar nicht passiert.
Es war in dem Augenblick schon sehr sehr sehr viel passiert, aber rein gar nichts krötenartiges.
Gundula nahm ihren Mut zusammen und sprach: "Jetzt du!"
Und sie vermutete oder hoffte(?) bereits, daß das bereits ein wenig länger dauern dürfte.
Paul zögerte nicht lange, Krötenrisiko hin oder her, von diesen Lippen wollte er jetzt mehr kosten, also
zog er Gundula zu sich heran und jetzt trafen sich ihre Lippen heftiger und länger.
Und wieder geschahen allerhand geheimnisvolle Dinge in den beiden und mit den beiden, was aber alles nichts
mit Kröten zu tun hatte, sondern was eben so passierte und was man fühlte, wenn man sich mit jemanden küßte,
den man liebte. Der Kuß war nun also schon wesentlich länger und intensiver, schmeckte noch einmal deutlich
besser als der erste und als die beiden ihre Köpfe etwas widerstrebend auseinanderzogen,
weil ihnen das erst einmal angemessen erschien, nicht aber eigentlich in dem Moment besonders erstrebenswert,
schauten sie sich wieder tief in die Augen.
Trotz des Hormonrausches in den beiden war also offenbar sonst alles in Ordnung.
Paul gab zu bedenken: "Bei einem richtigen Experiment muß man prüfen, ob die Ergebnisse reproduzierbar sind..."
Gundula nickte: "Da hast du recht!" und so zog sie ihn wieder an sich und bei dem folgenden Kuß war gar nicht mehr
klar, wer eigentlich wen küßte.
Die experimentelle Sorgfalt geriet dann ganz durcheinander
und von dem Moment an wurden die Ergebnisse nicht mehr einzeln ausgewertet,
sie entschieden sich spontan zu einer ganzen Versuchsserie mit allerlei Variationen des Grundexperimentes.
Bekanntlich ist es nicht so einfach, im experimentellen Rauschen eine 0 zu messen, daß also etwas nicht passiert.
Das stellten die beiden auch fest, denn in beiden rauschte es längst ganz gewaltig,
aber konnten sie wirklich ganz sicher sein, daß rein gar nichts krötenartiges passierte?
Vorsichtshalber und um die Signifikanz zu verbessern, experimentierten sie weiter, wobei sie schnell im Gras lagen und die Positionen wechselten. Paul begann auch langsam, etwas weitere Bereiche um den Mund herum zu küssen, während sie sich auch noch gegenseitig streichelten und irgendwie die Beine umeinander gewickelt hatten, daß sie schon gar nicht mehr so ganz genau wußten, wo der eine aufhörte und die andere anfing - oder umgedreht. Im Eifer des Experimentierens war das im Moment auch gar nicht so wichtig, sie konzentrierten sich voll auf das Experiment und führten es noch fort bis deutlich nach dem Sonnenuntergang. Mit großem Wohlwollen stellte Gundula fest, wie Paul auch ihren Hals, die Schultern, ihren Nacken zu erobern verstand, sogar den kleinen Brustausschnitt des Kleides.
Hinsichtlich des Krötenproblems waren das wenig verdächtige Zonen, aber sie war recht dankbar über seine sorgfältige und systematische Vorgehensweise, die hier nichts aussparte, um die Signifikanz der Ergebnisse weiter zu erhöhen und das Forschungsgebiet langsam weiter auszudehnen. Daß ihr nicht nur dadurch sehr heiß und schwindelig wurde, beunruhigte sie nicht mehr, denn dunkel dämmerte in ihrer Erinnerung auf, daß das wohl bei derart heftigen Aktivitäten als normal einzustufen sei. So ließ sie sich einfach fallen und genoß diesen Andrang, ja Ansturm von Gefühlen und Emotionen, die ihren Körper praktisch gleichzeitig erschauern und schwitzen ließen, die ihn überfluteten. Das entwickelte sich schon zu einer kleinen Sturmflut und sie bog sich lustvoll im Winde. So war sie auch bereit einzuräumen, daß seine zwischen ihren Körpern deutlich zu spürende Erregung eine unter den Umständen zu erwartende Reaktion sei, ja eine, die sie gar erfreut begrüßte, zeigte es ihr doch, daß sie auf mehr hoffen durfte, auch wenn sie jetzt noch nicht dazu bereit war, aber sie spürte da Potential für eine deutlich intensivere, innigere und längere Verbindung, über welche sie sich aber noch irgendwie einig werden müßten. In der Hinsicht war sie bereits zu weiten Zugeständnissen bereit, aber sicher erst, nachdem sie Zuhause angekommen war und sich alles geordnet hatte. Jetzt kostete sie erst einmal den Reiz der Erwartung aus und hoffte wenigstens, daß Paul das auch konnte, denn ihr lag nicht daran, ihn zu quälen. Was sie erfreute, sollte auch ihn erfreuen.
Irgendwann erinnerten sie sich aber doch daran, daß sie Morgen ja nun los wollten und beendeten das
Experiment dann doch, wenn auch ungerne. So zogen sie Hand in Hand ins Haus.
Er faßte kurz zusammen:
"Insgesamt, so können wir wohl erst einmal Zwischenbilanz ziehen, was haben wir durch das Experimentieren
hinsichtlich des Krötenproblems gelernt?
Nicht jeder verwandelt sich offenbar in eine Kröte, der dich küßt und offenbar können wir uns nach Herzenslust küssen und alles,
was dabei zwischen uns passiert, wird nicht durch den Fluch beschädigt oder in den Schmutz gezogen."
Gundula nickte: "Ich meine, das ist ein gutes Ergebnis, das scheint mir für meinen persönlichen Geschmack erst einmal
ausreichend zu sein, wobei ich das Erlebte keinesfalls als ausreichend oder mittelfristig als genug bezeichnen möchte.
In der Hinsicht sollten wir weiter am Ball bleiben und sehr eng an dem Sachverhalt zusammenarbeiten."
Dabei schaute sie ihn schmunzelnd an und Paul strich ihr zärtlich über die Wange.
Einstweilen wollten sie den Augenblick genießen und nicht so sehr grübeln, sich die Dinge langsam entwickeln lassen.
Gundula schlug vor: "Wir könnten heute beide das Bett nutzen, also nur zum Kuscheln und schlafen, nicht für
weitere, ähm - Experimente."
Paul nickte: "So innig und ruhig wie wir letzte Nacht umschlungen geschlafen haben,
ist das Bett auf jeden Fall groß genug!"
So waren sie sich einig und machten sich für die Nacht fertig. Gundula trug diesmal ein Nachthemd, welches Bruno mitgebracht hatte, auch schon um nach dem doch sehr hitzig gewordenen Experiment wieder etwas mehr Ruhe und Entspannung einkehren zu lassen. Paul war ganz zufrieden mit dem recht eindeutigen Signal, so wußte er immerhin für diese Nacht recht eindeutig, wie die Situation zu deuten sei und daß er so nun gut einordnen konnte, wie er Gundulas Verhalten interpretieren konnte. Es war sicher gut gewesen, gestern zurückhaltend gewesen zu sein und es würde sicher auch weiterhin gut sein, nichts zu überstürzen, in der Hinsicht tastete Gundula sich erst heran, allerdings dann doch ganz entschlossen in den täglichen Zwischenergebnissen. Und er hatte in der innigen Umarmung beim Experimentieren deutlich gespürt, daß sie recht eindeutig auf seine Liebkosungen reagierte. Durch ihr dünnes Kleid meinte er Veränderungen bei den Brüsten gespürt zu haben, ihr Unterleib strahlte auch eine deutliche Hitze aus, ihr Herz schlug so schnell wie seines, ihr Atem ging ähnlich schnell, das schien sich überraschend und doch recht gut aneinander anzupassen oder anzugleichen. All das fühlte sich mehr als vielversprechend an. Wenn sie am Ziel ihrer Reise wären, mußten sie sich einigen, wie es mit ihnen weitergehen sollte und zwar zusammen, denn sich zu trennen, schien ihm eine unerträgliche Qual zu sein.
In trauter Einigkeit beruhigten sie sich recht schnell und schliefen dann auch zügig, eng umschlungen und glücklich miteinander ein.
Auch diesen Morgen erwachte Paul wieder als erster und hielt diese wunderbare, warme, weiche Frau in seinen Armen. Und das erschien ihm einmal mehr eine wunderbare Fügung des Schicksals, ein glücklicher, sehr glücklicher Zufall eher, aber fast mochte er an ein Schicksal glauben, daß ihn in diesem Falle einmal wohlgesonnen zu sein schien, vielleicht auch, um einiges auszugleichen und mit dem zu versöhnen, was es ihm in der Vergangenheit angetan hatte. Im Grunde glaubte er natürlich nicht an so etwas wie Schicksal. Aber er glaubte an die Frau an seiner Seite, und das fiel nicht schwer, denn trotz der wunderlichen Art, wie sie in sein Leben getreten war, hatte er doch einen sehr handfesten und angenehmen Beleg in den Armen, daß mit ihr alles seine Richtigkeit hatte. Und den Beleg hätte er sich weder nehmen lassen noch gerne ziehen lassen, obwohl er im Falle des letzteren keine Mittel gehabt hätte, solch einen Tiefschlag aufzuhalten. Aber danach sah es nicht aus. Denn er war bereit, ihr sehr weit entgegenzukommen, um sie nicht zu verlieren.
Zärtlich und ganz vorsichtig küßte er diesem Schatz auf die Stirn, der sich ihm so zutraulich anvertraut hatte. Sie bewegte sich nur etwas, brummte und umarmte ihn fester. Allerdings sollten sie zügig los, zudem hatte er noch einen jungen Burschen bestellt, dem er noch alles im Haus zeigen wollte, der sich einverstanden erklärt hatte, sich zu kümmern. Also küßte und streichelte er merklich intensiver, daß sich auch Gundula nun mehr bewegte und noch mit geschlossenen Augen fanden ihre Lippen sie seinen, ihre Finger strichen über seinen Rücken und mit einem hochgezogenen Bein um seinen Po herum drückte sie ihn an sich und umklammerte ihn, deutete an, welche Kraft ihr zierlicher Körper entfalten konnte, wenn sie ihn einsetzen wollte, während ihre Zungen in ihren Mündern ein intensives Spiel zu spielen begonnen und sie schnell weitere Fortschritte damit machen, ihre Zungenfertigkeit zu verbessern. Als sich ihre Lippen dann wieder lösten, auch damit sie wieder ungehindert Luft holen konnten, lächelte sie Paul glücklich an. Dieser aber sprach erst mit ganz ernster Mine, dann aber auch fröhlich lachend: "Wir müssen leider raus aus dem Bett und uns fertigmachen. Ich erwarte auch noch jemanden, der dann auf das Haus achtgeben wird!"
Gundula setzte ganz kurz eine ganz erste Mine auf und antwortete knapp: "Jawohl!"
Dann lachte sie aber wieder und sprang flink aus dem Bett.
So machten sie sich zügig für die Reise fertig, bereiteten das Frühstück, packten Essen und
Trinken für den Tag ein, etwas weiteren Proviant. Das meiste hofften sie unterwegs zu bekommen.
Nachdem sie gefrühstückt hatten, räumten sie alles auf.
Dann war Paul kurz aus ihrem Blickfeld verschwunden, war aber gleich wieder da, bat sie,
in ihrer Reisekleidung nach verschließbaren Taschen zu sehen und reichte ihr einiges Geld:
"Falls wir irgendwie getrennt werden sollten, hast du damit notfalls mehr als genug, um dich
irgendwie durchzuschlagen."
Gundula schaute ihn ernst an, verstaute das Geld, wie auch er seinen Teil verstaute.
Dabei sagte sie: "Wir werden nicht getrennt, ich werde dich gar nicht loslassen.
Ich werde kämpfen, wenn es sein muß, wobei es dann nicht einmal der primäre Grund ist,
daß du mich nach Hause bringen mußt, damit der Bann gebrochen ist.
Was sollte ich noch ohne dich anfangen?
Wieder zurück in meinen Elfenbeinturm und endlose graue Tage verstreichen lassen!
Lieber schlage ich jeden Halunken mit bloßen Händen in die Flucht, der es wagen sollte, sich zwischen uns zu stellen!"
Paul nickte: "Gut, ist ja auch immer möglich,
daß wir uns bei einer Flucht oder einem strategischen Manöver aus den Augen verlieren und erst einige Zeit brauchen,
bis wir uns wiederfinden.
Ist so oder so sinnvoll, wenn jeder für den Notfall genug hat, um sich eine Weile selbständig durchzuschlagen."
Da nickte auch Gundula, ihr war klar, diese Reise war kein harmloser Ausflug, kein Spiel.
Doch sie mochte nicht dran denken, was sie in den nächsten Tagen ausstehen mochten.
Sollten sie nicht doch bleiben? Hier hatte sie doch alles, was brauchte sie im Grunde mehr als Paul und diese schöne Gegend,
um glücklich zu sein. Nirgends konnte sie glücklicher sein als zusammen mit ihm.
Und doch hatte sie eine Pflicht gegenüber ihrem Volk und ihren Eltern.
So mußten sie also fort.
Der junge Bursche kam bald darauf vorbei, klopfte an der nur angelehnten Tür. Gundula eilte sogleich und öffnete. Der Bursche sah sie an und stotterte irgendetwas bei ihrem Anblick, verlegen drehte er seinen Hut, den er vom Kopf gerissen hatte. Gundula war zutiefst erstaunt über ihre Wirkung, die sich auch bei diesem Burschen wieder zeigte. Das war geradezu unheimlich, sie bat ihn herein, zum Glück kam nun auch Paul aus dem anderen Raum. Gundula zog sich zügig aus dem Haus zurück, um nach den Pferden zu sehen und auch diese für die Reise vorzubereiten. Sie wollte unbedingt ein weiteres Krötendrama vermeiden, welches sich irgendwie bereits in den Augen des jungen Burschen widergespiegelt hatte und welcher ganz offenbar keinen klaren Gedanken fassen konnte, solange sie im selben Raum war.
Nachdem sie aus dem Haus war, dauerte es dann auch wirklich nicht lange, bis Paul dem Burschen alles erklärt und gezeigt hatte, auch einige Unterlagen zur Bewässerungsanlage, sollte es wider Erwarten notwendig werden, Details zu studieren, um einer besonderen Situation angemessen begegnen zu können. Nachdem auch wieder genug Blut im Kppf verfügbar war, zeigte der Bursche auch eine recht schnelle Auffassungsgabe, so konnte Paul das Haus und den Zweitschlüssel dafür recht schnell übergeben und die hiesigen Angelegenheiten ordnen. Bald darauf verschwand der Bursche wieder und Gundula trat mit den Pferden aus der Scheune. Paul grinste, denn er hatte genau bemerkt, was in dem Burschen vorgegangen war, solange Gundula anwesend war und er war froh, daß sie so schnell reagiert hatte, um weitere Komplikationen abzuwenden.
So packten sie die Pferde. Paul schloß das Haus ab. Und dann ritten sie los, ohne sich noch einmal umzusehen.
Ihr Weg führte sie zunächst in Richtung des Flecken mit dem Krämerladen, daß Gundula nicht ganz wohl war, aber Paul bog kurz davor ab und bald ging es auf dem Weg an Wiesen und Feldern vorbei, Haine oder Waldflächen standen etwas abseits vom Weg, so daß man hier noch recht gut überschauen konnte, wer in der Nähe unterwegs war. Das machte die Reise recht einfach. Sie ritten schweigend, schauten und lächelten sich aber immer einmal wieder an, wonach aber ihr Blick gleich wieder aufmerksam der Landschaft galt, um niemanden zu übersehen, der vielleicht Probleme bereiten konnte. Anfangs sah man ab und an noch Bauern oder Bäuerinnen, Landvolk auf den Feldern und Wiesen oder Vieh. Das wurde aber weniger, wie Gundula nach einer Weile auffiel. Auch hier sah es durchaus bewohnt und bewirtschaftet aus, aber die Menschen zeigten sich nicht so, waren offenbar vorsichtiger.
Paul bog in einen kleinen Seitenweg ein. Wie sich bald zeigte, führte der zu einem Bauernhaus, welches friedlich in der Landschaft lag. Zu Gundulas Erstaunen begann Paul nun in normaler Lautstärke ein Liedchen zu singen. Warum tat er das? Und hatte seine Stimme Gundula schon beim Sprechen sehr gut gefallen, so verzauberte sie dies einfache Liedchen geradezu, welches er ruhig und mit schöner, männlicher Stimme vortrug. Es hatte einen fremden Klang, sie verstand es aber, ein Volkslied, vielleicht aus Bractland? Oder doch aus dieser Gegend? Nur langsam verstand sie, daß Paul so sein Kommen ankündigte, um den Leuten Gelegenheit zu geben, Ausschau zu halten und sie gar nicht erst auf den Gedanken kommen zu lassen, sie würden sich irgendwie heranschleichen. Das Liedchen war recht kurz und geeignet für einen Kanon. Sie hatte es sich gleich eingeprägt, wartete auf ihren Einsatz und stimmte einfach mit ein. Und ihre Stimmen paßten sehr gut zusammen. Gundula hatte keine hohe Frauenstimme, aber sie hatte einen angenehmen, warmen, weichen weiblichen Klang, jedenfalls wenn sie es wollte und nicht als Prinzessin Anweisungen gab. Paul schaute sie an, hätte beinahe angefangen, erfreut aufzulachen und verlor so beinahe den Takt, hielt ihn aber doch. So näherten sie sich betont langsam und auffällig dem Bauernhaus.
Ein Mann und eine Frau kamen heraus. Der Mann stellte eine Heugabel weg, die Frau verbarg ein beachtliches Küchenmesser erst hinter ihrem Rücken, trat dann wieder einen Schritt zurück durch eine Tür und legte es offenbar wieder ab. Paul grüßte sehr höflich und erklärte, er müsse leider mit seiner Frau, dabei wies er auf Gundula, in dieser unruhigen Zeit verreisen. Und er hätte gerne erfahren, wie es derzeit in dieser Gegend nahe der Grenze stand. Gundula hörte, wie sie als Pauls Frau vorgestellt wurde, nahm das so hin, grüßte ebenfalls freundlich, hielt es dabei für angemessen, eine etwas schüchterne, zurückhaltende Haltung einzunehmen und ihr Pferd etwas dichter an das von Paul herantänzeln zu lassen und sich etwas hinter diesem einzuordnen. Damit stellte sie in Übereinstimmung mit der Vorstellung gleich klar, daß Paul der Herr war und das Sagen hatte und sie nur seine liebe, zarte Frau, die darauf vertraute, daß ihr starker Mann es schon richten würde.
Die Bauern grüßten zurück und stellten sich recht ähnlich auf, die Frau etwas hinter dem Mann, dieser nur Schutz andeutend etwas davor. Der Bauer erläuterte kurz die aktuelle Lage, so weit ihm bekannt. Die neueste umlaufende Nachricht war, daß ein stattlicher, aber zunächst weitgehend unbewaffneter Ritter es vor etwa zwei Tagen offenbar darauf angelegt hatte, Räubern und Strauchdieben zu begegnen. Der sehr zornige Mann sei dann beobachtet worden, wie er nacheinander mit mehreren Banden Händel begann, wobei er es verstand, mit jeder Konfrontation seinen Waffenvorrat zunächst wieder aufzufüllen und dann die besten zu behalten, während er begann, die restlichen vor die Höfe zu werfen, wo sie die Bauern dankbar einsammelten, es aber vorzogen, dem zornigen Mann nicht persönlich unter die Augen zu treten. Die betroffenen Banden seien so also entwaffnet und gedemütigt worden, von einem einzigen, offenbar sehr gut ausgebildeten Krieger, der weiterzog. Jedenfalls hätten sich zum Glück wohl erst einmal all jene Banden weit zurückgezogen, welche noch ein klein wenig Verstand hätten. So sei es ruhiger geworden und sie müßte vermutlich derzeit nur noch einige Dummköpfe, Einzeltäter fürchten, denen das Problem entweder entgangen war oder die sich bereits wieder vortrauten, obgleich gänzlich unklar sei, wo sich dieser Ritter nun aufhalte.
Paul dankte sehr für die freundliche Auskunft und sie ritten zurück auf den Hauptweg und dann weiter.
Gundula ritt nun wieder neben ihm, hatte ihre Haltung aber nicht geändert.
Sie fragte: "Ich bin jetzt deine zarte, liebe Frau?"
Paul lächelte sie an: "Vielleicht sollten wir das beibehalten, klingt doch plausibel und erspart uns eine
Menge Komplikationen. Zudem werden die anständigen Männer dieser Region sicher keine Anstalten machen,
sich einer verheirateten Frau unangemessen zu nähern, selbst wenn sie sich sehr angezogen fühlen.
Zudem, wenn ihr Mann zu ihrem Schutz dabei ist, wäre das doch ein höchst ungezogenes Verhalten,
Avancen zu machen oder gar eine Kußattacke zu wagen."
Gundula schaute ihn ernst an: "Ich bin davon ausgegangen, daß das in jedem Falle höchst unangemessen und ungezogen ist!"
Paul schnunzelte: "Auf jeden Fall, nur nimmt sich das man(n) unter solchen Umständen nicht so schnell heraus, hoffe ich wenigstens."
Gundula nickte: "Gut, einverstanden. Du hast mich zu deiner Frau genommen!
Du führst und entscheidest auf dieser Reise.
Ich will dein treues Weib sein, gehorchen und folgen, mich dir ganz anvertrauen, bis zur Grenze meines Reiches."
Paul war sich nicht so ganz sicher, ob Gundula über exakt dasselbe Thema sprach wie er, aber die Abmachung schien so weit in Ordnung zu sein und für die Reise vorteilhaft. Die Leute hier waren meist eher konservativ. Als junges Ehepaar kamen sie da gut durch. Er nickte ihr bestätigend zu und hatte irgendwie das Gefühl, als hätten sie damit wirklich eine Art Ehebund geschlossen, einen sehr konservativen, der ihnen beiden jeweils eine nicht so ganz passende Rolle zuwies, die sie nun irgendwie ausfüllen mußten. Und Paul mußte zugeben, Gundula verstand es, auch diese Rolle auszufüllen, sie war jetzt einfach das hilflose, zarte, liebende Frauchen, welches ganz auf ihren Mann zählte und rein gar kein Wässerchen trüben konnte, geschweige denn irgendwelchen Strolchen irgendetwas entgegenzusetzen hätte als einen sehr schüchternen, erschrockenen Gesichtsausdruck.
Gundula ergänzte aber auch gleich: "Allerdings, sollte es jemand wagen, meinen guten Mann oder auch mich anzugreifen,
so nehme ich mir das Recht, für meinen Mann und mich zu kämpfen, davon kann mich nichts abhalten!"
Und so wie sie das sagte, hegte Paul da gar keinen Zweifel, daß Gundula inzwischen innerlich in einem Kampfmodus war,
wo ein jeder Halunke gut daran tat, sie nicht zu provozieren, die Rolle des lieben, guten, treuen, harmlosen Weibes für ein paar Minuten des unerbittlichen Kampfes pausieren zu lassen.
An ihrer Seite sollte er sich wohl recht sicher fühlen, so daß nicht so ganz klar war, wer hier wen begleitete und beschützte,
obgleich dies vom äußeren Erscheinungsbild und vom Verhalten her nun ganz offensichtlich erschien, denn Gundula
war voll in ihre Rolle als sanfte, gehorsame, folgsame Frau eingetaucht.
Sie kamen recht gut voran, waren der Grenze zu Bractland schon recht nahe gekommen. Leider wurde es hier etwas unübersichtlicher und mögliche Angreifer konnten sich hier leichter nahe dem Weg verbergen. Aber der Ritter hatte im Zorn über seine Niederlage und Schmach wohl gute Arbeit geleistet und wirklich die meisten Halunken eingeschüchtert und vertrieben. So fügte sich dieses unerfreuliche Kapitel doch noch irgendwie zu ihrem Vorteil.
Sie rasteten an einer recht übersichtlichen Stelle unter einem Baum im Schatten, durstig tranken die Pferde an einem kleinen Bach. Sie saßen einfach im Gras und aßen von ihrem Proviant. Es war ein weiterer, warmer, sonniger Tag und in der Mittagszeit schwitzten sie nun schon erheblich. Die Reise und die Wärme machten sie wohl auch etwas unaufmerksam und müde. So langen sie recht entspannt im Gras, Paul hatte seinen Kopf auf Gundulas Schoß gelegt und diese strich ihm zart durchs Haar.
Und dann passierte es: Ein recht wild aussehender Kerl sprang von irgendwo hervor und bedrohte sie mit einer allerdings
recht alten Pistole, von der man nicht wissen konnte, auf welcher Seite des Laufes sie mehr Schaden anrichten konnte,
denn man hatte nicht wirklich Vertrauen dazu, daß sie wie ursprünglich gedacht funktionieren würde.
Trotzdem war die Lage ernst, man sollte seine Gegner nie unterschätzen.
Der Kerl forderte seiner Rolle gemäß Geld oder Leben und nach einen Blick auf Gundula kamen vermutlich auch noch andere
Begehrlichkeiten auf. Paul und Gundula standen auf, wobei sich Paul schützend vor Gundula stellte.
Der Kerl sah, daß sie bewaffnet waren, forderte so böse mit der Waffe fuchtelnd, daß sie die Hände heben sollten.
Das taten sie. Immerhin, der Kerl schien allein zu sein.
Noch einmal forderte er Geld.
Paul riskierte es, darauf einzusteigen und gab zu überlegen: "Also mit erhobenen Händen komme ich nicht an meinen Geldbeutel.
Also solltest du dich entscheiden, Hände hoch oder Geld her? Hmm, du könntest auch herantreten und den Beutel aus meiner
Jacke dort am Boden nehmen!" Dabei deutete er auf seine Jacke, die er ordentlich auf der Wiese abgelegt hatte.
Der Kerl wirkte unentschlossen und fragte: "Willst du mich hereinlegen?"
Und er war sich offenbar nicht einmal bewußt, welchen Unsinn er da fragte.
Welche Vertrauenswürdigkeit konnte eine Antwort haben und welchen Erkenntniswert?
Natürlich würden sie ihn hereinlegen, wenn sie Gelegenheit dazu bekämen.
Und natürlich würden sie die Frage ganz unbedenklich und harmlos mit "Nein" beantworten.
Paul sprach ganz ernst: "Aber mein Herr, unter Ehrenmännern käme ich doch niemals auf die Idee, ihnen zu nahe zu treten.
Wir sollten das unter Ehrenmännern abhandeln, auch um die Nerven meiner Frau zu schonen, nehmen sie bitte all unser Geld
und Gold aus dem Beutel in meiner Jacke, doch verschonen sie bitte meine liebe Frau!"
Gundula blieb gut in ihrer Rolle und begann nun erbärmlich zu weinen und zu schluchzen, schlug die Hände vor das Gesicht,
tat einen Schritt zur Seite, seitlich weg von Paul und jammerte und flehte in einem fort, daß sie plötzlich zwei Ziele
boten, die der Räuber beobachten mußte. Wie durch Zufall war ihr Hut zu Boden gefallen und wie von selbst war
plötzlich ihre ganze wallende Haarpracht hervorgequollen.
Der Räuber starrte verwirrt auf die prachtvolle, jammernde Frau, war abgelenkt, was wiederum Paul unmittelbar
nutzte, um ein paar Schritte vorzugehen, dem Räuber die Pistole zu jener Seite zu schlagen, wo weder Gundula noch die
Pferde standen.
Schlagartig war Gundula auch herbeigeeilt wie sie schlagartig mit dem Jammern aufgehört hatte, stattdessen hatte sie
dem Räuber einfach einen kräftigen Tritt zwischen die Beine verpaßt, daß dieser sich schreiend am Boden kugelte.
Sie nickte Paul zu: "Ein gutes Konzept das mit Mann und treuem, zarten, hilflosen Weib, es funktioniert!"
Sie stieß den Räuber noch einmal mit dem Fuß gegen die Schulter, daß dieser umkippte, stemmte sich ähnlich wie
beim Ritter beherzt mit einem Knie in sein Kreuz und mit dem anderen auf den Oberarm.
Der Räuber konnte nicht entscheiden, welcher Schmerz der größere war, zumal sie nun auch noch den anderen Arm herumdrehte.
Auch Paul trat vorsichtig heran, außer Reichweite der noch angezogenen Beine und entwaffnete den Räuber nun komplett,
denn er hatte noch einen Dolch am Gürtel befestigt.
Gundula schlug vor: "Nimm ihm den ganzen Gürtel ab und trenn die Hose auf, auch die Unterhose.
Und auch wenn es etwas unappetitlich ist, nimm ihm die Schuhe ab und werf sie in den Bach, abwärts, wo die Pferde nicht
trinken und die Strömung groß ist."
Paul fragte nicht einmal nach, setzte den Vorschlag einfach um.
Paul sammelte auch gleich die Waffen ein, um es dem Räuber zu erleichtern, sich anderen Beschäftigungen zu widmen.
Gundula blieb einstweilen auf dem nun wehrlosen Räuber knien, während Paul schon all ihre Sachen zusammenpackte und
die Pferde für den schnellen Aufbruch bereitmachte.
Als alles bereit war und Paul schon auf seinem Pferd saß, kniete sie sich noch einmal richtig rein,
was der Räuber mit entsetzlichem Geschrei quittierte, sie aber stieß sich so blitzschnell von ihm ab und war mit einem
Satz auf ihrem Pferd und sie preschten los ohne sich noch einmal umzusehen.
Als sie ein ganzes Stück weg waren, hielten sie kurz, Gundula ordnete ganz ruhig ihre Haare, steckte sie wieder hoch
und verbarg sie wieder unter dem Hut, den Paul auch aufgesammelt hatte.
Dann lächelte sie Paul an, als hätte sie der Vorfall gar nicht bewegt: "Da haben wir gut zusammengearbeitet, das Konzept geht wirklich auf, mein geliebter Mann!"
Paul kam dicht zu ihr heran, sie beugte sich zueinander und gaben sich einen kurzen, scheuen Kuß,
ganz wie ein einfaches Paar, welches dies normaler Weise auf weiter Flur einfach nicht machte, dann ging es weiter.
Paul jedenfalls war immer noch verblüfft über ihr schauspielerisches Talent, nicht so sehr über ihre geschickten, schnellen
Bewegungen und ihre fast animalische Aggressivität, mit denen er bereits gerechnet hatte.
Er war recht froh, auf dieser Reise sein treues, zartes und folgsames Weib zur Seite zu haben, ohne welche allerdings die Reise
nicht notwendig gewesen wäre.
Sie ritten bereits mehrere Stunden, nun in einem recht unübersichtlichen Gebiet. Paul hatte in einem Gebüsch aber wirklich irgendetwas blinken gesehen und nickte der neben ihm reitenden Gundula nur unauffällig zu, die nickte kaum merklich zurück, schaute genauer, hatte aber nichts gesehen, war aber gewarnt. Ausweichen konnten sie hier schlecht, die Büsche standen recht dicht am Weg. Und dann sprang auch schon der Strauchdieb aus seinem Hinterhalt hervor und fuchtelte wild mit einem Ding, was einmal ein Schwert gewesen sein mochte, dann aber wohl über längere Zeit vielleicht irgendwo als Zaunpfahl gedient haben mochte. Er brüllte wie ein Irrer etwas von Überfall, was sie ohnehin bereits geahnt hatten. Zwei an einen Tag! Und wieder ein Einzeltäter offenbar.
Die Pferde jedenfalls hatten sich etwas erschrocken, was Gundula gleich nutzte. Sie stieß einen entsetzten Schrei aus, ließ ihr Pferd steigen, daß ihr der Hut vom Kopf fiel. Sie ließ es aussehen, als würde ihr Pferd durchgehen, schoß damit ziemlich schnell den Weg entlang und auf den verdutzten Räuber zu, der erschrocken und verblüfft gerade so zur Seite sprang, was ihm aber nur teilweise etwas nutzte, weil Gundula den Schwung der Bewegung nutzte und mit dem Fuß gegen seine Brust stieß, daß der Räuber ächzend in einen Busch flog, sein Schwertprügel aber ein ganzes Stück weg ins Unterholz.
Während Gundula das Pferd noch auslaufen ließ und Paul mit der Hand signalisierte, daß alles in Ordnung sei,
stieg dieser vom Pferd, nahm seine Pistole hervor und näherte sich vorsichtig dem Strauchdieb, der
sich zwar einen Strauch gegriffen hatte, damit aber offenbar nicht loskam.
Paul stellte sich etwas seitlich auf, immer noch vorsichtig, um wenig Angriffsfläche zu bieten und sprach:
"Bitte aufstehen und die Hände erheben, mein Herr!"
Der Herr Strauchdieb hatte etwas Mühe, dem Folge zu leisten, vermutlich waren ein paar Rippen angeknackst.
Inzwischen war Gundula auch da und stieg von ihrem Pferd.
Sorgfältig darauf achtend, nicht in Pauls Schußbahn zu kommen, zog sie auch die Pistole, aber auch ihr
Jagdmesser. Als der Strauchdieb endlich in stark gekrümmter Haltung mehr oder weniger stand, zögerte sie nicht,
trat vorsichtig heran, hob mit ihrem Messer eines des Strauchdiebes aus seiner Halterung.
Paul wies den Dieb an, sich langsam zu drehen.
Dieser tat das etwas widerwillig, was Gundula mit einem Tritt an das Schienbein quittierte.
Schmerzverzerrt knickte der Dieb nun ein.
Gundula inspizierte vorsichtig weiter.
Dann bat sie ganz höflich, daß der Herr doch bitte die Schuhe ausziehen möge, wo er sich schon einmal gebückt habe.
Der Herr Strauchdieb ahnte, daß es besser wäre, der Bitte Folge zu leisten, wollte er nicht noch eine weitere
Mißhandlung durch die Dame erdulden. So setzte er sich mühsam und zog die Schuhe aus.
Gundula deutete an, wo er sie hinwerfen sollte.
Praktischer Weise hatte der Strauchdieb auch einen Sack dabei der neben dem Busch lag, in welchen sie ihn zuvor
gestoßen hatte, den sich Gundula nun genauer ansah.
Sie erteilte Paul die Auskunft: "Och, der Sack hat heute noch keine Beute. Ich ändere das dann mal!"
Wobei sie auch schon den Schwertprügel einsammelte, das Messer und mit spitzen Fingern auch die Schuhe.
Aber sie war mit dem Herren Strauchdieb noch nicht so ganz fertig, welchen sie nun wieder aufforderte,
aufzustehen.
So schnell er konnte, kam der Herr Strauchdieb der Aufforderung nach.
Jetzt forderte sie auch noch die Hosenträger in den Sack.
Der Herr Strauchdieb zögerte nur einem Moment, schon traf ihn wieder ein Tritt, diesmal seitlich gegen das Bein,
was recht arg war, weil das Bein in der Richtung nicht einmal wegknicken konnte. Immerhin hatte Gundula nicht
so fest getreten, daß es gleich gebrochen war. Doch das reichte, damit der Strauchdieb ein unterhaltsames,
aber unfreiwilliges Tänzchen aufführte, daß Gundula ein paar Schritte zurücksprang,
bis dieser sich wieder halbwegs beruhigt hatte.
Ruhig bat sie erneut um die Hosenträger.
Als die im Sack waren, folgte auch noch die Hose und gar die Unterhose ohne weiteren Widerstand.
Verschämt zog der Strauchdieb vor der Dame sein Unterhemd herunter, um seine Blöße zu bedecken.
Er wollte unbedingt vermeiden, daß sie Ideen bekam, wohin sie eventuell beim nächsten Mißverständnis treten könnte.
Gundula nickte nur langsam und meinte zu diesem: "Da hast du ganz schön in den Sack gehauen!
Hast du nicht gewußt, was für Gesindel sich derzeit in der Gegend hier herumtreibt?
Das sollte dir eine Lehre sein, dich hier nicht mehr herumzutreiben.
Es ist gefährlich hier! So schnell ist man ausgeraubt oder zusammengetreten!"
Der Strauchdieb sah Gundula nur mit offenem Mund und daher auch wortlos an.
Gundula wies mit dem Dolch auf eine Lücke im Buschwerk:
"Da lang, nun aber schnell, sonst werde ich noch böse!"
Keinesfalls wollte der Strauchdieb erfahren, was passieren mochte, wenn die Dame mit dem Jagdmesser, der Pistole
und dem ruhigen Begleiter auch noch böse wurde.
Bis eben hatte er gedacht, daß sie bereits schlechte Laune habe.
Daß sie das offenbar nicht so sah, beunruhigte ihn nun in erheblichem Maße und er nahm kurzerhand die
vorgeschlagene Richtung und rannte, als ob ein menschenfressendes Ungeheuer hinter ihm her sei,
obgleich lediglich Paul noch hinter ihm herguckte, während Gundula bereits ihre Waffen einsteckte.
Sie ging und holte ihren Hut, steckte die Haare wieder darunter, schwang sich auf ihr Pferd:
"Paul, komm! Er ist doch weg?"
Paul nickte, steckte auch seine Waffe weg und stieg ebenfalls auf:
"Wir sollten nicht länger trödeln und sehen, daß wir vorankommen. Auch wenn es ja immer interessant ist, sich einmal
mit dem gemeinen Strauchdieb auseinanderzusetzen und auf diesen und seine Probleme einzugehen, müssen wir doch
auch sehen, daß wir wie geplant unsere Unterkunft für die Nacht erreichen. In der Stadt, wo auch Bruno seine
Reisegesellschaft untergebracht hatte, sollten wir gut unterkommen, wobei die hoffentlich bereits weg sind!"
Gundula nickte: "Gut, vielleicht war ich etwas gemeiner als der Strauchdieb,
aber er hat auch mit seinem Gefuchtel und Geschrei mein Pferd erschreckt, was sollte ich machen?"
Paul lächelte und war erleichtert, daß sie die Angelegenheit bislang so locker und sportlich nahm.
Und so ritten sie etwas zügiger weiter, darauf hoffend, nicht erneut aufgehalten zu werden.
Der Eindruck verstärkte sich jedenfalls, daß der Ritter von Drachenfels in seinem Zorn nur dumme Trottel zurückgelassen hatte, alle anderen schienen zum Glück erst einmal geflohen zu sein. Dennoch, auch oder gerade ein Trottel konnte Dinge tun, die schwer vorherzusagen waren. So waren sie sehr froh, keinem weiteren zu begegnen und ritten nun recht schnell, auch in der Hoffnung, daß sie an potentiellen Trotteln schneller vorbei sein würde, als diesen zu Bewußtsein kam, daß sie schon vorbei waren.
Unterschätzen wollten sie keinen Gegner und lange ließ sich das schnelle Tempo auch nicht durchhalten, aber so weit war es auch nicht mehr und bald waren sie wirklich in der Stadt. Die hatte immerhin eine solide Stadtbegrenzung in Form eines massiven Holzzauns und Wachen an den Toren, welche die beiden gut gekleideten Reiter aber ohne Rückfrage passieren ließen.
Schnell fanden sie in der Stadt eine solide Herberge, wo sie gut unterkommen konnten, gut in der kleinen Stadt gab es nur zwei richtige Herbergen und sie wählten die bessere davon, die immer noch recht einfach, aber sauber war. Die Leute machten auch einen ordentlichen Eindruck. Wieder stellte Paul Gundula als seine Frau vor und führte das Wort, sie bekamen ein gemeinsames Zimmer im oberen Stockwerk. Gundula zog wieder die männliche Aufmerksamkeit auf sich, hielt sich allerdings als schüchternes, zurückhaltendes Weib dicht an ihren Mann und damit kamen sie hier gut durch. Sie überzeugten sich davon, daß die Pferde gut versorgt wurden und hier sparte Paul auch mit Trinkgeld nicht, um es den Stallburschen zu erleichtern, den Pferden die angemessene Aufmerksamkeit zu schenken.
In der Schenke nahmen sie ein einfaches Abendmahl, wobei man auch das Wort an sie richtete. Paul hielt sich an seine Geschichte, daß er leider gezwungen sei, in dieser unsicheren Zeit mit seiner Frau in einer dringenden Angelegenheit zu reisen. Man fragte ihn nach der aktuellen Lage auf der Strecke. Aber man hatte wohl auch von dem zornigen Ritter gehört, der etwas aufgeräumt habe. Paul erwähnte nur kurz, daß sie gezwungen gewesen seien, zwei einzelne Halunken abzuwehren, wobei sie von diesen ihre alten Waffen erbeutet hätten - und um sie von weiteren Angriffen abzuhalten auch noch einiges an Kleidung einbehalten hätten, denn wer kämpfe schon gerne barfuß und ohne Hose oder mit herunterfallender Hose? Damit reichte er dem Wirt den Sack, in welchen er auch die Waffen vom ersten Räuber gesteckt hatte. Der Wirt zeigte die Beutestücke herum und man hörte Worte des Respekts vor dem jungen Herren und bedauerte die junge Dame, daß sie sich solchen Gefahren hatte aussetzen müssen. Diese rückte aber nur wortlos und schüchtern ganz dicht an ihren starken Mann heran und schwieg scheu, wenn Männer in einer Schenke sprachen und scherzten. Längst hatte sie die Gesamtlage in der Schenke als friedlich eingestuft und entspannte sich einfach in ihrer zurückhaltenden Rolle. Mit Rücksicht auf die Dame waren die Scherze dann auch nicht allzu derb, als der Wirt auch die Kleidungstrophäen vorzeigte. Man gratulierte dem jungen Mann zu seinem Mut und seinem Geschick und die schüchterne junge Dame an seiner Seite senkte nur rot vor Scham den Blick tief ins Essen und rückte noch dichter an ihren lieben, starken Mann heran.
Mit Rücksicht auf die offenbar noch immer etwas verschreckte junge Dame ließ man die beiden dann in Ruhe essen, wonach diese sich dann auf ihr Zimmer verabschiedeten, beziehungsweise Paul tat das Verabschieden für beide, denn seine liebe Frau hing an seinem Arm und hatte ganz schüchtern ihr Gesicht im Stoff seiner Jacke vergraben. Sie spielte ihre Rolle wirklich perfekt.
Selbst als sie allein auf dem Zimmer waren, gefiel es Gundula offenbar gut, ihre Rolle weiterzuspielen.
Als die Tür geschlossen war, sprach sie:
"Oh Paul, liebster Gemahl, oh Retter vor garstigem Gesindel.
Ohne deine starke Hand wäre ich heute zweifellos gestorben vor Angst!"
Dabei schaute sie ihm mit gesenktem Kopf und mit nach oben gerichteten Augen von unten her an wie ein
hilfloses Mädchen, welches immer noch unbedingt gerettet werden mußte, gut,
jetzt jedenfalls unbedingt tröstend umarmt werden mußte,
sonst müßte sich unbedingt im nächsten Augenblick die Erde zu drehen aufhören.
Das wollte Paul natürlich keinesfalls riskieren und so nahm er seine liebste Gemahlin sofort in den Arm
und drückte sie sanft an sich, küßte ihr sogleich Stirn und Wange und dann auch den Mund,
daß ihr Busen leicht erbebte und als sich die Lippen wieder lösten ein zartes Seufzen folgte.
Als ihr so weit Gerechtigkeit für all die Ungemach des Tages widerfahren war,
ging Gundula voll in ihrer Rolle auf und wies auf die bereitstehende Waschschüssel,
sie würde sich nun gern für die Nacht zurechtmachen,
weswegen er doch so nett sein möge, noch einmal nach den Pferden zu sehen.
Paul nickte ihr zu und folgte ihrem Wunsch, meinte, sie solle nur die Tür von innen verschließen, er werde dann klopfen und etwas sagen, wenn er wieder da sei. Gundula nickte eifrig und geleitete ihn zur Tür, griff dort seine Hand, als gehe es um einen Abschied nicht für Minuten, sondern für Wochen, Monate oder Jahre. Dann schloß sie die Tür und Paul schaute wirklich nach den Pferden. Erwartungsgemäß war dort alles in Ordnung, so führte er noch mit den Stallburschen ein kurzes Gespräch über die aktuelle Lage. Die Geschichte der Zwischenfälle hatte sich schon herumgesprochen und so zollte man ihm Respekt und er konnte sie auch nicht davon abhalten, wenigstens noch einen Blick auf seine Waffen zu werfen, also zeigte er seine Pistole und den Degen her und man bewunderte die gute Qualität der Waffen des edlen Herren, der zudem auch noch so freundlich mit den einfachen Stallburschen sprach, beinahe als sei das gar nichts.
Als Paul meinte, Gundula genug Zeit gelassen zu haben, verabschiedete er sich höflich, ließ noch ein paar kleine Münzen springen, nur für den Fall, daß die Herren die nächsten Tage nicht so viel Glück mit spendabler Kundschaft haben sollten und ging zurück. Er dachte, zu viel Trinkgeld konnte sich herumsprechen und vielleicht Leute auf dumme Gedanken bringen, aber das rechte Maß sollte dafür sorgen, daß die Burschen die ganze Nacht ein Auge darauf hatten, daß es keine Überraschungen gab. Und ob der Unterhaltung waren die robusten Burschen wirklich beeindruckt, er hatte sie wirklich mit 'Herren' betitelt, hatte mit ihnen lockere 'Konversation' betrieben - das Wort schien ihnen mit einem Male in dem Zusammenhang irgendwie angemessen zu sein, wobei auch der Begriff 'angemessen' irgendwie wie von selbst vom Himmel zu fallen schien. Was für ein prachtvoller edler Herr - und was für eine prachtvolle Frau er hatte, wie gut die beiden nur zusammenpaßten, beinahe wie zwei Wesen aus einer anderen Welt, die innerlich geradezu strahlten. Was für elende Halunken mußten das gewesen sein, die es gewagt hatten, dieses Paar auf ihrer Reise zu belästigen? Hier jedenfalls sollten sie sicher sein, dafür wollten sie schon sorgen.
An der Tür zu ihrem Zimmer angekommen klopfte und rief Paul leise nach Gundula, die wirklich schnell öffnete und ihren geliebten Gemahl im Nachthemd begrüßte und gleich ganz zart umarmte. Wie immer sie das anstellte, obgleich sie kaum kleiner war, stand sie dabei irgendwie auf Zehenspitzen, um doch nur den Kopf an die Brust ihres starken, tapferen Recken schmiegen zu können. Dann aber sprang sie gleich schüchtern zum Bett, und vergrub sich tief unter der Bettdecke, während Paul in aller Ruhe einen Keil unter die Tür schob, den er im Stall gesehen und von dort mitgenommen hatte. Dann zog er sich aus, wusch sich ebenfalls und putzte die Zähne. Anschließend stellte er die Wasserkaraffe vor das geschlossene Fenster und die Waschschüssel vor die Tür. Er wollte recht sicher sein, daß nicht vielleicht doch jemand in der Nacht auf dumme Gedanken kam, zumindest wollte er dann rechtzeitig gewarnt sein.
Dann löschte er das Licht und begab sich ruhig und nackt zu seiner geliebten Gemahlin ins Bett, die er nach kurzem Suchen fand, worauf er sich kurz mit den Händen orientierte, wie sie lag und sie sogleich herzlich umarmte und an sich zog, ihr Gesicht mit Küssen bedeckte. Seine geliebte Gemahlin aber spielte ihre Rolle und tat spröde und schüchtern, vertraute recht passiv ihrem geliebten Gemahl und genoß insgeheim, das zarte, empfindliche Wesen in seinen Armen sein zu dürfen, darauf vertrauen zu können, daß er schon wußte, wie mit ihrer scheuen Liebe umzugehen sei.
Und so spielten sie beide ihre Rollen und Paul streichelte und küßte sie ganz zart und vorsichtig, seinen zerbrechlichen, wertvollsten Schatz, dem nach solch einem schweren Tag seine ganze Aufmerksamkeit, sein ganzer Zuspruch gelten mußte. Seine Hände fuhren auch erst sehr vorsichtig über ihr Nachthemd, seine Füße begannen mit den ihren zu spielen, wobei sich das Nachthemd langsam hochschob und sich so Schenkel an Schenkel zu reiben begannen, daß seine geliebte Gemahlin scheu aufseufzte. Getreu ihrer Rolle ließ sie Paul entscheiden. Was er auch immer mit ihr anstellen wollte, sie hätte ihn sicher nicht aufgehalten. Und in ihr brodelte es, denn zu gerne hätte sie ihn kräftig mit den nun schon beinahe gänzlich nackten Beinen umklammert und an sich gezogen, wie gerne hätte sie gespürt, wie sich ihre nackte Haut überall aneinander rieb, daß sich ihr Schweiß und die Hitze ihrer Körper miteinander vermischte. Aber getreu ihrer Rolle lag sie nur und umarmte ihren Liebsten ganz sanft, empfing seine Küsse und Liebkosungen als kostbare kleine oder auch größere Geschenke, führte seine Hände nicht, wohin es sie drängte, seufzte nur leise, statt ihn wild herumzudrehen und selbst seinen Körper überall mit wilden Küssen zu erforschen.
Paul spürte irgendwie, daß sie einerseits bei ihrer Rolle bleiben wollte, andererseits aber Mühe hatte, dem Impuls zu mehr Aktivität nicht zu folgen. Mehrfach spürte er wie sie kurz zu einer Bewegung ansetzte, dann die Muskeln aber wieder entspannte. So spielte er vorsichtig mit ihr und blieb auch in der Rolle des sorgsamen Gemahls solch eines zarten, zerbrechlichen Wesens. Wie zufällig streifte er hier an ihr vorbei, dort rieb sich Haut an Haut, pustete einen Schauer über ihre Haut, küßte die Haut kaum berührend. Dann gab es wieder scheinbar versehentliche Berührungen, die sie leise seufzen ließen. Das war zu köstlich. Bedenklich wurde es immerhin, als irgendwann ihr Nachthemd so weit hochgerutscht war, daß bereits Po und Intimbereich ganz bloß lagen und da er auf ihr lag, kam es ganz von selbst zu Berührungen, die sie noch heftiger seufzen ließen. Gut, er hatte aber auch die Rolle des starken Ehemannes, der führen sollte. So jedenfalls legte er sich jetzt neben sie, packte sie mit hartem Griff, daß sie etwas lauter, erwartungsvoller(?) aufseufzte, richtete sich dann auf und zog ihren Oberkörper mit festem, entschlossenem Griff mit auf, zog ihr dann das Nachthemd über den Kopf und drückte sie fest an sich, während er sich mit ihr ins Bett warf, daß sie abermals scheu oder doch entzückt aufseufzte.
Nun konnte er ganz ungehindert ihren Oberkörper mit Mund und Händen erforschen, vermied es aber gezielt,
ihre Brüste zu berühren, packte aber fester zu, wie ein Mann, der wußte, daß er seine scheue, unerfahrene Frau
führen mußte, küßte sie bis hinab zum Bauchnabel und streifte zunächst nur eben flüchtig mit dem Handrücken
über die Haare zwischen ihren Beinen.
Dann drehte er sie mit kräftigem Ruck herum, daß sie seitlich, mit dem Rücken zu ihm gewandt vor ihm lag,
er küßte und liebkoste ihren Rücken mit deutlich mehr Kraft und Leidenschaft und bis hinunter zum Po, streichelte,
knetete beinahe dann den obenliegenden Arm und auch das Bein, die Außenseite des Oberschenkels, letzteren so stark,
daß sie das Bein bald schüchtern anzog.
War das zuviel des Guten?
Sie fiel nicht aus der Rolle, also war wohl noch alles in Ordnung, zudem war ihr Körper recht erhitzt und
sie atmete deutlich schneller und heftiger.
Das war vielleicht schon etwas zuviel für ein scheues, schüchternes, ganz ahnungsloses, ergebenes Weib,
dachte er schmunzelnd.
Nun schmiegte er sich eng an sie und flüsterte nur in ihr Ohr: "Gute Nacht, geliebte Gemahlin!"
Und sie seufzte mit bebender Stimme ganz leise: "Gute Nacht, liebster Gemahl!"
Gundula stellte fest, er hatte sie zunächst auf kleiner Flamme weichgekocht und dann das Feuer ordentlich aufgedreht. Nun brodelte es in ihr bei seinem köstlichen Spiel, aber er führte es heute nicht fort und hielt sich nun einfach nur noch warm am so entfachten Feuer. Gern, so gern wäre sie einfach über ihn hergefallen, um ihm diese süße, atemlose Qual heimzuzahlen, doch sie schmiegte sich nur in die starken Arme ihres geliebten Gemahls als sein scheues, ihm bedingungslos ergebenes Weib und beruhigte sich nur sehr langsam wieder, während er wohl schon den Schlaf des Gerechten schlief. Aber gut, einiges in den letzten Tagen mußte auch für ihn eine erhebliche süße Qual gewesen sein, überlegte sie, so war es nur gerecht, daß er sie nun diese Nacht im eigenen Saft schmoren ließ, wobei er sicher gewußt hätte, in welcher Weise man Dampf hätte ablassen können, um den Druck zu reduzieren. Jedenfalls war er nicht so harmlos, wie er vielleicht erschien. Sie wußte nun bereits, er konnte richtig zupacken, wenn es sich als notwendig erwies. Auch er spielte seine Rolle als starker Recke und sehr männlicher Gemahl sehr gut. Sie legte keinen Wert darauf, wirklich mit harter Hand regiert zu werden, aber so in einer Rolle gefiel ihr das ganz gut - und wenn es ihr nicht gefallen hätte, sie hätte zu jeder Zeit als scheues Weib nur den leisesten Ton des Mißfallens äußern müssen, um die Beschützerinstinkte ihres geliebten Gemahls zu wecken, da war sie sich sicher, deswegen vertraute sie ihm bedingungslos.
Die Nacht blieb ruhig und trotz des anregenden Spiels schliefen sie schließlich beide gut, wohl auch weil sie durch den anstrengenden Tag im Grunde beide sehr ermüdet waren.
Morgens erwachte Paul wieder zuerst und Gundulas warmer, weicher, an ihn geschmiegter Leib verriet ihm deutlich,
daß die letzten Tage keine Traum gewesen waren, sondern er einen wahren Schatz in den Armen halten durfte.
Da sie früh los wollten, löste er sich aber ganz vorsichtig von diesem Schatz, stellte die große
Wasserkaraffe und die Schüssel wieder auf den Tisch, wusch sich mit frischem Wasser aus der Karaffe
und zog sich an. Dann setzte er sich zu Gundula aufs Bett, beugte sich herunter und gab ihr einen
sanften Kuß auf die Stirn, streichelte zart ihre unter der Decke hervorguckende Schulter und
sagte ganz sanft: "Guten Morgen liebste Gemahlin! Wenn du aufstehen magst, dich frischmachen und anziehen,
so werde ich indessen hinuntergehen und veranlassen, daß das Frühstück fertig ist, wenn du so weit bist.
Ich komme dann wieder herauf, um dich hinunterzugeleiten. Wenn du magst, kannst du gern hinter mir die
Tür wieder verschließen."
Gundula zog das Bett gleich etwas hoch, um ihre nackte Schulter zu bedecken.
Sie stimmte ihrem Gemahl zu und war bereit, seinen Wünschen sogleich gehorsam zu folgen.
Nachdem dieser aufgestanden war und das Zimmer verlassen hatte,
sprang sie schnell aus dem Bett und verschloß die Tür hinter ihm,
wusch sich sorgfältig und zog sich wieder an.
Paul konnte ihren Zeitbedarf schon ganz gut einschätzen, so kam er bereits und klopfte, kaum daß sie fertig war. Dann geleitete er sie zum Frühstück und da es wirklich noch früh war, waren sie beinahe allein mit der Bedienung und beeilten sich. Paul gab noch etwas Proviant in Auftrag, während Gundula schon zurück ins Zimmer ging. Paul ließ auch gleich die Pferde zur Abreise bereitmachen und kam Gundula schon kurz darauf nach, zusammen mit einem Burschen, welcher das Gepäck voraustrug. Paul machte sich noch kurz fertig, dann gingen sie hinunter und Paul bezahlte die Rechnung mit seiner lieben Gemahlin dicht an sich gedrängt.
Draußen auf dem Hof hätte man dann kurz daran zweifeln können, daß seine Gemahlin wirklich so ein zartes, zurückhaltendes, schutzbedürftiges Wesen hatte, als diese ohne auf Hilfe zu warten blitzschnell auf ihren Schimmel gestiegen war, der ja zudem auch noch über einen Männersattel verfügte. Aber es schaute keiner und über die Frage eines Sattels sah ohnehin jeder hinweg, denn diejenige die darin saß, zog sowieso jeden Blick auf sich.
Paul stieg auch auf und so verließen sie früh die Herberge und die Stadt und zogen weiter. Gundula summte leise das Lied, was sie von Paul gelernt hatte und bald summte dieser im Kanon mit.
Von der Stadt aus gab es natürlich mehrere Möglichkeiten und sie wählten einen der Wege, der eher von der Grenze wegführte, aber kein sehr weiter Umweg war, sie würden allerdings so zu einem kleineren Grenzübergang kommen, vermutlich nicht jenem, den Bruno mit seinem Gefolge genommen hatte. Das war ihnen nur recht, denn es war immerhin gut möglich, daß sie etwas schneller als die große Reisegruppe vorankamen. Zudem versprach weiter weg von der Grenze natürlich auch eine ruhigere Reise, hofften sie. Auch war es hier etwas übersichtlicher. So oder so war es noch ein weiter Weg, den sie zurückzulegen hatten. Auch hier war die Gegend schnell nicht mehr sehr belebt, dafür aber reichlich wild.
Sie hatten Glück und bis zum Mittag gab es keine Zwischenfälle, wieder rasteten sie an einem kleinen Bach, diesmal im Schatten eines Felsens. Sie konnten eine weite Gegend übersehen, so daß keine Überraschung wie am Vortag zu vermuten war, sie versuchten, die gemachten Erfahrungen zu nutzen. Wieder dösten sie etwas, wobei Gundulas Kopf in Pauls Armbeuge lag und sie sich an ihn schmiegte.
Dann brachen sie auf und zogen weiter. Und je größer die Entfernung zur Grenze war, desto entspannter wurden sie. Sie vermuteten nicht gleich hinter jedem, den sie in der Ferne sahen, einen Halunken. Und es gab allmählich wieder ein paar mehr Leute, die auf Feldern und Wiesen arbeiteten. Spätestens als sie wieder Vieh auf den Weiden sahen, konnten sie ziemlich sicher sein, daß sich die Halunken nicht so weit von der Grenze wegtrauten.
Der Nachteil bei dieser Route war allerdings, daß es hier keine Städte gab und die Karten nicht so detailliert waren, daß sie einzelne Häuser aufgeführt hatten. So mußten sie jedenfalls anhand der aufgeführten kleineren Wege raten. Gegen Abend versuchten sie es mit einem Bauernhaus. Da ohnehin zwei Leute draußen im Sonnenuntergang saßen und sie von weitem sehen konnten, sparten sie sich auch das Absingen des Kanons, um sich anzukündigen.
Als sie angekommen waren, stellte Paul sie wieder als junges Ehepaar auf einer dringlichen Reise vor und fragte, ob sie Unterkunft für die Nacht bekommen könnten. Bei den beiden Bauern handelte es sich um ein altes Paar ohne Kinder, die recht freundlich waren und gerne ein Nachtlager anboten. So stiegen sie ab und versorgten die Pferde im Stall und sie wurde von den beiden Alten auch gleich eingeladen, mit ihnen zu essen. Sie nahmen gerne an und so plauderten sie etwas. Tatsächlich hatten die Alten von der Unruhe an der Grenze schon gehört, aber bislang niemanden gesehen, der verdächtig erschien, überhaupt gab es hier selten Reisende und so freuten sie sich über ein wenig Gesellschaft. Geld für die Unterkunft zu nehmen, waren sie nicht bereit, als Paul und Gundula allerdings meinten, es sei auch nicht angemessen, sich einfach so durchfüttern zu lassen, vereinbarte man, daß sie bei ein paar Kleinigkeiten helfen sollten, welche den Alten nicht mehr leicht fielen. Sie würden Morgen also sicher später loskommen, aber es gefiel ihnen bei den Alten und waren gerne bereit, den Aufbruch einige Stunden zu verschieben.
Der Bauer nutzte zusammen mit Paul das letzte Licht für ein paar Reparaturen an der Scheune und die Bäuerin lud Gundula in die Küche ein und zeigte ihr einiges. Sie hatte sich vorgenommen, gleich Morgen früh im Garten zu ernten und zu konservieren. Sie führte Gundula auch in den Garten und freute sich, daß diese sich so gut mit den Pflanzen auskannte, so tauschten sie ihr Wissen aus, mehr oder weniger Theorie gegen Praxis, was für beide eine Bereicherung war.
Mit dem letzten Licht kamen Paul und der Bauer von der Scheune zurück und holten die beiden Frauen vom Garten ab. Das Haus war nicht besonders groß, so bereiteten sie dem jungen Paar ein einfaches Lager in der Küche, während sich die Alten bald in ihre Kammer zurückzogen.
Als Paul und Gundula dann müde im improvisierten Bett lagen und sich eng aneinander kuschelten, flüstere Gundula Paul ins Ohr, die Alten seien ganz nah, für heute sollten sie besser die Experimente aussetzen, das könnte sonst peinlich werden, sie könne nicht dafür garantieren, daß ihre Seufzer so leise blieben, wenn er ihr weiter so leidenschaftlich und intensiv zusetze, das gehe sie schon sehr an und ihre Lust, der Druck müsse dann irgendwie raus und ganz still würde das sicher nicht gehen. Und auch aufgrund der natürlichen Scheu ihrer Rolle sei es vielleicht angemessen, hier und heute nichts weiter unternehmen, aber er sei natürlich der Mann und müsse entscheiden.
Paul aber küßte sie sanft auf Wange und Stirn und meinte nur, etwas Ähnliches wollte er gerade auch anmerken. Es falle ihm zwar sehr schwer, die Finger und Lippen von ihr zu lassen, werde aber schweren Herzens das Opfer bringen und seine liebes Weib diese Nacht nur sanft in den Armen wiegen, statt sie leidenschaftlich zu erhitzen. Das hielt sie aber trotzdem nicht davon ab, sich fest zu umarmen und noch einige Küsse auszutauschen, wobei Paul eindeutig die Initiative übernahm, Gundula mit geschicktem Zungenspiel sehr deutlich Interesse zeigte. Dann aber schmiegten sie sich eng aneinander und schliefen bald ein.
Sehr früh, kurz vor Sonnenaufgang wurde sie bereits wieder von den Alten geweckt und nach einem kurzen, einfachen, aber schmackhaften Frühstück ging es an die Ernte. Alle vier arbeiteten fleißig und als genug für die erste Arbeit in der Küche zusammen war, zogen sich die Frauen dahin zurück und bereiteten alles vor, um das Gemüse einzumachen, während die Männer noch etwas weiter ernteten. Die beiden Alten freuten sich, so würden sie genug für den Winter haben. Als sie genug hatten, führten die beiden Männer noch die Arbeit an der Scheune zuende. Noch deutlich vor Mittag waren sie fertig und auch die Arbeit in der Küche war so weit gediehen, daß die Alten gut alleine klarkamen.
Natürlich bekamen sie noch schmackhaften, frischen Proviant für die Reise mit, als sie schließlich aufbrachen. Der Abschied war sehr herzlich und so war es in Ordnung, daß sie einige Stunden hinter dem Plan zurücklagen. Sie beeilten sich nicht einmal besonders. Trotz der ungewohnten Anstrengung am Morgen verzichteten sie allerdings auf die Mittagspause und aßen unterwegs. Sie hielten dann nur kurz, um die Pferde zu tränken. Dann ging es weiter. Die Landschaft veränderte sich deutlich. Anders als an der Grenze war es hier bereits deutlich hügeliger, sie näherten sich einem eher bergigen Gebiet. Der Grenzübertritt würde an einem Gebirgspaß erfolgen, aber bis dahin hatten sie noch ein gutes Stück vor sich.
Hier gab es nicht mehr viel Zivilisation und sie trafen niemanden auf dem Weg, so hielten sie sich aber auch nicht auf. Irgendwann mußten sie dann nach einem Nachtlager Ausschau halten, fanden aber lange Zeit nichts und waren schließlich froh, wenigstens noch eine alte Scheune gefunden zu haben. Die war nicht verschlossen, es war zwar eine Menge Heu darin, es gab sogar auch einen kleinen Bach in der Nähe, aber das Heu mußte schon länger liegen, sie gingen davon aus, daß sich nur selten jemand um die Scheune kümmerte.
Sie versorgten also zunächst die Pferde und aßen dann von ihrem Proviant, während sie einfach auf der Wiese vor der Scheune saßen und sich am Sonnenuntergang erfreuten. Dann zogen sie sich mit den Pferden in die Scheune zurück, nachdem sie sich am Bach erfrischt hatten, allerdings getrennt, erst Paul und dann Gundula, während Paul die Scheune untersuchte und ihnen oben in der Scheune eine einfaches Lager im Heu bereitete. Als Gundula durch das Tor getreten war, schloß er es von innen und blockierte es. Er wollte schon gewarnt sein, wenn doch jemand kam. Dann führte er Gundula zur Leiter nach oben und sie stiegen auf. Die Leiter konnten sie hochziehen, so waren sie also vor Überraschungen recht sicher.
Paul umarmte Gundula einfach und begann sie zu entkleiden und nebenbei auch sich, bis sie beide ganz nackt waren. Gundula blieb bei der Absprache und überließ die Entscheidungen bedingungslos ihm. So lagen sie auf einer recht dünnen Decke im Heu, daß es leicht kribbelte und pikte, daß sie gekitzelt lachen mußten. Gundula bleib auch diese Nacht eher passiv. Zunächst saßen sie hintereinander und Paul massierte ihre Schultern und ihren Rücken, küßte sie dort sanft und verwöhnte sie, was sie mit genüßlichen Seufzern quittierte. Mit dem Mund arbeitete sich Paul über ihren Nacken und Hals zu ihrer Wange vor, umarmte sie, sog sie eng an sich. Gundula drehte ihren Kopf, daß sie sich auf den Mund küssen konnten. Das war nicht besonders bequem, so dauerte dieser Kuß nur kurz und Paul liebkoste dafür ihr Ohr. Längst war Gundula schon wieder erregt und diesmal zögerte Paul nicht, nachdem er den Bauch massiert hatte und den Bauchnabel umspielt hatte, begann er auch, ihre Brüste zu massieren. Sanft beginnend erhöhte er Druck und Intensität.
Gundula erlebte sehr intensiv und hätte das gar nicht in Worte fassen wollen. Das war Neuland, auf welches Paul sie da führte und sie ließ sich gerne in seine Umarmung fallen und unter seiner Führung dieses Land kennenlernen. Hätte sie es in Worte, klare Gedanken fassen müssen, so hätte sie wohl am ehesten ziemlich knapp gedacht: 'Du meine Güte!' und wenig später dann 'Du meine Güte!' und wenig später dann auch noch 'Du meine Güte!' und das mit zunehmender Häufigkeit. Was immer er auch mit ihr anstellte oder noch anstellen wollte, er sollte bloß weitermachen, dachte sie, wagte es aber nicht auszusprechen, während ihre Seufzer immer häufiger durch schweres, heftiges Atmen ergänzt wurden.
Paul packte sie dann wieder mit entschlossenem, aber nicht grobem Griff, um die Stellung zu wechseln und sie auf den Bauch zu legen. Die Massage ihres Rückens, seine Küsse darauf und wie seine Haut über ihre rieb, hielt diese verwirrenden Gefühle etwa auf gleichem Niveau, aber es ging langsam tiefer und er massierte auch ihren Po und küßte ihn, dann ging es weiter die Beine hinunter bis zu den Füßen. Paul zeigte ihr wirklich sehr viel von diesem neuen Land und sie war sehr neugierig und genoß seine Berührungen und Spielchen, wie er mit den Fingern Figuren auf die nackte Haut malte, darüber pustete, küßte und rieb. Als er spürte, daß sie bereits stark erregt war, packte er auch fester, leidenschaftlicher zu und knetete, massierte kräftiger und entschlossener und er spürte, wie sie es genoß und sich ihm ganz und gar anvertraute, einfach geschehen ließ, was immer er auch mit ihr anstellen wollte. Dann bewegte er sich wieder aufwärts, bis er auf ihr lag und seinen Körper an ihr rieb, er stützte sich nicht mehr mit den Armen ab, sondern ließ sein ganzes Gewicht auf ihren Körper sinken. Sie war richtig heiß geworden, in ihr mußte es bereits kochen.
Sie genoß sein Gewicht auf sich und wie sich ihre Körper unter der Reibung erhitzten und sich ihr Schweiß vermischte. Im Bereich von Po und Rücken spürte sie, daß ihre minimalen Aktivitäten auch bei ihm eine gewaltige Wirkung hatten. Und er begann damit, sich auf ihr zu bewegen und damit gezielt über ihren Po zu reiben, während er ihre Arme über den Kopf gelegt hatte und dort mit einer Hand sanft festhielt, sie in den Nacken und auf den Hals küßte. In ihr jedenfalls brodelte es nun recht heftig, sie hatte sich ihm komplett ausgeliefert und anvertraut und sie genoß es. Er hatte da ein mächtiges Feuer entfacht, in welchem sie heftig aufloderte.
Dann rutschte er neben sie und drehte sie herum, nun lag sie auf dem Rücken und er küßte sie auch den Mund, ihre Hände hatte er losgelassen, so umarmte sie ihn leicht und er zog sie eng zu sich und ihre Münder, Lippen, die Zungen spielten eine ziemlich wildes Spiel.
Dann wechselte er mit dem Mund wieder tiefer, mit seiner Zunge umspielte er nun vorsichtig ihre Brustwarzen, während er mit einer Hand zunächst ihren Bauch im Bereich des Bauchnabels massierte. Der Druck auf die Brüste wurde größer und er saugte den Schweiß von ihrer Haut, ihrem Brustkorb, der sich schnell hob und senkte. Eine seiner Hände wanderte weiter hinab zur Außenseite eines Oberschenkels, um dann zur Innenseite zu wechseln. Nun wurde ihr richtig heiß - und sie hätte nicht erwartet, daß es da noch eine Steigerung gab, offenbar mußte sie sich dieser Überraschung einfach stellen und sie preßte ihre Hände etwas hilflos auf seinen Rücken, während er nun ihre Brüste an verschiedenen Stellen heftig und wild küßte, ja sogar nun immer wieder direkt an diesen saugte, aber nur kurz und mit einigem Wechsel, wobei er die Intensität der Massage an ihrem Oberschenkel steigerte, daß es wohl geschmerzt hätte und sogar recht unangenehm gewesen wäre, hätte er das unvorbereitet gewagt, so aber wirkte das sehr intensiv auf Gundula, aber es wurde noch heftiger, als er von dort direkt zwischen ihre Beine wechselte, zunächst nur eben gerade die Haare dort sanft durchkämmte, dann aber mit einer vorsichtigen Massage begann. Sie spürte etwas Unbekanntes in sich aufsteigen, hielt es erst noch zurück, aber das war nicht lange aufzuhalten und sie hatte eine Ahnung, daß sie das auch gar nicht wirklich aufhalten sollte, sondern sich einfach fallenlassen und genießen, nur ein wenig noch, ein wenig scheute sie zurück als anständiges, zurückhaltendes Weib, doch die Rolle würde nicht lange mehr zu halten sein.
Da wechselte er wieder mit seinem Mund zu ihrem, ihr Körper bebte und sie umarmte ihn nun fest und er lag mit dem Oberkörper auf ihr. Nun ging es recht schnell und Gundula ließ sich von ihm einfach führen, wohin er wollte, es geriet in ihr sowieso alles durcheinander und dann hatte sie in dieser verwirrenden neuen Landschaft plötzlich unter der sicheren Führung seiner Hand einen Aussichtspunkt erreicht, ihr Körper pulsierte heftig unter einem sehr intensiven Gefühl, welches sie noch gar nicht kannte. Wellen einer gewaltigen Sturmflut schlugen über ihr zusammen und raubten ihr die Besinnung und den Verstand. Und was hier nicht beschreibbar ist, sei hier nur mit einem bescheidenen 'Du meine Güte!' ersetzt, welches aber so einfach nicht präzise die Gedanken Gundulas repräsentierte, die so nicht in Worte zu fassen waren. Gundula artikulierte natürlich nicht, was als Ausatmen in seinen Mund begann, blieb nur kurz ein heftiges Stöhnen, bis es in einen verzückten Schrei gipfelte, als Paul kurz die Lippen von den ihren löste, um ihr Gelegenheit zu gegen, etwas Druck abzulassen.
Sie verweilten nur kurz auf diesem Aussichtspunkt, aber es ging nicht weit hinunter, wenigstens nicht was die Intensität der Gefühle anbelangte, während Pauls Mund allerdings nun langsam über ihren Körper immer tiefer küßte und auch nicht am Bauchnabel anhielt. Er wechselte die Position zwischen ihre Beine und winkelte diese an, vergrub ohne Zögern seinen Kopf zwischen ihren Beinen und was er dort mit Lippen, Nase und Zunge anstellte, führte sie schnell zu einem weiteren Aussichtspunkt und dem, was wir hier mit einem weiteren 'Du meine Güte!' abkürzen wollen, von Gundula aber ähnlich wie zuvor artikuliert wurde. Ihre Hände fuhren dabei wild durch sein Kopfhaar und drückten ihn verzückt an sich, um ihm dann hastig wieder Luft zu lassen und dann wieder an sich zu drücken, während sich ihr Körper lustvoll krümmte.
Wie sich herausstellte, führte von hier ein sehr kurzer Weg gleich zu einem weiteren herrlichen Aussichtspunkt und zu einem weiteren 'Du meine Güte!', wobei Gundula inzwischen so schnell durch den offenen Mund atmete, daß ihr die Sinne schwanden, die Luft auf diesem Aussichtspunkt schien so dünn zu sein, daß es unvermeidlich schien, in Ohnmacht zu fallen, der verzückte Schrei reduzierte sich gleich wieder zu einem hektischen Schnappen nach Luft. Es wirbelte alles in ihrem Kopf und ihre Muskeln wurden ganz schlaff. Aber plötzlich waren Pauls Lippen wieder auf ihrem Mund und er lag zwischen ihren Beinen und schwer auf ihrem Leib, und das schien sie zu beruhigen, sie atmete wieder langsamer und tiefer ein, er streichelte nur noch sanft über ihre Schultern und Arme, die sie bald eng um ihn schlang, ebenso wie sie ihre Beine um die seinen legte und damit bis zu seinem Po hochrutschte und ihn so stark an sich preßte und so den Druck unter seinem Gewicht noch deutlich verstärkte, als die Muskeln wieder bereit waren, mitzuspielen.
Sie wurde ruhiger und ganz langsam und zielsicher führte Paul sie wieder hinunter in eine ruhiges Tal dieser unbekannten Landschaft, welches sie erstmals mit ihm hatte erforschen dürfen. Am Rande welcher Abgründe hatte sie diese Schreie ausgestoßen? Egal, Paul sollte ihr mehr davon zeigen, aber nur nicht mehr heute. Sie hatte Paul immer noch so kräftig gepackt, daß nun dieser kaum Luft bekam, aber er ließ sie und wartete ruhig, bis die Intensität ihrer Gefühle deutlich abgenommen hatte, begann sich dann vorsichtig in ihrem Griff zu bewegen, was sie veranlaßte, den Griff zu lockern. Nun hatte er Raum genug, um sie beide auf die Seite zu drehen und weiter sich auf den Rücken und Gundula wieder eng an sich heran, die sich nun sehr zufrieden an ihn kuschelte und bald völlig erschöpft einschlummerte.
Bei Paul dauerte es deutlich länger, bis es ihm gelang, sich wieder zu beruhigen. Das war auch nicht so erstaunlich, denn er hatte sich nur bemüht, Gundula zu führen und auf diesem Weg zu begleiten, ohne sich aber um die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse zu bemühen. Sie waren noch längst nicht am Ziel ihrer Reise und da wäre es ihm verfrüht erschienen, bereits jetzt solch ein Ziel zu erreichen, so begnügte er sich gerne damit, Gundula zu solchen Etappenzielen zu führen und zu lernen, wie sie reagierte und was welche Aktionen bewirkten. Er wollte etwas über sie lernen und es auch ihr ermöglichen, sich neuen Aspekten ihres Seins zu stellen, denn da war er sich sehr sicher, daß sie dies bislang nicht gewagt hatte. Da aber er nun wenigstens kurzfristig bestimmte, war sie davon befreit, darüber zu grübeln, ob sie wollen sollte, was sie nicht zu wollen wagte. Erstaunlich fand er, daß es letztlich so einfach gewesen war. Er war da sicher kein routinierter Experte und hatte nur versucht, intuitiv auf sie einzugehen, vielleicht hatten er oder sie auch nur Glück gehabt, daß er den richtigen Weg gefunden hatte. Ober aber sie war durch die Situation und ihre Annäherung ohnehin bereits so leicht erregbar gewesen, daß er gar nicht so viel falsch machen konnte. Vermutlich mußte bei Gundula einfach nur endlich raus, was sich über die Tage so angesammelt hatte und er hatte lediglich im richtigen Moment den Stöpsel gezogen oder eher gesaugt, geschoben, gedrückt und genippt. Jedenfalls freute er sich sehr, daß es ihm gelungen war und er hoffte sehr, daß sich noch oft die Gelegenheit bieten würde, all dies mit ihr zu vertiefen.
An diesem Morgen wachte Gundula auf und fand sich wieder eng an ihren Geliebten geschmiegt in einem Bett aus Heu. Sie spürte seine friedlichen, gleichmäßigen Atemzüge. Zu was für einem Erlebnis hatte er ihr verholfen? Sie würde noch eine ganze Weile brauchen, um zu verarbeiten, zu was ihr Paul in der letzten Nacht verholfen hatte. Theoretisch wußte sie natürlich, daß es das gab, aber sie hatte ja gedacht, über den Dingen zu stehen und hatte sich damit immer wieder geirrt und seit sie Paul kannte und dann so intensiv geküßt hatte, hatte sie natürlich eigentlich bereits gewußt, daß sie sich auch in diesem Punkt geirrt hatte. Gut, prinzipiell hatte sie bedingt durch versehentliche Berührung geahnt, daß da auch etwas bei ihr passieren konnte, war aber davor zurückgeschreckt und hatte es nie selbst probiert, das vertieft, sondern im Gegenteil sofort rigoros zurückgedrängt.
Sie hatte sich Paul ganz ausgeliefert und er hatte gewagt, was sie sich selbst nicht getraut hatte. Es war also gut und richtig gewesen, alles ihm zu überlassen, sich ganz fallenzulassen und ihm zu vertrauen. Er ließ sich und ihr Zeit und ging auf sie ein. Prinzipiell hatte sie gewußt, daß man bei dieser Angelegenheit allerhand machen konnte, sie hatte aber nicht geahnt, daß das geht, was Paul getan hatte. Und wie ihr schien, hatte er es sehr gezielt getan, wobei sie eigentlich gar nicht so im Detail sagen konnte, was er im einzelnen alles getan hatte, sie hatte so im Rückblick komplett den Überblick verloren. Sie mußte das demnächst einmal mit ihm genauer untersuchen. Es war offenbar ein sehr großes, unentdecktes Land und sie vermutete sehr stark, daß er ihr nur eine paar exemplarische Wege zu jenen Aussichtspunkten gezeigt hatte und daß es da noch sehr viel zu entdecken gab, wobei sich der Weg bereits lohnte, die Aussicht aber in jedem Falle unbeschreiblich war. An solche Ausflüge könnte sie sich auf jeden Fall gewöhnen. Und da mußte Paul, wenn schon nicht immer ein kundiger Führer, so doch ein steter Begleiter sein, auf den sie sich ganz und gar verlassen können sollte, denn so ganz allein hätte sie sich in dieses wilde, schöne Land sicher nicht getraut.
In der Erinnerung stellte sie fest, daß Paul sie zwar sehr geschickt geführt hatte, aber nicht mit ihr zusammen diese Aussicht erreicht hatte, er hatte sich so liebevoll um sie gekümmert, daß er darüber seine eigenen Bedürfnisse ganz vergessen hatte. Mittel- bis langfristig war das sicher weder gut noch akzeptabel, aber er mußte intuitiv gespürt haben, daß es für gewisse Dinge für sie noch zu früh gewesen wäre. Wenn er es getan hätte, hätte sie es akzeptiert, er entschied in dieser Phase ihres Abenteuers. Daß er es nicht versucht hatte, zeigte ihr nur noch mehr, wie sehr sie auf ihn vertrauen konnte und darauf, daß er offenbar intuitiv richtig auf sie einging. Und auch das war ein wunderbares Geschenk.
Und dann hatte sie doch wieder Bedenken. Wenn wirklich geschah, was nun einmal ganz natürlich war, so würde da unvermeidlich viel mehr mit ihr passieren. Jetzt hatte er sie nur geküßt und gestreichelt, liebkost und massiert. Doch wenn es passierte, würde sie sein prächtiges Organ, welches sie nun schon mehrfach hart und eindeutig gespürt hatte, ganz in sich aufnehmen müssen. Und das schien ihr für ihren Leib wirklich reichlich zu sein. Obwohl sie aus den Büchern wußte, daß das im normalen Bereich liegen müßte und ihr Körper gut in der Lage wäre, sich daran anzupassen, es einfach zu umschließen, so war ihr die Vorstellung daran doch ziemlich unheimlich. Und doch wollte sie im Grunde ganz mit ihm zusammen sein, ihn in sich spüren, ihn ganz aufnehmen, sich mit ihm vereinen und durch diese Landschaft jagen und spielen. Würden sie es gemeinsam erleben, würde sie spüren, wenn er sich nicht mehr kontrollieren konnte und sich in ihr verlor? Doch dann würde wohl unweigerlich passieren, was dann wohl ganz natürlich war und eben passierte, weil auch sie eben nicht über den Dingen stand. Vielleicht nicht gleich sofort, aber es würde passieren. Unweigerlich würde sie von ihm schwanger werden, ein Kind würde in ihr heranwachsen und dann unweigerlichen heraus wollen aus ihrem zierlichen Leib. Und das schienen ihr schon wieder unheimliche Punkte zu sein, wieder etwas, was ihr nur zu deutlich vor Augen führen mußte, daß sie nicht über den Dingen stand. Und da schwebte ihr Gedankengang noch einen Augenblick, bis sie feststellte, daß sie ja gar nicht mehr über den Dingen stehen wollte, daß sie doch um alles in der Welt mit Paul zusammen sein wollte, ja und natürlich spürte sie bereits tief in sich eine Sehnsucht, einen Wunsch, sein Kind erst in sich zu tragen und dann in ihren Armen, dann zu sehen, wie es in seinen Armen lag. Dieser tiefe Blick auf ihre innersten Bedürfnisse, der sich nun geöffnet hatte, machte sie ganz schwindelig, unsicher. Aber Angst hatte sie nicht davor. Es sollte und es würde passieren, dafür müßte sie sorgen. Sie hatte mit Paul ihren Begleiter gefunden, mit dem sie bereit war, dieses ihr unbekannte Land bis in den letzten Winkel zu erforschen und diesen Drang gänzlich auszukosten. In vielen Büchern wurde nach dem Sinn des Lebens gefragt, den man ihm philosophisch doch nur selber geben konnte. Biologisch lief es aber darauf hinaus, dieses Land zu erobern und damit zurechtzukommen.
Wenn sie die Grenze überschritten, er auf ihrem Gebiet war, würde sie wieder mehr entscheiden können und aktiver werden. Und das wollte sie natürlich nutzen, um auch für die Befriedigung seiner Bedürfnisse zu sorgen. Und sie war bereit, sehr viel zu tun, um auf seine Bedürfnisse einzugehen, um mit ihm zusammen sein zu können. Hätten sie erst ihr Ziel erreicht, würden sie über die Zukunft sprechen müssen. Und da wurde ihr etwas flau im Magen, wie konnten sie ihre tiefe, innige, gegenseitige Zuneigung mit ihren sehr unterschiedlichen sonstigen Interessen und Lebensweisen verbinden und vereinbaren? Es mußte gehen und wenn es ihr nur gelänge, ihre Angelegenheiten zu ordnen, so würde sie garantiert auf alles eingehen, was er sich auch nur vorstellte, nur um mit ihm zusammensein zu können. Wie dachte er darüber? So wie er sich sich um sie kümmerte, mußte es auch für ihn einen Weg geben, der ein gemeinsamer mit ihr war. Zunächst aber mußte sie Heim und alles klären und die Dinge auf den Weg bringen, dann würden sie schon weitersehen.
So weckte sie Paul mit einem zarten Kuß, woraus sich dann erst noch wie erhofft ein kurzes, liebevolles Zwischenspiel ergab, welches sich beide anregte und ganz erwachen ließ. So standen sie also auf, machten sich am Bach frisch, kümmerten sich auch um die Pferde und frühstückten von ihrem Proviant. Dann brachen sie entschlossen auf und zogen weiter.
Mittags rasteten sie nur kurz an einer recht übersichtlichen Stelle und zogen auch dort zügig weiter. Auf diesem Weg war ihnen niemand begegnet. Dann aber mündete der kleine Weg in einen breiteren, der von einem anderen Ort zur Grenze führte. Hier sahen sie in der Ferne vereinzelt Reisende. Tatsächlich kam ihnen bald darauf ein Händler entgegen, welchen sie freundlich grüßten und welchem sie auf Nachfrage gerne Auskunft über die aktuelle Lage gaben. Von diesem erwarben sie auch noch einiges süßes Konfekt für den Weg und zogen so mit guter Laune auf die nun nicht mehr so ferne Grenze zu. Über einen engen Paß führte dort der Weg in Gundulas Reich.
Aber bis dahin waren es noch gut zwei Stunden mit den Pferden, aber der Weg war gut geeignet für Pferde und auch für Fuhrwagen, von denen ihnen wenige weitere nach dem Händler begegneten. Auch ein paar andere Reisende waren unterwegs, aber im Großen und Ganzen war nicht viel los. Man grüßte sich freundlich und meist erbat man sich Auskunft über die aktuelle Lage, die Paul und Gundula gern erteilten.
Dann kam in der Ferne der Paß in Sicht, einschließlich einer kleinen Grenzstation. Jetzt bat Gundula Paul zur
Seite zu einer kurzen Besprechung. Sie erklärte: "Von hier an mußt du einstweilen mich das Wort führen lassen.
Das ist mein Reich und es wird leicht sein, mich durchzusetzen."
Paul war natürlich einverstanden und nickte: "Gut, dann sollten wir wohl ab jetzt wieder etwas förmliche Distanz
halten, die Rolle als junges Paar hat ihre Schuldigkeit getan.
Ich sollte dich jetzt wohl auch mit Prinzessin anreden, um Irritationen zu vermeiden, ich hoffe,
du bestehst nicht auf allen Titeln?"
Gundula grinste ihn an: "Quatsch! Meist läßt sich eine direkte Anrede mit vollem Titel doch gut vermeiden,
es wird wohl umgekehrt auch reichen, wenn ich dich einstweilen mit 'edler Herr' oder auch 'edler Retter'
oder auch 'mein heldenhafter Retter' oder 'mein kühner Recke' anspreche, um einen gewissen Ausgleich zu schaffen.
Was mich betrifft, haben wir dem Protokoll wohl genüge getan,
wenn du im Falle einer unvermeidbaren direkten Ansprache einfach 'Prinzessin' verwendest,
nach Geschmack auch mit einem angemessenen Adjektiv, etwas vertraulicher ist 'Prinzessin Gundula' auch in Ordnung."
Paul verbeugte sich kurz: "Sehr wohl, eure hochwohlgeborene Prinzessin, so will ich auf eurer Reise auch weiterhin euer
respektvoller Begleiter und Beschützer sein und euch zum gemeinsamen Ziel begleiten."
Die Prinzessin nahm eine offizielle Haltung an und sprach: "Edler Retter, heldenhafter Paul. Dankbar bin ich für dein Angebot, auf dem weiteren Weg mein Begleiter und Beschützer zu sein. Dieses nehme ich dankbar an und freue mich bereits darauf, mit euch gemeinsam und unter eurer liebenswürdigen Anleitung den Weg zum gemeinsamen Ziel zu finden. Ich muß gestehen, ich bin in den meisten Bereichen meines Reiches selbst nicht sehr vertraut, möchte es in Zukunft aber sehr gerne ausführlich bereisen, so daß es mir eine große Hilfe und Erleichterung sein wird, euch dabei zur Seite zu haben, wenn wir gemeinsam mein Reich erforschen könnten und gemeinsam zum Ziel kommen. Ich durfte ja bereits feststellen, daß ihr mit meinem Weg und meiner Reise in mancherlei Hinsicht viel vertrauter seid als ich selbst, obgleich ihr mein Reich zuvor nie besucht habt, daher bin ich mir sicher, mit euch einen Reisebegleiter an meiner Seite zu wissen, den ich nicht mehr missen mag und auf den ich erst recht nicht mehr verzichten mag, um dann in Zukunft auch mein Reich gemeinsam mit großer Sorgfalt zu erforschen. Dieser enge Paß, diese hohle Gasse ist unser Weg in mein Reich. So laßt uns unsere Reise fortsetzen und in mein Reich vordringen, eindringen und ihr werdet sehen, ihr seid sehr willkommen. Nur laßt einstweilen mir hier an diesem engen Paß das Wort und die Führung, so werden wir die Grenze bald schon überschreiten. Wir müssen mit Kontrollen und Hemmnissen rechnen, aber gemeinsam wird es uns gelingen."
Paul war sich nicht ganz sicher, ob die Prinzessin immer noch beim selben Thema war. Sie verstand es, über zwei verschiedene Themen gleichzeitig zu reden und irgendwie lag es dann irgendwie an ihm, das im richtigen Augenblick richtig zu interpretieren, gut er wollte es versuchen: "Eure hochwohlgeborene Prinzessin, es wird mir ein großes Vergnügen sein, euch zu geleiten und zum Ziel zu führen und es ist mir eine große Ehre, in Aussicht gestellt zu bekommen, euer ganzes Reich gründlich erforschen zu dürfen, zur gemeinsamen Erbauung und um den gemeinsamen Wissensdrang ausgiebig zu stillen."
Gundula nickte, er hatte verstanden und nahm die neue Rolle an, sie war fest entschlossen, diese nicht lange dauern
zu lassen und vor der Erforschung ihres Reiches alle Angelegenheiten zu klären, um dieses Unternehmen dann
auch offiziell auf Augenhöhe anzugehen. So erwiderte sie: "Heldenhafter Retter, mein kühner Recke und vertrauter Freund,
ich kann es kaum erwarten, mit euch gemeinsam mein Reich aufs Innigste und Gründlichste zu erforschen und zu ergründen,
Wege zu finden, Aussichten zu genießen und wohl auch manches Mal einfach querfeldein über manche Wiesen zu schlendern,
die uns beiden nicht vertraut sein mögen.
Aber bis dahin haben wir noch einen nicht mehr so langen und wohl auch nicht mehr beschwerlichen Weg vor uns und
einige Angelegenheiten sind noch zu erledigen.
Bis dahin überlaßt mir also die Wortführung, dann wird uns der Grenzübergang in mein Reich zweifellos gelingen
und wie ihr mich auf dem bisherigen Weg so hervorragend beschützt und behütet habt,
euch so liebevoll meinem Wohlbefinden gewidmet habt, wird auch euch in meinem Reich mein Schutz eng umschließen
und meine sorgfältige Fürsorge kann euch gewiß sein. Ich will euch aufnehmen und bergen in meinem Reich."
Paul nickte lächelnd und da mußte auch Gundula vergnügt auflachen, sie dachte sich, sie sollte vielleicht nicht
zu dick auftragen, wovon sie keine Ahnung hatte, sondern die Entwicklung einfach erst einmal voranbringen.
So ritten sie weiter auf die Grenzstation zu, die Prinzessin voran und Paul daneben, ungefähr eine halbe Pferdelänge zurück. Es gab nur zwei Wachposten. Offenbar nahm man die Krise nicht allzu ernst oder fühlte sich nicht sonderlich betroffen, zumindest nicht an diesem Grenzübergang. Nun hatten sie ja keine passenden Papiere vorzuweisen. Aber Gundula hatte längst den Hut abgenommen, ließ die prächtigen Haare wallen, wobei wie bestellt immer mal wieder eine Windzug hindurch fuhr und die Haare in anmutige Bewegungen versetzte. Sie gab sich vor den Wachen als die Prinzessin zu erkennen. Diese kannten sie aber nicht persönlich, waren nie am Hofe gewesen. Sie waren aber gleich sehr beeindruckt von der Persönlichkeit und der Ausstrahlung der Prinzessin und wagten nicht, ihre Aussagen in Zweifel zu ziehen. Allerdings drucksten sie sehr verlegen herum und wiesen auf strenge Nachfrage durch die Prinzessin recht kleinlaut auf ihre peinliche Zwickmühle hin. Einerseits hatten sie strikte Anweisungen, niemanden ins Reich zu lassen, welcher keine passenden Papiere hatte, auch schon wegen der bekannten Krise, andererseits seien die Prinzessin und ihr edler Begleiter zweifellos keine Halunken und Strauchdiebe und jeden Verdachtes in dieser Beziehung erhaben, schon durch Auftreten, Erscheinung und Wortführung, so seien sie nun aber in großer Verlegenheit. Ließen sie sie einfach durchziehen, wäre das gegen die ausdrücklichen Anweisungen, würden sie sie aber zurückweisen, sei das ja noch fataler, denn sie könnten es ja unmöglich wagen, die vermißte und sehnlich erwartete Prinzessin zurückzuweisen.
Gundula rutschte bereits ungeduldig und impulsiv in ihrem Sattel hin und her und drohte bereits zornig zu werden. Wie sie mißbilligend schaute und die Stirn kraus zog, fürchteten die beiden schon um ihren Kopf, fürchteten, für sie würde die Angelegenheit unweigerlich böse enden, da aber räusperte sich Paul respektvoll. Gundula drehte sich rasch um, sah ihn kurz an und nickte dann, ihr Einverständnis bekundend, daß er zur Diskussion beitragen möge, wenn er eine Lösung wüßte.
Paul sprach: "Hochwohlgeborene Prinzessin, edle Herren, mir liegt es fern, mir die Kompetenz anzumaßen,
zu diesem knifflige Konflikt in diesem Reiche wertvoll beitragen zu können, doch bitte ich darum in Erwägung zu ziehen,
meinen Vorschlag zu erwägen."
Die als edle Herren angesprochenen Wächter hofften auf einen Strohhalm und nickten eifrig und auch de Prinzessin
neigte kurz merklich den Kopf und erwiderte: "Sprecht nur edler Retter, kühner Recke, heldenhafter und besonnener Begleiter.
Gut und wohlbehalten habt ihr mich bis hierher geleitet, so mag auch hier euer Rat weise und hilfreich sein, um die Lage zu beruhigen und nicht eskalieren zu lassen."
Paul nickte "Oh edle Prinzessin, Danke für euer Vertrauen, welches ich mir nicht anmaße zu verdienen, so nehme ich es als
großes Glück, euch zu schwerer Stunde zur Seite stehen zu dürfen. So hört denn meinen Vorschlag: Die edlen Herren werden
uns zutrauen, daß die edle Prinzessin und ich einstweilen mit einem der Herren die Grenzstation bewachen und das Reich
vor Unheil schützen können, während sich der andere der edlen Herren schleunigst aufmacht, um Vorgesetzte aufzusuchen,
die im besten Falle die Prinzessin persönlich kennen und für den Grenzübertritt zu bürgen bereit sind. Gern stelle ich dem
betreffenden Herren mein Pferd zur Verfügung, um den Vorgang zu beschleunigen." Paul hatte dabei hinsichtlich ihrer Kompetenz der Bewachung des Grenzübergangs beiläufig auf ihre Bewaffnung hingewiesen.
Die beiden Wächter sahen da einen höchst stabilen Strohhalm im Raume stehen und nickten gemeinsam ohne Beratung und schauten
zur Prinzessin, ob diese dem Vorschlag geneigt sein würde und ihn gnädig akzeptieren würde.
Gundula sprach zu Paul gewendet: "Oh edler Held und Beschützer, wie so oft, immer möchte ich sagen,
sind eure Worte überlegt und weise, gern bin ich bereit, diesem Rat zu folgen und geduldig zu warten,
zudem ich weiß, daß der Bürgermeister der nächsten Stadt mir persönlich aus einem Gremium bekannt ist, welches auch diesem
unvergessen bleiben wird. Ich werde eine kurze Nachricht an diesen notieren und unterschreiben, wenn einer der Herren
sich unter den genannten Bedingungen bereiterklären würde, dieses Schriftstück zügig zu überbringen."
Die Wächter stimmten zu, der bessere Reiter sollte los. So stiegen sie ab und in der Grenzstation schrieb die
Prinzessin eilig eine kurze Notiz und unterschrieb, übergab den verschlossenen Umschlag an den reisewilligen Wächter.
Als dieser schon gehen wollte, um sich auf Pauls Pferd zu schwingen, sprach Gundula noch: "Einen Moment noch, Wächter.
So eilig die Angelegenheit auch ist, das Pferd werdet ihr sehr pfleglich behandeln und es schonen. Eine Stunde mehr oder
weniger ist es nicht Wert, daß das so großzügig von meinem Begleiter zur Verfügung gestellte Pferd auch nur im geringsten
einen Schaden erleidet."
Der betroffene Wächter schaute sie mit großen Augen an und sackte etwas zusammen, als sei ihm gerade die Bürde eines
mittelschweren Mühlsteins aufgeschnallt worden: "Edle Prinzessin, seid gewiß, ich werde es liebevoll umsorgen und
alle Vorsicht walten lassen, als sei es mein eigenes Kind!"
Und so war er entlassen.
Inzwischen war später Nachmittag und an der Grenzstation nichts mehr los, Reisende zogen es vor, bis zur Nacht in einer Herberge oder an ihrem Ziel zu sein, nicht in einem Bergpaß oder an einer Grenzstation. So gab es nicht viel zu bewachen. Die Prinzessin wies auf den Sachverhalt hin und auch auf ein Kartenspiel, welches verwaist in einer Ecke lag. Der Wächter war etwas verlegen, erklärte aber dann, an einigen Tagen werde hier zu dritt gewacht und in ruhigen Stunden dann auch gespielt. Die Prinzessin und auch Paul kannten das Spiel nur vom Namen her und ließen es sich erklären, überredeten dann den Grenzer zu einer kleinen Partie um kleine Beträge, denn man spielte dabei um Geld. Der Grenzer stellte sich als routinierter Spieler heraus und sie hatten den Dreh noch nicht richtig heraus und verloren so bereits einiges Geld, aber sie lernten recht schnell und bald schon war die Situation in etwa ausgeglichen, was auch daran lag, daß die Prinzessin gut darin war, in Gesichtern zu lesen, also auch in dem des Wächters, zum anderen aber auch dazu neigte, das Spiel so zu lenken, daß der Grenzer meist gegen sie und Paul spielte statt daß eine zufällige Kombination auftrat. Und Paul und Gundula waren sich inzwischen schon ganz gut vertraut. Und so begannen sie recht zügig, den Grenzer regelrecht auszunehmen, daß dieser blaß wurde und sich bereits wähnte, an Profispieler geraten zu sein. Als seine Münzen bereits zuende zu gehen drohten, druckste er etwas herum und die Prinzessin forderte ihn auf zu reden, was er habe, da wies dieser nach einigem Zögern und einiger Ermunterung darauf hin, daß er das Gefühl habe, sie würden zusammenspielen, um ihn auszunehmen. Da mußten Paul und Gundula sehr lachen, daß dem Wächter ganz mulmig wurde. Doch er bekam anstandslos all sein Geld zurück und von nun an spielten sie ernsthaft, so ernsthaft, daß gar zwischen Paul und Gundula ein richtiger Wettstreit entbrannte, von welchem wiederum der Wächter profitierte und einiges gewann.
So hatten sie allerhand Spaß und Kurzweil und tatsächlich hatte der Wächter letztlich etwas hinzugewonnen, als bereits zum Sonnenuntergang eine kleine Delegation aus der Stadt erschien. Natürlich war der besagte Bürgermeister mit dabei und dieser verbeugte sich tief und sichtlich verlegen. Und auch der Vorgesetzte der Wächter verbeugte sich tief und entschuldigte sich für die Unannehmlichkeiten und wollte schon zu einer ordentlichen Standpauke gegenüber den Wächtern ansetzen, wie sie es hätten wagen können, die Prinzessin aufzuhalten. Schon beim ersten lauten Wort aber hob die Prinzessin mahnend die Hand und der Vorgesetzte schwieg, während die Prinzessin sprach, das Verhalten der Herren Wächter sei vorbildlich, unbestechlich und angemessen gewesen, in keinem Punkt zu kritisieren. Stattdessen hätten sie eine Belobigung verdient, in einer kniffligen Lage kühlen Kopf bewahrt zu haben, um dem Reich zu dienen und es zu schützen. Dankbar schauten die beiden Wächter zu Boden, in welchem ihr Vorgesetzter nun hätte gern versinken mögen, aber er konnte nur den Kopf senken und nicken. Er entschuldigte sich und versprach, sich persönlich um eine umgehende Belobigung zu bemühen.
So waren die Grenzangelegenheiten erledigt und Paul und Gundula zogen mit der Abordnung in die Stadt, wo sie in der frühen Nacht ankamen. Gleich schickte man Boten an den Königshof aus, bot reichlich und gutes Essen an. Es gab reichlich weitere Annehmlichkeiten, für beide auch ein warmes Bad mit reichlich Schaum, was ihnen nach der vergangenen Zeit schon beinahe etwas dekadent vorkam, aber sie genossen es, wenn auch leider natürlich getrennt.
Die Prinzessin bestand darauf, daß ihr edler Retter und Begleiter ein Zimmer gleich neben ihrem bekommen müsse, denn noch sei sie nicht daheim, noch sein Auftrag nicht erfüllt, noch sei es allein dieser, der über ihre Sicherheit wachen könne und der schließlich den Bann brechen könne. Umgedreht befinde sich dieser nun auch in ihrer direkten Obhut und sie trage für sein Wohlergehen und Wohlbefinden die unmittelbare Verantwortung. Allein mit ihm an ihrer Seite werde sie zum Ziel gelangen können. Dabei schaute sie Paul verschmitzt an, der lächelte, denn es schien ihm, daß sie wieder über zwei Dinge gleichzeitig redete.
Sie inspizierte die vorgeschlagenen Räumlichkeiten und war dann schließlich mit zwei Räumen zufrieden, während draußen auf dem Flur und vor dem Haus Wachen aufgestellt wurden. Man wollte keinesfalls riskieren, daß noch einmal ein Attentat auf die Prinzessin ausgeführt wurde. Und obgleich das ganz und gar nicht dem guten Protokoll entsprach, akzeptierte man die Wahl der Prinzessin hinsichtlich der Räumlichkeiten, bei der sie Wert darauf gelegt hatte, daß eine Verbindungstür vorhanden war, so daß ihr Retter ihr gleich zur Seite stehen würde, wenn für sie irgendeine Gefahr bestehen sollte.
So wurde es bald ruhig im Haus, man löschte die Lichter und ging zu Bett.
Es dauerte aber nicht lange, bis die Prinzessin leise an die Verbindungstür klopfte, worauf Paul
öffnete. Sie bat ihn herein, sprach leise und hielt die Form bei: "Edler Herr und Retter, ich wollte
nicht säumen, euch noch allein zu sprechen, wenn ich auch nicht genau weiß, ob es nicht doch Lauscher
geben mag. So möchte ich nicht missen, euch meinen tiefempfundenen Dank auszusprechen, daß es
euch gelungen ist, mich ganz bis zurück in mein Reich zu geleiten. Ich möchte euch köstlichen Lohn
für eure Bemühungen in Aussicht stellen, wenn ich ganz daheim angekommen bin, und ihr könnt euch
gewiß sein, daß ich weiß, das materieller Lohn euch Nichts ist. So möchte ich euch einstweilen
nur ganz bescheiden die Umarmung einer Prinzessin schenken, die ihrem Retter soooo dankbar ist."
Damit trat sie an ihn heran, umarmte ihn sanft, daß ihre Wangen aneinander streiften.
Dann flüsterte sie in sein Ohr: "Es wurde mir schier unerträglich, dich nicht berühren und umarmen
zu können, doch müssen wir einstweilen noch das Protokoll respektieren, bis die Angelegenheiten
bei Hofe geklärt sind und man nicht etwa einen künstlichen Skandal aus einer natürlichen Sache
macht, um doch noch mit irgendeiner Intrige durchzukommen."
Paul flüsterte zurück: "Liebste, das ist dein Reich, du kennst dich hier mit den Gepflogenheiten aus.
Dir habe ich gern die Führung überlassen und gebe mich ganz in deine Hand, was hiesige Protokolle,
Skandale und Intrigen anbelangt. Für erstere beide stehe ich in unserem Zusammenhang voll und ganz
zur Verfügung der edlen Dame."
Gundula war zufrieden und sie dachte sich, im Dunklen sei es einerseits sicher in Ordnung, zum anderen sei es notfalls einen Skandal wert und gab ihm sogleich einen zarten Kuß auf die Wange, den er erwiderte. Sie mochte ihn noch nicht loslassen, so hielten sie sich und schließlich trafen sich ihre Lippen und Zungen, um dem Tag ein angenehmes Ende zu bereiten. Obgleich es ihnen schwerfiel, lösten sie sich dann doch wieder voneinander und jeder ging zurück in sein Zimmer, wobei die Prinzessin dafür sorgte, daß die Tür einen Spalt weit offenblieb, denn so meinte sie, ihrem Liebsten wenigstens ein kleines bißchen näher zu sein.
So trat auch bei diesen beiden endlich Ruhe ein und sie schliefen bald tief und fest in ihren Betten. Wie man es verabredet hatte, wurden sie morgens kurz nach Sonnenaufgang geweckt und sie machten sich frisch für den Tag. Auf dem Weg zum Frühstück, schon auf dem Gang berührte die Hand der Prinzessin nur ganz zufällig die Hand ihres heldenhaften Retters, sie schauten sich aus den Augenwinkeln an und lächelten.
Das Frühstück selbst nahmen sie zusammen mit einigen Damen und Herren der Stadt ein, welche die Gelegenheit nutzten, um mit der Prinzessin zu speisen. Paul und die Prinzessin beteiligten sich höflich und im Umfang angemessen an der Konversation und belohnten die Anwesenden somit mit ihrer Aufmerksamkeit, wofür diese sichtlich dankbar waren. Die Anekdote des Frühstücks mit der Prinzessin und ihrem Retter, direkt nachdem sie von der Verwünschung zurückgekommen war, war schließlich etwas, was man immer wieder würde erzählen können, zudem hatte es bislang für wenige der Anwesenden Gelegenheit gegeben, einmal zu einem Fest bei Hofe geladen zu werden und so die Prinzessin bereits persönlich kennengelernt zu haben. Und man konnte wohl eindeutig sagen, die Prinzessin machte trotz ihres sehr bescheidenen und zurückhaltendem Auftretens allein durch ihre Präsenz starken Eindruck. Und jene, die sie bereits kannten, hatten schnell den recht sicheren Eindruck, daß sie sich entwickelt hatte, nicht mehr die hochnäsige, etwas zickige Jugendliche war, sondern an der Seite ihres Retters plötzlich zu einer zwar jungen, aber doch erwachsenen Frau geworden war. Als entschlossen war sie bereits vorher bekannt, aber nun machte sie mit einem deutlich angenehmeren Auftreten und Benehmen einen guten Eindruck auf alle Anwesenden. Und so manchem am Tisch war ganz klar, sie speisten hier mit der zukünftigen Königin - und diese Zukunft lag nicht mehr fern und wirkte sicherlich nicht bedrohlich, jedenfalls sofern man keine Intrigen und Manipulationen zum eigenen Nutzen plante. Und mancher hatte auch den Eindruck - der kühne Recke an ihrer Seite paßte schon sehr gut dahin - und obwohl sie es nicht offen zeigte, so hatten einige sensiblere Damen am Tisch doch gleich die Intuition, daß die Prinzessin diesen auch gern länger an ihrer Seite behalten wollte, nicht nur bis zurück an den Königshof, um den Bann endgültig zu lösen.
Zwar hatte man vorgeschlagen, die Prinzessin möge doch auf Kutschen und Geleit vom Königshof warten, um abgeholt zu werden, doch diese bestand darauf, mit ihrem Retter auf ihren Pferden heimzureiten. Und da lohnte sich mit ihr keine Diskussion. Allerdings hatten sie nun einiges Geleit. So ritten sie durch, zunächst einmal bis zu einem kleineren Ort, wo sie zu Mittag aßen und etwas pausierten, dann ging es weiter bis zum Nachtquartier in einer weiteren Stadt. Da verlief es ähnlich wie in der vorherigen Nacht. Doch am Morgen hatten bereits Eilboten Briefe vom Hof gebracht, worin das Königspaar, der Reichskanzler und weitere Minister ihre Freude und Erleichterung bekundeten, die Prinzessin wieder daheim im Reich zu wissen.
Beim nächsten Quartier hatte sie auch bereits das Geleit erreicht, welches ihnen vom Hof entgegengesendet worden war, so daß sie von nun an mit diesem Gefolge reisten. Und es gab dann noch zwei weitere Nachtquartiere, daß es Paul und Gundula zur Qual wurde, daß sie sich unter diesen Umständen kaum ungestört und unter sich treffen konnten. Es blieb blieb nachts bei einer Umarmung und einem flüchtigen Kuß, das mußte einstweilen reichen.
Immerhin hatte so Gundula Zeit, jene Erlebnisse in der Nacht im Heu der Scheune zu verarbeiten.
Das war immer noch alles einerseits sehr präsent, allerdings vermochte sie noch immer nicht genau
zu rekonstruieren, was Paul genau mit ihr angestellt hatte. Also prinzipiell erinnerte sie sich schon -
und sogar natürlich sehr gern! - was er getan hatte und wie heftig das auf sie gewirkt hatte.
Aber wie er bewirkt hatte, daß sie empfand, was sie nun einmal empfunden hatte, und zwar ohne
sich gleich verunsichert und abweisend zurückzuziehen, das war ihr nicht klar.
Und wie das gewirkt hatte, war noch immer sehr überraschend für sie, verblüffend.
Das Erlebte hatte sich tief eingegraben und sie zehrte noch sehr gern davon, zumal es sie sehr quälte, den
Geliebten einerseits so nah zu wissen, ihn aber nicht spüren zu dürfen, sich nicht an ihn schmiegen zu dürfen,
um ihn zu fühlen, ihn aufzusaugen, ihn in sich aufzunehmen mit all ihren Sinnen.
Aber Disziplin und Respekt vor der Tradition war irgendwie auch wichtig.
Sie wollte etwas ändern, dafür mußte sie aber auch respektierter Teil des Reiches sein.
So oder so, sie näherten sich ihrem Ziel.
Nachdem die Angelegenheiten mit dieser Krötenaffäre endgültig erledigt wäre, wäre endlich die Zeit gekommen,
ganz auf Paul einzugehen.
Bereits vorher konnte sie ihm einiges zeigen, was wichtig für sie war oder gewesen war - der Turm, der Garten, ihre kleine Welt am Hofe...
Die Vorstellung, Paul bald in ihre kleine Welt einführen zu dürfen, tröstete sie einerseits über die verbleibende Reisezeit hinweg,
andererseits quälte es sie aber auch, nicht sofort handeln zu können, ihren Impulsen einfach freien Lauf lassen zu können.
Paul war es gar nicht mehr gewohnt, daß ihm Leute solche Aufmerksamkeit schenkten, die er gar nicht kannte.
Irgendwie wurde er als Held herumgereicht und es gab immer allerhand Annehmlichkeiten und Köstlichkeiten,
Leute die sich wichtig machten oder wichtig waren, die in der Nähe der Prinzessin sein wollten und auch in der Nähe
des Retters, um sich vielleicht auch ein wenig in der aufkommenden Legende zu sonnen und sich ihren kleinen Platz
darin zu sichern. Sie konnten irgendwann sagen, daß sie dabei gewesen waren. Das amüsierte ihn auch ein wenig.
Was hatten er und Gundula im Grunde getan? Nicht viel mehr, als eben notwendig war, um wieder in Ordnung zu bringen,
was in Unordnung war, zudem hatten sie nur ganz bescheiden begonnen, ihren Weg selbständig zu gehen.
Wenn man das alles schon als Heldentat sah, was würde man erst zu denen sagen, die etwa Bractland aus Elend und Chaos
zu retten vermochten? Er fühlte sich natürlich nicht als großer Retter und Held schon gar nicht.
Er und ein Held, das war schon ein ziemlich lächerlicher Gedanke. Aber das war ein Aspekt,
den er Gundula noch anvertrauen mußte, falls diese ihre Angelegenheit nicht doch als erledigt ansah,
wenn sie wieder daheim war und der Bann endgültig gebrochen war.
Allerdings vertraute er ihr und ging nicht davon aus, daß sie ihre Angelegenheit als erledigt betrachten würde,
also würde er ihr schon noch erklären müssen, wie wenig er sich zur Rolle des Helden eignete.
Auf solch einen Heldenstatus wollte er gern verzichten, der Rest aber war eine sehr dicke Kröte,
der er sich da widmen mußte, um im Bilde zu bleiben.
Die Zeit schien sich bei der Reise durch das Reich endlos zu dehnen, aber dann waren sie da, der Köngshof war in Sicht, gut es war eher eine große Schloßanlage mit etwas wie einem Palast - und tatsächlich alles überragte ein stattlicher Turm, wohl der Elfenbeinturm der Prinzessin. Zumindest ein Teil der Anlage samt Turm mußte eine Trutzburg sein, die für Angreifer schwer zu erobern wäre, die mit bösen Absichten kamen. Der größere Teil der Anlage waren aber freundlichere, einladendere, neuere Gebäude, denen man ansah, daß man hier keinen Feind ernsthaft fürchtete, der offen würde angreifen wollen.
Am Hofe folgte irgendwie auch die Wiedersehensfreude einem Protokoll. Jedenfalls bezog man zunächst wieder Quartier, wobei die Prinzessin wieder einmal mehr dafür sorgte, daß Paul ruhig und nicht allzu weit von ihr untergebracht wurde, wobei es allerdings die Gegebenheiten und das Protokoll am Hof keineswegs zuließen, daß sie wieder benachbarte Zimmer bekamen. Jedenfalls wurde erst einquartiert und frisch gemacht, dann wurde zur Audienz beim Königspaar geladen, welche ihre Tochter und auch Paul sehr freundlich begrüßten, ihr aber nicht glücklich um den Hals fielen, sondern sich irgendwie innerlich und sehr verkniffen freuten und ihre große Erleichterung hinter bewährten Floskeln verbargen. Allmählich meinte Paul zu verstehen, warum Gundula so gewesen war, wie sie nun einmal gewesen war und warum dann schließlich aus ihr geradezu herausgeschossen kam, was irgendwann herauskommen mußte. Hier jedenfalls schien man Stöcke verschluckt zu haben und behielt in jeder Lage (dieselbe) Haltung. Auch eine Methode, um als Regent zu überleben, wenn man alles mit einem freundlichen Lächeln an sich abprallen ließ, egal ob katastrophal oder erfreulich.
Der Reichskanzler war ein etwas anderer Typ, zwar hielt er sich auch an das Hofprotokoll, aber als er die Prinzessin wohlbehalten sah, sah man regelrecht, wie ihm ein Mühlstein vom Herzen fiel, vielleicht auch, wie ihm eiserne Zwingen um die Brust zersprangen. Er klopfte sogar Paul anerkennend auf die Schulter und beglückwünschte ihn. Natürlich hatte es der alte Bursche faustdick hinter den Ohren und bei dieser Audienz prüfte er sogleich, wie es inzwischen stand, merkte schnell, daß die Prinzessin reifer geworden war und spürte wohl auch irgendwie die starke Bindung zwischen Gundula und Paul, auch wenn diese sich nur ab und an flüchtige Blicke zuwarfen. Bei der Erzählung ihres Abenteuers allerdings ergänzten sie sich gut und wechselten wie eingeübt, als würden sie sich bereits ein ganzes Leben kennen und hätten die Geschichte schon viele Male erzählt.
Der Reichskanzler, der schlaue Fuchs registrierte das ganz genau und als die Erzählung geendet hatte, nahm er Paul zur Seite und stellte so diese oder jene beiläufige Frage, um herauszubekommen, wie sehr sich dieser Kandidat wohl eignen mochte für ein vakantes Amt an der Seite der Prinzessin - und er fand ihn sehr vernünftig, ruhig und bedacht, eine gute Ergänzung zur Prinzessin, zusammen würden sie das Land ein ganzes Stück voranbringen können und ihm hoffentlich auch einige Arbeit abnehmen können. Und für ihn war klar, auch wenn man den jungen Leuten noch ein wenig Zeit geben mußte, um sich zu orientieren und ihre persönlichen Angelegenheiten zu klären, die nicht durch ein Protokoll geregelt werden konnten, da bestand wirklich eine sehr gute Chance, die vakante Stelle gut zu besetzen, an ihm sollte es jedenfalls nicht liegen, daß da Probleme auftreten sollten, im Gegenteil, er würde schon sehen, daß da niemand Stolpersteine auslegte. So war der Reichskanzler sehr zufrieden mit der Entwicklung der Dinge, wobei er nicht so weit gegangen wäre, daß er der alten Schachtel Regina nun dankbar dafür gewesen wäre.
Auch das Königspaar war recht angetan von dem jungen Mann und obwohl sie sich nichts anmerken ließen, war ihnen auch nicht entgangen, daß sich da etwas entwickelte, was nicht aufzuhalten war, was sie auch gar nicht aufhalten mußten. Das schien dann doch endlich mal ein Kandidat zu sein, den ihre Tochter nicht gleich in den Wind schoß, im Gegenteil sogar. Sie trauten ihrer Tochter allerhand zu, und was diesen jungen Mann betraf, beziehungsweise sie beide zusammen betraf, so merkten sie wohl, da würde sich ihre Tochter keine Mitsprache erlauben. Sollte sie. Dann konnte er sich mit ihrem Temperament beschäftigen und sie besänftigen, es war ja offenbar ein ruhiger, bedachter Mann, die beiden ergänzten sich gut, nicht nur bei der abenteuerlichen Erzählung, welche sie hier boten.
Paul und Gundula blieben natürlich ganz von selbst bei einer Version der Geschichte, die dem Protokoll angemessen
war und ließen die pikanteren und privaten Kapitel kurzerhand aus, das ging dann ja sonst niemanden etwas an.
Und dabei hätte Gundula schon sehr gern bereits jetzt alles herausgeschrien, wäre Paul gerne sofort um den Hals gefallen,
um allen Anwesenden klarzumachen, daß sie ihn nicht mehr loslassen würde.
Paul indessen war gespannt, wie es weitergehen würde.
Gundula hatte die Führung übernommen und obwohl es ihm schwerfiel, die ungewohnte Distanz zu ihr auszuhalten,
fand er es doch ganz gut, daß einstweilen sie die Verantwortung und Kontrolle übernommen hatte.
In ihrer impulsiven Art war sie sicher keine Freundin des hiesigen Protokolls, aber sie kannte es offenbar.
Gut, er kannte Ähnliches, aber das gehörte einstweilen nicht hierher.
Er war jemand, der auf einem einfachen Gut gelebt hatte und so dieses und jenes gelernt hatte und wußte.
Nichts besonderes also.
Sie war die Expertin für diese Angelegenheiten hier.
Jedenfalls wußte man hier über den Ritter von Drachenfels zu berichten, daß er tatsächlich begonnen hatte, seine Angelegenheiten zu regeln und zum Erstaunen der Allgemeinheit seine Güter zum Verkauf anbot. Paul und Gundula hatten über die näheren Umstände der Begegnung mit dem Ritter wie verabredet geschwiegen, Gundula deutete aber unmißverständlich an, daß der Rückzug des Ritters ihre ungeteilte Zustimmung fand. So entschloß man sich also auf Gundulas Wunsch hin, ihn gewähren zu lassen und abzuwarten, wie sich das entwickelte und wo er dann abbleiben mochte.
Auch über Regina unterhielt man sich und das Königspaar und der Reichskanzler waren nicht geradezu begeistert, als sie hörten, daß Gundula Bruno zugesichert hatte, sich für sie einzusetzen. Aber so wie die Dinge lagen, ließ man ihr und Paul die Aufgabe der weiteren Untersuchung.
Nach der Audienz zeigte die Prinzessin ihrem Retter noch den Garten und stellte ihn einigen Damen aus ihrem Gefolge vor, die sich schnell einfanden und Gundula schon herzlicher begrüßten. Einige weinten gar und es gab sogar Umarmungen. Gut, für Paul gab es leider keine Umarmungen, die hatte er auch jetzt nicht erwartet. Dafür bekam er eine Menge Namen und Titel genannt, die er sich gar nicht richtig merken konnte. Für ihn wäre es eine große Erleichterung gewesen, wenn die Damen sich alle auf einen Namen hätten einigen können, egal ob nun Maria, Katharina oder auch Eugenia oder Wiebke, Dörthe oder was auch immer, denn er hatte es nicht so mit Namen. Unter anderen Umständen hätten ihn ein paar der netten, teils auch etwas albernen jungen Damen schon interessieren können, aber er hatte eigentlich nur Blicke für Gundula übrig. Einige der Damen hatten offenbar auch gleich Verehrer im Schlepptau, die ein ähnliches Problem mit langen Namen und Titeln hatten und er stellte sich amüsiert eine Hochzeit zwischen dieser oder jenem vor, wo man sicher über eine geschlagene Stunde einplanen mußte, um die kompletten Namen dieser und der Trauzeugen zu nennen. Und wenn die sich nachher auch noch im privaten Umfeld offiziell betitelten, wäre die Nacht vorbei, bevor noch richtige Aufregung hätte eintreten können.
Jedenfalls bekam er auch einen sehr schönen Garten gezeigt und da Gundula führte und ihm all die schönen Blüten und Pflanzen und die gemütlichen kleinen Ecken und verborgenen Geheimnisse und Schätze ihres Gartens zeigte, war er schnell versöhnt mit der Welt und dem Protokoll am Hof, wenngleich dieses in Form eines Teils der versammelten Gesellschaft immer unweigerlich anwesend war. Aber Gundula war immerhin auch anwesend und sie war von ihrem prächtigen Audienzkleid zu einem etwas einfacheren Gartenkleid gewechselt, wo man immerhin noch Andeutungen davon erkennen konnte, wie sich ihr Körper bewegte, wie sie atmete und lebte und strahlte, glücklich war, ihrem Liebsten ihren schönen Garten präsentieren zu dürfen.
Abends gab es dann noch ein improvisiertes Bankett. Abermals wurden sie wieder durch allerhand Leute
durchgereicht, deren Namen und Titel man sich auf keinen Fall merken konnte.
Immerhin, bei einigen der Damen und Herren fiel Paul auch auf, daß diese einheitliche Anstecker von
begrenzter Größe und mit normierter Schriftgröße trugen, worauf Namen und Titel oder Amt in Kurzform notiert wurden.
Meist handelte es sich dabei um Minister und Verwaltungsbeamte des Hofes.
Zur Prinzessin meinte er: "Die Einrichtung mit den Namensschildchen ist wirklich sehr lobenswert, sie zwingen
zur Kürze und gleich weiß man den Namen und mit wem man es ungefähr zu tun hat."
Die Prinzessin lachte und meinte: "Da habt ihr sicher Recht, edler Retter, heldenhafter Paul, wenn euch daran
gelegen ist, könnte ich euch wohl auch solch ein Schildchen organisieren, nur mit dem Titel oder Amt müßten
wir uns noch einigen, 'Held' oder 'Retter' oder auch 'kühner Recke' ist zwar kurz,
aber wäre auch irgendwie ein wenig komisch."
Paul lachte: "Oh edle Prinzessin, funkelndster Stern auf diesem Bankett, ich glaube,
so wie unsere kleine Geschichte derzeit im Gespräch ist, bedarf es des Schildchens heute wohl nicht -
und über eine Amtswürde sollten wir wohl nicht hier auf dem Bankett reden."
Die Prinzessing erwiderte: "Edler Herr, einmal mehr habe ich das Vergnügen, Zeuge eurer Weisheit zu sein,
einstweilen werden wir uns Morgen wohl erst einmal dem Amt und den Geschäften eines Kommissars widmen müssen,
um diese krötige Angelegenheit endgültig zu den Akten legen zu können.
Ich freue mich bereits auf eure wohlwollende Unterstützung und euren Beistand bei dieser heiklen Aufgabe."
Worauf Paul anmerkte: "Ich könnte mir keine größere Ehre vorstellen, als euch beizustehen und zu unterstützen,
welche Aufgabe es auch immer sei! Ich kann sicher nicht immer für eine Lösung garantieren,
aber ich will schon tun, was ich kann, um der edlen Prinzessin ein befriedigendes Resumé des Tages zu bescheren!"
Gundula sprach daraufhin: "Edler Herr, ich kann euch versichern, nichts könnte mir lieber und befriedigender sein,
als solcher Beistand von eurer Seite!"
Und irgendwie redeten sie nun beide über zwei Themen gleichzeitig.
Dann aber wurden sie bereits wieder getrennt und plauderten wieder mit anderen Personen. Das Bankett dauerte lange, bis spät in die Nacht. Paul lag dann irgendwann ziemlich müde in seinem Bett, als es an einer Tür plötzlich leise kratzte, die ihm an dem Zimmer zuvor gar nicht aufgefallen war. Schnell stand er auf und öffnete diese und Gundula huschte herein, nur mit einem Nachhemd bekleidet. Er schloß sogleich wieder die Tür und schon lag ihm die Liebste in den Armen und küßte ihn innig, daß ihnen beiden bald er Atem wegblieb. Gundula hatte den Raum also wohl mit Bedacht ausgewählt, denn es führte wohl ein kaum benutzter oder halbwegs geheimer Gang von ihren Gemächern bis kurz vor das Zimmer ihres Liebsten, was sich ja so ganz gut traf, daß es zweifellos Absicht war. So genossen sie ihre Zusammenkunft innig und intensiv und Paul hob sie schließlich einfach auf und trug sie zum Bett, wo sie sich eine Weile weiter liebkosten, küßten und streichelten.
Gundula meinte dann allerdings:
"Ich fürchte, heute ist noch nicht die Zeit für ein gänzlich befriedigendes Resumé des Tages,
aber ich bin bereits sehr erfreut und erleichtert,
wenigstens schon einmal zu dieser erfreulichen Zwischenbilanz gekommen zu sein.
Ich denke, darauf werden wir in den kommenden Tagen noch gut aufbauen können.
Einstweilen bin ich jedenfalls noch viel zu angespannt, um mich richtig fallenlassen zu können,
um mich in deinen Armen ganz zu vergessen.
Morgen gilt es erst einmal, die Krötenbilanz zu ziehen, ich bin gespannt, wie wir das hinbekommen!"
Paul gab ihr einverstanden einen Kuß auf die Wange und gestand, die Leute hier so auf einmal,
das sei schon ein wenig viel für ihn, er sei inzwischen das ruhige, eher einsame Landleben gewohnt,
da sei es schon etwas verwirrend, plötzlich so im Mittelpunkt zu stehen.
Gundula wurde da etwas bange. Wollte er gehen? Ihr ging auch viel davon auf die Nerven, aber sie war das gewöhnt, daher hatte sie gar nicht daran gedacht, wie das alles auf den armen Paul wirken mußte, schnell fragte sie nach: "Aber auch wenn du mich bereits erfolgreich heimgebracht hast, du bleibst doch noch? Wir müssen noch einiges klären. Ich bitte dich, Geduld zu haben, mit mir und dem allen hier, bitte!"
Paul spürte, wie unsicher sie geworden war, nahm sie schnell fest in dem Arm und meinte dazu: "So schlimm ist es auch nicht, daß ich mich so schnell von deiner Seite vertreiben ließe, es sei denn, du wärest es, die mir nahelegt, das Weite zu suchen."
Gundula packte ihn nun sehr fest und versicherte energisch: "Ich würde dir das bestimmt nicht nahelegen. Im Gegenteil, wenn du gingest, ich würde dir den ganzen Weg nachlaufen und du müßtest mich dann wohl wieder zurückbringen. Und das ginge immer so weiter, wenn wir keine andere Lösung finden."
Paul aber meinte, nun schon scherzend: "Na, wenn du mir nachläufst, warum sollte ich so dumm sein, dich zurückzubringen?
Wenn du so anhänglich bist, so kann ich dich ja behalten, wo ich es für richtig befinde!"
Gundula kicherte erleichtert bei dem Gedanken: "Nun, wir werden sehen und wenn es schlimmer nicht kommt,
so will ich mich wohl von dir behalten lassen, finden wir keine andere Lösung."
Und dann küßten und streichelten sie sich wieder. So erfreuten sie sich noch ein wenig und dann verschwand Gundula auch schon wieder auf dem Wege, den sie gekommen war.
Das Frühstück nahmen Paul und Gundula gemeinsam ein, außer den Bediensteten sonst ohne weitere Anwesenheit. Hinsichtlich ihrer Untersuchung wurden ihnen dann einige Berichte vorgelegt. Zudem war zu erfahren, daß beinahe gleichzeitig mit ihnen auch Bruno mit seiner Reisegruppe wieder angekommen war. Er hatte sich dann ins Private zurückgezogen. Das Haus von ihm und seiner Mutter sollte ja ohnehin noch untersucht werden, so brachen sie gleich mit einer kleinen Gruppe von Beamten auf. Zudem wollte Gundula unbedingt noch etwas ausprobieren und in Erfahrung bringen und da schien ihr Bruno gerade der richtige Versuchskandidat zu sein.
Bei Bruno angekommen erwähnte die Prinzessin gleich die versprochene Hilfe und das Haus wurde untersucht. Bruno selbst war mit seinen Leuten ohne Zwischenfälle durchgekommen, der Trupp war offenbar zu groß, um angegriffen zu werden.
Und dann besichtigten sie auch schon Reginas Sammlung im Keller und das war eine ziemlich erstaunliche Entdeckung. Derartige Bücher hatte Gundula noch nicht gesehen, beim Durchblättern kam ihr da viel skurriles Zeug unter die Augen, von dem sich nichts geglaubt hätte, wenn sie nicht selbst in eine Kröte verwandelt worden wäre. Die Sammlung von Elixieren war ähnlich abenteuerlich und es gab dazu ein Verzeichnis, es hatte also in gewisser Weise alles seine Ordnung, wenn auch eine, die äußerst befremdlich war.
Der Keller wurde sorgfältig auf weitere Zugänge oder geheime Räume untersucht, es gab aber offenbar nur einen Zugang und sie hatten alle Räume gesehen. Im Erdgeschoß fand man nur die normale Wohnung von Regina und Paul, der Dachboden beinhaltete aber eine weitere bizarre Sammlung, die Bruno vergessen hatte zu erwähnen, weil er sie bislang auch nicht gesehen hatte, seine Mutter das Betreten verboten hatte. Das galt für den Keller eigentlich auch, nur hockte sie da oft und Bruno mußte sie da oftmals aufsuchen, um sie an Termine zu erinnern oder um Essen zu bringen.
Jedenfalls entschieden sie, daß das alles deutlich zuviel Material war, um sofort abtransportiert zu werden, so daß die privaten Sachen von Bruno und Regina in ein kleineres anderes Haus gebracht werden sollten, welches leerstand, weil es gerade renoviert worden war. Es war eigentlich ein Haus für mittlere Staatsbeamte, also ein Abstieg für Regina, aber Bruno war recht froh, so davonzukommen. Zudem betonte die Prinzessin, daß das kleinere Haus keinen Keller habe und das Obergeschoß ausgebaut sei, also würde es Bruno leichtfallen darauf zu achten, daß seine Mutter nicht wieder beginne, eigenartige Bücher zu horten und merkwürdige Elixiere anzurühren. Das sah Bruno ein und so begannen die Beamten gleich, den Umzug zu organisieren.
Gundula bat Paul und Bruno noch einmal in den Keller, dann schloß sie die Tür. Sie erläuterte: "Wir haben noch nicht geprüft, ob der Bann nun wirklich gebrochen ist, daher habe ich mich zu einem Experiment entschlossen, welches mir persönlich nicht leichtfällt, aber zur Mehrung des Wissens und um Gewißheit zu bekommen, muß ich dieses schwere Opfer eben bringen und da Paul mir dabei in diesem Falle keinesfalls direkt helfen kann, so habe ich mich entschieden, dich, Bruno zu bitten, mir diesen kleinen Gefallen zu tun."
Bruno schaute ganz neugierig und erstaunt: "Oh, was für ein Gefallen soll das sein? Gern werde ich helfen, auch schon, um vergangene Missetaten wieder gutzumachen und selbstverständlich auch um es zu erleichtern, bei meiner Mutter eine gnädige Entscheidung zu treffen."
Gundula schien etwas nervös zu sein, zögerte einen Moment und sprach dann: "Oh, das ist an sich ganz einfach, naja, vielleicht doch nicht ganz, also du mußt mich küssen, aber ohne daß ich dich dazu auffordere."
Bruno schaute sie an, war noch viel nervöser und stand offenbar ziemlich unter Streß, stand aber
nur einfach dumm herum, unsicher, was zu tun sei.
Paul merkte das wohl, legte grübelnd seine Hand ans Kinn und fragte Bruno:
"Ach übrigens, wie steht es eigentlich um das Sodbrennen oder das Rülpsen, scheint irgendwie gerade
auszubleiben..."
Bruno drehte sich zu ihm herum und wirkte ziemlich überfordert, antworte aber wie auf Kommando:
"Oh, das ist weg seit dem Vorfall an dem trüben Tümpel!"
Gundula ließ ihn wieder herumwirbeln, indem sie lachte und meinte: "Na, da sind Pauls Küsse vielleicht doch
Allheilmittel gegen Reginas Flüche!"
Da lachte auch Paul und meinte: "Na das wollen wir mal nicht hoffen oder geheimhalten, wer weiß, wer dann
noch alles kommt und geküßt werden will. Bruno?"
Und Bruno wirbelte wieder herum: "Was?"
Paul versuchte zu beruhigen: "Mußt keine Angst haben, wieder eine Kröte zu werden, notfalls bin ich ja da!"
Bruno schaute ihn mit großen Augen an und schnappte nach Luft.
Und dann gab Gundula mit schneidender Stimme eine Anweisung, der nicht zu widerstehen war, jedenfalls konnte das
Bruno nicht: "Bruno, komm sofort her! Und gib mir jetzt sofort keinen Kuß!"
Dieser wirbelte abermals herum, ging auf Gundula wie hypnotisiert zu und! küßte sie! Und?
Gut, da passierte allerhand bei Bruno, aber jedenfalls nichts, was mit einer Kröte zu tun gehabt hätte.
Gundula drückte ihn sanft weg: "Nun ist wieder gut, Bruno, war nur ein Test, alles in Ordnung jetzt,
Test erfolgreich beendet."
Bruno jedenfalls wirkte verwirrt wie zuvor, daß sie ihm halfen, sich zu setzen.
Aber es war wohl alles so weit in Ordnung mit ihm, jedenfalls unter den gegebenen Umständen,
Gundula geküßt zu haben, war etwas viel für ihn.
Paul zog Gundula zur Seite und fragte leise: "War das denn wirklich nötig? Der arme Bruno und vor allem der arme Paul!"
Gundula nahm sanft seine Hand und flüsterte: "Ich wollte nur Gewißheit haben, ich habe ja zwar nicht vor, beliebig irgendwelche
Männer zu küssen, du reichst mir da schon komplett."
Sie schwiegen einen Moment und dann fragte Gundula: "Bist du eifersüchtig gewesen wegen diesem improvisierten Kußexperiment?
Du hast doch sogar geholfen, Bruno abzulenken!"
Paul erwiderte: "Was sollte ich tun? Recht war mir das nicht, aber ich kann auch schon nachvollziehen, daß du genau wissen
wolltest, ob der Fluch gebannt ist, die Annahme stammte ja auch nur von Bruno. Wir müssen sowieso noch Regina befragen und dann
sehen, was wir machen."
Gundula meinte: "In Ordnung. Ich entschuldige mich jedenfalls bei dir, das war nicht wirklich schlau, das nicht vorher mit dir zu besprechen und gemeinsam zu entscheiden. Und Bruno hat das auch ganz schön mitgenommen!"
Paul meinte grinsend: "Oh, ich glaube, er wird das schon ganz gut wegstecken, er ist zum einen Kummer gewohnt, zum anderen wird er den Kuß langfristig sicher in guter Erinnerung behalten."
Derzeit war aber Bruno noch eine Weile im Ausnahmezustand und sie blieben noch ein bißchen.
Als Bruno sich wieder etwas beruhigt hatte, wirkte er sehr traurig und das tat Gundula nun auch sehr leid.
Sie versuchte ihn aufzumuntern, aber er meinte nur, er sei letztlich immer der dumme, keiner interessiere sich letztlich für ihn,
nie würde er eine Frau finden, die ihn wirklich küssen wollte und mögen würde. Er sei immer nur der alberne Idiot.
Gundula versuchte ihn zu trösten: "Schau mal, jetzt wo das Rülpsen weg ist und du dich schon etwas von deiner Mutter gelöst hast,
da sieht das doch gleich ganz anders aus. Du bist ein junger Mann, da sollte sich doch eine nette Dame finden lassen.
Ich meine, wir brauchen eine, die sich zwar gegen deine Mutter durchsetzen und behaupten kann, bei der du aber trotzdem nicht
unter dem Pantoffel stehst, sondern respektiert wirst."
Bruno aber zweifelte, daß er solch eine Frau jemals finden werde und Gundula meinte schließlich, sie werde sich mal umhören und
ihn vielleicht bei dieser oder jener interessant machen, die aus ihrer Sicht in Frage komme, ob er das wolle?
Klar wollte Bruno, der gleich Hoffnung schöpfte, wenn er mit Gundula so eine gute Fürsprecherin haben würde.
Gundula meinte allerdings auch: "Versprechen kann ich dir natürlich nichts, da hat ein jeder Mensch seinen eigenen Willen,
überzeugen mußt du letztlich schon selbst, aber ein wenig Hilfe kann natürlich schon den Anfang erleichtern, kannst
schließlich nicht erwarten, daß wenn du als Kröte im Teich sitzt, du gleich von deiner Traumprinzessin geküsst wirst."
Und da mußten sie alle lachen, was für ein Gedanke, eine Kröte, die von einer Prinzessin durch einen Kuß vielleicht noch
in einen Prinzen verwandelt wird, was wäre das für eine phantastische Geschichte! Warum sollte die Prinzessin jemals solch
eine Kröte küssen? Das war doch völlig unplausibel, es sei denn natürlich, es wäre eine sehr nette Prinzessin und der
Krötenprinz würde sie darum bitten - oder ein Königreich in Aussicht stellen oder eben den Kuß eben auch als Belohnung
für eine besondere Leistung fordern, aber was sollte solch eine Kröte schon für eine edle Prinzessin zu leisten imstande sein?
So etwas konnten sich ja nur Leute ausdenken, die Märchen erzählen ...
Nun ging es Bruno schon viel besser und sie verließen gemeinsam den Keller. Gundula hatte mit Vorbedacht, nachdem was Bruno am Teich erzählt hatte, eigene Schlösser mitgebracht und sicherte so Keller und Dachboden. Die Schlösser hätten nun keinen wirklich Einbruchswilligen lange aufgehalten, sie hatten auch mehr die Funktion, daß man notfalls im Nachhinein wenigstens erkennen konnte, daß sich ein Zwischenfall ereignet hatte. Dann verließen sie das Haus, welches von da an einstweilen zusätzlich zu den Schlössern sehr gut bewacht wurde, während es bereits gelungen war, die privaten Dinge von Bruno und Regina in das andere Haus zu bringen, wohin Bruno gleich aufbrach, während Gundula und Paul zum Kerker gingen, um Regina einen Besuch abzustatten.
Auf dem Weg zum Kerker gab Paul zu bedenken: "Edle, hochwohlgeborene Prinzessin, euch ist schon klar, daß der Test eben doch sehr improvisiert war. Ich zweifele da einmal die fundamentale Signifikanz des Ergebnisses wegen eines formalen Mangels an."
Die Prinzessin schaute ihn an: "Oh edler Retter und weiser Ratgeber, welcher ist das denn?"
Paul erwiderte: "Oh kluge Prinzessin, ich wage es kaum in Erinnerung zu rufen, aber Teil eures Experimentes war es, daß Bruno
zum einen euch küßt, allerdings nicht auf euren Wunsch hin, daher habt ihr ihn mehr oder weniger instruiert, euch zu küssen,
wenn ihr sagt, daß ihr es nicht wünscht und habt dann schließlich eine entsprechende Anweisung gegeben. Das ist doch ein sehr
durchschaubares Manöver gewesen, ich denke nicht, daß damit die beabsichtigten Versuchsbedingungen wirklich präzise abgebildet
wurden, daher ist das Ergebnis auch nicht sehr signifikant. So einfach wird man den Fluch doch nicht austricksen können, obgleich ich natürlich nicht davon ausgehe, daß er wirklich noch wirkt."
Die Prinzessin überlegte einen Moment und erwiderte dann: "Eure Weisheit und ruhige Bedachtsamkeit beeindruckt mich einmal mehr und ich muß euch wohl rechtgeben, ganz sauber war das Experiment nicht durchgeführt. Mir scheint, ihr wollt damit implizieren, daß wir das Experiment unter einwandfreien Bedingungen durchführen sollten? Seht dort, jene Lokalität, diese könnten wir zu diesem Zwecke wählen. Ich bin recht zivil unterwegs, könnte auch mein Haar öffnen und meine Ausstrahlung nutzen, einigen anwesenden Herren
nett zulächeln, um ihnen nonverbale Anreize zu geben, sich von sich aus an dem kleinen Experiment zu beteiligen. Wäre euch das Recht, um das Experiment auf solide Füße zu stellen?" Dabei wies sie auf eine Spelunke in der Nähe des Kerkers hin.
Paul schüttelte den Kopf: "Mit allem gebührenden Respekt, möchte ich der hochwohlgeborenen Prinzessin davon abraten, diese wohl etwas zweifelhafte Lokalität für ein Experiment zu wählen. Und ohne damit eure Selbständigkeit und das Recht auf eine freie Entscheidung einschränken zu wollen, so wage ich es doch auch zu bedenken zu geben, daß ihr damit in eurem unmittelbaren Umfeld auf Mißbilligung stoßen würdet, wenn ihr euch einfach so in einer solchen Lokalität von wildfremden Herren küssen lassen würdet.
Es wäre ja letztlich ein Experiment bloß um des Experimentes wegen, weil euch sicherlich an diesen Herren und ihren Küssen selbst eigentlich gar nichts liegt und ihr davon mehr als ausreichend von einer Person auch eurem engen Umfeld bekommen könnt, um eure
Bedürfnisse zu befriedigen, was sicherlich niemand hier in Frage stellen wird."
Gundula sah ihn schmunzelnd an: "Oh weiser Ratgeber und Beistand in schwerer Stunde, ihr werdet sicherlich ahnen, daß mir ein derartiges Experiment generell recht zuwider ist, daher muß ich euch dankbar sein, für eure Zurechtweisung. So kann ich euch dann
versichern, daß ich auf derartige Experimente zu verzichten gedenke und dann bei Gelegenheit und Bedarf auf jene Person aus meinem engsten Umfeld zukommen werde, um so die entsprechende angenehmere Satisfaktion zu erhalten und mir den Standpunkt dieser Person zu diesem Thema eindringlich vorführen zu lassen."
Paul schaute sie auch lächelnd an: "Ich bin mir recht sicher, daß man da euren Bedürfnissen gern großzügig entgegenkommen wird, wenn ihr den Wunsch zu einer eindringlichen Vorführung wünscht."
Gundula nickte: "Ich werde auf diesen Punkt unbedingt in näherer Zukunft zurückkommen, er scheint mir zu wichtig, als daß wir ihn einfach so stehenlassen können."
Paul stimmte ebenfalls zu: "Gewiß, über lange Zeit sollte man ihn nicht vernachlässigen und einfach so stehenlassen..."
Gundula lachte nun heiter, irgendwie schienen sie schon wieder über zwei Themen gleichzeitig zu reden: "Auch mir scheint es auch für das Wohlbefinden in meinem engsten Umkreis äußerst wichtig, daß nicht dauerhaft etwas stehengelassen wird, ich bin bereit, in näherer Zukunft meine ungeteilte Aufmerksamkeit darauf zu verwenden, solche Aspekte nicht dauernd unbeachtet und ungewürdigt stehenzulassen und weiter zu vernachlässigen."
Inzwischen waren sie am Kerker angekommen. Die Wachen erkannten die ohnehin angekündigte Prinzessin und ließen sie ein. Drinnen wies die Prinzessin erst einmal an, die weitere Umgebung der Zelle von Regina nach Lauschern und Lauschmöglichkeiten abzusuchen. Nachdem dies geschehen war und entweder keine Lauscher anwesend oder vertrieben waren, ließ sie einige Wachen weitläufig aufstellen, so gruppiert, daß diese sich auch gegenseitig bewachten, nur für den Fall, daß sich die ungebetenen Lauscher unter diesen befanden, was nicht so unplausibel war.
Durch diese Aktivitäten war Regina schon aufmerksam geworden und dann traten die Prinzessin und ein Begleiter an ihre Zelle heran. Selbst bis zu ihr war durchgedrungen, daß die Prinzessin mit einem fremden Retter am Hofe angekommen war. Zu ihrem großen Leid hatte es ihr Sohn wieder einmal nicht geschafft, sie mußte einräumen, daß dieser letzte Strohhalm, der sie vor dem Ertrinken hätte retten können, ohnehin sehr sehr dünn gewesen war. Nun kam es offenbar einmal mehr auf sie selbst an, irgendwie mußte sie noch ein Aß aus dem Ärmel schütteln, allein, hier im Kerker waren die Ärmel schon sehr eng gehalten, da konnte man nicht so viel drin bewahren, um es im geeigneten Moment hervorzuschütteln. Die Angelegenheit war verfahren und sie mußte wohl darauf setzen, daß die Königsfamilie im Grunde Gutmenschen waren.
Die Prinzessin und ihr Begleiter traten ohne Zögern und Scheu in ihre Zelle. Regina verstand natürlich auch gut, aus dem Gesichtsausdruck und dem Verhalten der Menschen zu lesen. So erfaßte sie auch hier recht schnell, daß die Prinzessin wider Erwarten gute Laune hatte, da sie sie nicht wirklich als bösartig und sadistisch einschätzte, würde sich das nicht auf sie selbst und ihr Schicksal beziehen, mehr auf ihren jungen, ansehnlichen Begleiter, vermutlich doch ihren Retter.
Gleich verbeugte sich Regina sehr tief und sprach: "Edle, hochwohlgeborene Prinzessin, seid gegrüßt und willkommen in der Heimat.
Ich muß mich in aller Form für mein Fehlverhalten euch gegenüber entschuldigen. Ich kann nicht auf eure Vergebung dafür hoffen, was ich euch aus nichtigem Zorn und momentaner Dummheit anzutun wagte. Um so mehr bin ich natürlich froh und glücklich, euch gesund und wohlbehalten wiederzusehen - und wie ich sehe, gleich mit einem ansehnlichen Herren in Begleitung, welchen ich selbstverständlich auch untertänigst grüße und auch um seine Fürbitte flehe, wie ich es auch wage, mein ganzes Schicksal in die gütigen Hände der edlen Prinzessin zu legen, deren weises und gnädiges Urteil mein Schicksal sein möge!"
Sie fragte sich, ob sie zu dick aufgetragen hätte, aber die Prinzessin zog nicht einmal die Stirn kraus.
Sie hatte damit gerechnet, mit ihrer kleinen Ansprache gar nicht so weit zu kommen, von der impulsiven Prinzessin sofort
unterbrochen und verbal niedergemacht zu werden, aber nichts dergleichen, sie wirkte recht ausgeglichen und entspannt.
Der junge Herr nickte kaum merklich zum Gruß, die Prinzessin sah sie zunächst nur schweigend an und fixierte sie wie
eine Schlange das Kaninchen.
Dann sprach sie: "Sei gegrüßt, Bürgerin Regina, ich habe bereits erfahren, daß du
von deinen Ämtern großzügig entpflichtet worden bist, um genügend Zeit aufbringen zu können,
um in dieser bescheidenen Lokalität über dein Leben meditieren zu können.
Auch deswegen belasse ich es bei dem Titel Bürgerin, weil wohl kein anderer geblieben ist,
aber was sind schon Titel, mein Begleiter hier etwa hat schon wiederholt betont,
er kann sie sich ohnehin nicht merken, da sollten auch wir es als Zeichen nehmen,
diesen Gepflogenheiten nicht so viel Bedeutung beizumessen."
Dabei wies sie auf Paul.
Sie fuhr fort: "Deinen Worten meine ich entnehmen zu können, daß du bereits zu einigen Einsichten gekommen bist.
Das scheint mir ein hoffnungsvolles Zeichen zu sein. Wie dem auch sei, wir sind gekommen, um die Angelegenheit näher zu
besprechen, wegen derer dir die Ehre zuteil wurde, an diesem bescheidenen Ort in alle Ruhe nachdenken zu dürfen.
Zunächst möchte ich ausführliche Auskunft über den Fluch oder Bann bekommen und das Elixier, mit welchen du diesen
häßlichen Anschlag auf mich verübt hast. Wage es jetzt nicht zu beschönigen, Aufrichtigkeit und Offenheit sind hier
ein Weg, um mich geneigt zu machen, mich deinen Wünschen und denen deines Sohnes zu widmen, und mich für dich einzusetzen."
Und da wagte Regina es nicht zu tricksen. Sie erzählte alles, was sie über den Bann und das Elixier wußte und sagen konnte. Bruno hatte wohl richtig berichtet und der Bann war gebrochen, als Gundula wieder heimgekommen war, mit dem richtigen Mann an ihrer Seite. Regina wußte nichts über Nebenwirkungen zu sagen, räumte aber verlegen ein, daß das vorkommen konnte. So war sie auch sichtlich schockiert und stark verunsichert, als sie hörte, welchen Effekt das auch auf ihren Bruno gehabt hatte, war dann aber auch sehr erleichtert, als sie hörte, daß dieser seine menschliche Gestalt wiedererlangt hatte und nicht seinen Verstand verloren hatte. Erfreut vernahm sie auch, daß dieser wohl bei der Gelegenheit der Zurückverwandlung auch gleich das Problem mit dem Rülpsen losgeworden war. Wie hatte sie darüber gegrübelt, wie das zu beheben sei, zwar vermochte sie auch hier die Zusammenhänge nicht zu erklären und staunte ebenso wie alle anderen, aber das Ergebnis war letztlich entscheidend.
Es traf Regina hingegen sehr, als sie hören mußte, daß ihr Haus durchsucht wurde und Keller und Dachstuhl die Aufmerksamkeit der Prinzessin erregt hatten. Das Haus war ihr egal, doch war sie schockiert und ins Mark getroffen, als sie hörte, daß die Prinzessin beabsichtigte, alle Elixiere durch Feuer vernichten zu lassen und auch alle ihre Bücher zu konfiszieren beabsichtigte, bis dahin aber das Haus unter strenger Bewachung stand. Es wurde Regina schlagartig klar, daß sich ihr Leben endgültig und schlagartig geändert hatte. Ihre Macht und ihr Einfluß, ihre Magie, alles war dahin. Sie war gebrochen und auf die Gnade der Prinzessin auf Gedeih und Verderb angewiesen.
Gundula kam auch noch kurz auf Bruno zu sprechen und daß sie in Zukunft ein Auge darauf haben werde, daß dieser nicht wieder durch seine Mutter in Schwierigkeiten gebracht werde, zudem habe dieser ihr zusichern müssen, in Zukunft der Hausherr zu sein und gegebenenfalls darüber zu wachen, daß seine Mutter in Zukunft ein harmloses, ruhiges Leben führe ohne sich noch in das anderer Leute einzumischen, die das gar nicht wollten. Regina versicherte heftig, sich danach richten zu wollen, wenn ihr die Gnade zuteil würde, den Kerker wieder verlassen zu dürfen.
Die Prinzessin faßte zusammen: "Gut, ich sehe, du bist in dich gegangen und soweit ich das beurteilen kann, hast du hier dazu beigetragen, die Angelegenheiten zu erhellen. Daher erwäge ich durchaus, mich für dich einzusetzen, damit du im Haus deines Sohnes einen ruhigen Lebensabend verbringen kannst, frei von solchen Bürden wie Politik, Magie und Elixieren magst du dich dann ganz dem Müßiggang widmen und dich daran erfreuen, daß dein Sohn eigene Entscheidungen trifft, erwachsen wird, Verantwortung übernimmt und sein eigenes Leben lebt. All das ist letztlich schon eher eine Belohnung als eine Bestrafung für den Vorfall."
Dann wies sie erneut auf Paul und fuhr fort: "Ich kann nicht leugnen, daß erst durch diesen Vorfall ein mir nun sehr wichtiger Mensch in mein Leben getreten ist, trotzdem bin ich dir nicht geradezu dankbar für dein Attentat auf mich, welches so auf
wunderbare Art nur gute, keine schlechten Folgen hatte. Das Abenteuer hat mich weitergebracht und vielleicht liegt darin eine
ausgleichende Gerechtigkeit oder das wahre Wunder, die gute Magie oder die relevante, unbeabsichtigte Nebenwirkung, daß auch
noch aus Taten, die aus niederträchtigen Beweggründen erfolgten, so Gutes folgen kann.
Dennoch wäre es völlig unsinnig, gut zu heißen, was böse und schlecht gemeint war, auch wenn es im Nachhinein gute Folgen hatte.
Auch von daher werde ich dir nicht geradezu verzeihen, was du mir angetan hast, aber ich werde mich auch nicht rächen, denn das
würde doch nur bedeuten, daß dein Plan doch noch einigen Erfolg gehabt hätte, mich ins Verderben zu schicken."
Erneut entschuldigte sich Regina mit großen Worten und Gesten und wirkte nun recht klein und erschöpft. Sie war erledigt. Auch die Prinzessin war mit ihr fertig: "Deine Entschuldigung nehme ich an. Ich werde mich für dich einsetzen, daß du hier in der Stadt in dem kleinen Haus von Bruno bleiben darfst, der auf dich aufpassen wird und mir gelegentlich Bericht erstatten will. Und vor allem deshalb wünsche ich deinen Aufenthalt und deinen Verbleib hier in der Stadt in meiner Nähe, um so ein gutes Auge auf dich zu haben. Ansonsten erwarte ich, im Wesentlichen nichts von dir zu hören und daß du als friedliches und freundliches, harmloses Mütterchen ruhig deinen Lebensabend verbringst. Wir wissen natürlich beide, daß es dir nicht so leicht fallen wird, friedlich, freundlich und harmlos zu sein, aber zweifellos wirst du dir sehr viel Mühe damit geben, schon um zu zeigen, daß du meine Fürsprache nicht nur mit leeren Versprechungen erschlichen hast, denn wie groß wäre meine Enttäuschung und vielleicht auch deren Folgen, wenn mir dies bekannt werden würde."
Regina dankte noch einmal überschwenglich, dann wollten sich die Prinzessin und Paul schon zurückziehen, als Regina noch etwas einfiel oder auch auffiel, etwas verlegen sah sie Paul, vor allem aber die Prinzessin an, ob sie wagen konnte, noch etwas zu sagen. Der Prinzessin fiel dies auf und nickte: "Was hast du noch zu sagen?"
Und Regina trat mutig an sie heran und sprach leise: "Ich wollte euch noch zu diesem ansehnlichen Prinzen gratulieren.
Wenn ich auch irrtümlich und in meiner Einfältigkeit meinen Sohn an eurer Seite sah, wo ihr nun wenigstens so gnädig seid,
ein Auge auf sein Schicksal zu haben, so muß ich doch feststellen,
daß dieser ruhige und besonnene Prinz wirklich ausgezeichnet zu euch paßt.
So kann ich euch wohl aus freiem Herzen zustimmen, daß meine Tat wohl letztlich gute Folgen hatte,
die ich euch nun gerne gönnen mag, denn ich sehe ein, es ist sehr dumm und naiv von mir gewesen,
gegen die Macht des Schicksals wirken zu wollen mit nichtigen Sprüchen aus alten Büchern
und schwachen Elixieren aus alter Zeit, wobei mir bei all dem im Grunde entgangen war,
daß weder ich noch sonst jemand dazu ausersehen sein kann, das Schicksal zu eigenen Zwecken zu bezwingen."
Gundula zog die Augen in einem Moment der Anspannung zusammen und suchte das Duell der Augen mit der Alten, welche allerdings
längst nicht mehr zu Duellen aufgelegt war und den Blick gleich zu Boden senkte, dann aber doch noch kurz auf Paul.
Gundula antwortete: "Ich danke für deine Anteilnahme, ich denke aber in einem Punkt irrst du dich, mein Begleiter Paul ist kein Prinz, er ist ein guter, einfacher Mann und was er ist und was ich bereits an ihm kennenlernte, ist mir mehr Wert als jeder
Prinzentitel!"
Abermals schaute die Alte kurz auf und zog die Augen zusammen und flüsterte eher allgemein in den Raum: "In meinem Leben
bin ich schon ein wenig weiter herumgekommen und habe andere Königreiche und Königshäuser gesehen. Aber wer ihr seid,
ist natürlich ganz allein eure Angelegenheit, ich bitte um Verzeihung für meine Einmischung ... euer Begleiter ... wird
zweifellos besser als ich wissen, wer er ist. Das Schicksal ist unergründlich bei seiner Entscheidung,
wen es wodurch und für wen zum strahlenden Helden macht.
Und natürlich habt ihr Recht, Titel sind ein Schmuck, der auch zu einer schweren Bürde werden kann.
Sie verstellen auch leicht den Blick auf das Wesentliche und an den wesentlichen Dingen hängt sicherlich das Glück,
nicht an Titeln und belanglosem Schmuck..."
Paul räusperte sich an der Stelle und sprach nun, wo er bislang so schweigsam geblieben war: "So danken wir dir für deinen freundlichen Zuspruch in dieser Hinsicht. Zumindest von meiner Seite aus meine ich, daß wir inzwischen genug deiner
kostbaren Zeit und deiner Überlegungen in Anspruch genommen haben, daß es mir angemessen erscheint, dich in deiner weiteren
Meditation nicht länger zu stören und diese Angelegenheit zügig abzuschließen, jedenfalls sofern die Prinzessin keine weiteren
Fragen mehr hat."
Die Prinzessin aber sah ihren Begleiter einen Moment lang an, schüttelte dann aber den Kopf: "Nein, ich habe in der Tat keine
weiteren Fragen und auch mir ist sehr daran gelegen, die Untersuchung bald abzuschließen."
Zu Regina gewendet sprach sie:
"So schließe ich mich denn meinem Begleiter an und danke für die Auskünfte, verabschiede mich und wünsche noch einen ruhigen
Tag mit entspannter Meditation!"
Damit verließen sie die Zelle, die Prinzessin verschloß sie, gab den Schlüssel ab und sie verließen den Kerker.
Draußen fragte sie Paul: "Nun, was haltet ihr von ihr?"
Dieser erwiderte: "Nun, sie schien jetzt aufrichtig und ehrlich zu sein, es ist wohl richtig, daß ihr euch dafür einsetzt,
daß sie einen ruhigen Lebensabend verbringen kann. Ohne Macht, magische Bücher und Elixiere ist sie wohl harmlos."
Gundula nickte: "Das denke ich auch. Allein zuletzt erschien es mir beinahe, als läge noch eine gewisse Niedertracht, eine Intrige in ihren Worten, doch ich verstehe nicht recht, was sie damit bezweckten wollte."
Paul wollte das Thema in der Richtung jetzt nicht vertiefen und meinte nur: "Oh, ich denke, es war nicht böse gemeint, sie wollte nur guten Willen zeigen und uns alles Gute für die Zukunft wünschen, wobei sie davon ausgeht, daß es eine gemeinsame ist."
Gundula gab sich damit zufrieden und meinte dann: "Gut, ich denke, damit können wir die Untersuchung abschließen, die Täterin ist umfänglich geständig und hat sich entschuldigt, es ist in dem Sinne mir, dem Opfer letztlich kein Schaden entstanden. Es gibt keinerlei Anhaltspunkt für weitere Komplizen, der Fall scheint klar, einfach und überschaubar, wenn auch die Tatwerkzeuge geheimnisvoll bleiben, ihre Wirkung aber wird auch von der Täterin nicht bestritten.
Wir müssen nur dafür sorgen, daß die Tatwerkzeuge sichergestellt werden, also die Elixiere unter Aufsicht entsorgt, wohl verbrannt werden, die Bücher aber konfisziert. In meinem Turm habe ich noch einige ungenutzte Räumlichkeiten, die sich eignen werden.
Dorthin kann niemand unbemerkt gelangen und obwohl ich die Bücher nicht wirklich studieren will, scheint es mir widerlich, sie zu vernichten, das ist falsch, auch Bücher verdienen Respekt und wir können sie nicht deswegen verurteilen, weil sie als Werkzeuge eines Verbrechens mißbraucht wurden."
Wieder am Königshof angekommen, verfaßten sie einen allerdings nicht besonders langen Bericht, der alle Erkenntnisse und wesentliche Aussagen der beteiligten Personen enthielt, einschließlich ihrer Schlußfolgerungen. Diese reichten sie über den Reichskanzler ein und baten dringlich um eine Besprechung mit dem Königspaar und einen zügigen Abschluß der Affäre.
In der Tat kam alsbald der Reichskanzler selbst herbei und beglückwünschte sie zu der zügigen Untersuchung und gab auch schon zu erkennen, daß er der Prinzessin in der Angelegenheit freie Hand lassen wolle, obgleich er denke, daß die alte Regina dabei etwas zu gut wegkomme. So begleitete er Gundula und Paul auch gleich zur Audienz beim Königspaar. Diese hatten den Schlußfolgerungen des Reichskanzlers auch nichts Wesentliches hinzuzufügen, waren aber insgeheim erfreut, daß mit Gundulas Vorschlag, mit dem ja alle Beteiligten im Wesentlichen einverstanden waren, keine weiteren Unannehmlichkeiten auftreten würden. Die Unterredung lief dann darauf hinaus, der Prinzessin in der Angelegenheit freie Hand zu lassen, gleichzeitig wurde aber auch gleich an sie und Paul der Auftrag erteilt, sich bereits am morgigen Tag um Reginas Bücher und Elixiere zu kümmern. Der Reichskanzler sollte dazu ausreichend vertrauenswürdiges Personal stellen, welches garantiert kein Interesse an solchen Dingen hätte. So verblieb man also und Paul und Gundula hatten einen neuen Auftrag für den nächsten Tag.
Am Abend gab es wieder ein kleines Bankett. Einige Leute kannte Paul nun schon vom Sehen, so ging es etwas besser, aber es waren auch einige Leute von etwas weiter weg gekommen, um ebenfalls Anteil an der Rückkehr der Prinzessin nehmen zu können. So wurde auch dies letztlich wieder ein langer Abend. Gundula hatte auch Bruno eine Einladung zukommen lassen, betonte aber gleich, natürlich habe sie noch keine Zeit gehabt, sich nach geeigneten Kandidatinnen umzusehen, von daher sei für heute erst einmal ihre Absicht, Bruno als normalen Mann mit Benehmen und ohne weitere Auffälligkeiten zu präsentieren und damit auch die durch sie verursachte peinliche Blamage vergessen zu machen. So werde es wohl schon einmal gut möglich sein, ihn hier und da unverbindlich ins Gespräch zu bringen und damit wohl auch spätere Kontakte zu erleichtern. So hielt sie Wort und brachte hier und da Bruno mit Leuten zusammen, von denen sie dachte, daß sie ihn vielleicht auch für Projekte interessieren könnten, mit denen er sich beschäftigen könnte. Anderen Leuten wurde Bruno auch gezielt vorgestellt, weil sie oder eine Dame aus ihrer Teegesellschaft wohl wußte, daß sich in der Familie oder deren Umfeld noch eine junge Dame verbergen konnte, die eher zurückhaltend war und wo man Ausschau nach geeigneten Kandidaten hielt. So begann Bruno also erste eigene Kontakte unabhängig von seiner Mutter zu knüpfen. Anfangs war er schon sehr unsicher, aber da war gerade noch Gundula oft an seiner Seite, teils auch Paul und die sorgten schon dafür, daß das Gespräch irgendwie im Fluß blieb, Bruno ganz gut dastand und allmählich auch etwas besser und mit etwas mehr Selbstvertrauen in dem schicken Anzug steckte, der ihm zunächst noch viel zu groß erschien. Aber er machte Fortschritte, zeigte hier Interesse, fragte da nach. Gundula war ganz zufrieden, das schien sich zu entwickeln und selbst die Damen aus ihrer Teegesellschaft kicherten nicht, weil sie sich gegenseitig an die denkwürdige Blamage erinnern wollten.
Paul war müde, mehr durch die vielen Leute als durch den recht ereignisreichen Tag, aber auch das längste Bankett mußte mal ein Ende haben, spätestens wenn das nächste begann, dachte er schon etwas gequält, aber so schlimm erging es ihm zum Glück nicht und spät in der Nacht lag er dann endlich in seinem Bett. Und er stellte kurz darauf fest, daß er noch deutlich mehr Glück hatte, denn Gundula kratzte wieder leise an der Tür und eingelassen fiel sie ihm gleich leidenschaftlich um den Hals, zumindest mit den Armen, ansonsten hatte sich allerdings so viel Leidenschaft und Sehnsucht aufgestaut, daß sie komplett an ihm hochsprang und sich mit den Schenkeln um seine Lenden festklammerte.
Paul trug die süße Last zum Bett und ließ sich mit ihr hineinfallen, daß er auf ihr lag. Sie umschlangen sich leidenschaftlich, streichelten und küßten sich recht wild und Gundula entging keineswegs, daß sie Paul in ihrer impulsiven Art wohl ganz unwillkürlich dazu gebracht hatte, einen ganz beachtlichen Standpunkt zur Untersuchung vorzulegen. Sie war sich nicht sicher, wie sie damit umgehen sollte oder konnte. Wer weiß, vielleicht wäre sie ja praktisch ganz ungeschickt, gleichwohl war sie ziemlich neugierig, war sich aber auch sicher, daß es für sie noch zu früh war, um diese Reise gänzlich gemeinsam schon heute zu vollziehen, aber vielleicht sollte sie doch wagen, Paul wenigstens etwas für die anstrengenden Bankette und einen weiteren Tag mit einem nicht sehr prickelnden Auftrag zu entschädigen. Also bewegte sie sich vorsichtig unter ihm, hob und senkte das Becken langsam, um sich dort an ihm zu reiben, wo sie ohnehin bereits die harten Folgen ihrer stürmischen Umklammerung spürte.
Paul spürte wohl, daß ihre Bewegungen Absicht sein mußten und flüsterte in ihr Ohr:
"Edle, hochwohlgeborene Prinzessin, ich weiß es sehr zu schätzen, daß ihr mir die Gnade erweist, von eurer äußerst
erbaulichen Gelenkigkeit zu profitieren. Allerdings bin ich etwas unsicher, denn einstweilen habt ihr jegliche
Führung beansprucht und so oder so wage ich zu bezweifeln, daß wir zuviel davon gut mit irgendeinem Protokoll
vereinbaren könnten."
Gundula kicherte, wollte es für heute aber noch nicht ganz aufgeben:
"Oh edler Retter, stattlicher Freund, geliebter Held, starker Recke,
euren Standpunkt kann ich sehr gut nachvollziehen, denn er scheint mir auch jede Nacht dringlicher zu werden,
von daher bin ich schon bereit, etwas über das Protokoll hinauszugehen,
um euch die doch inzwischen wohl dringend benötigte Entspannung zu gewähren,
ähnlich wie ihr sie mir bereits im jener Scheune im Heu gewährt habt,
so mag die Führung wohl heute prinzipiell bei mir bleiben, allein die praktische Erfahrung fehlt,
so daß ich nicht ganz ohne ein paar praktische Hilfestellungen von euch auskommen kann.
Zwar habe ich viel gelesen, doch wie ihr euch denken könnt,
ist in dieser Hinsicht das geschriebene Wort nur sehr trockene Theorie weit weg von der saftigen Praxis,
die nur am männlichen Objekt selbst zu untersuchen ist."
Paul hatte bei ihren jetzigen Bewegungen allerdings nicht den Eindruck, daß bei ihren theoretischen Kenntnissen
gepaart mit ihrer Gelenkigkeit und ihrem intuitiven Verständnis vieler Angelegenheiten eine wirkliche Hilflosigkeit
herrschte, so sprach er: "Oh edle Prinzessin, wenn ihr diesem Aspekt heute wirklich bis auf den Grund gehen wollt,
so wage ich nur schwach Bedenken zu äußern und zu betonen, daß die Not nicht größer ist, als ihr sie durch
weitere Bewegungen macht.
Jedenfalls vertraue ich auf euer intuitives Geschick,
sofern ihr nicht doch lieber mit einem nicht ganz so spritzigen Ergebnis zufrieden seid.
Solltet ihr diese Angelegenheit wirklich in die eigene Hand nehmen wollen und in Bewegung bringen,
so werdet ihr schon erleben, was dabei herauskommt.
Ansonsten werdet ihr mir sicher die Erlaubnis geben, euch gegebenenfalls darauf hinzuweisen,
wenn ihr euch in euren auf Theorie und Intuition gestützten Annahmen doch einmal täuschen solltet."
Gundula knabberte sanft an seinem Ohr und flüsterte leise: "Habt Dank für euer grenzenloses Vertrauen.
Ich denke, dem Ergebnis werde ich mich so oder so stellen und es wagen, euch auf dieser Reise zu führen,
obgleich mir der Weg doch noch etwas unklar erscheint.
Da ich die Führung habe, so laßt uns aber auch umdrehen,
daß ich oben bin und mich eurer Angelegenheit mit angemessener Bewegungsfreiheit widmen kann."
So drehten sie sich, richteten sich aber erst einmal auf, um sich komplett auszuziehen. Und dann widmete sich Gundula mit ungeteilter Aufmerksamkeit Pauls Angelegenheit. Und dieser mußte kaum korrigierend eingreifen, sondern ließ sie gewähren. Er hatte wohl recht, mit intuitivem Geschick fand sie den richtigen Weg mit der Massage seines Körpers, verteilten Küssen, die langsam tiefer gingen, bis sie mit Händen und Lippen den Standpunkt eingehend prüfte, den er in dieser Angelegenheit einzubringen hatte. Zunächst streifte sie nur vorsichtig das Thema, brachte die Angelegenheit dann aber entschlossener voran, hielt sie sowohl fest im Griff als auch in Bewegung, um dann ihre Zungenfertigkeit unter Beweis zu stellen.
Paul hatte schnell etwas Scheu, daß es schnell zu einem Ergebnis kommen konnte, was die Prinzessin so doch etwas erstaunen mochte, daher griff er nach ihrem Kopf und sie nahm das Tempo etwas zurück, blieb aber am Ball und spielte weiter, um sich alsbald wieder intensiver mit dem Thema auseinanderzusetzen, bis Pauls zunehmend unruhige Reaktionen sie darauf hinwiesen, es wieder etwas langsamer angehen zu lassen. So wiederholte sich das einige Male in verschiedener Variation, bis Gundula bedenklich erschien, in welche Aufruhr sie ihren Liebsten bereits versetzt hatte.
Zwar war sie sich nun sehr unsicher über die Aspekte des Abschlusses, andererseits wäre es gemein gewesen, nun einfach so zu gehen. Also holte sie noch einmal tief Luft und dann gab es kein Zurück mehr, nur noch hinauf bis zu einem spritzigen Abschluß. Das war sehr ungewohnt für sie, aber in Ordnung, sie hatte gespürt, wie heftig ihr Geliebter auf sie reagierte und seine Erleichterung war die ihre. Das war eine ganz natürliche, normale Angelegenheit und der Mann, den sie liebte, also erschien ihr nun auch alles richtig und sie hatte bereits ein Gefühl dafür bekommen, was passieren würde und wie es passieren würde, wenn sie ganz innig zusammen sein würden und gemeinsam auf die Reise gehen. Das war auch ganz natürlich und normal, doch dachte sie auch, daß diese kleine Reisevorbereitung für sie eine wertvolle Erfahrung gewesen sei, die sich nicht hätte missen wollen, ähnlich wie jene, die ihr Paul bereits in jener Scheune im Heu hatte zukommen lassen. Was sie in diesem beiden Nächten erlebt hatte, schien ihr ein guter Vorgeschmack darauf zu sein, was sie mit ihm in Zukunft zu erleben hoffte und das ließ sich bislang sehr vielversprechend an. Ihre Unsicherheit hierbei wich jedenfalls immer mehr einer gesunden Neugier. Und so oder so, mit Paul zusammen zu sein war per Voraussetzung schon einmal gut und richtig, das Protokoll am Hofe war ihr da völlig egal, so lange dies nicht eindeutig vorsah, daß sie so bei ihm sein konnte, wie sie beide es für gut und richtig hielten. Aber da hatte sie sich vorgenommen, in den kommenden Tagen das Richtige und Wichtige zu tun, um auch dem Protokoll nach bei Paul an der richtigen Stelle und ganz offiziell im richtigen Bett zu liegen, dann ließ sich die gemeinsame Reise ohne Zweifel auch viel entspannter und ausgelassener angehen und sie konnten sich für derlei Forschungsreisen alle Zeit reservieren, die sie dazu benötigten. Auch das heimliche Schleichen über verlassene Gänge zum Geliebten hatte natürlich seinen eigenen großen Reiz, die unmittelbare Gefahr eines lustigen Skandals am Hofe trug da nicht unerheblich dazu bei, daß sie es sich keinesfalls mehr hätte nehmen lassen, zum Geliebten zu schleichen. Aber sie wollte auch endlich wieder an seiner Seite einschlafen und auch wieder erwachen.
So blieb sie ruhig und koste den Liebsten sanft weiter, bis sie ihn von seinem hohen, stürmischen Aussichtspunkt wieder auf eine ziemliche ruhige Ebene geführt hatte und sich auch sein Standpunkt als ausreichend gewürdigt merklich entspannte. Also zog sie sich an ihm hoch und sie küßten und umarmten sich zart und sanft, ihre schwitzigen Leiber klebten aneinander wie ihre Münder. So blieben sie noch eine Weile zusammen bis tief in die Nacht. Paul lag zufrieden in ihren Armen, daß sie etwas Mühe hatte, sich zu befreien, denn bis zum Morgen konnte sie nicht bleiben, wecken wollte sie ihren Liebsten aber auch nicht, daher befreite sie sich nur ganz langsam und vorsichtig aus der gegenseitigen Umarmung, dann stand sie irgendwann neben dem Bett, schaute noch eine Weile auf den selig schlummernden Geliebten, immerhin hatte sie ihn nun einmal wieder an ihrer Seite einschlafen lassen können, so vertraut mit ihm zu sein, tat ihr so gut, daß sie sich von dem Anblick gar nicht losreißen mochte. Endlich nahm sie ihr Nachthemd, zog es auf dem Weg zur verborgenen Tür an und schlich hinaus, zog sie nur zu. Sie hoffte, Paul würde sie morgens schon unbemerkt schließen können.
Paul erwachte am Morgen noch vor der Zeit, wo er geweckt werden sollte und fand den Platz neben sich leer, was nicht anders zu erwarten gewesen war, jedenfalls sprang er aus dem Bett, ging zur verborgenen Tür und schloß sie ab, kehrte dann ins Bett zurück.
Einmal mehr hatte ihn Gundula mit ihrer impulsiven Art überrascht, sie hatte es wirklich durchgezogen oder auch durchgesogen, oder um im Bilde zu bleiben, hatte ihn ohne Erfahrung und mit viel intuitivem Geschick zu einem wunderbaren Aussichtspunkt ihrer Reise geführt. Aber er sollte ohnehin nicht darüber spekulieren, was für Prinzessin Gundula angemessen war, denn es war ganz klar, daß sie dies eindeutig selbst zu entscheiden pflegte und das mußte nicht immer einfach nachvollziehbar sein und gewiß keinem steifen Protokoll folgen, wobei das Adjektiv bei der Angelegenheit nicht unbedingt in Zusammenhang mit dem Protokoll eine Rolle gespielt hatte. Jedenfalls verstand sie es ganz offenbar, ihn nicht nur bei Laune, sondern auch bei der Stange zu halten und so hatte sie ihn gut vorbereitet, daß er auch diesen Tag man Hofe motiviert angehen wollte.
Nach dem Frühstück zogen Gundula, Paul und die ausgewählten Beamten dann los zu Reginas Haus und die Arbeit begann. Gundula wollte die Übersicht behalten und hatte nur wenige Beamte mitgenommen. Paul bekam den Auftrag, die Verpackung der Bücher in verschließbare Kisten zu organisieren und zu überwachen. Es gab ein Register, Regina war also recht gut organisiert, so mußte man nur notieren, welches Buch in welcher Kiste gelagert wurde und diese Arbeit ging ganz gut voran, obgleich es viele Bücher waren. Gundula widmete sich hingegen mit drei weiteren Beamten den Elixieren und sonstigen Materialien im Keller. Auch da gab es zwar Listen, aber Wirkung und mögliche Interaktion mit anderen Substanzen war nicht immer klar. Mit guten Handschuhen, von denen man die besten in Reginas Keller selbst gefunden hatte, packte man vorsichtig zusammen und kam so auch voran. Hatten sie eine Wagenladung voll, wurde die Arbeit unterbrochen und man fuhr alles zu einer Anlage in der Stadt, bei welcher man eigentlich zur Metallverarbeitung hohe Temperaturen erzeugte. Die Leute dort waren schon instruiert worden und hatten sich darauf vorbereitet, Substanzen unbekannten Verhaltens zu verheizen. Ganz wohl war dabei allen Anwesenden nicht, immerhin konnte auch irgendwas explodieren. So zögerte man.
Schließlich forderte Gundula Regina mit Bewachung aus dem Kerker an. Dieser fiel es zwar nicht leicht, all ihre guten Elixiere selbst der Vernichtung zuzuführen, mußte aber einräumen, daß sie dabei immerhin ihren guten Willen unter Beweis stellen konnte. So machte sie also mit und bald war die Wagenladung sicher vernichtet, wobei sie bei einigen Dingen erst darauf hinweisen mußte, wie man sie beseitigte oder daß das Materialien waren, die man hier und da in der Stadt allgemein verwenden und erwerben konnte, eine Vernichtung also nicht unbedingt notwendig war, weil sie selbst gar nicht gefährlich waren.
So nahm man sie also schließlich mit zum Haus und sie half Gundula notgedrungen beim Sortieren und Aufräumen, so daß auch dies nun schneller voranging. Zur Mittagspause waren sie mit dem Keller noch nicht fertig, aber da brachten sie schon einmal eine Fuhre Bücher zum Turm, wo die Kisten erst einmal provisorisch in einem Raum untergebracht wurden, dessen Tür Gundula wieder sorgfältig mit einem ihrer Schlösser sicherte.
Nach dem Mittag ging es weiter, Regina wurde wieder vom Kerker abgeholt und bald waren sie wirklich mit dem Keller fertig.
Aber dann kam noch der Boden dran.
Das waren meist Dinge, die nicht mehr im täglichen Gebrauch waren.
Gundula untersuchte alles sorgfältig.
Auch hier gab es noch reichlich Bücher einzusammeln.
Nachdem man schon Einiges verstaut hatte, hatte man dann auch Platz genug, um die Dinge zur Seite zu stellen,
die harmlos waren und bleiben konnten, um die Dinge auf dem Boden aufzustöbern, die nicht bleiben durften.
Immerhin wurde man so gerade eben bis zum Abend fertig und dieser Auftrag war erst einmal recht gut erledigt,
als zum einen der letzte kritische Kram vernichtet war und zum anderen die letzten Bücher sicher im Turm verschlossen waren.
So konnte nun auch Regina endgültig in Brunos Obhut übergeben werden und man brachte sie zu dem kleinen Haus,
welches ihnen zugedacht war.
Gundula war zufrieden mit dem Tagewerk. Sie und Paul waren auch ziemlich geschafft. So waren sie auch nicht allzu glücklich, daß es statt eines gemütlichen Abendessens wieder ein Bankett gab, sogar mit anschließender weiterer Veranstaltung. Offenbar waren noch mehr Leute aus der Ferne angereist, um daran teilzuhaben, daß die Prinzessin wieder daheim war. Obwohl oder vielleicht auch gerade weil er erschöpft war, machte Paul dieser Abend eher weniger aus als die vorherigen. Und so wirbelte alles herum in Gesprächen, Plaudereien und es mußte heute auch getanzt werden, was auch daran lag, daß heute weniger Leute da waren, dafür mehrheitlich jüngere, man also mehr Platz im Saal hatte und mehr Teilnehmer mit deutlichem Bewegungsdrang.
Nun war er im Tanzen sicher nicht der Experte, aber Gundula und ihm gebührte der erste Tanz und das brachte er ganz gut über die Bühne, zumal Gundula recht flink und wie von selbst einfach kleinere Ungeschicklichkeiten ausglich. Und Paul war schon alleine deswegen mit der Tanzeinlage sehr zufrieden, als er hierbei seine Geliebte erstmals öffentlich und ganz nach Protokoll in den Armen halten durfte, wenn auch nur gerade so auf Abstand und nicht wirklich innig, wie er es gerne getan hätte, aber solche Tänze schätzte das Protokoll nicht, also ging es im eleganten Schritt auf etwas Distanz über das Parkett. Das ging auch.
Den nächsten Tanz hatte Gundula dem ebenfalls wieder eingeladenen Bruno versprochen, der stolz mit ihr über die Tanzfläche flog und sich als überraschend guter Tänzer entpuppte, so daß diese oder jene Dame kichernd mit ihrer Freundin tuschelte, was verhieß, das Bruno wohl nun endgültig im Rennen war.
Paul hätte das nicht für notwendig befunden, aber offenbar war auch er irgendwie im Rennen, denn er bekam diskret diverse Karten zugesteckt, wen er alles unbedingt einmal zum Tanz auffordern mußte. Es wäre unhöflich gewesen, dem nicht zu folgen, also ließ er sich von Gundula Hilfe zur Seite stellen, um sein Päckchen abzuarbeiten. Da nun auch die Karten der beiden jungen Damen dabei waren, die ihm helfen sollten, mußte auch gar nicht lange gesucht werden. Während er so die Kontrolle über den Kartenstapel verlor, organisierte erst die eine Dame die Einträge in die Tanzkarten der Interessentinnen, dann wechselten sie. So mußte Paul also tanzen, bis ihm schwindelig wurde und weit darüber hinaus drehte er die jungen Damen des Reiches durch den Saal, daß es eine Freude war.
Die jungen Damen aber sortierten geschickt und fair, daß jene jüngsten zuerst dran waren, die mit ihren Eltern zuerst würden gehen müssen, während man hinten noch diesen oder jenen Eintrag zusätzlich zu später Stunde einfügte, wo die älteren Leute meist schon weg waren und zu so später Stunde kaum noch zu umgehen war, daß mal diese oder jene etwas stolperte und ihrem Tanzpartner dabei in die Arme fiel oder von diesem gehalten oder aufgefangen werden mußte.
So hatte Paul bis spät in die Nacht zu tun und mühte sich ehrlich und sogar erfolgreich, keiner einzigen der Damen auf die Füße zu treten, obwohl er sich eigentlich dachte, daß kleinere Fehltritte hier und da ihm vielleicht weniger Interessentinnen und dafür mal eine größere Pause verschaffen könnten, mochte das aber den zarten Füßlein auf den zarten, hübschen Beinen nicht zumuten. So blieb ihm also nichts übrig, als Dame um Dame durch den Saal schweben zu lassen. Zum Glück stellte er fest, daß die meisten doch selbst recht gut tanzen konnten und offenbar gelernt hatten, irgendwie ihre Füße nicht ausgerechnet dorthin zu setzen, wo seine gleich auftreffen würden.
Später in der Nacht mußte er feststellen, daß auch jene jungen Damen, die hatten so lange ausharren müssen, offenbar schon etwas müde waren und unaufmerksamer wurden, stolperte ihm doch so manche versehentlich in die Arme, daß er immer wieder gerade so verhüten mußte, einem gefallenen Mädchen wieder aufhelfen zu müssen, denn das wollte hier sicher niemand sehen. Und die jungen Damen waren recht dankbar für solche Rettung. Zu später Stunde waren sogar zwei so ungeschickt oder doch keck(?), ihm im Moment des Auffangens einen zarten Kuß auf die Wange zu drücken, wobei sie schon recht atemlos seufzten, so erschöpft mußten sie schon durch den langen Tanzabend sein.
Hatte er zunächst noch gedacht, dieser Abend würde besser verlaufen als die vorherigen, hatte er sich getäuscht, immerhin mußte er nicht so viel reden, sich dafür mehr bewegen, an beidem hatte er heute eigentlich keinen so dringenden Bedarf, aber das ließ sich wohl nicht ändern, mit Gundula kamen eben auch Verpflichtungen auf ihn zu, vor denen er sich nicht drücken konnte.
Sehr spät in der Nacht stand er endlich erschöpft und todmüde in seinem Zimmer, als auch schon Gundula leise an der verborgenen Tür kratzte. Schnell ließ er sie herein und ließ sich gleich mit ihr auf das Bett fallen, daß sie beide nebeneinander und auf dem Rücken lagen, die Beine noch über der Bettkante hängend. Gundula lachte und da mußte er auch mit einstimmen, ob er wollte oder nicht.
Als sie sich wieder beruhigt hatten, meinte Gundula: "Oh edler Recke, starker Held und flinker Tänzer,
in euch schlummern ungeahnte Talente.
Daß ihr meinen Füßen sorgsam ausweichen würdet, darauf habe ich stark gerechnet,
aber die jungen Damen sind sehr aufmerksam
und da möchte eine jede gerne einmal von solch einem geschickten Helden durch den Saal geführt werden.
Da war es nicht so erstaunlich, daß ihr schnell so ausgebucht wart, daß für mich gar kein zweiter Tanz mehr frei war.
Nun, zum Glück weiß ich, an welcher Tür ich kratzen muß, um meinen lieben Helden bei der Hand halten zu können."
Damit ergriff sie diese sogleich und führte weiter aus:
"Bei mir ist das Protokoll etwas komplizierter, es ist etwas schwieriger für interessierte Herren,
einen Platz auf meiner Tanzkarte zu bekommen, Reichskanzler und Eltern haben da einige kleine bürokratische Hürden eingebaut,
auf welche ich auch einigen Einfluß habe.
So habe ich den Abend ganz gut überstanden.
Auch jene Herren, die schon wissen, daß sie als Tänzer oder auch sonst sehr begehrt sind,
haben für solche Anlässe spezielle Jacken und Hosen, wo die äußeren Taschen zugenäht sind,
daß man ihnen nicht einfach so Kärtchen zustecken kann, um von ihnen einen Eintrag auf der eigenen Tanzkarte zu bekommen.
Als ich deinen Anzug habe anfertigen lassen, habe ich die Taschen offengelassen,
es wäre unfair gegenüber den jungen Damen gewesen, den Anzug gleich am ersten Abend perfekt auszustatten."
Dabei lachte sie wieder und gab dann dem völlig erschöpften und wehrlosen Paul einen dicken Schmatzer direkt auf die Wange:
"Au wei, mein Held ist komplett fertig, mein armer Held.
Da habe ich mich wohl selbst reingelegt.
Na da kann man nichts machen, das Malheur habe ich mir selbst eingebrockt,
nun lasse ich meinem erschöpften Helden besser eine wenig Ruhe und kuschele mich nur ein wenig an ihn,
um wenigstens noch ein bißchen was von ihm zu haben."
So schmiegte sie sich sanft an ihn und Paul umarmte sie, gab ihr noch einen sanften,
süßen Kuß auf den Mund und sank gleich wieder ins Federbett.
Paul hatte diesen Abend nichts mehr zur Konversation beizutragen und schnell schlief er ein. Auch Gundula hatte der Tag mehr zugesetzt, als sich gedacht hatte und so schlief auch sie bald ein.
Morgens erwachte Paul zuerst. Da es schon nicht mehr so früh war, weckte er Gundula zügig mit einem Kuß. Obwohl es wohl bereits von der Zeit her drängte, zog sie doch eine innige Umarmung und weitere Küsse einem sofortigen Aufbruch vor. Dann machte sie sich aber doch los und eilte hinaus in ihr Zimmer.
Auch diesmal blieb der Sachverhalt der gemeinsam verbrachten Nacht ansonsten unbemerkt und das Frühstück nahmen sie bereits wieder gemeinsam ein. Ein besonderes Pflichtprogramm oder besondere Aufträge waren für heute nicht vorgesehen, von daher konnten sie frei entscheiden, was sie heute tun wollten. Gundula hatte einen Ausritt für den Morgen geplant. Sie hatte gleich zum Frühstück einen Plan der Umgebung mitgebracht und erklärte einige mögliche Strecken. Wie man so plauderte, verfiel sie wieder schnell in zweideutige Metaphern. So sollte es also auf bereits bekannten Wegen, aber auch mal querfeldein durch die nähere Umgebung gehen, damit Paul ein wenig von ihrem Reich kennenlernen konnte. Der Ausflug sollte bei einem schönen Aussichtspunkt gipfeln, von welchem man eben die Aussicht während eines Picknicks zum Mittag genießen wollte, danach sollte es dann über ein paar Umwege zurück zum königlichen Hof gehen. Gundula meinte allerdings auch, die Karte würden sie nicht brauchen, die Praxis sei doch viel detailreicher, so müßten sie einfach gemeinsam herausfinden, wo es langgehe. So könnten sie ja auch die Schönheit der Natur, ihre Kraft einfach genießen, indem sie darin aufgingen, ohne sich mit Karten und Konzepten intellektuell zu distanzieren.
Paul war einverstanden und Gundula ließ alles vorbereiten. Bald nach dem Frühstück holte sie ihn bereits in Reitkleidung von seinem Zimmer ab, auch hatte sie bereits Pferde bereitstellen lassen. Vor diesen stehend erläuterte sie, für ihn habe sie eine junge, noch unerfahrene, prächtige Stute ausgewählt, zwar feurig und temperamentvoll und manchmal vielleicht etwas impulsiv, aber im Großen und Ganzen ein sicherlich zuverlässiges Wesen für ihren kleinen Ritt, den er sicher auf ihr werde genießen können. Er müsse zwar immer damit rechnen, daß diese feine Stute ihren eigenen Kopf habe und auch mal eigene Wege gehe, aber im Grunde ließe sie sich schon auf den rechten Weg führen, wenn er in ihrer Richtung liege. Sie sei sich sicher, in seinen Händen sei dies sensible Wesen gut aufgehoben und werde sich wohlfühlen. Sie hingegen hatte für sich diesmal einen herrlichen Hengst ausgewählt, ruhig, besonnen und obwohl folgsam, doch im Zweifelsfalle immer bereit, seine Reiterin vor übermäßigen Schwierigkeiten zu bewahren. Das sei ein zuverlässiger Reitgenosse, auf den sie sich bei einem wilden Ritt bedingungslos verlassen könne.
Paul lächelte sie bei diesen Ausführungen vergnügt an, einmal mehr war er sich nicht so ganz sicher, was sie diesmal vorhatte und wie sie ihre Ausführungen in der Praxis umgesetzt sehen wollte. Aber er war zuversichtlich, daß er es schon herausfinden würde. Gundula fand es dann aber angemessen, flüsternd zu ergänzen, daß es hier wirklich nur um einen Reitausflug gehe und sie von dem Aussichtspunkt wirklich nur gedenke, die Aussicht über die Landschaft zu genießen, dann auch die Kraft, Ausdauer und Lebendigkeit des Tieres zwischen ihren Schenkeln zu genießen.
Paul schüttelte vergnügt den Kopf, sie konnte es nicht lassen, im gleichen Atemzug, wie sie die Metapher zurückzunehmen schien, baute sie sie noch weiter aus. Nun, er wollte sich jedenfalls entspannt ihrer Führung anvertrauen und bei diesem Ritt seine feine, impulsive Stute sicher nicht überstrapazieren, während er ihr natürlich herzlich gönnte, die Kraft, Ausdauer und Lebendigkeit des besonnenen Hengstes zu genießen. Es kam ja gar nicht so genau darauf an, was sie nun unternahmen, Hauptsache sie taten es zusammen und hatten ihr Vergnügen dabei. Einige Stunden weg von den vielen Leuten am Hof würde ihm jedenfalls gut tun, deutlich mehr natürlich das Vergnügen, mit Gundula allein unterwegs zu sein, ohne sich groß darum kümmern zu müssen, ob es nach einem Protokoll gehen mußte, ob jemand eines schrieb oder wer das sein mochte und wer sich da nachher für interessieren mochte.
So ritten sie also los und hatten vergnügliche Stunden, erreichten gemeinsam jene Anhöhe, wo sie wirklich und ganz ohne Metapher einen guten Blick über das Land hatten, nahmen beim Picknick das mitgebrachte Mahl ein, tauschten nur einige recht harmlose Umarmungen und Küsse aus, die jetzt nicht so arg über das Protokoll hinausgingen wie anderes, was sie schon gemeinsam erlebt hatten, dann ging der wilde Ritt auch schon zurück. Wieder daheim versorgten und pflegten sie gemeinsam die schönen Tiere, bevor sie sich von ihnen verabschiedeten.
Dann lud Gundula Paul ein, ihren Turm zu besichtigen.
Die Reitkleidung mußte natürlich gewechselt werden.
So zogen sie sich erst einmal, jeder in seinen Räumen, um.
Gundula holte Paul ab.
Sie trug eines von den einfachen Kleidern, die er beim Krämer besorgt hatte.
Er staunte, aber sie grinste und meinte:
"Edler Recke, ich dachte mir, daß würde uns an die schönen gemeinsamen Tage auf dem Land erinnern."
Dann zogen sie zum Turm los.
Das war nun ein großes Privileg, den Turm betreten zu dürfen, ein noch größeres war es,
daß Gundula ihm nach dem Aufschließen der Haupttür auch gleich noch einen Schlüssel dazu reichte.
Ihm solle ihr kleines, privates Reich nicht verschlossen sein, das wolle sie nun gerne mit ihm teilen,
ihr Rückzugsgebiet, wo sie sich ganz fallenlassen könne.
Und da meinte sie schmunzelnd, nachdem sie die Tür hinter ihnen bereits wieder geschlossen hatte und sie allein waren:
"Ich habe deinen stolzen Turm ja schon eingehend inspizieren dürfen, da ist es nur fair,
daß du auch in meinem ein- und ausgehen magst, wie es dir beliebt."
Paul nickte und fühlte sie sehr geehrt, das war ihr Lieblingsort, wohin sie sich zurückzog, wenn sie ihre Ruhe haben wollte, wo sie sich ganz vergaß und sich fallenlassen konnte, in Literatur schwelgte und ihren Gedanken freien Lauf ließ. Das war ein großes Zeichen von ihr, ihm diesen Ort nicht nur zu zeigen, sondern ihm sogar noch Schlüssel dafür zu überlassen. Diesem großen Vertrauen mußte er mit großem Respekt begegnen und sorgsam mit diesem wertvollen Geschenk umgehen.
Gundula führte einen weiteren Gedanken aus: "Die Zeit als Kind im Elfenbeinturm ist wohl allemal vorbei,
doch mit dir an meiner Seite ist mir nicht bange, es auch außerhalb zu versuchen, aber gern zeige ich dir
auch, was darinnen ist und was einen guten Teil meines bisherigen Seins ausgemacht hat.
Alles ändert sich, alles ist im Fluß.
Das ist sowohl etwas beunruhigend, als auch aufregend.
Es gibt viel mehr als meine kleine Welt hier drinnen, das konnte ich schon feststellen,
insbesondere auch durch dich und mit dir."
Paul erwiderte: "Nun, ich denke, es wäre falsch, wenn du deinen Elfenbeinturm ganz vernachlässigen würdest.
Das sind deine Wurzeln, wo du dich wohlfühlst. Zwar ist die Welt viel größer, aber es wird immer wieder
Stunden geben, wo man sie lieber einmal wieder gern kurz und klein hätte. Und da ist es gut, einen
Rückzugsort zu haben, eine Erinnerung, die Kreativität der Kindheit nicht verloren und vergessen zu haben.
Es ist zwecklos, dem nachzutrauern, was vergangen ist, doch wäre es auch falsch, die angenehmen Erinnerungen
zu vergessen und nicht aus ihnen Kraft zu schöpfen und die Dinge auch einmal wieder einfach einfach sein zu lassen."
Gundula nickte. "Du hast recht. Und als Ausgangsort, um die große, weite Welt zu erforschen, ist dieser Turm
wie gehabt gut geeignet."
So begannen sie also den Rundgang durch den Turm. Einerseits gab es unten an der Tür ein Schild, welches Gundula einstellen konnte, um anzuzeigen, daß sie im Turm war, andererseits gab es auch ein Zugseil zum Läuten und sogar wohl auch eine Art Rohrsystem, mit welchem man sich wohl aus dem Turm vermutlich nicht besonders gut verständlich nach unten melden konnte, das Rohrsystem sah jedenfalls noch nicht besonders alt aus und Gundula erläuterte dazu kurz, das Kommunikationssystem habe sie vor noch gar nicht so langer Zeit einbauen lassen, es habe eine ganze Weile und eine Menge Tüftelei gebraucht, bis sie ein auch praktisch gut funktionierendes System geplant hatte, nun jedenfalls funktioniere es und so sei es gut möglich, sie zu erreichen und gegebenenfalls an eine Sitzung oder ein Gremium zu erinnern, an welchem sie teilnehmen sollte oder wollte.
Den Raum ziemlich weit unten mit Reginas noch in Kisten verpackten Büchern ließen sie aus, stiegen hinauf in jene Bereiche, die reich mit Büchern ausgestattet waren. Gundula machte zunächst eine Führung durch die Räumlichkeiten und zeigte Kunstwerke, vorrangig Bilder und Skulpturen und erzählte zu diesen etwas. Dazu kam so manche Zierart aus Gold und anderen Edelmetallen und auch aus Elfenbein, was natürlich auch alles sehr kunstfertig verarbeitet war. So erläuterte sie auch hier kurz, was sie darüber wußte.
In einer zweiten Runde erläuterte sie die thematische Ordnung der Bücher in dieser üppig ausgestatteten Bibliothek. Für ihre Eltern gab es eine kleine weitere in deren Bereich des Hofes, sowie auch eine sehr große für alle, besonders den Reichkanzler, die Minister und die weiteren Beamten des Hofes. Auch die Stadt hatte noch eine öffentliche Bibliothek für alle Leute. Zweifellos war die Bibliothek in Gundulas Turm aber die prächtigste mit der erlesensten Auswahl von Büchern zu verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen, weiter oben aber auch reichlich Belletristik.
Gundula zeigte Paul einige besonders schöne Stücke, entweder in der Ausführung - oder - was ihr wichtiger war - vom Inhalt her. Hier war sie voll in ihrem Element und schwelgte in den Werken, schwärmte und riß Paul mit, von einem Werk zum nächsten. In ihrer impulsiven Art wollte sie ihm gleich ihren ganzen Schatz zeigen und erklären und verstanden wissen. Sie wurde dabei immer wieder recht hektisch und aufgeregt, daß es nur so aus ihr heraussprudelte, daß Paul sie immer wieder einfach in den Arm nahm, ihren Mund einfach mit seinen Lippen verschloß und sie so einerseits zwar in ihrem Enthusiasmus etwas beruhigte, sie aber natürlich auch gleich anderweitig anregte. Hand in Hand ging es so durch die Regalreihen und die Stockwerke.
Ziemlich weit oben - darüber war nur noch der Boden unter dem Dach, den man nur über eine schmale, herunterklappbare Leiter erreichen konnte - gab es einen gemütlichen Raum, sowohl als Arbeitszimmer genutzt, als auch offenbar als finalen Rückzug vor dem Rest der Welt.
Draußen ganz um den Turm herum gab es einen Balkon, von welchem sie erst einmal weit in die Landschaft hinaussahen, abermals eine sehr schöne Aussicht, wo man sie aber umgekehrt auch gut sehen konnte, von daher hielten sie sich hier wieder sorgfältig an das Protokoll. Das Wetter war klar, so zeigte Gundula in manche Richtung auf umliegende Ortschaften und Landmarken und erläuterte kurz, was zu sehen war. So genossen sie gemeinsam eine weitere schöne Aussicht an diesem Tag. Gundula aber hatte es offenbar doch wieder einmal etwas eiliger und drängte wieder hinein. Sie fand nicht so recht die Ruhe, um einfach einmal nur die Aussicht zu genießen.
Wieder drinnen zeigte sie Paul noch einige Sachen, an denen sie gerade arbeitete, beziehungsweise gearbeitet hatte, bevor das Attentat sie auf ganz andere Wege geführt hatte. Sie diskutierten einige Sachen und erfreut stellte Gundula fest, daß sie sich gut mit Paul über diese Dinge unterhalten konnte. Bei einem technischen Projekt konnte er sogar gleich konstruktiv beitragen, denn es handelte sich um ein Bewässerungssystem, womit er sich ja auskannte. Aber auch bei einem anderen technischen Projekt zeigte sich schnell, daß er sich zügig einen Überblick verschaffen konnte und kluge Fragen stellte, die Gundula gleich stichwortartig notierte, wenn sie sie nicht gleich klären konnte, denn meist wiesen die offenbleibenden Fragen gleich auf Probleme hin, die vermutlich noch gelöst werden mußten. Dann gab es auch noch ein wissenschaftliches Projekt, wo sie einige Grundlagen zu verstehen hoffte. Auch davon hatte Paul bereits gelesen und so begannen sie eine Weile darüber zu diskutieren und Ideen auszutauschen. Aber auch hier hatte es Gundula ein wenig eilig und blieb nicht sehr lange bei einem Thema, sie wollte eigentlich nur eine schnelle Übersicht geben, vertiefen sollten sie all dies später noch.
Pauls Interesse und seine Kenntnisse waren nun weit mehr als Gundula inhaltlich erwartet hatte, als sie beschlossen hatte, Paul hier alles zu zeigen. Sie hatte natürlich schon aus ihrer kurzen, gemeinsamen Zeit gewußt, daß er gebildet war und belesen, hatte aber schlecht einschätzen können, welchen Umfang das hatte und wie sich das mit ihrem Wissen überschnitt oder ergänzte.
Nun war Gundula sich ganz sicher. Ihr Entschluß hatte zwar ohnehin längst festgestanden, nun aber fühlte sie sich ganz sicher und entschlossen, ihn nun auch gleich sofort umzusetzen. Sie hatte in ihrem Reich die Führung übernommen, so durfte sie auch jetzt nicht zaudern und mußte die Initiative übernehmen, um ihre gemeinsame Geschichte voranzubringen.
Während Paul noch in einigen ihrer Aufzeichnungen blätterte, Zeichnungen ansah, war sie still geworden, hatte tief, sehr tief Luft geholt. Nun war sie aufgestanden, um sich gleich darauf wieder vor Paul hinzuknien. Sie nahm seine Hand und sie sahen sich kurz in die Augen, doch sie senkte gleich etwas verlegen den Kopf. Leise sprach sie zum verblüfften Geliebten: "Paul, liebster Paul, als wir an die Grenze meines Reiches gekommen sind, habe ich die Führung und das Wort für mich beansprucht. Diesen Anspruch kann und mag ich nicht länger aufrechterhalten. Wir sind da, wohin uns unsere Reise führen sollte - beinahe wenigstens. Um unser gemeinsames Ziel, unseren gemeinsamen Weg von hier aus weiter in die Zukunft fortsetzen zu können, bitte ich dich, deine Ehefrau sein zu dürfen, magst du mein Ehemann sein, so soll unser Bund gelten."
Paul war noch immer recht überrascht, zog sie aber gleich hoch, stand mit auf, daß sich sich nun auf Augenhöhe gegenüberstanden und sprach, ihre beiden Hände in den seinen haltend: "Liebe Gundula, mein wunderbarer Schatz, zutiefst rührt und ehrt mich dein Antrag. Auf Knien sollst du sicher nicht bleiben, auf Augenhöhe muß solch eine Verhandlung verlaufen. Aber bevor du hier unbedacht voranstürmst und nicht mehr zurückkannst, deine Entscheidung vielleicht einmal bereust, will dabei auch alles bedacht sein."
Gundula zitterte und bebte vor Aufregung und dachte: 'Warum sagt er nicht einfach ja? Aber habe ich es besser verdient?
hatte ich nicht selbst Kandidaten nicht nur zurückgewiesen, sondern gleich bis auf die Knochen blamiert?
Da habe ich es wohl nicht besser verdient, als auf die Folter gespannt zu werden und muß nun ruhig dulden,
wo mein Herz zu zerspringen droht.'
Laut sprach sie aber:
"Liebster, nichts gibt es zu bedenken, was ich nicht bereits bedacht hätte, längst bin ich schon dein.
Ich werde alles tun, was du auch verlangen magst, nur um bei dir zu sein.
Ich will nichts weiter, als mit dir zusammen zu sein.
Ich fordere nicht, daß du hier bleibst, wenn du nicht magst.
Ich werde dir folgen, wohin auch immer du dich wenden magst, will alles überstehen, nur um mit dir zusammenzusein.
Ich weiß, ein wenig Qual habe ich in meiner Ungeduld wohl verdient, aber ich flehe dich an,
gnädig mit mir und meinem bebenden Herzen zu sein!
Bitte, bitte weise mich nicht ab!
Meine Liebe gehört allein dir!"
Paul streichelte sanft über ihre Wange und erwiderte: "Auch meine Liebe gehört allein dir. Um mit dir zusammenzusein, will ich wohl auch alles dulden und dir folgen, wenn du es verlangst. Darum mußt du nicht fürchten. Dich zu kennen, dich zu lieben, bei dir zu sein, bedeutet mir alles. Ich sehe, deine Aufgaben sind hier, hier ist dein Platz, du kannst hier nicht fort. So liegt es also bei mir, dir zu folgen, es steht mir nicht zu, dich zu quälen und von hier fortzudrängen."
Gundula versicherte: "Nein, willst du zurück auf dein Gut, komme ich mit, ich bin bereit dazu, die Dinge hier werden auch ohne mich vorangehen, müssen ohne mich vorangehen. Ich bin bereit, dir zu folgen, alles aufzugeben, nur um bei dir zu sein. Doch wenn du wirklich hierbleiben willst, so wird es uns immer noch möglich sein, wenigstens gelegentlich auf das Land zu ziehen, auszuspannen und eine Pause zu genießen."
Paul nickte: "In dieser Hinsicht werden wir uns also sicherlich einig werden. Und doch - was weißt du über mich? Was weißt du eigentlich, wem du da einen Antrag machst. Ich bin sicherlich nicht der große, tapfere Held. Du warst in Not. Dir zu helfen, war nur angemessen und selbstverständlich, dich heimzubringen keine große Tat, hast du doch im Grunde alle Halunken selbst in die Flucht geschlagen. Ich bin nicht so großartig, wie du mich siehst, nicht der strahlende Retter, nicht einmal der einfache, ruhige Mann auf einem Gut, du weißt nichts über mich! Nichts über meine Vergangenheit."
Gundula aber schaute ihn etwas erschrocken an, schüttelte den Kopf: "Daß du eine Vergangenheit hast, die du nicht gerne offenbaren willst, ist mir längst klar, aber ich weiß, wer du jetzt bist und diesem Mann habe ich einen Antrag gemacht, diesem Mann vertraue ich, was gewesen ist, können wir nicht ändern, damit müssen wir leben. Aber unsere Zukunft bestimmt sich daraus, wer wir heute sind, mag uns auch die Erfahrung aus der Vergangenheit ein Stück weit leiten, so entscheiden wir doch jetzt frei, was wir tun. Natürlich weiß ich nicht alles von dir und hoffe noch so manches Geheimnis über dich und mich gemeinsam zu ergründen, doch weiß ich genug über dich, um mir sicher zu sein, daß ich dies mit dir tun will und mit keinem anderen. Ich will mit dem Paul zusammensein, der du heute bist, hier und jetzt, nicht mit dem, der du in der Vergangenheit gewesen sein magst."
Paul schwieg einen Moment und dachte nach, Gundula hätte zerspringen mögen, so brodelte die schiere Aufregung in ihr, aber äußerlich blieb sie ruhig und hielt die Hände in denen des Geliebten, zitterte dabei nur etwas und schwieg, ließ ihm Raum und Zeit zum Denken. In die Stille im Turmzimmer drang nur leise von unten durch die offene Balkontür das geschäftige Treiben am Hofe.
Paul sprach daraufhin sehr leise und ruhig: "So muß ich dir meine Geschichte erzählen. Nur so kannst du dir selbst ein Bild machen. Dann aber sollst du erneut und in Ruhe entscheiden, ob du den Antrag zurücknehmen willst oder nicht."
Gundula nickte einverstanden, sie spürte, Paul mochte sein Geheimnis nicht länger allein in sich bergen, es mußte heraus.
Und sie war bereits seine Frau, sie gehörte bereits zu ihm, also mußte sie ihm Beistand, Schutz und Geborgenheit geben,
einen sicheren Platz, um sich der vermutlich bösen Vergangenheit in Bractland zu stellen.
Dort mußte sein Geheimnis liegen, das war klar.
Und wenn es so schwer wog, mußte sie diese Last mit ihrem Liebsten teilen,
damit sie gemeinsam glücklich sein konnten oder wenigstens werden.
Sie schluckte und meinte ernst: "Natürlich darfst und sollst du deine Geschichte sogleich erzählen,
ich bin bei dir, jetzt und auch noch danach.
Ich gehöre zu dir und werde dein Leid mit dir teilen.
Ich bin für dich da und höre zu.
Doch was immer es ist, nichts wird mich dazu bringen, meinen Antrag zurückzunehmen.
Aber laß uns zum Sofa gehen und es uns bequem machen."
Damit führte sie ihn zu einem komfortablen, gemütlichen Sofa, ließ Paul sich setzen, setzte sich daneben,
streichelte seine Wange und bat ihn, sich zu legen, seinen Kopf in ihren Schoß.
Das tat er.
Dann begann er seine Geschichte zu erzählen.
Er faßte sich eigentlich recht kurz, doch in ihm lebten viele Ereignisse wieder auf, daß es erschien,
als müßte es viele Stunden dauern.
Und während er erzählte, fuhr sie mit den Fingern durch seine Haare oder zärtlich über seinen Kopf.
Paul war der drittgeborene Prinz von Bractland. Seine Eltern hatten drei Kinder, alles drei also Söhne. Die Verbindung seiner Eltern war eine politische Ehe, aus diplomatischen Erwägungen beschlossen. Besonders gut hatten sich die beiden nicht verstanden. Während seine Mutter eine sanftmütige, großzügige Frau war, war sein Vater eher ein starker Kämpfer, aufbrausend, cholerisch und auch gewalttätig und rücksichtslos, welcher mit starker Hand regierte.
Anfangs arrangierten sich die beiden wohl noch ganz gut, kamen aber in ihrer Beziehung eigentlich nie über die offiziell notwendigen Kontakte hinaus. Aus diesen folgten immerhin schnell die beiden ersten Prinzen, Zwillinge von etwas unterschiedlichem Aussehen, welche die Mutter gesund und stark gebar. Schnell entwickelten sich die beiden zu den absoluten Lieblingen des Vaters, welcher stark Einfluß auf ihre Erziehung zu harten Burschen, Kämpfern nahm, während er den Einfluß der Mutter möglichst zurückzudrängen suchte. Das führte dann wohl dazu, daß sich die beiden noch weiter entfremdeten, sich zunehmend stritten.
Im Anschluß an einen Streit kam es dann zur Zeugung von Paul, was dieser nur später bei einem weiteren Streit seiner Eltern halb mitbekommen hatte, von daher konnte er nicht genau sagen, ob das noch einvernehmlich passierte oder als ein Akt der Dominanz seines Vaters. So oder so behandelte dieser seine Mutter schlecht und es ging ihr nicht gut, die Schwangerschaft verlief problematisch. Sie lag wohl oft und lange krank im Bett. Vermutlich auch deswegen, vielleicht auch weil Paul es intuitiv gar nicht so eilig hatte, von der schützenden Umgebung in dieses Umfeld hinauszugelangen, dauerte die Schwangerschaft dann deutlich über die Zeit, wonach es dann irgendwann doch endlich zu einer dramatischen Geburt kam. Mutter und Kind ging es nicht gut, obwohl Paul länger gebraucht hatte, als die allermeisten Kinder, war er ein eher zartes Kind, welches zunächst recht schwach war. Auch seine Mutter erholte sich nur langsam. Aber das Band zwischen beiden war stark und Paul blieb so vor allem bei ihr und in den folgenden Jahren hatte seine Mutter viel stärkeren Einfluß auf ihn als der Vater, der diesen Sohn von der ersten Minute an eher enttäuschend fand.
Jedenfalls erholten sich Mutter und Sohn allmählich, mit dem Vater hatten sie kaum noch zu tun, dessen Interessen hinsichtlich der Familie konzentrierten sich auf die beiden anderen Prinzen. Der Vater hielt sich dann wohl auch Mätressen. Ansonsten hielt sich alles noch in der Waage und im halbwegs zivilisierten Bereich.
Paul war schon in einem Alter, wo er bereits kräftig lernte, bereits lesen, schreiben und rechnen konnte, von seiner Mutter für Literatur und Wissen interessiert wurde, da brach im Land eine geheimnisvolle Krankheit los, die viele Menschen dahinraffte. Während sein Vater verschreckt und recht hilflos darauf reagierte, weil er gegen keinen sichtbaren Feind in den Krieg ziehen konnte, versuchte es seine Mutter mit praktischer Hilfe und Wissenschaft. Sie half, wo sie konnte, trieb Ärzte und Forscher an, organisierte und brachte Menschen zusammen, half und organisierte auch bei der Krankenversorgung, während die Ausmaße der Krankheit immer bedrohlicher wurden. Längst hatte sein Vater den betroffenen Bereich seines Reichs abgeschottet, zusätzlich auch noch auf das Strengste sein Schloß. So war Pauls Mutter schnell getrennt von ihrer Familie und auch von Paul, der im Schloß lebte und keinen Kontakt zu seiner Mutter mehr haben durfte.
Endlich machten die Forscher Fortschritte, entwickelten eine Impfung, kämpften aber immer noch vergeblich darum, Erkrankte zu heilen, bei denen es eine hohe Todesrate gab. Brauchbare Mittel fand man erst, als auch Pauls Mutter schon erkrankt war. Sie wurde ein Opfer der Krankheit, während sie mit ihren Aktivitäten viele Menschen gerettet hatte, vermutlich auch die Menschen auf dem Schloß einschließlich ihrer Familie, denn die Quarantäne-Maßnahmen von Pauls Vater erwiesen sich als durchlässig und die Krankheit hatte sich bereits unaufhaltsam weiter ausgebreitet. Spät, aber nicht zu spät kam die Heilung für den Rest des Volkes. Und so wurde die Krankheit letztlich mit großen Opfern besiegt.
Ohne die sanfte Königin aber verfinsterte sich das Gemüt des Königs immer mehr. Der Regierungsstil von Pauls Vater wurde immer brutaler, er unterdrückte und preßte das Volk aus, terrorisierte auch die höheren Stände und den Adel. Auch Pauls Erziehung änderte sich, wie seine Brüder sollte er mehr zu kämpfen lernen, blieb aber auch der Literatur und den Wissenschaften treu, was sein Vater zwar unmännlich fand, aber nicht abzustellen vermochte. Aber seinen dritten Sohn sah er noch immer kritisch, obgleich dieser sich eigentlich gut entwickelt hatte und durch sein Wissen eigentlich wohl mehr für das Reich hätte tun können als seine beiden Brüder, die in ihrem Verhalten grob und unbarmherzig waren, beinahe wie der Vater.
Seine beiden älteren Söhne waren nun bereits im jugendlichen, pubertierenden Alter, da begann er von den höheren Familien die Töchter einzufordern, welche er den beiden älteren Söhnen zum 'Probieren' oder 'Ausprobieren' ließ. Die Mädchen wurden nicht direkt gezwungen, wollten die Eltern aber Besitz, Stand und Position behalten, so war es besser, die Mädchen stellten sich zur Verfügung. Besonders betroffen waren Familien, denen er besonders mißtraute, welche so auch ihren unbedingten Gehorsam gegenüber dem König unter Beweis stellten mußten. Da die beiden Prinzen recht wild und grob waren, kann man sich vorstellen, wie schlimm dies für die betroffenen jungen Frauen war, wobei die Angelegenheit ohnehin von längerer Dauer war, bei welcher die jungen Frauen schlichtweg verkonsumiert wurden. 'Benutzen' oder 'Mißbrauchen' waren sicherlich passendere Begriffe als die des offiziellen Sprachgebrauchs.
Da es nur um das 'Probieren' und Erniedrigen ging, sorgte man dafür, daß diese nicht schwanger wurden, um keine Ansprüche stellen zu können, denn ein Kind von einem Prinzen wäre relevant für die Thronfolge gewesen. Da die beiden Brüder häufiges Interesse zeigten und vom Vater auch ermuntert wurden, ihre Bedürfnisse auszuleben, sie aber nicht besonders rücksichtsvoll waren und nicht besonders sorgsam, geschah das wohl doch ab und an, daß eine schwanger wurde, dann verschwand dieses Mädchen irgendwo im Schloß. Und kam sie nach Wochen wieder zum Vorschein, war sie körperlich und psychisch verändert und nicht mehr schwanger, würde es wohl auch nie wieder werden.
Jeder der Brüder hatte seine eigenen Kandidatinnen, da wurde schon strikt getrennt, auch um Streit zu vermeiden. Ansonsten war auch der König nicht so kleinlich, hielt sich Mätressen und griff auch ab und an mal beim Personal zu. Auch hier wurde dafür gesorgt, daß keine aufgrund einer Schwangerschaft Ansprüche stellen sollte.
Irgendwann war auch Paul alt genug und sollte sein erstes Mädchen zum 'Probieren' bekommen. Es gab Personal, welches für den Vater genau beobachten mußte, so wußte dieser recht schnell von der einsetzenden Pubertät seines Sohnes und bestand darauf, zu vollziehen, wozu er nun körperlich in de Lage war. Er aber fand es widerlich, wie seine Brüder mit den jungen Frauen umgingen und wollte das nicht tun. Der Vater schimpfte ihn einen Versager und Schwächling. Er bestand darauf, daß Paul zeigen sollte, daß er ein Mann sei. Paul fand eigentlich nicht, daß es besonders männlich oder menschlich sei, seine Mitmenschen so respektlos und erniedrigend zu behandeln. Zur Drohung ließ sein Vater dann noch ein Mädchen vorführen, welches gerade all die Qualen hinter sich hatte, die auf eine Schwängerung durch einen seiner Brüder unvermeidlich folgte. Und er meinte, das würde mit seinen passieren, wenn er kein Interesse zeige. Er verlange nicht von ihm, alle zu nehmen, die im angeboten würden, doch sei keine, ein oder zwei deutlich zu wenig, er solle also nicht zu wählerisch sein, denn er werde nicht so viele wieder einfach so heimschicken. Das sei nicht nur zum Vergnügen, sondern um das Adelspack und die einflußreichen Leute im Reich unter Kontrolle zu behalten. Die Erwartung war dabei schon, daß Paul seine Bedürfnisse an diesen Mädchen vollständig abarbeitete, statt zu entsagen oder sich zurückzuhalten.
Der Vater wußte schon, womit er seinen Sohn unter Druck setzen konnte, er machte ihm unmißverständlich klar, wie schlecht es den Mädchen ergehen würde, wenn er sich weigern würde, sie müßten für sein Versagen, seine Weigerung zahlen, denn man konnte es ja auch so sehen, daß auch diese versagten, wenn er keine Lust auf sie hatte. Paul hatte Angst um die jungen Frauen und stimmte widerwillig zu. Seine behandelte er immerhin gut, bemühte sich um sie und kümmerte sich, ließ sie organisieren, um ungünstige Zeitpunkte für ein Zusammensein zu vermeiden. Und wenn sein Vater bei einer neuen darauf bestand, es sofort mit ihr zu tun, so hatte Paul Mittel besorgt, um das Risiko einer Schwangerschaft zu minimieren. So wurden seine Frauen jedenfalls nicht schwanger und verschwanden nicht, um dann irgendwann wieder als Wracks aufzutauchen. Unter den gegebenen Umständen ging es ihnen ganz gut, obwohl Paul nichts lieber getan hätte, als sie wieder wohlbehalten heimzuschicken, denn lieben tat er keine einzige von ihnen. Keine Nacht aber verbrachte er mehr allein und keine zwei aufeinander folgenden mit derselben jungen Frau. Ein paar entwickelten eher Interesse aneinander und da sorgte er dafür, daß sein Vater das nicht erfuhr, denn dieser wäre ausgerastet bei der Vorstellung, daß sein Sohn nicht einmal seinen Harem im Griff hatte, daß die Mädchen es wagten, so etwas zu tun. Paul hatte nichts dagegen, und den Mädchen, denen das lag, denen ging es so recht gut. Mit einigen ging es besser, wenn sie nicht allein bei ihm waren, anderen wäre weitere Gesellschaft unangenehm gewesen. So ließ Paul die Frauen die Angelegenheit so möglichst passend organisieren, auch damit sie sich nicht so ausgeliefert fühlten. Es gab auch Frauen, die von vorne herein Lust auf ihn hatten und Erfahrungen machen wollten, nur nicht unbedingt in solch einen Harem. Andere kamen im Laufe der Aktivitäten immerhin auf den Geschmack, auch weil Paul sich um sie bemühte. Dann gab es drei andere, die sich besser als die anderen mit der Situation arrangierten. Diese hatten Interesse daran, mit Paul zusammenzusein, einzeln, aber auch zu zweit oder zu dritt, aus Vergnügen, nicht aus Liebe. Auf jene, die gern mit ihm zusammenwaren, konnte Paul sich gut einlassen, so daß die anderen entlastet waren. Die drei besonders stark interessierten jungen Damen stellten sich als Pauls Favoritinnen dar, weswegen Paul mit den anderen nur noch zusammenkommen mußte, weil sein Vater auf gelegentlichen Aktivitäten bestand, um den Druck auf die Familien aufrecht zu erhalten.
Meist teilte der Vater die Frauen zu. Nach welchen Kriterien, war nicht erkennbar. Seine Brüder konnten jedenfalls leichter mal eine ablehnen, Paul mußte da schon aufpassen und geschickt begründen, wobei gegenüber seinem Vater eindeutig Gründe vorzuschieben waren, die ihn in seinen Augen männlicher erscheinen ließen. Anderseits mußte er aber auch drauf achten, daß die Ablehnung so formuliert war, daß die Mädchen dann auch wieder gesund nach Hause geschickt wurden.
Bei allen würdelosen Behandlungen kamen dann noch jene jungen Frauen am besten davon, die der König nicht akzeptabel fand, er lachte sie aus, lästerte darüber, was er mangelhaft fand, gab ihnen einen Tritt in den Hintern und sie konnten verschwinden, meist mußten aber ihre Familien irgendwie für 'besseren' Ersatz sorgen.
Unterdessen hatte man für seine beiden Brüder Frauen gefunden, auch diese Verbindungen galten rein der Bündnispolitik. Seinen Schwägerinnen ging es nicht gut mit den groben Brüdern. Paul fand sie eigentlich ganz in Ordnung und bedauerte ihr Schicksal, wagte aber auch hier nicht, gegen die brutalen, menschenunwürdigen Umstände im Schloß vorzugehen. Er hatte Angst, daß all diese Frauen ein katastrophales Schicksal haben würden, wenn der Zorn des Königs über sie käme. Die beiden Schwägerinnen waren bald schon schwanger - und blieben es natürlich auch, statt zu verschwinden, denn sie waren ja dazu ins Schloß gebracht worden. Seine Brüder kümmerten sich nicht sonderlich um sie, denn ein jeder hatte ja noch seinen Harem, um sich zu vergnügen.
Die Zustände aber brachten die höheren Stände mehr und mehr auf, hätte man vielleicht noch die widerliche Steuerabgabe in Form ihrer Töchter akzeptiert, so waren auch sonst die Steuern hoch, denn auch hier wie beim gesamten Volk preßte der König mit seinen Eintreibern gnadenlos aus. Waren die Ernten zu niedrig, gab es in einigen Regionen Hunger, das kümmerte den König wenig, Hauptsache es war genug in der Staatskasse, um das viele Militär zu finanzieren und das teure Schloß.
Und dann kam eines Tages der Putsch. Das waren keine Leute, deren Töchter im Schloß gehalten wurden, sondern welche, die einfach die Nase voll hatten und den Hunger und das Elend nicht mehr ertragen konnten. Es begannen Kämpfe. Und das entwickelte sich nicht gut - letztlich für keine Seite. Immer mehr Menschen standen auf. Auch beim Militär gab es Auflösungsprozesse, denn insbesondere, aber nicht nur die einfachen Soldaten hatten auch notleidende Verwandte. Offizieren, die sich wohl schon Hoffnungen auf diese oder jene Braut gemacht hatte, sahen diese ins Schloß gezwungen und wenige davon erst nach Monaten verstört und verbittert wieder. Es kochte plötzlich im ganzen Land über. Hatte der König das Land bislang wie einen Dampfkochtopf unter Druck regiert, so explodierte die Lage nun im Überdruck, weil es kein Ventil mehr gab.
Als man schließlich das Schloß angriff, konnte Paul die ihm 'anvertrauten' jungen Frauen gerade noch hinausschleusen und auf die Reise zu ihren Verwandten schicken. Ihr weiteres Schicksal kannte er nicht, hoffte aber, daß sie dort gut ankamen und gut aufgenommen wurden. Paare, die sich gefunden hatten, wollte wohl auch zusammenbleiben. In all dem Chaos würde dazu niemand mehr etwas sagen. Paul war sich natürlich nicht sicher, wie der Kampf um das Schloß ausgehen würde. Wenn sein Vater doch siegte, müßte er die Verantwortung dafür übernehmen, daß seine Mädchen fort waren, aber das war immer noch besser, als sie unter diesen Umständen im Schloß zu behalten. Er würde sich etwas einfallen lassen - und wenn sich die Lage beruhigte, würde man sie wohl ohnehin zurückschicken. Zwar wäre er dann einmal mehr der Versager, aber das wollte er schon in Kauf nehmen, nicht aber, daß die jungen Frauen im Schloß bei solch einem Putsch massakriert wurden, nur weil man sie an diesen elenden Ort gezwungen hatte. Zu den jungen Frauen seiner Brüder hatte er natürlich keinen Kontakt und seine Schwägerinnen waren längst irgendwo im Schloß unter Bewachung gestellt worden, weil der König und die anderen beiden Prinzen natürlich davon ausgingen, dies alles als kleinen Zwischenfall problemlos zu überstehen. Paul war sich nicht so sicher. In ihrem Wahn hatten die drei längst kein realistisches Bild von ihrem Reich mehr.
Paul aber konnte nicht einfach gehen, mußte an der Seite seiner Brüder kämpfen, denn ihn hätte man draußen nicht akzeptiert. Sie wollten die brutale Familie ein für alle Male auslöschen. Trotz viel Militär im Schloß hatte man es gewagt und griff immer weiter an. Es gab auf beiden Seiten viele Tote. Von der Königsfamilie erwischte es zuerst einen seiner Brüder, der schwer verletzt wurde. Paul war einstweilen an einer etwas ruhigeren Stelle eingesetzt. Eigentlich wollte er nicht kämpfen, hatte aber keine andere Wahl, weil man ihn angriff. Er bemühte sich jedenfalls, eher abzuwehren und vermied es so, Angreifer direkt zu töten. Die Soldaten an seiner Stellung waren natürlich weniger zimperlich, so wurde alles schnell zu einem blutigen Gemetzel grauenhaften Ausmaßes. Schnell wurde aber klar, daß man das Schloß nicht würde halten können. Es war nicht eingerichtet, um derartigen Angriffen lange standzuhalten.
Man hörte Berichte von fatalen Verlusten, auch der König war bereits verletzt worden. In einer Kampfpause erkannte Paul einen Arzt, der mit seiner Mutter befreundet gewesen war, welcher sich nun um die Verwundeten kümmerte. Obwohl schon durch den Kampf sehr erschöpft, half Paul diesem. Dieser erkannte auch ihn. Als plötzlich die Nachricht kam, daß der Posten von König und dem einen, bislang noch unverletzten Prinzen gerade überrannt wurde, bot der Arzt Paul Hilfe an, weil er ihn aufgrund der Freundschaft mit seiner Mutter für einen guten Burschen hielt. Paul wußte, das Schloß war verloren und sie würden ihn umbringen, wenn sie ihn fänden, König und Brüder waren vermutlich schon tot. So willigte er ein. Schnell tauschten sie die Kleider mit einem toten Bediensteten ähnlicher Statur, welchem der Kopf weggeschossen worden war. Dann verhalf der Arzt Paul zur Flucht praktisch in letzter Minute.
Paul kam raus aus dem Schloß und schlich sich erst einmal in ein Verwaltungsgebäude in der Nähe. Dies war verlassen und bislang nicht gestürmt worden. Er besorgte sich Ausweise und Urkunden, schrieb auch jene zu dem Gut um, wo er dann später Gundula kennengelernt hatte. Auf diesem Gut hatte er in besseren Tagen als Kind mit seiner Mutter die Sommer verbracht, es war in Vergessenheit geraten und ihm erst wieder in Erinnerung gekommen, weil er einige Tage zuvor durch einen Brief erfahren hatte, daß der alte Verwalter erkrankt worden war. So reifte sein Plan, auf dieses Gut zu fliehen.
Es dauerte Tage, bis er aus der Stadt war und was er über das Schicksal im Schloß erfuhr, war grauenhaft. Das Schloß wurde gestürmt und viele Verteidiger darin umgebracht. Es hieß gar, den Nachwuchs der Prinzen habe man gleich in den Bäuchen ihrer noch lebendigen Mütter aufgespießt, König, Prinzen und auch jene Leiche, die man tatsächlich für ihn hielt, schleppte man auf den Hof und verbrannte alle, ohne sich zuvor die Mühe zu machen, den noch Lebenden ein gnädigeres schnelles Ende zu bereiten. Unten den Opfern waren auch die Mätressen des Königs und alle jungen Frauen, die in die Harems seiner Brüder gedrängt worden waren.
War man sich zunächst in Bractland noch ziemlich einig, gegen die Königsfamilie vorzugehen, gruppierte man sich nun um und viele Gruppen begannen, sich gegenseitig zu bekämpfen, mehr oder weniger gegeneinander zu morden und zu plündern. Alles in allem artete das in einem grauenhaften Massenmord aus, das Chaos nahm immer weiter zu.
Paul aber war es unter Mühe gelungen, in die Region Wrec zu flüchten, die sich erfolgreich zur Zeit des Putsches abgespalten hatte und erreichte so das Gut. Der Verwalter schien sich etwas erholt zu haben, er kannte ihn noch aus Kindertagen und hatte ihn damals schon sehr gemocht, er hatte ihm schon damals viel gezeigt, war nun sehr erfreut, den bereits Totgelaubten wohlbehalten wiederzusehen und half ihm, sich als neuer Eigentümer bekannt zu machen. Paul regelte das mit der drastischen Senkung der Abgaben auf seinem Gut sofort und ermöglichte in der Krise auch eine Übergangslösung, um den Bauern möglichst gar nicht zur Last zu fallen. Da man ohnehin nicht genau wußte, wem genau das Gut eigentlich gehört hatte, akzeptierte man ihn und seine erfundene Geschichte. Er aber lernte schnell von dem Verwalter die notwendigen Dinge über die Technik und den Betrieb und die Verwaltung. Der Verwalter aber verstarb leider eine Weile, bevor Gundula auf dem Gut eingetroffen war.
Gundula hatte die ganze Erzählung über geschwiegen, war ratlos und hilflos, denn sie spürte, wie ihr Liebster bei dieser Erzählung litt und immer wieder unterbrach, um die Tränen zurückzuhalten. Ganz so arg hatte sie das nun doch nicht erwartet und fuhr ganz automatisch tröstend durch sein Haar und über seinen Arm. Als Paul mit der Geschichte zuende war, drehte er seinen Kopf zur Seite und drückte sein Gesicht gegen ihren Bauch und sie hielt seinen Kopf wie das eines kleinen Kindes. Sie wußte nichts zu sagen, spürte, wie er sie jetzt brauchte, aber sie wußte nicht, was tun, hielt ihn einfach nur.
Aber Paul erholte sich bemerkenswert schnell, erhob sich und setzte sich aufrecht neben sie und sprach: "Du hast es gehört, sicher also kein Held. Einfach der falsche Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Das ist einfach nur Pech. Mein Leben ist verkorkst. Das kann ich nicht mehr ändern, ich dachte, dort auf dem Gut hätte ich meine Ruhe. Aber es kam natürlich immer wieder zu Erinnerungen. Als du aufgetaucht bist, dachte ich, alles könnte anders werden, aber wer bin ich schon, daß ich alles ändern könnte. Vermutlich bin ich nicht viel anders als mein Vater und meine Brüder gewesen sind. Ich war als Kind sehr jähzornig und wohl auch sadistisch, aber meine Mutter war sehr geduldig und half mir, ruhiger, ausgeglichener zu werden. Ich weiß nicht, wie sie das gemacht hat, aber tief in mir lauert es immer noch. Ich wollte nie kämpfen, um diese Seite nicht in mir zu wecken, aber als meine Mutter starb, verblaßte ihr Einfluß. Wie ich erzählt habe, ich wollte das mit den Frauen nicht. Aber bei jeder neuen habe ich auch den sadistischen Spaß gefühlt, sie in Besitz zu nehmen und habe mich gleichzeitig dafür geschämt. Gleichwohl habe ich es genossen, sie verfügbar zu haben, um mich zu befriedigen. Die unmittelbare Befriedigung meiner Bedürfnisse wurde zur Selbstverständlichkeit, die ich auch genoß wie das tägliche Essen und Trinken. Ich wollte das aus meinem Hirn brennen, aber ich schaffte es nur, daß sie gerade so überlebten, als die Katastrophe nahte. Ich stand auf der falschen Seite und bin geflohen, als das Volk Hilfe gebraucht hat."
Gundula widersprach: "Dein Volk hätte dich umgebracht, zu fliehen, war das Beste, was du tun konntest. Und was jene jungen Frauen betrifft - du warst doch fast selbst noch ein Kind. Dein Vater hat dich erpreßt. Es gab nur zwei falsche Entscheidungen. Zwar wärst du nicht verantwortlich für das Schicksal der Mädchen gewesen, wenn du dich geweigert hättest, allein dein Vater wäre das gewesen. Aber was hätte es den Mädchen geholfen? Du hast sie so gut behandelt, wie es dir möglich war und hast sie schließlich gerettet. Das ist allerhand für einen armen Burschen in solch einer Situation. Es zählt doch für die Mädchen, was du getan hast, nicht was du dabei gedacht oder empfunden hast. Und nachdem, was du erzählt hast, hast du wohl das Beste getan, was unter den Umständen möglich war."
Paul ging darauf nicht direkt ein: "Ich hätte mich wohl früher wehren müssen.
Ich hätte nicht einfach so zusehen dürfen, als mein Vater begann, diese Mädchen von ihren Familien abzupressen."
Gundula meinte: "Aber da warst du doch noch ein Junge, ein Kind, als das angefangen haben muß,
deine Brüder sind doch ein paar Jahre älter.
Ich kann mir nur nicht erklären, wie die Familien das haben zulassen können."
Paul schaute sie an: "Wie bei den Ehen, die geschlossen werden, um Bündnisse zu besiegeln, Mittel zum Zweck.
Keine der jungen Frauen hat sich direkt geweigert, mit mir zusammenzusein, keine habe ich mit Gewalt genommen,
aber es war doch immer ganz klar, daß keine aus eigenen Antrieb zu mir gekommen war.
Auch meine Brüder sind ja diese Zweckehen eingegangen, weil Vater das so arrangiert hatte mit zwei anderen Königshäusern,
um Geschäftsbeziehungen zwischen den Reichen zu verbessern.
Du bist eine Prinzessin, ist dir das Konzept solcher Ehen nicht bekannt?"
Gundula antwortete: "Doch das ist mir bekannt."
Paul fragte sie: "Wenn es notwendig gewesen wäre, um die Menschen deines Reiches, Freunde oder Verwandte zu retten,
wärst du eine solche Ehe eingegangen, um einen Krieg abzuwenden?
Um Gewalt und Tod zu vermeiden?"
Gundula nickte: "Es kommt wohl auf den jeweiligen konkreten Fall an,
aus fadenscheinigen Gründen würde ich mich sicher weigern und auf mein Recht pochen,
eigene Entscheidungen über mein Leben zu treffen.
Allerdings denke ich auch, es gibt wirklich Situationen, wo man eine Pflicht,
eine Verantwortung hat und das eigene Wohl dem der vielen anderen Menschen unterordnen muß.
Und dann hätte ich es wohl getan.
Die Gründe aber die du genannt hast, nein, die rechtfertigen dies nicht.
Aber wir wissen ja nicht, womit dein Vater gedroht hat, welche Macht er gegenüber denen hatte,
welche ihre Töchter zum einen für die Zweckehe hergaben, aber auch die anderen für dieses widerwärtige Treiben,
welches dein Vater erpreßt hat."
Paul nickte. Dann schlug er vor: "Falls du deinen Antrag nicht gleich zurücknehmen willst, so sollten wir bis Morgen warten.
So hast du Zeit, in aller Ruhe über alles nachzudenken."
Gundula aber versicherte nur: "Mein Wort gilt. Ich nehme nichts zurück. Du bist der, den ich will.
Ich weiß, ich kann dir vertrauen.
Und wenn solche Gedanken in dir sind, so hast du mich doch zärtlich und liebevoll umsorgt.
Ich vertraue dir. Es ist nichts falsch daran, wie du dich mir gegenüber verhältst.
Du bist gut, kein schlechter Mensch. Du bist ruhig und bedacht."
Paul zog sie nur vorsichtig an sich, umarmte sie.
Sie aber küßte ihn zart auf die Wange.
Paul sprach: "Also Morgen!"
Gundula nickte: "Gut, bis Morgen hast auch du Zeit.
Ich kann verstehen, daß auch du nach der Geschichte Zeit brauchst."
Sie saßen noch eine Weile, bis es Zeit war, hinunterzugehen. Auch heute waren wieder Gäste zum Abend geladen. Aber Gundula organisierte es so, daß sie diesen Abend mehr Ruhe hatten. So gab es nur einige Gespräche, doch es wurde trotzdem spät, die Gespräche waren interessant und lenkten ab.
Auch in dieser Nacht kratzte Gundula wieder an der verborgene Tür und Paul ließ sie herein. Sie meinte: "Ich hoffe es ist in Ordnung, daß ich trotz der verordneten Denkpause gekommen bin?" Paul umarmte sie und meinte: "Es ist gut, daß du da bist, ich glaube, ohne deine Nähe, Wärme und Geborgenheit hätte ich die ganze Nacht nur gegrübelt und hätte nicht einschlafen können."
So schmiegten sie sich auch diese Nacht nur eng aneinander und bald schon schlief Gundula ein, dann auch Paul.
Gundula wachte den nächsten Morgen schon recht früh auf und genoß noch die Nähe ihres Liebsten. Sollte sie wirklich beunruhigen, was er erzählt hatte? Hätte er ihr wirklich schaden wollen, rücksichtslos über sie herfallen, so hätte er dazu einige Gelegenheiten gehabt - gut, sie hätte sich schon zu wehren gewußt, aber er war immer etwas zurückhaltend und sorgsam gewesen, passend zu seiner Geschichte. Nichts an seinem Verhalten gab ernsthaften Anlaß zur Vermutung, daß er nicht mehr als seinen körperlichen Bedürfnisse an ihr befriedigen wollte. Daß es diese bei ihnen beiden gab, war nur natürlich. Und er stellte sie sicher nicht über moralische Aspekte oder über ihre innige Vertrautheit und Liebe. Allerdings hatte er sich gleich um mehrere junge Frauen bemüht, würde sie da seinen Bedürfnissen genügen? Auf dem Gut hatte er aber wiederum alleine gelebt und keine solchen Beziehungen gehabt, hatte sie nie zu etwas gedrängt, von daher war davon auszugehen, daß er da kein unkontrollierbares Suchtverhalten entwickelt hatte. Es blieb also doch wohl alles im normalen Bereich. 'Also keine Panik, alles ist gut,' dachte sich Gundula, 'damit werde ich oder werden wir wohl klarkommen.'
Sie weckte Paul mit einem Kuß und sie schmusten ein wenig herum.
Dann fragte Gundula doch: "Sag mal, mit mehreren jungen Frauen, eventuell noch auf einmal, das hat dir schon gefallen?"
Paul konnte das nicht leugnen und sie wollte wissen, wie das eigentlich ging, denn eigentlich könne er ja nur mit
einer auf einmal zusammensein und normaler Weise seien ja auch nach ihren Buchkenntnissen hinsichtlich der Häufigkeit
bei Männern eher Grenzen gesetzt als bei Frauen.
Paul lächelte und gab einige Beispiele, auch um zu erläutern, daß hinsichtlich der Häufigkeit der Mann bei einer
Zusammenkunft auch nicht unbedingt bei jeder oder mit jeder zusammen bis zum Ende kommen müsse, die Frauen
könnten ja auch untereinander aktiv werden oder er sich eben auch anders um einen befriedigenden Abschluß
bemühen, wie sie es ja auch bereits erlebt hatte.
Gundula zögerte nun etwas und fragte dann leise: "Bei all diesen Erfahrungen, bin ich allein denn dann überhaupt genug?" Paul lächelte sie an, umarmte sie und küßte sie kurz auf die Wange und erwiderte sehr bestimmt: "Ja!" Nun lächelte Gundula auch, in dieser Beziehung waren ihre Zweifel zerstreut, weil Paul offenbar keine hatte. Sie wies darauf hin, daß sie nun eilen müsse und war dann auch schon angezogen und flitzte durch die verborgene Tür davon.
Zum Frühstück trafen sie sich bereits wieder, diesmal war es sogar ein halbwegs offizieller Termin samt dem Königspaar und dem Reichskanzler, bei dem einige aktuelle Angelegenheiten besprochen wurden. Da Gundula ja abwesend gewesen war, berichtete der Reichskanzler recht formlos über einige Projekte, welche derzeit entweder bereits umgesetzt wurden oder in einer fortgeschrittenen Planungsphase waren. So war Gundula auch hier wieder auf dem aktuellen Stand und es war klar, daß Entscheidungen anstanden, ob oder wann Gundula wieder in die Projekte einstieg, bei denen sie die letzten Tage ausgefallen war. Man vereinbarte jedenfalls offizielle Termine zu verschiedenen Projekten, an denen dann festgelegt werden sollte, wie es weiterging. Bis dahin sollte Gundula bei ihren Projekten schon einmal nachfragen und sich auch bei den Details auf den laufenden Stand bringen.
Ansonsten war aber eigentlich ein freier Tag angesetzt, nachdem die Krötengeschichte nun als abgeschlossen gelten konnte. So schlenderten Gundula und Paul dann durch den schönen Garten. Bald steuerte Gundula auch schon eine hübsche Ecke an, wo sie sich einfach nebeneinander ins Gras legten. Im Garten war sonst niemand, sie hatten also ihre Ruhe und konnten nun klären, was es noch vom Vortag zu klären galt.
So kam Gundula auch recht schnell zum Thema: "Also auch mit Bedenkzeit, ich bin fest entschlossen und ziehe meinen
Antrag keinesfalls zurück."
Nun war ihr wieder ziemlich schummrig, ihr Herz raste, sie zitterte ein wenig und sah Paul an.
Der aber lächelte sie freundlich an und sagte nur: "Gut, wenn das so ist, nehme ich an!"
Es dauerte einen Moment, bis Gundula realisierte, daß es gar keine Diskussion gegeben hatte und sie atmete tief
aus und sprang dann beinahe zu ihm hinüber, um ihn zu umarmen und zu küssen, daß sie über die Wiese kullerten.
Das war jetzt wie der Antrag nicht ganz nach Protokoll, und darauf legte Gundula offenbar auch weiterhin keinen
großen Wert, ein wenig aber wohl schon, denn nachdem sie sich so etwas verausgabt hatten,
sprach sie einfach: "Also dann ist der Pakt geschlossen, wir sind Mann und Frau, niemand hat uns da mehr reinzureden.
Nun wirst du mich nicht mehr los, keine Chance!"
Paul versicherte daraufhin vergnügt, daß er doch wohl sehr schwer davon ausgehe, sie nicht mehr loszuwerden.
Gundula bot nun wiederum an, darüber zu reden, wo sie nun weiter zusammenleben würden.
Aber Paul meinte gleich ohne weiteres Zögern, natürlich würden sie hier bleiben, hier habe sie doch zu tun -
und wenn sie ihm das zutraue, könne er ja auch sehr gern an diesem oder jenem Projekt mitwirken und schauen,
ob er das in ihrem Sinne voranbringen könne.
Für sein Gut müßten sie nur einen neuen Verwalter organisieren oder eben jemanden dort aus der Gegend dazu benennen,
gegebenenfalls noch etwas qualifizieren.
Sie könnten dann ja gelegentlich wieder einmal einen Ausflug dorthin machen und eine Woche oder zwei bleiben.
Mit Bractland war er offenbar fertig, denn er betonte auch gleich,
er würde da aus seinem Prinzentitel sicher keine Ansprüche erheben und auf sämtliche Ämter verzichten,
wobei er bezweifelte, daß man ihm überhaupt eines anböte, es sei denn ein Posten auf dem nächsten Scheiterhaufen.
Indessen hier als Ehemann einer Prinzessin sei er wohl beschützt genug,
daß man sein Überleben wohl nicht mehr geheimhalten müsse.
Jedenfalls könnte er so also wenigstens für das Protokoll noch einen halbwegs aktuellen Prinzentitel einbringen.
Ansonsten habe sie einen nicht allzu reichen Mann mit nur einem kleinen Gut und etwas Geld genommen,
den sie mehr oder weniger so mit durchschleifen müsse, also wohl in geeignete Projekte stecken,
damit er sich nützlich machen könne.
Gundula war zufrieden und meinte nur, sie sei sich sicher, da werde sich etwas finden lassen. Hinsichtlich des Protokolls aber meinte sie, da sollten sie nun umgehend tätig werden, um sich eine offizielle Urkunde ausstellen zu lassen, damit solch ungezügelte Kugeleien im Garten oder an anderen Orten kein unnötiges Aufsehen erregten. In dieser Angelegenheit möge er bitte noch ihr das Wort lassen, ansonsten sei er von nun an natürlich von seiner Zusage vor der Grenze befreit, den weiteren Weg müßte sie dann gemeinsam gehen und sich irgendwie einig werden. Ihr Reich sei nun auch das seine und stehe alsbald bereit für eine ausgiebige, gemeinsame, aufregende Erforschung. Paul war sich ziemlich sicher, daß sie irgendwie wieder gleichzeitig über zwei Themen sprach, wollte da aber nicht sofort in Details einsteigen, sondern erst einmal abwarten, was sie nun vorhatte. So nickte er nur leicht, legte den Kopf etwas schief und lächelte sie an. Damit stand sie auch schon auf, zog Paul ebenfalls hoch und hinter sich her ins Schloß, dabei bemerkte sie dann noch: "Laß mich einfach machen, meine Eltern sind öfter etwas komisch, gerade wenn es um mich geht. Und die machen gerne die Dinge komplizierter als sie sind - und dann dauert eine einfache Sache wieder Tage oder Wochen und ein Gremium wird eingesetzt, um alles genau zu planen. Das wollen wir doch wirklich nicht. Du kennst mich ja, ich bin etwas impulsiv, darauf solltest du gefaßt sein, aber dann werden wir noch heute solch eine Urkunde in den Händen halten."
Gundula nahm den Weg zum Reichskanzler, teilte diesem mit, daß sie sogleich in einer äußerst dringlichen Angelegenheit mit ihren Eltern reden werde, wobei sie davon ausgehe, daß er an diesem Gespräch Interesse haben werde. Ohne zu warten, zog sie Paul an der Hand nun weiter durch das Schloß, nach kurzer Nachfrage bei einem Bediensteten zu dem Raum, in welchem nach dessen Angaben ihre Eltern anzutreffen sein sollten. Der Reichskanzler mußte sich schon beeilen, um einigermaßen Schritt zu halten. Vor dem Raum machte Gundula nur eine wage Geste zur Wache, diese klopfte kurz an, Gundula aber machte noch eine weitere Geste und so wurde die Tür beinahe gleichzeitig mit der Antwort geöffnet.
Drinnen saßen ihre Eltern und hatten wohl gelesen. Gundula stürmte herein und sprudelte heraus: "Hiermit möchte ich euch mitteilen, daß ich Paul einen Eheantrag gemacht habe. Es handelt sich übrigens um den Prinzen von Bractland. Und er hat angenommen. Damit sind wir nun ein Paar. Es gibt keine Diskussion, keine Gremien, keine Verhandlungen oder ewig lange Planungen. Es soll nur sofort die Urkunde ausgestellt werden, wie es das Protokoll vorsieht. Der Reichskanzler mag gleich nach den Beamten schicken, damit sie ausgestellt und von allen unterschrieben wird."
Noch bevor aber jemand etwas erwidern konnte, eilte sie bereits auf Paul zu und sprang von vorne an ihm hoch, die Arme um den Hals und die Beine um die Hüften geschlungen, dazu sagte sie recht ruhig: "Ich bleibe hier und lasse nicht eher los, bis die Urkunde zur Unterschrift bereitliegt." Paul griff etwas überrascht, aber recht reaktionsschnell zu und hielt sie fest.
Der König aber hob kaum merklich in Richtung zum Reichskanzler hin den Kopf an, welcher fasziniert,
auch ein wenig amüsiert vielleicht die Schultern zuckte, während die Königin sprach:
"Kind, warum nur so impulsiv, der arme junge Mann!
Das muß nun wirklich sofort sein? - und so, so, impulsiv und wild?"
Gundula klammerte noch fester.
Der König aber sprach: "Kind, was du nur für Flausen im Kopf hast, deinem armer Paul wird noch die Luft wegbleiben, noch bevor die Urkunden vorliegen. Ich hätte es zwar vorgezogen, das alles sorgfältig zu planen und uns ein wenig Zeit zu geben, uns daran zu gewöhnen, ein angemessenes Fest vorzubereiten, aber offenbar ist die Angelegenheit wirklich dringlich. Und niemand hier vermag es wohl zu wagen, dich davon abzuhalten, zu tun, wozu du dich entschlossen hast. So kannst du ihn also ruhig schon wieder loslassen. Du bist eine erwachsene Frau, vom Alter her jedenfalls, da könntest du wenigstens in Ansätzen dem Protokoll folgen, statt deinen Mann fast zu erdrücken, nur um uns zu beeindrucken."
Gundula war etwas überrascht, daß ihre Eltern nicht ihrerseits überrascht waren und bislang keine Einwände geäußert hatten,
so erwiderte sie, während sie die Umarmung etwas lockerte: "Ähm, ich hatte etwas mehr Widerstand von eurer
Seite erwartet, aber ich will trotzdem abwarten, bis die Urkunden da sind."
Der Reichskanzler nickte nur still und winkte einen Bediensteten heran und flüsterte diesem etwas zu,
worauf dieser gleich davoneilte.
Ihre Mutter sprach: "Mein Kind, du glaubst doch nicht, daß es uns gänzlich entgangen wäre,
wie sehr du diesem jungen Mann zugetan bist?
Gut, es hat uns erstaunt, daß das nun so schnell gegangen ist, wenn man die Dramen mit den vorherigen Kandidaten bedenkt,
aber der junge Mann ist uns wohl willkommen, wenn er solchen Eindruck auf dich macht.
Wir haben wohlwollend zur Kenntnis genommen, welch guten und beruhigenden Einfluß der junge Mann auf dein Verhalten hat,
jedenfalls bis vor wenigen Minuten."
Dabei schmunzelte sie etwas.
Der König aber wies ganz praktisch neben sich auf das Sofa und bot Paul einen Platz an: "Junger Herr, ich fürchte, da ihr zugestimmt habt, werdet ihr mit unserer lieben Tochter, dieser süßen Plage noch manche Last zu tragen haben, damit ihr euch dabei nicht gleich heute verausgabt, setzt euch erst einmal. Ich denke, los bekommen wir sie ohnehin nicht, bis sie ihren Kopf durchgesetzt hat, aber so habt ihr es wenigstens etwas leichter. Ich sehe das mit einem lachenden und einem weinenden Auge, daß ihr sie jetzt am Halse habt. So können meine Frau und ich wohl nun etwas entspannter zusehen, wie sich die Dinge entwickeln, die sich dann eben entwickeln, wenn zwei sich gefunden haben."
Paul nickte dankbar, ging hinüber und ließ sich mit seiner süßen Last auf das Sofa plumpsen.
Der Reichskanzler ergriff nun das Wort: "Nun, da man sich einig zu sein scheint, möchte ich sagen,
ich hatte vorsichtshalber bereits Urkunden in dreifacher Ausfertigung anfertigen lassen,
eine für die Braut, eine für den Bräutigam, eine für das Staatsarchiv.
Es müßte dann nur noch der Name des Herren eingetragen und unterschrieben werden, wenn die Urkunden herbeigeholt sind.
Sie sollten bereits unterwegs sein."
An Paul gewendet hakte er nach: "Habe ich die Prinzessin eben richtig verstanden,
daß sie Prinz Paul von Bractland als ihren Namen nannte?"
Paul nickte: "Ja, so wurde ich wohl genannt, wobei ich sagen muß, der Titel ist wohl keiner,
den man wirklich noch stolz tragen mag, wie sich die Dinge in meiner früheren Heimat seit meiner frühen Jugend entwickelt haben."
Der Reichskanzler nickte: "Besonders das letzte Jahr hat in weiten Kreisen für Aufmerksamkeit gesorgt.
Es wurde bekannt, die gesamte Königsfamilie sei ermordet worden?"
Paul nickte: "Das trifft wohl so weit zu, als der König und meine beiden Brüder und meine beiden Schwägerinnen tot sind.
Eine Leiche mit zerschossenem Kopf hat man für mich gehalten, weil ein Vertrauter meiner vor langem verstorbenen Mutter mir half,
die Kleider zu tauschen und zu fliehen. Ich denke, mir blieb keine andere Wahl.
Sicherlich keine Heldentat, aber hätte ich wirklich für das Königshaus kämpfen und sterben sollen?
Wie ihr vielleicht wißt, verstarb meine Mutter bereits zur Zeit jener großen Seuche, die Bractland heimgesucht hat.
Und seitdem ist die Lage eskaliert."
Der Reichskanzler nickte: "Jaja, es ist wohl bekannt, seit eure Mutter verstarb,
wurde es finster um euren Vater und er regierte sein Land ins Verderben.
Zum Glück scheint ihr in der Hinsicht mehr nach der Mutter zu kommen,
die wohl auch lieber gegangen wäre, nachdem sich alles so entwickelt hatte.
Eure Mutter hatte ich einmal bei einer diplomatischen Mission kennenlernen dürfen, noch bevor sie verheiratet war,
eine kluge und warmherzige Frau, furchtbar und tragisch ihr Tod bei dieser grausamen Seuche.
Ich erkenne einige ihrer Gesichtszüge wieder, auch welche von eurem Vater, den ich auch einmal persönlich traf,
als es noch einen offiziellen Kontakt zwischen unseren Länder gab."
Es herrschte einen Moment Stille.
Der König aber fragte dann Paul scheinbar nur nebenbei über die Schultern hinweg,
also primär über seine und die seiner Tochter, die noch immer Paul umschlungen hatte:
"Prinz Paul, nun da ihr in der dortigen Thronfolge nun wohl an erster und einziger Stelle steht, erhebt ihr Ansprüche?"
Paul schüttelte den Kopf: "Nein, ich denke, meine Familie hat das Recht verwirkt, dort Ansprüche zu stellen.
Zumal ich auch vermute, sie würden von einer großen Mehrheit nicht anerkannt werden.
Wobei man leider sagen muß, es gibt keine solche, es sind kleine Gruppen, die sich gegenseitig zerfleischen.
Statt sich zu einigen oder Kompromisse zu schließen, um einen Neuanfang zu schaffen, ist ein furchtbares Chaos entstanden."
Der König meinte dazu: "Gut, ich denke, wir könnten einigen Einfluß auf einige Nachbarstaaten nutzen,
welche vermutlich nicht alle mit denselben Gruppen sympathisieren, daß man auf diese Gruppen einwirkt,
damit sie sich an einen Tisch setzen und etwas erreichen, statt sich weiterhin gegenseitig die Köpfe einzuschlagen."
Paul nickte: "Wenn euer Einfluß so weit reicht, wäre ich euch dafür sehr dankbar, auch im Namen des Volkes,
welches unter diesen Zuständen ähnlich leidet wie unter der vorherigen Regentschaft meines Vaters.
In der abgespaltenen Region Wrec, die nun eines eurer Nachbarländer ist,
scheint der Gedanke einer Republik ohne König etwas zu sein,
was sich gerade entwickelt und zu funktionieren scheint.
Das könnte ein Modell für ganz Bractland sein."
Der König meinte dazu: "Ja, wir haben mit Interesse und Wohlwollen verfolgt, daß es so in der Region Wrec ruhig blieb. Der Handel hat durchgehend funktioniert und wir konnten die Grenzen offenlassen, zwar etwas besser bewacht, aber letztlich doch durchlässig für den normalen Verkehr. Ihr habt wohl recht, dort hat man viel mehr erreicht. Das ist bei der derzeitigen Gewalt in Bractland sicher noch ein weiter Weg, um so weit wie in Wrec zu kommen, aber sie müssen irgendwann mit den ersten Schritten anfangen."
Sie schwiegen einen Moment und das Thema schien damit erst einmal erledigt.
Dann fuhr der König fort: "Prinz Paul von Bractland, könnt ihr euch denn vorstellen, euch hier bei unseren Problemen zu engagieren?"
Paul nickte: "Selbstverständlich. Ich hatte ja bereits erste kleine Einblicke in verschiedene Projekte.
Ich denke, bei einigen werde ich meine bescheidenen Kenntnisse hilfreich einbringen können.
Zum Glück hat meine Mutter bei mir schon früh das Interesse für viele Wissenschaften und die Kultur geweckt,
das sollte hier nützlicher sein als das, was mein Vater mir zu vermitteln suchte,
was allenfalls dazu taugen würde, die Menschen zu verderben, das braucht man aber in keinem Reich."
Der König nickte ebenfalls: "Gut, sonst hättet ihr uns doch sehr in Verlegenheit gebracht,
wenn ihr einfach wieder mit unserer Tochter abgezogen wärt, wie ihr wißt unsere einzige.
Wir sind alt und möchten gerne in einiger Zeit friedlich den Sonnenuntergang und den Lebensabend genießen,
da ahnt ihr wohl schon, da sind Stellen vakant.
Das Reich könnte da nur sehr schwer auf unsere Tochter verzichten.
Und wie es aussieht, also einmal abgesehen von solchen Einfällen hier, macht sie gute Fortschritte."
Sie schwiegen wieder einen Moment und auch das Thema schien damit erst einmal erledigt.
Die Königin begann nun wieder: "Mein Kind, ich denke,
wenigstens ein kleines Fest heute Abend wirst du uns schon durchgehen lassen müssen, man wäre sonst im Reich sehr brüskiert.
Das wollen wir ja nicht.
Die kommenden Tage werden wir dann auch einladen müssen,
zwar sind noch viele von den vorherigen Feiern zu deiner Rückkehr in der Stadt,
aber einige werden doch etwas mehr Zeit brauchen, um hier einzutreffen.
Unter den Umständen und der ganzen Aufregung mit dem Attentat und der Rückkehr mit edlem Retter
werden die Gäste wohl Verständnis dafür aufbringen, daß nicht alles ganz nach dem üblichen Protokoll abläuft.
Nun, vielleicht rechnet damit bei Gundula sowieso niemand."
Und dabei schmunzelte die Königin, nickte ihrer Tochter freundlich und ermunternd zu.
Gundula war einverstanden, war sie doch schon froh, daß man besprach, wie man das Ereignis feierte, gar nicht darüber,
ob das Ereignis angemessen war und überhaupt stattfinden sollte.
Trotzdem ließ sie noch nicht ganz locker.
Nun kamen Bedienstete mit Mappen herein und der Reichskanzler fragte nach der Art des gewünschten Vertrages.
Gundula forderte einen einfachen, also lediglich eine Urkunde über den eigentlichen Sachverhalt ohne weitere Klauseln
und Komplikationen.
Der Kanzler hatte wirklich auch bereits das vorbereiten lassen.
So legte er die Urkunden ab, König und Königin traten hinzu und der König fragte seine Tochter:
"Ich nehme mal an - da du dich noch immer wie eine Klette festklammerst -
wir unterschreiben als Zeugen zuerst und dann der Reichskanzler
und die Beamten, erst dann werdet ihr beide unterzeichnen?
Sonst wäre es ja auch zu normal..."
Gundula nickte und sprach: "Ja genau, das ist der Plan."
Und so wurde es gemacht, Gundula stand dann auf, zog auch Paul hoch und sie traten Hand in Hand heran,
der Reichskanzler reichte Stifte und sie unterschrieben die Urkunden.
Der Reichskanzler nahm die für das Staatsarchiv an sich und händigte den beiden ihre Urkunden aus.
Da bereits Mittagszeit war, speiste man zusammen im kleinen Kreis, während der Reichskanzler schon veranlaßt hatte, für den Abend zum Fest zu laden und die frohe Botschaft über die Eheschließung verbreitete sich rasend schnell am Hofe und in der Stadt. Kaum war man mit dem Essen fertig, kündigten sich schon die ersten Gratulanten an, als erste die jungen Damen aus Gundulas Teegesellschaft, zusammen mit einigen Herren. So entschloß man sich, die Glückwünsche im Garten entgegenzunehmen. Und es kamen immer mehr Gratulanten, daß das junge Paar gar keine einzige freie Minute hatte. Erst zwei Stunden etwa vor Festbeginn kam dann die Königin persönlich in den Garten und drängte ihre Tochter zur Kleiderprobe mit einem festlichen Hochzeitskleid, während sie Paul entsprechend zu seiner Kleiderprobe geleiten ließ. Irgendwie hatte das Protokoll sie nun erst einmal fest im Griff. Gerade noch konnte Gundula ihrem Mann noch einen Kuß aus der Ferne zuwerfen und winken, was er beides eiligst erwiderte. Dann trennten sich erst einmal ihre Wege.
Paul war bereits recht pünktlich für das Fest fertiggeworden, von Gundula war noch weit und breit nichts zu sehen. Die Gäste plauderten und warteten.
Und dann kam endlich Gundulas großer Auftritt im Brautkleid - mit deutlicher Verspätung, wie sich das wohl für eine Prinzessin als Braut gehörte. Das erhöhte die Spannung bis ins Unerträgliche und gehörte somit zum Ritual einer guten Hochzeit an einem Köngishof. Als sie in den Saal trat, schien für einen Augenblick die Zeit stillzustehen. Still bewunderten alle die prachtvolle Erscheinung der Braut in einem wirklich märchenhaften Brautkleid, welches man gesehen haben mußte, daher hat es gar keinen Zweck, es überhaupt beschreiben zu wollen. Es blieb im Grunde ein Wunder, wie man das so schnell hatte beschaffen oder gar herstellen können (gut, man hatte vermutlich längst eines auf Vorrat, für alle Fälle). Jedes Mal, wenn jemand versuchte, diesen Moment des Festes in Worte zu fassen, stockte der Atem des Erzählers, brach der Stift des Schreibers, erzitterten die Hände des Gestikers. Man mußte dabeigewesen sein, um es sich vorstellen zu können.
Bald folgte ein festliches Bankett, welches man nicht nur schnell und routiniert improvisiert hatte, in aller Schnelle hatte man alles daran gesetzt, es auch durch die Speisen zu einem ganz besonderen Erlebnis zu machen.
Später wechselte man in den Ballsaal und den ersten Tanz hatten natürlich wieder Gundula und Paul, sogar ganz exklusiv, was Paul mächtig nervös machte, auch weil man bei dem langen Kleid zum einen die Füße nicht sah, nicht einmal ahnen konnte, wo die Beine endeten und man sich zudem sehr leicht mit dem über dem Boden schleifenden Kleid verheddern konnte. Es war daher schon sinnvoll, ihnen die gesamte Tanzfläche zu lassen. Jedenfalls tanzten sie sehr vorsichtig und mit Bedacht.
Als das erste Tanzstück zuende war, waren sie glücklich und ohne zu stürzen oder zu stolpern an einem
Rand der Tanzfläche angelangt. Gundula lachte glücklich und Paul stimmte mit ein. Sie meinte:
"Das Kleid ist ja ganz hübsch, aber ziemlich unpraktisch. Erinnerst du dich, wie ich den trüben Teich
saubergemacht habe, fühlt sich beinahe so an, als würde ich noch einmal durch den Teich waten!"
Paul meinte daraufhin: "Na, da hattest du immerhin den Einfall, das Kleid in der Höhe der Oberschenkel
zusammenzuknoten."
Gundula grinste: "Ich glaube, wenn ich das hier machen würde, würde es wirklich etwas mehr Unruhe geben.
Aber wie immer bist du eine kluger Ratgeber. Ich meine wir können es wagen, die Schleppe um die Taille
zu wickeln und zu verknoten. Mutter wird einen Augenblick der Atem wegbleiben, aber wir können auch
noch einen zweiten Tanz wagen, wenn alle anderen auch auf der Tanzfläche sind, vielleicht auch noch
einen dritten?"
Paul nickte und half ihr kurzerhand lachend.
Schon hatte der zweite Tanz begonnen und so ging es wirklich ganz gut.
Nach dem dritten machten sie Pause und schlenderten in einen anderen Raum und beteiligten sich an Plaudereien,
achteten aber diesmal darauf, nicht getrennt zu werden.
Später wurden sie dann wieder im Ballsaal erwartet. Zwar gab es nun auch bei Paul ein paar organisatorische Hürden und administrative Maßnahmen, die eingehalten werden mußten, um einen Tanz mit ihm zu ergattern, jedenfalls hatten es ein paar Damen geschafft, ebenso wie ein paar Herren bei Gundula, so daß sie sich nun doch erst einmal trennen mußten. Allerdings hatte die Administration natürlich darauf geachtet, daß sie auch ein paar gemeinsame Tänze hatten und ausreichend Pausen.
Er schien sich beinahe zu einem Spiel zu entwickeln, bei dem es darum ging, das Brautpaar noch ein Weilchen davon abzuhalten, sich ins Private zurückzuziehen. Kaum näherten sie sich auch nur grob der Nähe einer Tür raus aus dem Festbereich, waren da schon wieder Leute, die noch nicht gratuliert hatten und denen noch einfiel, was sie unbedingt noch wünschen sollten. Dann aber waren sie schon wieder so lange anwesend, daß es bereits die nächsten Tanzpartner geschafft hatten, die administrativen Maßnahmen hinter sich zu lassen und so weiter und wieder von vorn.
Irgendwann spät in der Nacht gelang es den beiden dann doch, sich zu verabschieden und das bereits deutlich ruhiger gewordene Fest zu verlassen. Man hatte Gundulas Räume für die beiden vorbereitet, was im Wesentlichen hieß, daß zusätzlicher Blumenschmuck aufgestellt worden war, auch einige Erfrischungen und Getränke. So war also für alles gesorgt.
Nachdem endlich die Tür hinter ihnen zugefallen war, lachten sie erleichtert auf. Zwar hatte sie der Tag ziemlich geschafft, aber jetzt waren sie glücklich und endlich ungestört und miteinander allein. Sie fielen sich in die Arme. Dieser große Protokollpunkt wäre auch abgehakt.
Nach einigen hastig getauschten Küssen fragte Paul dann: "Was ist denn nun der nächste Punkt gemäß Protokoll?
Oder gibt es ab hier keines mehr?"
Gundula lachte: "Oh, es gibt schon eines, es ist nur nicht mehr so detailliert.
Jedenfalls bei den Zweck- oder Bündnisehen kommt jetzt wohl der Punkt der Pflichterfüllung, poetisch gesprochen
stellt die Frau den Acker, in den der Mann sät, auf daß das Bündnis bald Früchte trage.
Nachdem die Saat ausgebracht ist, zieht sich der Mann dann in seine eigenen Gemächer zurück.
Man wiederholt das dann gelegentlich zu geeigneten Zeitpunkten."
Paul meinte dazu ernst: "Klingt nicht sehr vielversprechend, schon gar nicht für die Frau, jedenfalls was das
Prozedere an sich anbelangt."
Gundula erwiderte: "Na zum Glück sind wir davon nicht betroffen.
Wir können das ganz anders gestalten. Und verschwinden sollst du danach sicher auch nicht."
Paul hatte während des Gespräches schon einen Teil seiner Kleidung ausgezogen, fummelte nun suchend an Gundulas
herum und fragte schließlich: "Sag mal, ich wollte dir helfen, es etwas bequemer zu haben, aber bei deinem
Brautkleid steige ich nicht durch, finde nicht den Dreh, wie geht das auf?"
Gundula seufzte, lachte dann aber heiter: "Oh, armer, liebster Paul, das Kleid ist tückisch, wie all die
Ablenkungen und Verzögerungen auf dem Fest Tradition, um dem Paar noch ein Paar Hindernisse in den Weg zu legen.
Aber das Kleid ist auch wichtig, die Braut bewahrt es als Andenken, daher soll es nicht beschädigt werden."
Paul meinte daraufhin: "Das ist ja in Ordnung, ist ein sehr schönes Kleid, aber wie legst du es ab - oder magst du nicht?"
Gundula küßte ihn sanft und flüsterte: "Es ist zugenäht, willst du mich ohne haben, mußt du vorsichtig die entscheidenden Nähte ziehen. Dazu gibt es da irgendwo auf dem Tisch sogar ein kleines, lächerliches Werkzeug, mit welchem man dafür
Stunden braucht. Du kannst aber auch bis Morgen warten, dann wird das von den Schneiderinnen etwas schneller erledigt.
Bei den Schuhen könntest du mir helfen, ohne wird mir sicher jetzt guttun."
Paul half ihr natürlich und stellte dabei fest, daß ihre Strümpfe praktisch in eins ins Kleid übergingen, oben im Bereich
der Oberschenkel, wie er mit einem probierenden Tasten bei der Gelegenheit feststellte.
Gundulas kicherte: "Es ist wirklich komplett vernäht, von den Füßen bis ganz den Hals hinauf, sogar die Handschuhe sind
mit dem Kleid vernäht.
Es gab auf dem Weg zur Kleiderprobe von meiner Mutter sogar die sehr peinliche Frage, ob wir beide vielleicht den Dingen bereits vorgegriffen hätten, so daß man sich sehr sorgfältige Arbeit beim Zunähen des Kleides wohl sparen könnte.
Da habe ich natürlich heftig den Kopf geschüttelt und erklärt, auch wenn ich dir recht nah gekommen sei, in der Hinsicht hätten wir uns beide doch an das Protokoll gehalten und der Tradition nicht vorgegriffen."
Dabei schmunzelte sie. "Somit hat man mich dann also gemäß alter Tradition vollständig und sorgfältig als Geschenk verpackt, welches du nun auspacken darfst, wenn du magst!"
Paul stand wieder, zog sie mit einer Hand an sich heran und strich mit dem Finger von der Wange über Hals und Schulter und über ihren Arm bis zu den Fingern.
Tatsächlich, es war alles in dieses Kleid gehüllt, welches teilweise recht eng saß, etwa am Hals und den Händen, der Taille,
der Trägerin an anderen Stellen aber den notwendigen Platz zum Atmen und Bewegen ließ.
Paul dachte einen Moment und fragte dann nach: "Hmm nun gut, aber was machst du oder wohin, wenn du mal austreten müßtest?"
Gundula kicherte wieder: "Das erledigt man besser alles sehr sorgfältig, bevor man eingenäht wird, danach wird es etwas
peinlich. Man braucht Hilfe dabei. Traditionell hilft die Mutter oder eine Vertraute. Es gibt unten eine Stelle, wo der
Stoff nur mit zwei Schleifen zusammnengehalten wird. Die müssen gelöst werden, dann klappt man das auf, positioniert
das Kleid geeignet und dann geht es los. Danach hält man das Kleid wieder vorsichtig beim Aufstehen und die Öffnung wird
wieder verschlossen.
Um diese Prozedur zu vermeiden oder wenigstens hinauszuzögern, ißt und trinkt man sehr wenig bei diesem Fest als Braut.
Meine Mutter mußte mir wirklich einmal helfen. Und ich kann dir versichern, daß war für uns beide eine heikle Mission."
Paul nickte: "Ja, das leuchtet ein, besonders weil sich deine Eltern doch recht distanziert und formell verhalten!"
Gundula meinte dazu: "Oh, wenn es privat ist, sind sie auch einmal nicht so formell. Sie sind schon in Ordnung, auf ihre
Art."
Paul führte den Gedanken fort: "Oh, und nun, also solltest du jetzt noch in die Verlegenheit kommen, eine solche
Örtlichkeit aufzusuchen zu müssen, wartet deine Mutter draußen vor der Tür?"
Gundula kicherte wieder: "Nein, nachdem die Tür geschlossen ist, bin ich nun allein dein Problem.
Übrigens bei den Zweckehen ist besagter Zu- oder Ausgang übrigens auch der Weg, über den man die Angelegenheit
erledigt, so ersparen sich auch beide das Auspacken und nackte Peinlichkeiten, wie sie unter nicht vertrauten
Personen wohl vorzukommen pflegen. Wenn du möchtest, können wir es auch so machen..."
Paul unterbrach sie: "Nach Protokoll?"
Gundula grinste: "Das Protokoll ist da nicht sehr ausführlich, aber tatsächlich gibt es kurze Vorschläge für
angemessenes Vorgehen."
Paul nickte amüsiert: "Laß hören!"
Gundula atmete einmal tief durch und erklärte: "Also gut, bei der ersten Methode geleitet der Herr die Dame
zu einem Tisch, einem Stuhl oder einem anderen passend hohen und ausreichend stabilen Möbelstück.
Die Dame stützt sich ab und beugt sich weit vor, die Beine etwas auseinander.
Der Herr nimmt die Schleppe und den unteren Teil des Kleides hoch und wirft es über die Dame, vor welcher die
weiteren Vorgänge so weitgehend verborgen bleiben können. Jedenfalls macht der Herr seine Hose auf,
zieht die betreffenden Schleifen am Kleid. Und dann, um das etwas zunächst militärisch zu beschreiben,
macht er sein Gerät fertig, um die Festung zu stürmen, vorzustoßen und einzudringen, um dann quasi als Bauer das neue Feld zu bestellen. Danach wird die Dame zum Bett begleitet, wo der Herr der Dame hilft, sich hinzulegen und Po und Oberschenkel
etwas hochzulegen, damit die Dinge in die richtige Richtung fließen. Dann kann der Herr gehen und die Dame bleibt eine
Weile liegen. Nachdem der Herr gegangen ist, kommen dann wieder Dienerinnen herein und kümmern sich.
Bei der anderen Variante liegt die Dame hingegen auf dem Rücken, entweder an der Bettkante, zunächst mit herabhängenden
Beinen oder auf einem Tisch. Der Herr legt ihr dann wieder das Kleid über den Kopf, um ihr weitere Details zu verbergen
und geht ähnlich wie zuvor vor. Die Beine der Dame und ihren Po hebt er dabei im Bedarfsfalle auf eine passende
Höhe, legt Kissen drunter, etc, das bleibt dem Geschick des Herren überlassen, wie er gegebenenfalls ungünstige
Höhenunterschiede anpaßt und seinen Vorstoß in das noch unentdeckte Geheimnis vorbereitet und durchführt.
In der Hinsicht ist ein Mann mit Erfahrung vermutlich etwas besser geeignet als ein ebenfalls unerfahrener, der
nicht so recht wissen mag, wie die Attacke zu reiten ist."
Paul meinte dazu: "Nun, das kann technisch schon funktionieren, ich kann mir schon vorstellen, daß so mancher Mann durch die Situation ausreichend stimuliert wird, um die Angelegenheit in dieser Weise und zu diesem Zweck zum Abschluß zu bringen. Für die Frau wird es auf jeden Fall wenig erbaulich sein. Insgesamt für zwei gleichberechtigte Liebende sicherlich eine suboptimale Variante. Dabei meine ich nicht die Methoden an sich, mehr schon die fehlende Vorbereitung und Beteiligung der Dame."
Gundula sagte: "Ja, aber wenn du magst, ist es in Ordnung für mich. Nach dem, was ich gelesen habe, kann die erste Erfahrung in dieser Angelegenheit für die Frau ohnehin irritierend sein, von daher ist es also auch akzeptabel, wenn das dann zügig und wenigstens erfolgreich für den Herren zum Abschluß gebracht wird." Gundula wirkte dabei etwas unsicher, was da auf sie zukommen mochte an neuer persönlicher Erfahrung.
Paul aber schüttelte den Kopf: "Ich meine, es ist deutlich angenehmer, wenn du dich wohlfühlst, dich entspannen kannst.
Zudem - du bist eine erfahrene Reiterin, eine gute Kampfsportlerin, da vermute ich doch,
daß die Irritationen bei dir sehr gering sein werden.
Wenn ich dann noch hinzunehme, was ich bei unserem kleinen Forschungsausflug in jener Scheune herausgefunden habe,
so solltest du dich nicht sorgen, das wird schon ungefähr passen, also keine wirklich unangenehme Erfahrung."
Gundula umgriff seine Arme und flüsterte: "Ich vertraue dir, auch in dieser Angelegenheit.
Hier wird es besser sein, dir ganz die Führung zu überlassen.
Ich muß zugeben, ich bin da etwas nervös und unsicher, bin mir aber auch sicher, bei dir gut aufgehoben zu sein."
Paul strich ihr sanft mit dem Handrücken über die Wange: "Ich meine, ich schaue einfach einmal,
was ich mit diesem uns zur Verfügung gestellten lächerlichen Werkzeug an den Nähten auszurichten vermag,
um dich zu befreien. Es sei denn, du bist müde, dann kuscheln wir uns einfach so aneinander ins Bett."
Gundula grinste: "Oh, wenn du magst, mach dich ruhig an mir zu schaffen mit deinem Werkzeug und schau,
wie weit du kommst. Ich habe mich ohnehin bereits auf eine lange Nacht gefaßt gemacht.
Was du auszupacken vermagst, gehört erst einmal dir!"
Paul ging auf das doppeldeutige Thema ein: "Na auf eine lange Nacht hatte ich mich auch gefaßt gemacht,
gar gefreut, ich hatte aber eher an ein anderes Werkzeug gedacht und hätte nicht vermutet,
daß du so zugeknöpft, beziehungsweise zugenäht daherkommst.
Aber es hat schon seinen Sinn mit dieser Tradition, insbesondere wenn das neue Paar noch
nicht so vertraut miteinander ist.
So fummelt der Mann die ganze Nacht vorsichtig an der Frau herum, hilft ihr,
sie kommen sich ganz automatisch näher, um die Dame freizulegen..."
Gundula lachte: "So hatte ich es noch gar nicht gesehen, aber du magst recht haben,
die Tradition hat also einen gewissen Zweck und ist nicht nur ein Spaß mit den Brautleuten."
Paul ergänzte: "Mehr noch, er muß ja auch sehr behutsam und vorsichtig agieren, um bloß nichts zu beschädigen,
und das scheint mir doch auch ein wesentlicher Punkt zu sein, den der Herr lernen muß, wo er schon einmal
das Glück hat, solch eine reizend in Form gebrachte Braut in die Finger zu bekommen, die willig ist,
sich die ganze Nacht befummeln zu lassen."
Da lachten beide vergnügt und dann wurde es ernst. Paul jedenfalls nahm das Werkzeug vom Tisch. Es sah ähnlich wie eine kleine Häkelnadel aus. Gundula setzte sich mit ganz aufrechter Haltung und mit im Schoß gefalteten Händen auf einen Stuhl, während Paul die Nähte analysierte, die Gundula ihm nannte. Gundula schlug vor, es zunächst mit dem Armstück zu versuchen. Paul spürte dort die Naht entlang, Gundula erhob die Hand und wirklich fand Paul in der Achselgegend einen Anfang, gehalten von einer kleinen Schleife. Paul schaffte den Anfang, löste geduldig die Naht. Das zog sich ziemlich dahin, denn die Naht war fest und sehr fein ausgeführt und er sollte ja nichts beschädigen. Die Naht ging den Arm hinunter und schnell stellte er fest, daß das Armstück so vor allem weiter wurde und wies Gundula darauf hin, die beruhigte ihn allerdings, nur so könne sie nachher den Arm aus dem Kleid ziehen. Die Hauptnaht müsse mittig auf dem Rücken sein. Paul fand sie, fuhr aber geduldig mit der Naht am Arm fort.
Als er diese Naht endlich geschafft hatte, konnte Gundula wirklich ihren Arm in dem Kleider leichter bewegen. Also nahm sich Paul den zweiten Arm vor. Danach machten sie eine Pause. Paul gab Gundula etwas zu trinken, die es vorsichtshalber vorzog, durstig zu bleiben und nur ein wenig zu nippen und nicht viel mehr als den Mund zu befeuchten. Ein paar Früchte aber nahm sie an. Auch Paul trank und aß von den Früchten und fühlte sich bald gestärkt für weitere Fummelei.
So begann er mit der Naht auf dem Rücken, was gar nicht so einfach war, weil der Anfang hoch im Nacken war, verborgen unter Gundulas langen, lockigen Haaren, die gelöst waren und prächtig über das Kleid wallten. Da Gundula nun die Arme wieder besser bewegen konnte, half sie und hielt die Haarpracht zur Seite. Auch hier ging es nur langsam voran, aber da Paul nicht ungeduldig wurde und konzentriert und ausdauernd weiterwerkelte, kam er allmählich voran. Bald schon konnte er seine Lippen auf Gundulas Nacken drücken, bald schon etwas tiefer. Als die Naht so weit offen war, daß er die Schultern freilegen konnte, gönnte er sich eine Pause mit der Naht und widmete sich ihre nackten Haut und beiden genossen den so mühsam erkämpften Kontakt. So reichte es aber noch längst nicht, um bereits die Arme freizulegen.
Paul schlug vor, Gundula könne sich doch einfach mit dem Bauch auf das Bett legen, da ohnehin alle Nähte hinten seien, nun könne er ganz gut weiterarbeiten - oder man man so wolle, sie von hinten bearbeiten, wenn sie liege Gundula grinste und war gerne einverstanden mit solch einem Stellungswechsel mit der Aussicht, intensiv von hinten bearbeitet zu werden.
Also wechselten sie, Paul half ihr ins Bett und machte es ihr mit Kissen möglichst bequem, positionierte
sie dabei aber auch, daß er die Nähte des Kleides gut bearbeiten konnte.
Paul arbeitete weiter und Gundula seufzte, lag aber ganz ruhig.
Paul fragte nach: "Alles in Ordnung?"
Gundula seufzte erneut: "Du könntest dich gut noch ein wenig auf mich legen und noch ein wenig im Nacken
necken und lecken, wenn du magst, das könnte uns noch ein wenig Wegzehrung für die lange Nacht bescheren."
Das tat Paul natürlich gern, legte sich auf sie, küßte und neckte sie, vergrub sein Gesicht in ihren Haaren
und begann langsam von hinten gegen ihren Po zu stoßen.
Gundula atmete schneller und seufzte wieder: "Wenn du mich so weiter von hinten bearbeitest,
wirst du bald doch noch den Noteingang wählen müssen!"
Paul lachte und meinte: "Oh, so groß ist die Not bei mir noch nicht, ich werden also mal weiter auspacken,
auch damit bei dir nicht etwa die Not zu groß wird
und das Kleid noch unter einem impulsiven Sturm der ungezügelten Leidenschaft Schaden nimmt,
das wollen wir doch keinesfalls."
Gundula meinte: "Jedenfalls wenn du so weitermachst, könnte es wirklich sein,
daß mir bald das Kleid wirklich ziemlich egal ist - selbstverständlich wärst trotzdem du Schuld an dem Schaden..."
Paul antwortete: "Das möchte ich natürlich beides vermeiden,
schon in der ersten offiziellen Nacht Schuld auf mich zu laden, wäre ein fataler Anfang.
Schande, Peinlichkeit und Skandal würde ich ja noch mitnehmen,
Schuld möchte ich aber natürlich nicht absichtlich auf mich laden."
Sie lachten beide und Paul richtete sich wieder auf, strich aber noch sanft durch ihr Haar und über ihren Rücken.
Paul arbeitete dann konzentriert weiter. Irgendwann war er so weit, daß es reichen sollte, damit sie ihre Arme herausziehen konnte. Ihre Atemzüge waren ganz gleichmäßig und Paul flüsterte mehrmals fragend ihren Namen. Sie schlief. Weil er sie nicht wecken wollte, arbeitete er bedächtig und sehr vorsichtig weiter.
Oberhalb des Pos änderte die Naht wieder ihre Charakteristik etwa dort, wo die Schleppe ansetzte. Ab hier weitete das Öffnen der Naht nur noch das Kleid. Hier unten war die Menge an Stoff ganz erheblich. Paul verlor zunächst die Spur der Naht. Dann verfolgte er aber die Hypothese, daß es an den Beinen genau wie an den Armen funktionieren könnte. Schmunzelnd hob er einfach mal die ganze Kleiderpracht an und erinnerte sich an die eine offizielle Methode nach Protokoll und hob vorsichtig den gesamten unteren Teil des Kleides, legte ihn über Rücken und Kopf der schlafenden Gundula. Nun sah er wirklich die größeren Schleifen, mit welchen ein größeres Stück Stoff zwischen den Beinen am Rest des Kleides fixiert war. Es wäre leicht gewesen, die Schleifen zu lösen und das Stück Stoff zur Seite zu klappen. Vergnügt streichelte er ganz vorsichtig darüber und an den Innenseiten ihrer Oberschenkel entlang, daß sich Gundula etwas bewegte.
Er wollte sie aber nicht wecken und suchte das Kleid an ihren Schenkeln sehr genau ab, um etwas wie eine Naht zu finden. Müde gähnte er, er war wirklich fix und fertig und beneidete Gundula etwas um ihren friedlichen Schlaf. Der Morgen dämmerte bereits.
Es erwies sich, daß um Füße und Beine herum ein elastisches Material als Strumpf verwendet worden war. Etwas unterhalb der heiklen Klappe war der elastische Stoff mit dem restlichen Kleid vernäht. Paul schätzte die Lage ab, die Taille war sehr eng geschnitten, so würde Gundula noch nicht aus dem Kleid kommen. Schließlich fand er heraus, daß die Schleppe an einer Stelle oben an der Verbindung zum Kleid aus elastischem Material bestand. Dieser Bereich war über einen kleinen Bereich nicht vernäht. So fand er, wie die zuvor verlorene Rückennaht weiterlief und löste sie weiter bis hinab zu jener heiklen Klappe.
Nun war er sich sicher, daß Gundula so leicht aus dem Kleid steigen können müßte. Allein, sie schlummerte ruhig und still. Und auch er war nun sehr müde, so legte er sich einfach an ihre Seite und legte einen Arm über ihren Rücken.
So schliefen sie weit in den Morgen hinein, denn niemand störte das Brautpaar an diesem besonderen Morgen, um zum Frühstück zu bitten. Irgendwann aber erwachte Gundula, sie hatte ordentlich Durst und auch guten Appetit. Sie hatte sich beim Erwachen bewegt und so auch den an sie geschmiegten Paul geweckt. Sie begrüßten sich herzlich mit Küssen, dann meinte Paul, sie könne nun ja einmal versuchten, aus dem Kleid zu schlüpfen. Gundula folgte dem Vorschlag und wirklich, es gelang. Schon stand sie nackt vor dem Bett und wies zu Essen und Trinken, flitzte dann gleich nackt los durch den Raum. Paul folgte ihr langsam und genoß den Anblick ihres nackten Körpers und der grazilen Bewegungen.
Vom engen Kleid befreit trank Gundula nun reichlich, griff nach weiteren Früchten. Das war ein wirklich lustvolles Mahl mit süßen Früchtchen, fast schon gierig langte Gundula zu und zeigte einmal mehr gesunden Appetit. Als ihr Liebster sie erreicht hatte und sie von hinten umarmte, bot sie diesem auch diese oder jene Frucht an, indem sie diese über ihre Schulter vor seinen Mund hielt. So aß ihr Paul aus der Hand. Um zu trinken, zog Paul sie mit einer Hand auf ihrem Bauch eng an sich, während er mit der anderen sein Glas ergriff und über ihre Schulter hinweg trank.
Nachdem der erste große Hunger und Durst von Gundula gestillt war, mußte sie sich aus seiner Umarmung lösen, um jenen Ort aufzusuchen, der mit Kleid heikle Hilfe benötigt hätte. Als sie von dort zurückkam, ging Paul den gleichen Weg, kam dann bald wieder und fand Gundula trinkend. Er setzte sich auf einen Stuhl am Tisch und zog sie auf seinen Schoß. So setzten sie ihr Frühstück noch eine Weile fort, bis sie satt waren. So hatten sie sich also auf kulinarische Genüsse als Höhepunkt der Hochzeitsnacht beschränkt und geeinigt. Eigentlich war es schon beinahe Mittag, so entschlossen sie sich, die eigentlichen intimen Aktivitäten zu verschieben, machten sich frisch und zogen sich an. Zwar wäre es für das Protokoll nicht anstößig gewesen, wenn das Hochzeitspaar bis zum Abend verschwunden geblieben wäre, aber sie wollten in dieser Hinsicht auch nicht geradezu eine Steilvorlage für Tuscheleien geben. Daher traten sie wieder hinaus aus ihrem Liebesnest und schlenderten durch das Schloß.
Das Fest würde über mehrere Tage dauern, erfuhr Paul von Gundula und so sah man auch
jetzt einige feiernde Leute, es herrschte also allgemein ein fröhliches Kommen und Gehen.
Paul wollte wissen, ob man sie nun die nächsten Tage weiterhin so stark protokollarisch und traditionell
unter Beschlag nehmen würde.
Gundula meinte, tagsüber sollten sie sich schon blickenlassen, aber die Angelegenheit mit dem Kleid
habe er ja erledigt, noch einmal werde sie nicht eingenäht, der Spaß gehe nur einmal.
Von daher würden sie heute Abend sicherlich genug Zeit und Muße finden, um sich ungehindert
durch Tradition oder Protokoll und ausführlich gemeinsamen Unternehmungen zu widmen.
Paul wollte auch noch wissen, ob die Geschichte mit dem Kleid nur Prinzessinnen betreffe oder weitere
Kreise zöge.
Gundula lachte und führte aus, eigentlich treffe das hier jede Braut mehr oder weniger.
Je nach den Möglichkeiten und Interessen falle allerdings das Kleid meist bescheidener aus und es
sei bei den einfacheren Leuten gleich so ausgelegt, daß man es mit geringem Aufwand umgestalten und
dann weiter nutzen könne. Auch habe das Brautpaar aus einfachen Kreisen wohl den Vorteil, daß die
Nähte recht schnell und locker gemacht würden, so daß nicht die gesamte Nacht benötigt werde, um
die Nähte wieder zu lösen.
Sie zögerte einen Moment und fragte dann grinsend nach: "Wieso fragst du, willst du dich schon
nach leichter erreichbaren Früchtchen umschauen, nur weil deine Angetraute so gut verpackt war?"
Paul grinste auch: "Oh, süße Früchtchen sind eigentlich schon nach meinem Geschmack,
aber ich widme mich nun doch lieber unserem gemeinsamen Obstteller, statt in fremden Gärten
zu wildern und etwa dabei das heimische Obst durch Vernachlässigung zu beleidigen."
Gundula nickte: "Gut, die Kurve hast du ja noch mal gekriegt, mein lieber Naschkater!"
Paul erwiderte: "Tja bei den Kurven meines Naschkätzchens ist das auch gar nicht so schwer,
die kriegt man schon sehr gern, sofern man sie denn einmal unverpackt in die Finger bekommt..."
So verbrachten sie also den Tag auf dem Fest, in den Sälen oder auch im Garten, waren zwar immer wieder Mittelpunkt kleiner Gruppen, wo man gut gelaunt scherzte, lachte und plauderte, allerdings beanspruchte man sie nicht mehr so sehr wie am Tag zuvor. Verschiedene Leute wollten sich allerdings mit Paul bekanntmachen, um schon einmal im Gedächtnis präsent zu sein. Denn man ging offenbar davon aus, daß Paul neben Gundula zunehmend an Einfluß gewinnen werde. Würde sich das Königspaar zurückziehen und ihnen die Regierungsgeschäfte überlassen, wäre es zweifellos nützlich, sich bereits jetzt ins rechte Licht zu rücken und auf sich aufmerksam zu machen oder eben auch auf jene, die man gerne empfehlen wollte.
Auch Bruno trafen sie wieder, der auch bereits auf der gestrigen Feier war und ein paar neue Kontakte geschlossen hatte.
Gundula fielen auch gleich noch zwei junge Damen ein, deren Familien gerade anwesend waren,
so stellte sie Bruno gleich einmal vor und brachte ihn so schon einmal ins Gespräch.
Bruno hatte schon Fortschritte gemacht, trat bereits deutlich selbstbewußter auf, wirkte selbständiger.
Das wirkte dann natürlich schon überzeugender als früher und so war Gundula überzeugt,
daß er mit etwas Glück schon jemanden finden würde.
Auf Nachfrage berichtete Bruno auch kurz über seine Mutter, die sich so ungefähr im neuen Leben eingerichtet
und recht friedlich und still geworden war, deutlich entspannter als früher.
Da die öffentlichen Auftritte und Kontakte nun bei ihm lagen, ließ sie ihn immer berichten
und machte auch gerne Anmerkungen aus ihren Erfahrungen heraus, machte aber keine Vorschriften mehr,
stellte keine Forderungen mehr an ihn, von daher lief das ganz gut und so, wie Gundula sich das erhofft hatte,
auch hier war sie recht zufrieden mit der Entwicklung.
Später nahm der Reichskanzler Paul vertrauensvoll zur Seite für ein kleines Gespräch, nur scheinbar eine belanglose Konversation. Tatsächlich wollte der schlaue Fuchs schon einmal vorfühlen, wie Paul zu verschiedenen Sachen stand und wie groß sein diplomatisches Geschick sein mochte, wie die allgemeine Stimmung. Offenbar war er ganz zufrieden mit den ersten Ergebnissen, denn er zog dann auch gleich noch diesen oder jenen von den Gästen hinzu, um dieses oder jenes Thema noch etwas zu vertiefen oder Kontakte sicher zu knüpfen, auf denen er dann aufbauen konnte, um Dinge voranzubringen, die eben vorangebracht werden mußten. Und wenn da schon eine neue Persönlichkeit die traute Runde auffrischte, war das ohnehin eine günstige Gelegenheit, um gleich einmal hier und da ein paar Bemerkungen einzustreuen, hier ein Satz, da ein Halbsatz, um Ideen unter die Leute zu bringen, die sich dann später in die richtige Richtung bringen lassen sollten, um daraus Projekte, Reformen zu machen.
Gundula bemerkte dann auch bald, daß der Reichskanzler bereits seine Netze knüpfte,
ließ ihn eine Weile gewähren, trat dann in einem günstigen Augenblick hinzu, hob mahnend den Finger:
"Reichskanzler, das ist doch hier eine Feier des neuen Ehebundes.
Politik hat schon noch ein paar Tage Zeit, überlaßt mir den frisch angetrauten Gemahl doch wenigstens ein paar Tage
und verschreckt ihn nicht gleich mit all euren Plänen.
Dafür ist noch Zeit genug."
Der Reichskanzler lächelte, machte eine entsprechende Geste und ließ sie ziehen.
Gundula lachte: "Da habe ich dich gerade noch einmal gerettet,
sonst hättest du dich in ein der zwei Stunden bereits in einer Sitzung oder einem Gremium wiedergefunden!"
So ging also der Tag dahin und abends gab es dann wieder ein Festbankett mit anschließender weiterer Plauderei, aber auch Tanz. Gundula hatte es aber so arrangiert, daß man sie möglichst schonte, denn diesmal wollte sie nicht gleich erschöpft im Bett einschlummern, zumal es diese Nacht ja auch kein zugenähtes Brautkleid mehr geben würde, welches erst geduldig geöffnet werden wollte.
Tatsächlich gelang ihnen in dieser Nacht der Rückzug vom Fest deutlich früher und in ausgeruhterem Zustand. Als die Tür zu ihrem Gemach hinter ihnen zufiel, umarmten sie sich gleich leidenschaftlich und entkleideten sich gegenseitig. Sie naschten noch ein wenig von den auch für diese Nacht bereitgestellten Köstlichkeiten. Dann aber packte Paul seine Liebste einfach und trug sie zum Bett. Sie lachten beide vergnügt und liebkosten sich.
Gundula meinte dann: "Also heute soll es passieren, unser prächtiger König soll in unser gemeinsames
Reich einziehen und es ganz in Besitz nehmen?"
Dabei berührte sie sanft mit der Hand, was sich bei Paul schon keck zu voller Größe aufgerichtet hatte.
Dieser erwiderte: "Wenn du keine Einwände hast, würde ich es für angemessen halten und dann im Laufe
der Nacht den König auf Forschungsreise ins innere Land schicken.
Aber solch eine Expedition ist besser gut vorbereitet,
damit sie auch zum gegenseitigen Vergnügen gereicht und erfreulich aufgenommen wird."
Gundula nickte etwas verlegen und gestand: "Ich bin etwas nervös deswegen, aber auch sehr gespannt.
Ich will mir von dieser ersten Reise nicht zuviel versprechen."
Paul erwiderte: "Oh, wir haben doch Zeit und Lust, damit du dich dabei richtig entspannen kannst,
könnte ich dich zunächst eingehend verwöhnen und dann erst später eindringlich hinzustoßen."
Gundula kicherte: "Später eindringlich hinzustoßen, in Ordnung und das mit dem Verwöhnen wäre wirklich sehr nett von dir."
Und so verwöhnte Paul Gundula erst einmal ausgiebig, wobei diese sich dann auch bald eingehender beteiligte, daß es recht schnell ging, bis sie von ihm auf den ersten Aussichtspunkt ihrer Lustreise geführt wurde. Nach einigen weiteren Vergnüglichkeiten sprach der neue König dann schon einmal forsch an der Grenzkontrolle vor, welche aber noch etwas zögerlich reagierte. So umschmeichelte der neue König die Grenzposten und setzte sich gar prächtig in Pose, doch Gundula wirkte noch immer etwas nervös und streichelte mit ihrer Hand den neuen König recht geschickt vom unmittelbaren Grenzübergang weg. Jetzt wirkte sie nicht mehr so selbstbewußt, entschlossen und impulsiv, sondern eher etwas schüchtern. Paul lag auf ihr und rieb sich nun vorsichtig an ihr, drückte ihr Becken mit leichten Stößen hinunter. Gundula flüstere nur etwas verlegen, ob er das vielleicht fortsetzen mag, ohne gleich zu passieren. Paul war einverstanden und intensivierte seine Aktivitäten, was bei beiden die Erregung schnell steigerte, so daß er bald pausieren mußte und sie sich kurz nur eng umschlungen hielten und sanft küßten.
Paul rutschte nun etwas höher, rieb zunächst noch über ihren Bauch, wechselte dann die Position seiner Beine,
daß er über ihr war, ein Bein links, eines rechts von ihr.
Der neue König passierte so die Passage zwischen ihren Brüsten und Paul drückte diese ein wenig,
während er sich an Gundula rieb.
Dieser gefiel es.
Paul fragte besorgt nach, ob er nicht zu stark drücke, Gundula verneinte, alles in Ordnung,
bei den Proportionen sei das so sicher angemessen.
Sie habe da ja nun nicht so viel Volumen verfügbar, welches sich von selbst passend anbiete.
Paul machte aber deutlich, daß er von den Proportionen sehr angetan sei und so setzten sie das Spiel fort
und Gundula schlug vor: "Wenn du magst, kannst du ruhig noch etwas höher rutschen, dann kann auch ich dich etwas verwöhnen,
wobei du wohl diesmal rechtzeitig zum Rückzug blasen solltest,
denn das anstehende Resultat wird dann heute schon an anderer Stelle erwartet."
Paul grinste, rutschte höher und Gundula umspielte und verwöhnte den neuen König recht gern mit Lippen und Zunge,
hieß ihn auch hier herzlich willkommen, wo er ja bereits nicht ganz unbekannt war.
Paul bewegte sich vorsichtig ein wenig mit, und ließ sich ein Weilchen verwöhnen, bis es im besser erschien,
den Rückzug anzutreten.
Er wechselte die Position, legte sich neben Gundula und drehte sie auf die Seite, so daß nun ihr Rücken an seinem Bauch anlag und er sie sanft massierte und ihren Nacken küßte. Die Massage ging dann über Busen und Brüste hinunter bis zum Bauchnabel, daß er schon spürte, daß er Gundula bereits wieder weit hinauf bis kurz vor einen schönen Aussichtsgipfel geführt hatte. So rieb er sich langsam, aber kräftig an ihren Pobacken, massierte die Innenseiten ihrer Oberschenkel mit der freien Hand und dann noch höher zwischen ihre Beine, bis sie ganz aufgab und sich zum Ziel führen ließ.
Er ließ sie genießen und führte sie dann wieder ein Stück hinab, wechselte mit ihr abermals die Position, daß sie nun kniete, heftig atmend hatte sie den Kopf ins Kissen gegraben, Paul kniete zwischen ihren Beinen, zwar war sie noch immer nervös, doch sollte sie den neuen König doch nun wohl passieren lassen und in sein bislang noch gänzlich unerforschtes Reich eindringen lassen. Mit einer zitternden Hand griff sie nach hinten und zog Paul ermunternd an sich. Dieser verstand das Signal und wo er willkommen war, wollte er nicht länger zaudern und schaute, wie offen die Grenze war. Die Passage erwies sich als eng, aber letztlich doch als gut passierbar. So drang er mit einem Stoß vor, entschlossen und doch vorsichtig war nun der neue König ganz in sein neues Reich eingedrungen, hielt als Erstentdecker erst einmal inne, um die Umgebung auf sich wirken zu lassen.
Gundula atmete recht heftig, ihr Körper bebte und sie hatte den Kopf dabei tief ins Kissen gegraben und
auch die Hände hineingekrallt.
Aber als sie spürte, daß es nur leichte Irritationen gab, entspannte sie sich erleichtert,
das Reich war an den neuen König gefallen und dieser war willkommen.
Sie drehte den Kopf zur Seite.
Paul fragte sanft: "Alles in Ordnung mit dir?"
Gundula nickte und stöhnte: "Ja, nur Vorsicht und langsam..."
Paul wollte sichergehen: "Also kein sofortiger Rückzug erforderlich?"
Gundula aber war nun recht entschlossen: "Ein Rückzug wäre nun völlig unangemessen.
Wenn du das jetzt machst, müßte ich mit einem Einreiseverbot für zwei bis vier Wochen kontern."
Paul meinte dazu: "Das möchte ich natürlich nicht riskieren!"
Und dazu bewegte er sich jetzt vorsichtig und langsam, aber mit weiten Bewegungen.
Gundulas Griff ins Kissen wurde wieder etwas fester.
Paul war sich nicht so ganz sicher: "Weiter oder erst einmal innehalten und die Situation wirken lassen?"
Gundula aber meinte, bei jedem tiefen Stoß kurz mit einem Seufzer unterbrechend:
"Du hast mich bereits ausgiebig verwöhnt, nun bis du am Zug und kannst das eroberte Land nach eigenem Ermessen bereiten
und bestellen und deine Saat einbringen.
Ich glaube, diesen Gipfel stürmst du allein."
Paul fuhr fort und pausierte kurz, wenn ihm Gundulas Griff ins Kissen zu fest erschien,
dafür massierte er mit einer Hand ihren Rücken, hielt sich mit der anderen zunächst nur an ihrem Oberschenkel fest,
nun beugte er sich aber zu ihr herunter, schmiegte sie an ihren Po, umfaßte sie,
daß er sie von Bauchnabel hin zur Passage streicheln und massieren konnte.
Wirklich änderte sich so ihr Griff und ihr Atmen und Seufzen klang zufriedener und vergnüglicher,
daß er auch mit den Bewegungen seines Körpers fortfuhr.
Nun zögerte er nicht mehr und erreichte bald den ersehnten Gipfel, sank etwas auf Gundula herab,
die nachgab und sich mit ihrem Liebsten hinter sich entspannt aufs Bett legte.
Paul massierte sie weiter, bewegte sich auch noch vorsichtig in ihr, küßte sie auf ihr Schulterblatt
und zu beider Überraschung reagierte Gundula sehr heftig darauf, daß Paul ans Ziel gekommen war,
so war sie schnell bei ihm auf diesem Gipfel und genoß mit ihm.
Paul streichelte sie nur noch sanft und beruhigend und fragte nach einer Weile:
"Genug Expedition für dich heute, vermute ich? So trete ich gleich den Rückzug an."
Gundula aber ergriff seine Hand und flüsterte: "Keine Eile mit dem Rückzug, zu gern spüre ich dich so und
möchte die neue Erfahrung, deine Nähe noch etwas auskosten, aber du hast recht, einen weiteren Ausflug überstehe
ich heute nicht.
Und nach dem Rückzug, magst du mir helfen, mich mit den Kissen in die richtige Position zu bringen,
also gemäß der Tradition, ich weiß nicht, ob das wirklich was bringt."
Paul stimmte zu und als Gundula nach einer Weile das Signal gab, bereit zu sein, trat er den Rückzug an,
während sie die Passage recht eng machte, beinahe als wollte sie den Rückzug doch noch verhindern.
Paul hielt inne, doch Gundula meinte, es sei alles in Ordnung, er könne sich weiter zurückziehen und
er folgte diesem Vorschlag vorsichtig.
Dann drehte sie sich und Paul schob ihr die Kissen an die richtige Stelle,
damit ihr Becken geeignet lag, um die Dinge in dir richtige Richtung fließen zu lassen.
Dann schmiegte er sich seitlich eng an sie, gab ihr einen zarten Kuß auf die Wange und fragte nach:
"Ich hoffe, ich darf bleiben und du bestehst nicht auf die Tradition, daß ich meine eigenen Gemächer aufsuche?"
Gundula grinste ihn an: "Oh, solltest du es wagen, von meiner Seite zu weichen und diese Gemächer jetzt nach
der Bestellung des Feldes zu verlassen, so droht dir Einreiseverbot für ein oder zwei Wochen."
Paul schmunzelte: "Das wäre dann wohl für beide Parteien ein bedenklicher Nachteil,
den wir nicht in Erwägung ziehen wollen."
So lagen sie also eine Weile, Gundula bat noch um etwas zu trinken und ein paar Happen,
Paul holte es und auch etwas für sich und fütterte sie mit kleinen Früchten, gab ihr zu trinken.
Dann lagen sie still beieinander und ruhten sich aus und genossen ihr enges Beisammensein,
sichtlich befriedigt von den Ergebnissen ihrer ersten gemeinsamen Reise.
Paul fragte nach, ob es sie zum Nachwuchs dränge oder eher noch nicht, sie hätten ja Zeit.
Gundula meinte dazu nur mit einem Achselzucken, vor Wochen hätte es sie sicher nicht gedrängt,
heute aber sei es in Ordnung.
Sie habe es nicht wirklich eilig damit, aber wenn es passiere, sei es ganz natürlich und in Ordnung.
Die Vorstellung, daß sich nun etwas in ihr entwickeln könne, sei schon etwas beunruhigend,
andererseits sei es ja etwas von ihnen beiden und die Vorstellung sei schon sehr stimulierend,
das wecke neue, bislang unbekannte Gefühle in ihr, die sich unerwartet stark und wohlig
entwickelten, schlecht zu erklären und zu beschreiben.
Sie fühlte sich irgendwie bereit.
Wenn dem nicht so wäre,
hätte sie sich wohl nicht so einfach in die Situation fallenlassen können
und es wäre dann wohl doch besser gewesen, sie hätten erst einmal genau geplant oder hätten zu Mitteln gegriffen,
um sich Zeit zu lassen.
Sie fragte aber zurück, wie er dazu stehe.
Paul erwiderte, für ihn sei das natürlich alles in Ordnung.
Weder müßten sie sich beeilen noch besonders vorsehen.
Ohne Druck und mit viel Vergnügen und Nähe seien sie so oder so auf dem richtigen, gemeinsamen Weg.
Und wenn sich ein Kindlein hinzugesellen wolle, so sei es natürlich willkommen,
sie würden schon dafür sorgen können.
Von daher sei alles gut, weder müßten sie drängen noch abwehren, nur miteinander glücklich sein.
Dem stimmte Gundula zu und zog ihn noch enger an sich.
Am nächsten Morgen wachten sie nahezu gleichzeitig auf, erfreuten sich daran,
den anderen neben sich zu finden und küßten und liebkosten sich gleich heftig.
Gundula merkte dann auch gleich, als ihr König sich in voller Pracht erhob,
streichelte sanft mit dem Handrücken darüber und fragte Paul leise flüsternd,
ob der prachtvolle König gleich wieder in sein Reich einreisen wolle.
Paul lachte und meinte dazu, daß der so prachtvoll sei,
sei so erstaunlich nicht und zeige nun nicht zwangsläufig ein sehr dringendes Bedürfnis,
aber natürlich, wenn er sehnlichst erwartet werde, erwünscht und willkommen sei,
so gäbe es sicher keinen Ort, an dem er lieber wäre.
Da mußte nun auch Gundula lachen und sprach: "In Ordnung, dann los!"
Paul schmunzelte vergnügt und fragte sie: "Willst du diesmal die Führung übernehmen.
Dann bist du diesmal oben, nimmst den König auf und führst ihn in dein Reich auf einen kleinen Ausflug."
Gundula war sich etwas unsicher: "Also ich weiß nicht genau, was ich machen kann und wie..."
Paul aber schlug vor: "Na du bist doch eine geschickte und erfahrene Reiterin,
also aufsitzen und vorsichtig bewegen. Aber wenn du nicht magst oder es noch nicht probieren möchtest,
ist das kein Problem, aber du bist doch geschickt, warum also nicht versuchen?"
Gundula war natürlich gern zu Versuchen aufgelegt, nickte aber etwas unsicher.
Paul drehte sich schon auf den Rücken und sie führte den König sanft mit der Hand, gab ihm dann einen
beherzten Kuß und erwiderte: "Aber er ist so schön und prächtig,
wenn ich zur Seite rutsche oder sonstwie ungeschickt bin,
könnte ich ihn damit glatt verschrecken und wir hätten sicher einige Mühe,
ihn wieder zu heiteren Spielen in meinem Reich zu bewegen."
Paul lachte: "Wenn du seitlich mittig bleibst und dich vorsichtig auf und ab und vor und etwas zurück
bewegst, so wird es da sicher keine Probleme geben."
Gundula verwöhnte den König noch etwas mit ihren
Lippen und einer Hand, dann aber stand sie auf, kniete sich über Paul,
ein Knie links, ein Knie rechts von ihm und ließ sich vorsichtig nieder.
Den König führte sie vorsichtig an den Grenzübergang und ließ ihn vorsichtig in ihr Reich ein,
bis sie ganz auf Pauls Schoß saß.
Paul ließ sie in Ruhe das Gefühl ihrer Vereinigung auskosten und ließ sie sich orientieren.
Langsam fuhr er mit den Fingern ihre Oberschenkel von den Knien an hinauf, massierte sie sanft,
legte dann seine Hände um ihre Taille und ermunterte sie zu einigen vorsichtigen Bewegungen.
Sie war sich aber nicht sicher: "Ist das so gut? Oder mehr? Ich finde den Dreh nicht,
obwohl es sich sehr gut anfühlt."
Paul, meinte dazu: "Oh, drehen mußt du dich nicht unbedingt, nicht bei den ersten Versuchen, sonst
vielleicht ein wenig in der Hüfte, aber eher in einer etwas anderen Stellung, wo du dich etwas
freier bewegen kannst.
Ansonsten kannst du dein Becken verkippen und natürlich auch rhythmisch vor und etwas zurück und auf und ab,
weiter zurück besser nur langsam und vorsichtig, das hängt etwas davon ab, wie beweglich dein Gast gerade ist.
Derzeit ist er jedenfalls sehr aufgeregt und nicht sehr beweglich, also besser nicht weit zurück.
Ein leichtes Kreisen um die Mitte, eine leichte Gewichtsverlagerung geht auch gut.
Und natürlich, wenn du es kannst, kannst du dort auch deine Muskeln benutzen, abwechselnd anspannen und
entspannen oder deinen Gast mal fester, mal weniger fest umschließen, während du dich bewegst."
Gundula war vorsichtig und versuchte einige Bewegungen, die bei beiden sehr gute Wirkung zeigten.
Paul massierte mit einer Hand einen ihrer Oberschenkel und streichelte mit der anderen sanft ihre Brüste.
Paul konnte so natürlich kaum steuern, aber bald schon umfaßte er wieder mit beiden
Händen ihre Taille und bremste sie etwas, worauf sie etwas besorgt nachfragte:
"Ist alles in Ordnung oder mache ich etwas falsch?" wobei sie schon recht schnell atmete.
Paul antwortete ebenfalls mit schnellem Atem:
"Nein, du machst sicher nichts falsch, aber wenn du das weiter so machst, bin ich recht schnell am Ziel!"
Gundula lächelte ihn an: "Gut, das ist in Ordnung, dann mache ich einfach so weiter,
vielleicht noch etwas schneller und mit mehr Spannung..."
Tatsächlich umfaßte ihre Muskulatur ihn nun etwas kräftiger, selbst die Beine neben seinem Körper drückte sie enger an ihn. Dazu bewegte sie sich schneller. Und Paul erreichte so sein Ziel sehr schnell, wobei sich Gundula weiter bewegte, bis auch sie am Ziel war, als sie spürte, wie sich Pauls Erregung in ihr entlud. Irgendwie zog sie ihre Muskulatur noch stärker zusammen, bewegte sich dafür nur noch sehr langsam und sanft, nahm seine Hände, beugte sich vorne über, daß seine und ihre Hände neben seinem Kopf lagen und sie küßte ihn dann mit geschlossenen Augen, erst so, daß sich die Lippen kaum berührten, dann aber heftig und wild, während sie den Oberkörper auf den seinen drückte. So spielten sie noch ein wenig miteinander, dann bat Gundula Paul, ihr zu helfen, daß sie sich umdrehen könnten. Das taten sie und Gundula wollte auch gleich wieder Kissen unter ihrem Po und Oberschenkel passend verteilt haben.
Paul half ihr und meinte dabei, das Thema aus der vergangenen Nacht noch einmal aufgreifend:
"Du nimmst das ja doch ziemlich ernst mit dem Bestellen des Feldes und dem Ausbringen der Saat."
Gundula sah ihn an und lächelte: "Was wäre ich für eine schlechte Gemahlin, wenn ich solch großzügige Geschenke meines
Gemahls nicht hoch achten würde?
So will ich doch gern auch alles in mir behalten, was du mir geben kannst und magst.
Wie ich schon sagte, hätte ich das vor Tagen sicher auch nicht vermutet,
aber jetzt fühlt es sich richtig und gut an.
Und es ist ja nur eine natürliche Konsequenz, die zu unserer Liebe gut paßt.
Es bedingt sich gegenseitig.
Weil ich mich mit dir so wohl fühle, so glücklich fühle, entwickeln sich Gefühle, die ich so noch nicht kennengelernt habe.
Ein wenig beunruhigend ist das schon, aber die Vorstellung, daß bald unser Kind in mir heranwachsen könnte,
fühlt sich nun auch irgendwie gut, richtig und natürlich an, das hängt wohl alles zusammen.
Aber wir sprachen ja schon in der Nacht darüber, einfach entspannen und es laufenlassen.
Wenn das Kindlein kommen mag, so soll es willkommen sein."
Paul aber küßte sie auf die Wange und meinte: "Also alles in Ordnung.
Es ist auch ein reizvoller, intensiver Gedanke, daß unsere Aktivitäten solch schöne Konsequenzen haben können.
Ich habe jedenfalls nichts dagegen, ich würde mich freuen, weil ich dich so sehr liebe."
Gundula zog ihn wieder zu sich heran, flüsterte: "Auch ich liebe dich!" Und dann küßten sie sich ...
Nun, die Geschichte setzte sich fort, wie sich solche Geschichten eben fortzusetzen pflegen.
Paul und Gundula hatten wohl gleich einen Volltreffer gelandet und Gundula machte eine weitere dieser Erfahrungen,
nicht über den Dingen zu stehen, sondern eine ganz normale Frau zu sein.
Sie war schwanger und ihr Bauch wuchs über die Monate auf beachtliche Ausmaße.
Aber immerhin hatte sie ja Paul an der Seite, der recht überzeugend die Meinung vertrat,
daß das sowieso der tollste Bauch überhaupt sei, was ganz normal sei, denn der gehöre ja zu ihr,
um so mehr, als darin nun ihr gemeinsames Kind heranwuchs.
Als es an der rechten Zeit war, oder auch einige Tage danach,
brachte sie einen gesunden Prinzen zur Welt und der gefiel beiden selbstverständlich außerordentlich.
Und Gundula sah dann natürlich auch wieder mit normalen Bauchumfang
und an einigen Stellen etwas mütterlicher außerordentlich anziehend oder auch ausziehend aus,
so oder so brachten es die beiden bereits binnen eines Jahres zu einer gesunden Prinzessin als zweitem Kind.
Um uns in diesem Absatz kurzzufassen, wird hier nicht mehr auf weiteren Nachwuchs eingegangen,
einerseits war das ein ganz natürlicher Vorgang, andererseits gab es ja auch Mittel und Wege,
um eine längere Pause zu machen, ohne auf die fröhlichen gemeinsamen Ausflüge verzichten zu müssen.
Nach dem Ende des Hochzeitsfestes stiegen Gundula und Paul gleich voll in die Geschäfte und Projekte des Reiches ein und
Paul erwies sich als sehr nützlich, er und Gundula arbeiteten sehr konstruktiv und selbständig,
daß beim Königspaar und dem Reichskanzler schnell die Hoffnung keimte, ihre Pläne würden aufgehen.
Der Plan war natürlich perfekt, als Gundula schwanger wurde.
Kurzum, die Eltern dankten ab und ließen Gundula und Paul die Kronen und zogen sich aufs Altenteil zurück.
Der Reichskanzler kam nicht ganz so gut davon, denn aufgrund des Nachwuchses,
um den sich Gundula und Paul gleichermaßen persönlich kümmerten, wovon sie sich einfach nicht abbringen ließen,
blieb für ihn noch reichlich Arbeit.
Immerhin setzte er erfolgreich durch, daß auch er regelmäßig auf den königlichen Nachwuchs persönlich aufpassen durfte,
womit er mindestens zwei Klappen für eine Fliege in den Händen hatte -
die beiden konnten sich auf ihre Aufgaben konzentrieren und er entwickelte großväterliche Gefühle,
die er allerdings mit dem Königspaar teilen mußte, denn auch diese pfiffen auf das Protokoll,
welches nach ihrer Meinung für Königspaare im Ruhestand auch nicht mehr in dem Maße galt.
So bestanden auch diese darauf, regelmäßig auf den Nachwuchs persönlich aufpassen zu dürfen,
was zwei weitere Klappen für den Reichskanzler bedeutete,
denn so konnten Gundula und Paul sich noch besser auf die Aufgaben konzentrieren
und konnten sich bei so qualifizierter Betreuung natürlich schlecht weigern, den Nachwuchs abzugeben.
Nun jedenfalls reformierte man ordentlich und der Reichskanzler brachte dabei einige Ideen ein,
um seine Arbeit stärker zu delegieren - und nicht nur an Gundula und Paul,
auch wegen seiner neuen Betreuungstätigkeit brauchte er ja unbedingt Entlastung.
So ging er also nicht komplett in den Ruhestand, gab aber mehr und mehr Arbeit ab,
und solch ein langsamer Rückzug bekam ihm eigentlich ganz gut, denn er hatte sonst sowieso wenig Interessen.
Der Ritter von Drachenfels verließ zügig das Land und ließ sich recht weit weg nieder, schrieb einmal im Jahr einen Brief an das neue Königspaar, um Auskunft darüber zu geben, daß er sich weit weg von Gundula befand. Nun war er der Typ, der es überall schaffte, einmal abgesehen von einem Krötenteich und der Position mit Gundulas Knie im Genick. Und so kam er ganz gut zurecht.
Bruno machte gute Fortschritte, seine Mutter blieb brav ruhige Pensionärin und er konnte auch in ein Projekt des Reiches einsteigen, fand so also eine Stellung, die er gut ausfüllte. Es fand sich dann auch wirklich eine passende Frau. Gundula hatte sich noch einmal richtig umgehört und hatte genau die richtigen Kontakte knüpfen können. Und auch hier ist nicht der rechte Platz, um über dies Glück ausführlicher zu berichten.
Für Pauls Gut fand sie ein Verwalter vor Ort. Ab und an verbrachten sie die Sommerferien auf dem Gut, zwar mit einigem Gefolge, aber doch mit viel Spaß am einfachen Leben auf dem Land. Die Region Wrec gedieh als Republik und man war recht froh, über solch prominenten Besuch aus dem Nachbarland, denn das verbesserte die Beziehungen und man setzte sich füreinander ein.
Bractland war ein schwererer Fall. Tatsächlich gelang es durch Einfluß und diplomatisches Geschick durch die Nachbarländer und deren Druck, die verschiedenen Parteien an den Verhandlungstisch zu bringen, aber es gab auf allen Seiten so viele Verbrechen und Scheußlichkeiten, daß es nicht gut voranging. Irgendwie bekam man das mit der Republik sogar hin, aber die Saat des Hasses war gesät und bereits aufgegangen und es dauerte Jahrzehnte, um dieses böse Kraut in den Griff zu bekommen. Immerhin beruhigte sich die Lage mehr oder weniger und es gelang dem Volk wieder, für sich zu sorgen.
In Märchen folgt nun oft so etwas wie 'Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.' Dazu hätte Gundula zurecht angemerkt, daß das nicht natürlich wäre, nicht zu sterben, auch das gehörte dazu, nicht über den Dingen zu stehen. Aber ganz sicher hinterließen sie Spuren in ihrem Land, gute Spuren, denn ihrem Land ging es besser durch zahlreiche Projekte und langsam gelang es auch, über eine Kette von Reformen, die Menschen im Lande mitbestimmen zu lassen. Ja vielleicht ging die nächste oder übernächste Generation von Königen und Königinnen sogar dazu über, nur noch zu repräsentieren oder sich ganz ins Private zurückzuziehen und auf einem einfachen Gut auf dem Lande zu leben. Aber das ist eine andere Geschichte, die hier nicht erzählt werden soll. Zudem spielte die ganze Geschichte ja in einer ganz anderen Welt zu einer ganz anderen Zeit, wie könnten wir da unsere Maßstäbe anlegen, um zu entscheiden, was passiert ist oder passieren wird?
Verschiedene klassische Märchen gehen auf das Grundmotiv einer Amphibie, meist eines Frosches zurück, der durch Interaktion verwandelt wird. Die Intentionen oder die Botschaften, die mit den verschiedenen Texte verbunden sind, sind dabei durchaus ebenfalls verschieden.
In Mythen und Göttersagen kommt es oft vor, daß Götter, Menschen, Tiere sich vermischen und sich miteinander vereinen, Götter tricksen Menschen in Tiergestalt aus, um sie zu begatten - was an sich schon eine sehr skurrile, bizarre Vorstellung von Göttern und deren Verhalten ist. Ob nun 'befleckte' oder 'unbefleckte' Empfängnis, Begattung in Tiergestalt oder noch exotischer gänzlich immateriell, aus biologischer Sicht ist das doch wohl alles eher hanebüchener Quatsch, denn wenn auch der Sex mit artfremden Wesen technisch noch funktionieren mag, dabei herauskommen wird dann doch wohl eher nichts.
Es gibt aber auch das Motiv, die Sehnsucht, daß sich der Mensch, welcher sich durch den Verstand und den Intellekt von der Natur getrennt, distanziert hat, weil er über sie und sich selbst reflektieren kann, sich mit dieser wieder vereinen kann. In diesem Falle ist der Geschlechtsakt dann eher eine Metapher für solch eine Vereinigung mit der Welt, egal ob nun biologisch ganz 'normal' mit einem Partner derselben Spezies ausgeführt oder mit sonst etwas. Die Sehnsucht nach der Kopulation mit Göttern läßt sich natürlich auch damit erklären, daß der Akt ja ohnehin ein Schöpfungsakt ist oder jedenfalls sein kann, von daher können sich die Erzeuger natürlich gottgleich fühlen, warum dann also nicht gleich solch einen hernehmen, um in Allmachtsphantasien zu schwelgen. Bei der (Er-)Zeugung einer neuen Religion ist es natürlich auch immer sehr praktisch, wenn dabei irgendein Gott oder mehrere beteiligt sind - und da ist die Phantasie natürlich auch meist begrenzt, wie solch ein Schöpfungsakt vonstatten gehen kann und was er bewirkt.
Von daher ist sexuelle Aktivität mit Tieren oder Pflanzen jedenfalls meist nicht als Sodomie einzuordnen. Ein dämonischer Charakter kam hier erst mit dem Aufkommen des christlichen Monotheismus auf, der Naturreligionen und andere Gott-Konzepte regelmäßig und systematisch dämonisierte, um die eigene Anschauung von diesen zu separieren. Das ist natürlich insofern bizarr, weil der eigene Mythos ja ein gutes Stück mit einer ähnlich bizarren Geschichte mit der göttlichen Zeugung eines Kindes verknüpft ist.
Weil in christlicher Anschauung Naturreligionen und die eher mythisch gemeinte Vereinigung mit der Natur zur Perversion herabgewürdigt wird, wird es dann zunehmend notwendig, die Wandlung von Tier zu Mensch und umgedreht mit böser Magie und Zauber zu verbinden, um diese religiösen Anschauungen als dämonisch und schlecht zu stigmatisieren und damit gegenüber den eigenen Anschauungen herabzuwürdigen und zu diffamieren.
In aufgeklärteren, naturwissenschaftlich geprägten Gesellschaften jedenfalls verliert die Magie und die Natur wieder ihren dämonischen Charakter. Magie im eigentlichen Sinne tritt natürlich gar nicht auf. Allerdings erscheint dem unkundigen Publikum komplexe Technik zunehmen wie Magie. Die Wandlung der Gestalt indessen tritt eher virtuell in Form von sogenannten Avataren auf. Das ist auch eine Art Demokratisierung. Jeder kann in dieser virtuellen Welt eine andere Rolle einnehmen, in eine andere Haut schlüpfen, das ist nicht mehr verwunschenen Prinzen oder Prinzessinnen vorbehalten. So wird die Vorstellung von Magie und auch der Natur zunehmend durch technisch geprägte künstlich gestaltete Umwelten ersetzt, welche so dem naiven Publikum wieder eine magische Welt vortäuschen.
Dieses Märchen jedenfalls steht an der Schwelle zu dieser magischen Welt.
Die Bösen sind aber nicht wirklich abgrundtief böse, sie handeln im Rahmen ihrer Möglichkeiten,
welche immer auch ganz natürlich beschränkt sind, somit auch gleich die Angriffspunkte bieten,
um ihre Pläne zu durchkreuzen.
Die Guten sind nicht notwendig kühn und heldenhaft, sondern zweifeln und sind sich unsicher.
Eigentlich werden sie aber erst dadurch zu liebenswerten Menschen, denn wer keine Ecken und Kanten hat
und über den Dingen zu stehen meint, wie könnte der von anderen akzeptiert und geliebt werden,
wenn man in solch einem Menschen rein gar nichts wiedererkennt, was einem vertraut wäre?
Die eigentlichen Heldentaten bestehen so eher darin, die eigene Entwicklung zu akzeptieren und zu überstehen
und anderen dabei zur Seite zu stehen.
So fühlen sich einige Charaktere eher als Kröten, andere scheinen sich wirklich in diese zu verwandeln.
Wie für ein Märchen oder Mythos typisch, hält sich das Erstaunen über die Wandlung in beiderlei Richtung in Grenzen,
welche hier ohnehin immer als Metapher zu verstehen ist, als Repräsentation eines inneren Zustandes oder
einer inneren Entwicklung.
Das Grundmotiv 'die erste Liebe' kann zudem auch weiter gefaßt werden und bezieht sich nicht nur auf die sexuelle Initiation. So heißt es schon bei Hermann Hesse:
- Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
- Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben
So kann man also den Anfang jeder neuen Liebe als Initiation, als Beginn einer gemeinsamen Reise auffassen,
auf der es manche Geheimnisse zu entdecken gilt, manches erforscht werden will.
Kröten küssen oder schlucken? Kompromisse sind gefragt, es ist notwendig, aufeinander einzugehen,
wenn man sich näherkommen will.
Wenn man in der neuen Beziehung und in dem neuen Partner nicht mehr etwas Neues, Frisches, Unverbrauchtes zu entdecken vermag,
so wird einem natürlich dieser Zauber des Anfangs auch entgehen und man wird als Kröte im trüben Teich sitzenbleiben,
statt zu leben.
Solch ein Zauber ist im eigentlichen Sinne natürlich nicht meßbar und trotzdem keine Magie in unserer Welt,
das ist ein subjektives Gefühl in unseren Köpfen, eine Empfindung, die von außen nicht bemerkenswert sein muß,
weil es sich einfach um elektrochemische Vorgänge im Kopf handelt.
Und das kann man gleichzeitig einfach so akzeptieren, als auch als Erlebnis genießen, da braucht es keinen Konflikt zu geben.
Biologisch hat dies natürlich eine wichtige Funktion, aber auch das ist meist nicht besonders relevant,
wenn man es erlebt.
Auch deswegen bleibt das scheinbar immer gleiche Thema dann doch auch immer wieder spannend und bietet immer weitere
Möglichkeiten, es literarisch zu variieren.
Als Ergänzung soll hier ein kurzer Blick auf einige klassische Texte mit dem Frosch/Amphibien-Motiv geworfen werden. Das Kußmotiv für die Verwandlung selbst ist in diesem Zusammenhang zwar recht populär, in den klassischen Texten aber nicht zu finden. Es billigt der küssenden Person eine aktivere Rolle zu, gleichzeitig ist der sexuelle Aspekt darin deutlicher zum Ausdruck gebracht.
Als erstes soll auf das Märchen 'Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich' (Siehe Anhang 1) eingegangen werden, wie von den Brüdern Grimm bearbeitet und veröffentlicht. Hier erfährt man nur, daß es sich bei dem verwandelten Frosch um einen Königssohn oder jungen König handelt, der von einer bösen Hexe verwandelt wurde. Warum diese das getan hat und unter welchen Umständen sie das hat tun können, wird nicht näher erläutert.
Die Hauptprotagonistin ist eine Königstochter. Sie wird auch explizit als Königskind bezeichnet, dieses und ihr eher kindliches Verhalten beim Spiel und auch später weisen jedenfalls auf ein Mädchen hin, welches allenfalls in der Pubertät ist, ihrer Rolle also noch keinesfalls sicher ist. Interpretiert man die goldene Kugel, mit welcher sie spielt, sie hochwirft und wieder auffängt, als ihre Kindheit, die sie im Verlaufe der Pubertät zunehmend verlieren wird, so kann man jedenfalls davon ausgehen, daß sie in sexueller Hinsicht noch keine Interessen hat. Die goldene Kugel könnte allerdings auch für andere Interessen stehen, an denen sie besonders hängt. Die mathematisch perfekte, einfache Form könnte allerdings auch für ein kindlich naives Weltbild stehen, mit welchem sie spielt, welches aber unvermeidlich verlorengeht, wenn man etwas über die Welt lernt und Erfahrungen sammelt. Die goldene Kugel als perfekte Form kann allerdings auch die geballte(!) weibliche Anziehungskraft symbolisieren, mit welcher das pubertierende Mädchen zu spielen beginnt, um zu erfahren, wie diese einsetzbar ist und wie sie auf andere wirkt. Ihr muß dabei nicht unbedingt bewußt sein, daß dies eine starke sexuelle Anziehungskraft ist, die etwa auf Männer stark wirkt, eine Wirkung, welche sie auch in diesem Stadium ihrer Entwicklung noch gar nicht nutzen will. Auch von daher erscheint ihr der Mann als häßlicher, abstoßender Frosch. Von zentraler Bedeutung ist jedenfalls, daß sie auf dieses Spielzeug fixiert ist, also nicht darauf verzichten kann.
Durch ein Mißgeschick verliert sie die Kugel und trifft dabei auf den sprechenden Frosch, welcher ihr zwar hilft, aber zu recht unangemessenen Bedingungen. Die Sehnsucht, die verlorene Einfachheit in Form der Kugel zurückzugewinnen, ist leicht nachvollziehbar. Daß dabei ausgerechnet der als abstoßend empfundene Frosch/Mann helfen soll, ist ein kritischer Punkt in der Geschichte, steht aber auch für eine gewisse Sehnsucht nach der Vereinigung des Ichs mit der Welt oder der Natur, hier in Form eines Frosches, um zur verlorenen Einheit und Einfachheit zurückzufinden. Indem der Frosch die goldene Kugel zurückbringt, zeigt er, daß sie sexuelle Anziehungskraft und Wirkung hat. Die Kugel wird so gewissermaßen ein Spielball, sie bekommt sie zurück, auch damit er zeigen kann, daß er an ihr interessiert ist und ihre sexuelle Attraktivität wahrgenommen hat und zum Teil ihres Spieles werden möchte.
Statt nett zu sein und dem armen Kind in seiner Not einfach selbstlos zu helfen, nutzt der Frosch die Notlage aber für eigene Zwecke und drängt sie zu einer Vereinbarung, die man aus heutiger Sicht sicher nicht nur als überzogen, sondern gar als unmoralisch und sittenwidrig bezeichnen kann. Mehr oder weniger soll sie ihr ganzes Leben mit ihm teilen. Ist das Ansinnen an sich sicherlich nicht verwerflich, so ist es doch die Erpressung oder Nötigung zu einem solchen Versprechen.
Nachdem die Königstochter allerdings ihr Spielzeug wiederhat, wendet sie sich ab und hält sich nicht an die Vereinbarung. Einerseits kann man festhalten, daß das nicht sehr nett ist, andererseits muß man aber auch sagen, daß die Vereinbarung ihr in der Notlage abgepreßt wurde, rechtlich also als nichtig angesehen werden kann. Der Königstochter ist hier formal nichts vorzuwerfen, wobei sie sich gleichzeitig aber auch nicht als besonders dankbar erweist und keine alternative Entlohnung für die gute Tat in Erwägung zieht und nicht einmal versucht, auf den unfairen Handel hinzuweisen und einen fairen Handel anzubieten. Aber vielleicht ist das auch zuviel von einem Kind verlangt. Zunächst betrachtet sie ihr Versprechen erst einmal als in den Wind gesprochen, um diese alte Redensart hier einmal einfließen zu lassen.
Als der Frosch allerdings seine Ansprüche hartnäckig verfolgt, drängt der König seine Tochter dazu, diesen nachzukommen, drängt sie also geradezu zu sexueller Aktivität. Spätestens hier drängt sich ein stark pädophiler, widerwärtiger Aspekt in die Geschichte. Es liegt im Grunde nahe, daß der König selbst den abstoßenden Frosch positioniert hat und vermutlich seine Tochter aus politischen Kalkül verdingen will. Der Anwärter erscheint nur in den Augen des Kindes als Frosch, lediglich seine moralische Widerwärtigkeit und sein pädophiles Interesse bildlich darstellend. So ist es also auch kein Wunder, daß sie den Frosch in ihrer Kammer letztlich lieber an die Wand klatscht als mit ihm ins Bett zu gehen. In ihrer psychischen Entwicklung war sie wohl auf keinen Fall so weit fortgeschritten, daß sie von sich aus eine sexuelle Beziehung eingegangen wäre. Sie agiert hier recht aggressiv auf die als unangemessen und unangebracht empfundenen Forderungen des Frosches, kann sich aber auch so nicht erfolgreich gegen den dominanten Mann wehren.
Daß sich der widerwärtige, pädophile Frosch dann in einen hübschen Königssohn zu verwandeln scheint,
ist dann wohl eher als Selbstaufgabe und Verdrängung zu verstehen.
In ihrer Not gibt das Mädchen auf und flieht in eine Phantasiewelt, worin der widerwärtige, pädophile Gemahl
als akzeptabel erscheint, daß ist eine klassische Überlebensstrategie in solch einer Notlage,
glücklich macht die aber natürlich nicht.
Der Vater hat sie vermutlich schlicht als Braut verkauft,
obgleich sie mit der Rolle als sexuell aktiver Frau zweifellos noch komplett überfordert ist.
Daß sich der unscheinbare, schlüpfrige Frosch in einen prächtigen Prinzen verwandelt,
kann hier natürlich auch als Symbol für die Erektion des Penis verstanden werden,
was zunächst noch unscheinbar und schrumpelig herumhängt,
wird auch aufgrund der sexuellen Attraktivität des Mädchens steif und stolz aufgerichtet,
enthüllt sein stolzes, glattes Haupt, welches zuvor unter einer dicken (Tier-)Haut oder Kutte verborgen war.
Dem unerfahrenen Mädchen offenbart sich ein neuer Aspekt männlicher Sexualität,
das männliche Gegenüber verwandelt sich tatsächlich, wenn auch nur an einer bestimmten Stelle,
aus einem kleinen, schrumpeligen Frosch oder einer warzigen Kröte zu einem schlanken, stolzen, aufrechten Prinzen oder König.
Der auch im Titel aufgeführte 'eiserne Heinrich' wird ja auch nicht zufällig auftauchen, als der Bund besiegelt ist,
die Angelegenheit wird also sorgfältig vorbereitet gewesen sein, um das junge Mädchen in eine Situation zu
manövrieren, aus der es nicht mehr hinausgelangt.
Der Anschlag war also sorgfältig durchgeplant, vermutlich gemeinsam von ihrem Vater, dem König und dem Mann,
mit welchem das Mädchen dann verheiratet wurde.
Dieser Heinrich war offenbar auch in den Plan eingeweiht.
Am Ende ist er so erfreut, daß die Sache wie geplant geklappt hat, die Königstochter hereinzulegen,
daß er seiner Erleichterung Luft macht.
Der 'eiserne Heinrich' könnte hier aber natürlich auch symbolisch für eine endgültig entfesselte,
ungezügelte Sexualität des Froschkönigs stehen, der das begehrte Mädchen nun endgültig komplett in seiner Gewalt hat,
alles Schranken brechen, er ist befreit von allen Konventionen und kann frei seiner Lust nachgehen.
Der 'eiserne Heinrich' würde dann auch für die Phantasie oder den Alptraum einer Dauererektion durch den Erfolg der
Verschleppung des begehrten Mädchens stehen.
Die Sexualität koppelt sich also hier zu einem alter ego ab.
Es brechen also sämtliche Ketten, Dämme, Hemmungen fallen und der zuvor unterdrückte Trieb rast nun in vollem Galopp
daher wie die Kutsche.
Dieser Froschkönig ist erlöst, weil das junge Mädchen ihm nun komplett ausgeliefert ist und
er seine sexuellen Bedürfnisse ohne Schranken und Hemmnisse ausleben kann und sich an und in ihr rücksichtslos
befriedigen kann.
Eigentlich findet hier eine spannende Umkehrung statt, erst in Menschengestalt wird der Froschkönig zum Tier,
als Frosch war er noch harmlos.
Und um bei Amphibienmetaphern zu bleiben - es handelt sich weder um Frosch noch König,
sondern schlicht um einen pädophilen Lustmolch.
Dieser Text ist also als sehr düster und bösartig einzustufen, auch daß sich das junge Mädchen schließlich fügen muß, statt sich frei entwickeln zu können, bietet eine böse, üble Botschaft an: 'Mädchen, füg dich nur drein, was man mit dir macht, du hast doch keine Wahl und es ist nicht deine Entscheidung, was mit dir passiert.'
Der hiesige Text hingegen handelt eindeutig von jungen Erwachsenen, die sich aus Zuneigung und freien Stücken
füreinander entscheiden und sich auch Raum geben, sich selbst zu entscheiden.
Gundula ist sich unsicher über sich selbst und auch über ihre Entwicklung. Paul drängt sie in nichts herein,
ist aber für sie da und läßt ihr Zeit, sich über sich klar zu werden und selbst Entscheidungen zu treffen.
Umgedreht entwickelt sich auch Gundula und lernt, ihre Mitmenschen als eigenständige, denkende Wesen zu
respektieren. Sie lernt auch recht schnell, auf Paul einzugehen. So vermag sie schließlich auch, ihn für sich
zu gewinnen, wobei das eigentlich mehr eine gegenseitige Entwicklung ist, welche schließlich nur noch
einer gegenseitigen Versicherung ihrer Verbindung bedarf.
Der Aspekt der Wandlung zwischen Tier und Mensch ist im hiesigen Text auch subtiler, die Charaktere sind andere.
Auch Wilhelm Busch hat Märchen gesammelt, aufgezeichnet und bearbeitet, darunter findet sich 'Der verwunschene Prinz' (siehe Anhang 2), welcher ebenfalls das Motiv des in eine Amphibie verwandelten Menschen behandelt.
In diesem Falle handelt es sich um einen Prinzen, der von seinem Großvater in einen Laubfrosch verwandelt wurde. Warum und wie, erfährt man allerdings nicht.
Die Hauptprotagonistin dieser Geschichte ist ein Mädchen, ein pädophiler Bezug ist hier weniger deutlich oder naheliegend als bei der von den Grimms aufgezeichneten Geschichte. Ganz offenbar befindet sich die junge Frau aber auch hier noch in der Entwicklung, im Übergang zur erwachsenen Frau mit einer klaren Vorstellung ihrer sexuellen Rolle. Ihr Stand in der Familie ist deutlich schlechter als jener der Königstochter in der anderen Geschichte. Nachdem ihre Mutter gestorben war, hat ihr Vater eine andere geheiratet, wonach sie von dieser und ihrem Vater schlecht behandelt wurde, also ein weiteres stereotypes Märchenmotiv: die böse Stiefmutter.
Diese junge Frau jedenfalls spielt nicht, sondern arbeitet, wobei ihr ein goldener Ring in den Brunnen fällt, ein teures Andenken an die verstorbene Mutter, den ihr die Stiefmutter gerne genommen hätte und bereits mit schwerwiegenden Konsequenzen gedroht hatte, würde sie den Ring verlieren. Solch ein Ring dient gemeinhin oft als Symbol der innigen Verbindung zu einem anderen Menschen, hier also zur verstorbenen Mutter und einer guten Kindheit, die mit dem Einzug der Stiefmutter ihr Ende hatte.
Als der Ring dann wirklich in den Brunnen fällt, nutzt wiederum der Frosch die Notlage der jungen Frau aus, um ihr ein eher unsittliches Versprechen abzuringen. Als sie den Ring wiederhat, möchte auch in dieser Geschichte das Mädchen zunächst nicht auf das Versprechen eingehen.
Auch hier bleibt der Frosch hartnäckig und erinnert die junge Frau später an das Versprechen. Hier fühlt sich die junge Frau nun aus eigenem Antrieb heraus verpflichtet, sich ihrerseits an das Versprechen zu halten. Letztlich landet sie so mit dem Frosch in ihrem Bett, welcher sich dort - große Überraschung! - in einen wunderhübschen jungen Prinzen verwandelt. Dieser erweist sich allerdings als freundlich und dankbar und erklärt seine Notlage, die ihn dazu zwang, dem Mädchen das unsittliche Versprechen abzuringen. Obgleich die Angelegenheit für diesen damit eigentlich erledigt gewesen wäre, hält er zu ihr, nimmt sie zur Frau und erlöst sie damit dann auch aus ihrer Zwangslage der schlechten Behandlung durch Stiefmutter und Vater.
In diesem Falle war der Prinz also durch eigene Not zu seiner Forderung gezwungen und fühlte sich verantwortlich, kommt also deutlich besser weg als sein Kollege in der Variante der Brüder Grimm. Es stellt sich natürlich die Frage, ob der Prinz wirklich gezwungen war, so zu handeln, statt erst einmal selbstlos der armen jungen Frau zu helfen und dann seinerseits höflich um Hilfe zu bitten. Hier unbedingt die Notwendigkeit eines Handels zu sehen, statt auf Freundlichkeit und Hilfe zu setzen, offenbart ein recht kommerzielles Bild des zwischenmenschlichen Sozialverhaltens. Alles wird zum Gegenstand eines Handels, auch die Sexualität.
Verschlüsselt ist hier mehr oder weniger, wie die junge Frau mehr oder weniger zu sexueller Aktivität überredet oder überrumpelt wird, im Laufe der ersten Erfahrungen aber wohl auf den Geschmack kommt und sich so der Frosch in einen Prinzen verwandelt, für sie also sexuell interessant und relevant wird. Dieser zeigt sich verantwortungsvoll und kümmert sich um die junge Frau und befreit sie aus der erdrückenden Not im Elternhaus. Damit macht er letztlich sein fragwürdiges Verhalten wieder gut, zu welchem er sich ja selbst gezwungen sah. Mit diesem Verhalten wendet er sich wenigstens ein Stück weit ab von seinem sehr kommerziell geprägten Weltbild und versucht es offenbar einmal mit Liebe und Zuneigung, wobei er sich natürlich vorhalten lassen muß, daß er diese Option erst einmal ermogelt und erschlichen hat.
Warum ihn gerade der Großvater allerdings in einen wenig attraktiven Frosch verwandelt hat, ist nicht so einfach zu entschlüsseln. Steht der Großvater hier für überkommene Moralvorstellungen und Prüderie, die verhinderten, daß sich der junge Mann richtig entwickeln konnte, welche seine Sexualität zu etwas Häßlichem, Abstoßenden macht? Steht er vielleicht auch für die kommerzielle Weltsicht, welche Sexualität als Ware sieht und damit zu etwas Häßlichem, Abstoßenden macht? Konnte er diese Vorstellungen und Zwänge nur durch den Sexualakt mit der jungen Frau überwinden, um zu einem erwachsenen Mann zu werden, um seinerseits die Vergangenheit hinter sich zu lassen? So erstaunt es dann nicht, daß er als verantwortungsbewußter und einfühlsamer Mann seine Retterin seinerseits rettet, damit sie beide die Vergangenheit hinter sich lassen können, um gemeinsam die Zukunft zu genießen.
Auch Carl und Theodor Colshorn haben Märchen und Sagen gesammelt. Beim von ihnen aufgezeichneten und veröffentlichten Märchen 'Der verwunschene Frosch' (Anhang 3) erfährt man noch weniger über den Frosch, der diesmal in seinem großen Garten sitzt, in welchem es unter anderen mehrfarbige Rosen gibt. Der Frosch in seinem Garten kann hier auch allgemein als Repräsentation der Natur interpretiert werden.
Der Hauptprotagonist bei dieser Geschichte ist ein reisender Kaufmann, der versucht, aus dem Garten des Frosches eine dieser Rosen als Geschenk für seine jüngste Tochter zu entwenden. Diese hatte sich eine mehrfarbige Rose gewünscht. Er wird dabei allerdings vom Frosch erwischt, der von diesem wiederum die jüngste Tochter als Frau erpreßt. Weil der Frosch offenbar magische Macht über den Kaufmann hat, muß dieser schließlich einwilligen. Der Frosch läßt einige Tage später beim Haus des Kaufmannes diese jüngste Tochter unter Anwendung von Gewalt abholen und in sein Haus bringen - die schreiende Jungfrau wird unter dem Bett hervorgezerrt, wo sie vergeblich versuchte, sich zu verbergen und mit einem Wagen unter Zwang abtransportiert. Der Frosch betört sie mit Gesang und hat sie so ins Bett bekommen, wodurch es ihm gelang, sich in einen Königssohn zurückzuverwandeln. Das Märchen berichtet nun, daß die beiden trotz der gewalttätigen Entführung der jungen Frau und der Austrickserei, um sie ins Bett zu bekommen, dann weiter glücklich gelebt hätten.
Nun, mit der mehrfarbigen Rose sehnt sich die Tochter offenbar nach Natur oder auch nach vielschichtiger und abwechslungsreicher Liebe, Zuneigung, wird hier im Ergebnis aber bitter bestraft für ihr natürliches Bedürfnis. Ihr mit der Rose romantisiertes Begehren trifft auf die profane Sexualität des Frosches. Der Kaufmann muß feststellen, daß man solche vielschichtige und abwechslungsreiche Liebe weder kaufen kann noch einfach so und ohne Folgen rauben.
Hier geht es thematisch offenbar auch um erpreßte Zwangsehen oder gar Sklaverei und Zwangsprostitution, Sippenhaft, wobei die junge Frau für den Fehler ihres Vaters haften muß. Und es wird die Illusion und der Eindruck erweckt, daß die so gezwungene und ausgetrickste Frau mit dem Täter als Gemahl glücklich wurde. Nun ist bekannt, daß sich etwa bei Entführungen Opfer mit dem Täter solidarisieren können, was aber wohl eher auf das Trauma der Entführung zurückzuführen ist, nicht wirklich auf einvernehmliche Interaktivität und Glück, das Opfer versucht also lediglich körperlich wie psychisch zu überleben.
Auch hier bleibt die Verwandlung in einen schönen Königssohn also wohl eher eine Flucht in eine Phantasiewelt für die arme Frau und die Botschaft des Textes ist wieder als düster und boshaft einzustufen, es wird die Illusion geweckt, als könne aus Erpressung, Gewalt und Betrug eine glückliche Beziehung entstehen, was sicherlich in den allermeisten Fällen eine tragische Wunschvorstellung ist.
Im hiesigen Text werden auch junge Frauen in eine Beziehung mit Prinzen gepreßt, ohne ihr Glück zu finden.
Der Kaufmann entspricht hier also den Familien, denen die Töchter abgepreßt werden, oder welche ihre Töchter
als eine Art Handelsgut den Prinzen überlassen.
Die ausführenden Prinzen sind hier sowohl Täter als auch Opfer ihres brutalen, sadistischen Vaters.
Das Stereotyp, in dieser Weise von einen wunderbaren Prinzen genommen zu werden, wird hier also realistisch gebrochen,
statt alberne Illusionen zu wecken.
Dieser Vater ist hier auch eher als Metapher zu verstehen, für die Ursachen, die jemanden zu einem (Sexual-)straftäter machen.
Das ist wohl letztlich eine Mischung aus begünstigendem, genetischen Erbmaterial und dem sozialen Umfeld,
kindlicher Prägung und Erziehung.
Während sich zwei Prinzen dem Einfluß des Vaters nicht entziehen können und mit diesem untergehen,
kann sich der dritte Prinz, der Hauptprotagonist Paul aus diesem Grauen befreien, vermutlich auch aufgrund
des günstigeren Einflusses durch seine Mutter in der frühen Kindheit, vielleicht aber auch durch andere Faktoren.
Das Märchen 'Der Froschprinz' (Anhang 4) stammt ebenfalls aus der Sammlung der Brüder Grimm.
Aus dieser Geschichte geht im Grunde nicht einmal hervor, ob der Frosch jemals etwas anderes gewesen war, er wird
nur als bezaubert beschrieben. Das aber kann sich natürlich auch auf die drei Königstöchter beziehen,
die er versucht hatte, für sich zu gewinnen. Dazu hat er offenbar das Wasser eines Brunnens eingetrübt,
daß man es nicht mehr trinken konnte. Die beiden älteren Schwestern schlagen sein Angebot aus, das Wasser
zu klären, um den Preis, seine Geliebte zu werden.
Die dritte Schwester nimmt das aber zunächst nicht ernst und geht darauf ein und bekommt von dem Frosch klares Wasser.
Vermutlich haben die beiden älteren Schwestern bereits mehr Lebenserfahrung und fallen daher nicht auf den Frosch rein.
Vielleicht haben sie auch bereits schlechte Erfahrungen gemacht und sind deshalb vorsichtiger.
Vermutlich haben sie aber auch einfach rein gar keine Lust, auf solch einen üblen Handel einzugehen
und ziehen dabei auch nicht in Betracht, den Frosch zu betrügen.
Das klare Wasser könnte hier für den Quell des Lebens stehen, zweifellos eine mehrdeutige Metapher in Zusammenhang mit dem Thema erster sexueller Erfahrungen von jungen Frauen. Offenbar ist sich die jüngste Tochter der Konsequenzen nicht bewußt, als sie einfach auf den Handel eingeht. Zwar läßt sie den Frosch zurück, nachdem sie reichlich klares Wasser bekommen hat, aber der Frosch bleibt hartnäckig, taucht abends wieder auf und besteht auf Einhaltung der Abmachung.
Diesmal geht die junge Dame darauf ein und läßt ihn in ihr Bett, der Frosch beschränkt sich aber die erste und die zweite Nacht darauf, zu ihren Füßen zu verweilen. In der dritten Nacht will die junge Dame schlußmachen, besteht darauf, daß dies die letzte Nacht sei. Der Frosch schlüpft unter ihr Kissen. Kissen könnte auch hier im übertragenen Sinne gemeint sein, vielleicht für ihren warmen, weichen Schoß oder ihren Po, jedenfalls verwandelt ihn die sexuelle Aktivität in einen Prinzen.
Immerhin hat die Prinzessin hier recht frei gewählt und es ist nicht zu erkennen, daß der Frosch sie wirklich sexuell bedrängt hätte, sie hat sich offenbar mehr oder weniger auf ihn eingelassen, ohne recht überzeugt von seinen Vorzügen zu sein. Nach der wilden, dritten Nacht sieht sie ihn jedenfalls als schönen, jungen Prinzen, er hat also offenbar durch Potenz oder geschicktes Liebesspiel als Sexualpartner überzeugt oder aber er hat auch geblendet. So oder so wird geheiratet, während die beiden Schwestern nun offenbar eifersüchtig sind und wegen der verpaßten Chance ärgerlich waren. Sie waren auf die Verführung ja nicht eingegangen und hatten so einen nun als geeignet empfundenen Sexualpartner als Chance verpaßt.
Auch hier ist die Botschaft aus heutiger Sicht eher kurios, im klassischen Rollenbild aber eher nachvollziehbar. Den Avancen und Verführungsversuchen widerstanden zu haben, wird hier als verpaßte Chance gesehen. Die 'erfolgreiche' junge Frau läßt sich also verführen und bekommt dadurch einen Prinzen als Belohnung, der es drauf zu haben scheint. Das wird schon damals oft nicht gestimmt haben und die Botschaft scheint schon wieder sehr zweifelhaft und entspricht aus heutiger Sicht sicher nicht dem, was man jungen Frauen nahelegen sollte. Auf wen man sich einläßt oder nicht, ist eines jeden freie Entscheidung, von daher muß man dann so oder so mit den Konsequenzen leben.
Aber immerhin hat der Frosch bei dieser Geschichte Benehmen, denn er liegt seiner Dame immerhin zwei Tage zu Füßen. Als sie ihn schon rauswerfen will, wagt er offenbar mehr und gewinnt ihr Interesse. So wirkt seine Strategie immerhin nicht verwerflich. Geht man allerdings von einer sexuell unerfahrenen, ahnungslosen Frau aus, so bleibt natürlich fraglich, wie manipulativ er sich verhalten hat, um zu bekommen, was er will. Auch er hat die junge Frau wohl letztlich erfolgreich ausgetrickst und sie ist auf ihn hereingefallen. Ist die Lehre daraus, daß Männer Frauen manipulieren und austricksen müssen, um sie herumzubekommen? Was, wenn die Manipulation und Trickserei irgendwann durchschaut wird? Die junge Frau bleibt ja nicht so ahnungslos wie bei den ersten sexuellen Aktivitäten. Wenn das die Essenz der erfolgreichen Beziehungsanbahnung wäre, so mag man vielleicht besser darauf verzichten, wenn es nicht gelingt, ohne List und Tücke die Zuneigung eines anderen zu gewinnen.
Im hiesigen Text sind die beiden Hauptprotagonisten aufrichtig miteinander und lernen so, einander zu vertrauen und sich einander anzuvertrauen, dies erst wird dann zur Grundlage, warum sie es miteinander versuchen. Kann aus Manipulation und Trickserei wirklich Vertrauen entstehen, auf dem man eine stabile Beziehung aufbauen kann?
In der Bildergeschichte 'Die beiden Schwestern' von
Wilhelm Busch (Stippstörchen für Aeuglein und Oehrchen; Quellen: Digitales Buch im Format EPUB; Zeno.org) geht es ebenfalls um einen Frosch,
hier kommt aber wirklich der Kuß als Motiv zum Einsatz.
Tatsächlich fordert hier ein Frosch von der netten Schwester Käthchen: Erbarme dich, erbarme dich,
ach, küsse und umarme mich!
Käthchen hat Mitleid mit dem armen Frosch und folgt der Bitte, wobei sie
feststellen muß: Der erste Kuß schmeckt recht abscheulich. Der gräsiggrüne Frosch wird bläulich.
Und dann: Der zweite schmeckt schon etwas besser; der Frosch wird bunt und immer größer.
Und weiter: Beim dritten gibt es ein Getöse, als ob man die Kanonen löse.
So bekommt sie einen stattlichen Prinzen samt Schloß.
Die weniger nette Schwester Adelheid erhofft sich auf ähnliche Weise Reichtum und einen ansehnlichen Mann am selben
Teiche zu angeln, macht aber eine gänzlich andere Erfahrung. Sie findet einen singenden Knaben mit einer Leier vor,
welcher folgendes vorträgt: Ich liebe dich, bin treu gesinnt;
komm, küsse mich, du hübsches Kind!
Als sie darauf eingeht läuft die Angelegenheit aber nicht, wie von ihr erhofft: Kaum küßt sie ihn,
so wird er grün, so wird er struppig, eiskalt und schuppig. Und ist, o Schreck! der alte, kalte Wasserneck.
Er zieht sie hinunter auf den Grund des Tümpels, wo sie fortan unglücklich mit diesem leben muß.
Der Wasserneck selbst ist keine Amphibie, sondern eher ein karpfenartiger Fisch.
Nun, Käthchen kommt offenbar auf den Geschmack. Verbirgt sich hier hinter dem Kuß zunächst einmal Oralverkehr, mit welchem Käthchen stimuliert, bis es zur Entladung kommt, wobei hier mit Erlösung auch wieder die von sexueller Spannung gemeint sein kann? Jedenfalls ist sie nett und hilfsbereit, obgleich skeptisch, entscheidet sie sich großmütig zu helfen. Der Prinz erweist sich als dankbar und nimmt sie zur Frau.
Ihre Schwester begibt sich hingegen mit Kalkül an den Teich, quasi um sich zu prostituieren, kommt hier aber an
einen Blender als Freier, der sich danach als wenig attraktiver Partner entpuppt.
Ihre Berechnung hat sie also ins Unglück geführt.
Anders ausgedrückt wird hier auch gezeigt, daß hinter manchem schönen Burschen,
der Avancen macht und sein Liebesliedchen routiniert trällert, ein ordentlicher Blender stecken kann,
der nur auf seinen eigenen Spaß, sein eigenes Vergnügen aus ist und sein Balzgewand und Balzverhalten ablegt,
sobald er das Subjekt seines Interesses damit herumgekriegt hat.
Paul in der hiesigen Geschichte ist also das Pendant zu Käthchen, ist allerdings etwas vorsichtiger und bedachter. Käthchen verhält sich hier doch sehr naiv-gutmütig, gleich auf solche Avancen einzugehen und hat einfach nur Glück gehabt, nicht an den falschen Kerl geraten zu sein. Paul hingegen wartet erst einmal ab, wie sich seine Kröte Gundula entwickelt. Als Pendants zu Adelheid können am ehesten noch der Ritter von Drachenfels gelten, indirekt auch Regina, die ihren an sich gutmütigen Sohn Bruno vorschickt. Beide scheitern letztlich mit ihrer Berechnung.
In den alten Zeiten, wo das Wünschen noch geholfen hat, lebte ein König, dessen Töchter waren alle schön, aber die jüngste war so schön, daß die Sonne selber, die doch so vieles gesehen hat, sich verwunderte so oft sie ihr ins Gesicht schien. Nahe bei dem Schlosse des Königs lag ein großer dunkler Wald, und in dem Walde unter einer alten Linde war ein Brunnen: wenn nun der Tag recht heiß war, so ging das Königskind hinaus in den Wald und setzte sich an den Rand des kühlen Brunnens: und wenn sie Langeweile hatte, so nahm sie eine goldene Kugel, warf sie in die Höhe und fing sie wieder; und das war ihr liebstes Spielwerk.
Nun trug es sich einmal zu, daß die goldene Kugel der Königstochter nicht in ihr Händchen fiel,
das sie in die Höhe gehalten hatte, sondern vorbei auf die Erde schlug und geradezu ins Wasser hinein rollte.
Die Königstochter folgte ihr mit den Augen nach, aber die Kugel verschwand, und der Brunnen war tief,
so tief, daß man keinen Grund sah.
Da fing sie an zu weinen und weinte immer lauter und konnte sich gar nicht trösten.
Und wie sie so klagte, rief ihr jemand zu "was hast du vor, Königstochter, du schreist ja, daß sich ein Stein erbarmen möchte."
Sie sah sich um, woher die Stimme käme, da erblickte sie einen Frosch, der seinen dicken häßlichen Kopf aus dem Wasser streckte.
"Ach, du bist es, alter Wasserpatscher," sagte sie, "ich weine über meine goldene Kugel, die mir in den Brunnen hinabgefallen ist."
"Sei still und weine nicht," antwortete der Frosch, "ich kann wohl Rat schaffen, aber was gibst du mir,
wenn ich dein Spielwerk wieder heraufhole?"
"Was du haben willst, lieber Frosch," sagte sie, "meine Kleider, meine Perlen und Edelsteine, auch noch die goldene Krone,
die ich trage."
Der Frosch antwortete "deine Kleider, deine Perlen und Edelsteine, und deine goldene Krone, die mag ich nicht:
aber wenn du mich lieb haben willst, und ich soll dein Geselle und Spielkamerad sein, an deinem Tischlein neben dir sitzen,
von deinem goldenen Tellerlein essen, aus deinem Becherlein trinken, in deinem Bettlein schlafen:
wenn du mir das versprichst, so will ich hinuntersteigen und dir die goldene Kugel wieder heraufholen."
"Ach ja," sagte sie, "ich verspreche dir alles, was du willst, wenn du mir nur die Kugel wieder bringst."
Sie dachte aber "was der einfältige Frosch schwätzt, der sitzt im Wasser bei Seinesgleichen und quackt,
und kann keines Menschen Geselle sein."
Der Frosch, als er die Zusage erhalten hatte, tauchte seinen Kopf unter,
sank hinab und über ein Weilchen kam er wieder herauf gerudert, hatte die Kugel im Maul und warf sie ins Gras.
Die Königstochter war voll Freude, als sie ihr schönes Spielwerk wieder erblickte, hob es auf und sprang damit fort.
"Warte, warte," rief der Frosch, "nimm mich mit, ich kann nicht so laufen wie du."
Aber was half ihm, daß er ihr sein quack quack so laut nachschrie als er konnte!
sie hörte nicht darauf, eilte nach Haus und hatte bald den armen Frosch vergessen,
der wieder in seinen Brunnen hinabsteigen mußte.
Am andern Tage, als sie mit dem König und allen Hofleuten sich zur Tafel gesetzt hatte und von ihrem goldenen Tellerlein aß,
da kam, plitsch platsch, plitsch platsch, etwas die Marmortreppe heraufgekrochen, und als es oben angelangt war,
klopfte es an der Tür und rief "Königstochter, jüngste, mach mir auf."
Sie lief und wollte sehen wer draußen wäre, als sie aber aufmachte, so saß der Frosch davor.
Da warf sie die Tür hastig zu, setzte sich wieder an den Tisch, und war ihr ganz angst.
Der König sah wohl, daß ihr das Herz gewaltig klopfte und sprach
"mein Kind, was fürchtest du dich, steht etwa ein Riese vor der Tür und will dich holen?"
"Ach nein," antwortete sie, "es ist kein Riese, sondern ein garstiger Frosch."
"Was will der Frosch von dir?"
"Ach lieber Vater, als ich gestern im Wald bei dem Brunnen saß und spielte, da fiel meine goldene Kugel ins Wasser.
Und weil ich so weinte, hat sie der Frosch wieder heraufgeholt, und weil er es durchaus verlangte,
so versprach ich ihm, er sollte mein Geselle werden, ich dachte aber nimmermehr,
daß er aus seinem Wasser herauskönnte.
Nun ist er draußen und will zu mir herein."
Indem klopfte es zum zweiten Mal und rief
Da sagte der König "was du versprochen hast, das mußt du auch halten; geh nur und mach ihm auf."
Sie ging und öffnete die Tür, da hüpfte der Frosch herein, ihr immer auf dem Fuße nach, bis zu ihrem Stuhl.
Da saß er und rief "heb mich herauf zu dir."
Sie zauderte bis es endlich der König befahl.
Als der Frosch erst auf dem Stuhl war, wollte er auf den Tisch, und als er da saß, sprach er
"nun schieb mir dein goldenes Tellerlein näher, damit wir zusammen essen."
Das tat sie zwar, aber man sah wohl, daß sie es nicht gerne tat.
Der Frosch ließ es sich gut schmecken, aber ihr blieb fast jedes Bißlein im Halse.
Endlich sprach er "ich habe mich satt gegessen, und bin müde, nun trag mich in dein Kämmerlein und mach dein seiden Bettlein zurecht, da wollen wir uns schlafen legen."
Die Königstochter fing an zu weinen und fürchtete sich vor dem kalten Frosch, den sie nicht anzurühren getraute,
und der nun in ihrem schönen reinen Bettlein schlafen sollte.
Der König aber ward zornig und sprach "wer dir geholfen hat, als du in der Not warst, den sollst du hernach nicht verachten."
Da packte sie ihn mit zwei Fingern, trug ihn hinauf und setzte ihn in eine Ecke.
Als sie aber im Bett lag, kam er gekrochen und sprach
"ich bin müde, ich will schlafen so gut wie du: heb mich herauf, oder ich sage es deinem Vater."
Da ward sie erst bitterböse, holte ihn herauf und warf ihn aus allen Kräften wider die Wand,
"nun wirst du Ruhe haben, du garstiger Frosch."
Als er aber herabfiel, war er kein Frosch, sondern ein Königssohn mit schönen und freundlichen Augen. Der war nun nach ihres Vaters Willen ihr lieber Geselle und Gemahl. Da erzählte er ihr, er wäre von einer bösen Hexe verwünscht worden, und Niemand hätte ihn aus dem Brunnen erlösen können als sie allein, und morgen wollten sie zusammen in sein Reich gehen. Dann schliefen sie ein, und am andern Morgen, als die Sonne sie aufweckte, kam ein Wagen herangefahren mit acht weißen Pferden bespannt, die hatten weiße Straußfedern auf dem Kopf, und gingen in goldenen Ketten, und hinten stand der Diener des jungen Königs, das war der treue Heinrich. Der treue Heinrich hatte sich so betrübt, als sein Herr war in einen Frosch verwandelt worden, daß er drei eiserne Bande hatte um sein Herz legen lassen, damit es ihm nicht vor Weh und Traurigkeit zerspränge. Der Wagen aber sollte den jungen König in sein Reich abholen; der treue Heinrich hob beide hinein, stellte sich wieder hinten auf und war voller Freude über die Erlösung. Und als sie ein Stück Wegs gefahren waren, hörte der Königssohn daß es hinter ihm krachte, als wäre etwas zerbrochen. Da drehte er sich um und rief
Noch einmal und noch einmal krachte es auf dem Weg, und der Königssohn meinte immer der Wagen bräche, und es waren doch nur die Bande, die vom Herzen des treuen Heinrich absprangen, weil sein Herr erlöst und glücklich war.
Es waren einmal ein Mann und eine Frau, die hatten nur eine einzige Tochter. Nun begab es sich aber, daß die Frau krank wurde, und weil es von Tag zu Tag schlimmer mit ihr wurde und sie endlich fühlte, daß ihre Sterbestunde gekommen war, rief sie ihr Kind zu sich ans Bett und gab ihm einen Ring von ihrem Finger und sprach: "Den trage zu meinem Andenken und hebe ihn wohl auf."
Danach legte sie sich und starb; und noch war kein Jahr seitdem vergangen, da nahm sich der Mann eine andere Frau. Sie war aber gar nicht gut gegen das Kind; das Mädchen durfte nie mit in die Stube kommen, sondern mußte immer auf der Diele beim Herde sitzen, und als einmal die Stiefmutter den schönen goldenen Ring an ihrem Finger sah, fing sie an zu schelten und bedrohte das Mädchen. "Ich sollte dir den teuren Ring eigentlich wegnehmen", sagte sie; "aber das sage ich dir, verlierst du ihn, so prügele ich dich, daß du schwarz wirst."
Nun mußte das arme Mädchen alle Tage Wasser schleppen, und als sie auch einmal wieder die Brunnenstange anfaßte, um den schweren Eimer in die Höhe zu ziehen, glitt ihr der Ring vom Finger und fiel in den tiefen Brunnen hinein. Darüber fing sie bitterlich zu weinen an.
Mit dem, so kam ein Laubfröschlein im Grase dahergehüpft, fing an zu sprechen und fragte:
"Was fehlt dir denn, du wackeres Mädchen, daß du so bitterlich weinst?
Das sage mir, so will ich sehen, ob ich dir helfen kann."
"Ach Fröschlein!" sprach das Mädchen, "du kannst mir doch nicht helfen.
Ich habe meiner Mutter ihren goldenen Ring in den Brunnen fallenlassen, und wenn das meine Stiefmutter erfährt,
so werde ich gewiß Schläge kriegen."
"Sei nur still und laß dein Weinen sein," sprach das Fröschlein;
"wenn ich diese Nacht bei dir in deinem Bettlein schlafen soll, so will ich dir den Ring wohl wiederholen."
"Ach ja liebes Fröschlein," sprach das Mädchen, "ich will ja gerne alles tun was du verlangst,
wenn ich nur mein goldenes Ringlein wiederkriege!"
Sprach das Fröschlein: "So setze mich in den Wassereimer und laß mich in den Brunnen hinab,
daß ich dir dein goldenes Ringlein wiederhole."
Da setzte das Mädchen den Laubfrosch in den Eimer und ließ ihn in den Brunnen hinab, da tauchte er unter und kam bald wieder angeschwommen mit dem Ringlein in seinem Maule. Das Mädchen zog ihn wieder herauf, nahm den Ring, steckte ihn voller Freuden an ihren Finger und ging ins Haus und dachte nicht mehr an das Laubfröschlein und was es ihm hatte versprechen müssen.
Des Abends aber, da das Mädchen wieder wie immer auf der Hausflur beim Herde saß und spann, klopfte mit einmal was an die Seitentür und rief: "Wackeres Mädchen, wackeres Mädchen! was du versprochen hast, mußt du auch halten; setze mich in dein Haus."
Das Mädchen machte die Tür auf und erschrak ordentlich, denn davor saß das Laubfröschlein. Erst wollte das Mädchen die Tür wieder zuschlagen; weil es aber an sein Versprechen dachte, und daß ihm der Frosch wieder zu seinem Ringe verholfen hatte, setzte es ihn in ihr Haus herein. Der Frosch hüpfte nun mit an den Herd und sah zu, wie das Mädchen spann.
Nachdem, da es Zeit war, schlafen zu gehen, ging das Mädchen in ihre Kammer, zog die Tür hinter sich zu und ließ das Fröschlein draußen sitzen. Da klopfte es an die Kammertür und rief: "Wackeres Mädchen, wackeres Mädchen! Was du versprochen hast, mußt du auch halten! Setze mich in deine Kammer." Das Mädchen hätte lieber das Fröschlein draußen gelassen, aber es dachte daran, was es ihm am Brunnen versprochen hatte, nahm es und setzte es in seine Kammer.
Nun zog das Mädchen sein Nachtzeug an, löschte das Licht und legte sich zu Bett und meinte, das Fröschlein würde nun wohl zufrieden sein. Aber nein! Es wollte auch bei dem Mädchen im Bette schlafen und rief: "Wackeres Mädchen, wackeres Mädchen! Was du versprochen hast, mußt du auch halten! Setze mich in dein Bett." Da nahm das Mädchen das Fröschlein auch noch zu sich ins Bett und sprach: "So! Nun sei aber auch hübsch still, sonst muß ich dich wieder hinaussetzen." Bald danach, weil das Fröschlein ganz stille war, schlief das Mädchen ein.
Den andern Morgen aber, als es aufwachte und sich nach dem Fröschlein umsah, war kein Fröschlein mehr da, sondern lag da ein wunderhübscher junger Prinz im Bette, der lachte das Mädchen freundlich an, küßte es und sprach: "Ich danke dir, daß du mich erlöst hast. Mein Großvater hatte mich in einen Laubfrosch verwünscht, und nicht eher konnte ich wieder eine menschliche Gestalt annehmen, bis mich ein Mädchen freiwillig mit in sein Bett nahm."
Noch denselben Tag zog nun der Prinz mit dem Mädchen fort in sein Königreich und nahm sie zu seiner Frau und sie hatte es gut bei ihm bis an ihr Ende.
Es war einmal ein Kaufmann, der hatte drei Töchter, seine Frau aber war beim lieben Gott.
Einst wollte er über das Weltmeer nach einem fremden Lande, um Gold und andere kostbare Sachen zu holen;
und er tröstete die weinenden Kinder und sagte:
"Ich bringe euch auch was Schönes mit! Was wünscht ihr euch?"
Die älteste bat um ein seidenes Kleid; "es muß aber von dreierlei Seide sein."
Die zweite wünschte sich einen Federhut; "er muß aber dreierlei Federn haben."
Die jüngste endlich sagte: "Mir bring eine Rose mit, lieber Vater; sie muß aber frisch und von dreierlei Farbe sein."
Der Kaufmann versprach es, küsste die Töchter und reiste weg.
Nachdem er in dem fremden Lande angekommen war, bestellte er für seine älteste Tochter das Kleid von dreierlei Seide, für die zweite den Hut mit dreierlei Federn, und beides war bald fertig und von seltener Pracht. Nun sandte er auch Boten aus durch dasselbige ganze Land, um für seine jüngste und liebste Tochter die dreifarbige Rose zu suchen; doch alle kamen mit leerer Hand zurück, obgleich der Kaufmann viel Gold ausgelobt hatte, und obgleich es dort mehr Rosen gab, als Gänseblümchen bei uns.
Traurig fuhr er wieder heim und war die ganze Reise mißmutig;
da kam er diesseits des Weltmeers an einem großen Garten vorbei,
in dem gab es nichts als lauter Rosen und Rosen.
Er ging hinein und suchte, und siehe! auf einem schlanken Strauch mitten im Garten saß die dreifarbige Rose.
Voller Freude brach er sie und wollte wieder zurück;
da aber war er festgebannt, und eine Stimme hinter ihm rief:
"Was willst du in meinem Garten?"
Er sah hin, und ein großer Frosch saß dort am Ufer eines klaren Teiches,
stierte ihn an mit seinen Glotzaugen und sagte:
"Du hast meine liebe Rose gebrochen und bist dafür dem Tode verfallen, es wäre denn,
daß du mir deine jüngste Tochter zur Frau gäbst."
Der Kaufmann erschrak und bat und flehte; es war aber alles vergebens, und so mußte er
sich endlich entschließen, seine liebste Tochter dem häßlichen Frosch zu verloben.
Da waren seine Füße gelöst, und er wanderte frei aus dem Garten; der Frosch aber rief ihm noch nach:
"In sieben Tagen hole ich meine Gemahlin!"
Das war ein Herzeleid, als der Kaufmann der jüngsten Tochter die frische Rose gab und dabei den Vorfall erzählte! Und als der schreckliche Tag kam, kroch sie unter ihr Bett; denn sie wollte und wollte nicht mit. Um die Mittagsstunde aber kam ein stattlicher Wagen vorgefahren; und der Frosch schickte seine Diener ins Haus, die gingen stracks in die Kammer, holten die schreiende Jungfrau unter dem Bett hervor und trugen sie in den Wagen; die Rosse sprangen davon, und in kurzer Zeit waren sie in dem blühenden Rosengarten. Mitten im Garten, dicht hinter dem klaren Teiche, stand ein kleines Haus; die Braut wurde ins Haus gebracht und auf ein weiches Bett gelegt, der Frosch aber sprang ins Wasser.
Als es dunkel wurde, und die Jungfrau aus ihrer Ohnmacht erwachte, hörte sie, wie der Frosch draußen im Teiche wundersüße Weisen sang; und je näher Mitternacht kam, desto lieblicher sang er, und immer näher und näher kam es heran. Um Mitternacht öffnete sich die Kammertür, und der Frosch hüpfte auf ihr Bett; er hatte aber ihr Herz gerührt mit seinen süßen Liedern, und sie nahm ihn mit ins Bett und deckte ihn warm zu. Und am andern Morgen, als sie die Augen öffnete, siehe! da war der häßliche Frosch der schönste Königssohn von der Welt; und er dankte ihr herzlich und sagte: "Du hast mich erlöst und bist nun meine Gemahlin!" Da haben sie lange glücklich mit einander gelebt.
Es war einmal ein König, der hatte drei Töchter, in seinem Hof aber stand ein Brunnen mit schönem klarem Wasser. An einem heißen Sommertag ging die älteste hinunter und schöpfte sich ein Glas voll heraus, wie sie es aber so ansah und gegen die Sonne hielt, sah sie, daß es trüb war. Das kam ihr ganz ungewohnt vor und sie wollte es wieder hineinschütten, indem regte sich ein Frosch in dem Wasser, streckte den Kopf in die Höhe, und sprang endlich auf den Brunnenrand, da sagte er zu ihr:
"Ei, wer will Schatz von einem garstigen Frosch sein?" rief die Prinzessin und lief fort. Sie sagte ihren Schwestern, was da unten am Brunnen für ein wunderlicher Frosch wäre, der das Wasser trüb machte. Da wurde die zweite neugierig, ging hinunter und schöpfte sich auch ein Glas voll, das war eben wieder so trüb, daß sie es nicht trinken wollte. Aber der Frosch war auch wieder auf dem Rand und sagte:
"Das wäre mir gelegen!" sagte die Prinzessin und lief fort. Endlich kam die dritte, und schöpfte auch, aber es ging ihr nicht besser und der Frosch sprach auch zu ihr:
"Ja doch! ich will dein Schätzchen sein!" sagte die Prinzessin, "schaffe mir nur reines Wasser!" Sie dachte aber: 'was schadet dir das, du kannst ihm ja leicht aus Gefallen so sprechen, ein dummer Frosch kann doch nimmermehr mein Schatz sein.' Der Frosch aber war wieder ins Wasser gesprungen, und als sie nun zum zweiten Mal schöpfte, da war das Wasser so klar, daß die Sonne ordentlich vor Freuden darin blinkte. Sie trank sich recht satt und brachte ihren Schwestern noch mit hinauf: "Was seid ihr so einfältig gewesen und habt euch vor dem Frosch gefürchtet."
Danach dachte die Prinzessin nicht weiter daran und legte sich Abends vergnügt ins Bett. Wie sie ein Weilchen darin lag und noch nicht eingeschlafen war, da hört sie auf einmal etwas an der Türe krabbeln, und danach singen:
"Ei! da ist ja mein Schatz, der Frosch", sagte die Prinzessin, "nun weil ichs ihm versprochen habe, so will ich ihm aufmachen", also stand sie auf, öffnete ihm ein bißchen die Türe und legte sich wieder. Der Frosch hüpfte ihr nach und hüpfte endlich unten ins Bett zu ihren Füßen und blieb da liegen, und als die Nacht vorüber war und der Morgen graute, da sprang er wieder herunter und fort zur Türe hinaus. Am andern Abend, als die Prinzessin wieder im Bett lag, krabbelte es wieder und sang an der Türe. Die Prinzessin machte auf, und der Frosch lag bis es Tag werden wollte wieder unten zu ihren Füßen. Am dritten Abend kam er, wie an den vorigen. "Das ist aber das letzte Mal, daß ich dir aufmache, sagte die Prinzessin, in Zukunft geschieht es nicht mehr." Da sprang der Frosch unter ihr Kopfkissen und die Prinzessin schlief ein. Wie sie am Morgen aufwachte und meinte, der Frosch sollte wieder forthüpfen, da stand ein schöner junger Prinz vor ihr, der sagte, daß er der bezauberte Frosch gewesen, und daß sie ihn erlöst hätte, weil sie versprochen sein Schatz zu sein. Da gingen sie beide zum König, der gab ihnen seinen Segen und da wurde Hochzeit gehalten. Die zwei andern Schwestern aber ärgerten sich, daß sie den Frosch nicht zum Schatz genommen hatten.