Prinz mit weißem Roß
Ein gereimtes Märchen
Alternative Buchvariante (EPUB) mit Graphik
Geschrieben: 1998-11
- Ein Prinz mit weißem Roß
- Verließ einst sein kleines Schloß
- Wollte sich nicht mehr verstecken
- Wollte jetzt die Welt entdecken
- So ritt er denn durch Wald und Flur
- War aber einsam und alleine nur
- Zog durch manche Stadt und Land
- Zweifelte schon am eignen Verstand
- Da drang an sein Ohr die Kunde
- Vom schönen Fräulein Kunigunde
- In den Fängen eines Drachen
- Und das fand er nicht zum Lachen
- Da überlegte er nicht erst lange
- Und war auch gar nicht bange
- Mutig sein Beschluß
- Daß er sie retten muß
- So fragte er eine ganze Weile
- Wo denn die Drachenhöhle sei
- Daß er dem Fräulein zur Hilfe eile
- Alles andere war ihm einerlei
- Ein alter Mann verriet ihm den Weg:
- "Dort die Straße, dann ein Steg
- Dann nach links zwei Tage
- So hieß es in einer Sage
- An einem Weiher dann dann nach rechts ganz scharf
- Eine Rast an einer frischen Quelle nach Bedarf
- Weiter dann acht Stunden nach Süden
- Dabei dann besser nicht ermüden
- Vor einem großen Graben mach dann halt
- Such nach einem Felsen geheimnisvoller Gestalt
- Dieser gibt mit einer Spitze
- Die weitre Richtung - keine Witze!
- Folge dem Pfad bis zu einem Wasserfall
- Den erkennst du schon am tosenden Hall
- Um den See herum nach Osten
- Bleib nun stehn an einem Pfosten!
- Ab dort sei auf der Hut!
- Brauchst deinen ganzen Mut!
- Durch Gebüsch geht es dort weiter
- Das ist nichts mehr für Reiter
- Du kommst alsbald auf eine Lichtung
- Dort jetzt Vorsicht mit der Richtung!
- Der größte Baum weist dir den Weg
- Folge dem Pfad dort etwas schräg
- Und schon bist du da
- Das ist wirklich wahr!
- Dort haust in seiner Höhle jener Drachen
- Da vergeht dir jedes Lachen!"
- Der Prinz aber unerschrocken
- Machte sich nun auf die Socken
- Holte sich noch Proviant in einem Laden
- das kann ja nie schaden
- Dann schwang er sich auf sein Roß
- Das gleich in die richtge Richtung schoß
- Dieser Ritt der ging geschwind
- Fast so schnell wie der Wind
- Der Weg war sehr lang und sehr beschwerlich
- Und ab und an auch etwas gefährlich
- Doch das ist eine andere Geschicht
- Davon erzählen wir hier nicht
- Angekommen vor der Höhle
- Versuchte er es mit Gegröhle
- Rief den Drachen ziemlich böse
- Und mit reichlich viel Getöse
- Aus der Höhle flog ein Schuh
- Geradewegs auf seine Nase zu
- Eine Stimme rief: "Laß uns in Ruh!"
- Der Prinz fragte sich: "Nanu?"
- Denn er wußte ganz genau:
- Ein Drache kann nicht sprechen
- Was geschah hier für ein Verbrechen
- In diesem dunklen Höhlenbau?
- Die Stimme war ganz hold und fein
- Konnte das die Kunigunde sein?
- So geriet er denn ins Grübeln
- Wer könnt ihm das verübeln?
- Da rief der Prinz laut aus:
- "Nun komm doch endlich raus!
- Nun sei mal nicht so feige
- Mir jetzt dein Wesen zeige
- Ich bin ein edler Recke
- Du böser finstrer Drachen
- Auf daß ich dich niederstrecke
- Ich werd das wirklich machen!"
- Aus der Höhle aber hallte
- Gelächter daß es nur so schallte
- "Komm doch nur herein
- Ich brech dir Hals und Bein
- Du mieser kleiner Wicht
- Mich bekommst du so leicht nicht"
- Das brachte den Prinz in Zorn
- All sein Edelmut schien nun verlorn
- Auf die Höhle zu er stürmte
- Der so stark erzürnte
- Doch da war nun gar kein Licht
- Also sehen konnt er nicht
- Dann spürte er noch einen Schlag
- Der traf ihn hart am Schopfe
- Spürte erst noch Schmerz in Kopfe
- Dann bewußtlos er dalag
- Gefesselt erwachte er im grellen Licht
- Bewegen konnte er sich nicht
- Vor ihm stand Kunigunde
- Und lachte aus vollem Munde
- Ihre Schönheit war wirklich groß
- Doch was machte sie mit ihm bloß?
- Bewundernd schaute er sie an
- So zog sie ihn in ihren Bann
- Mit entschlossener Stimme sagte sie:
- "Den Drachen bekommst du nie
- Unter meinem Schutz er steht
- Solang das nur irgend geht
- Es ist ein so liebes Wesen
- Mit einem Charakter ganz erlesen
- Schon viele finstre Recken
- Wollten ihn niederstrecken
- So viel Bosheit ist mir unbegreiflich
- So viel Grausamkeit ganz unverzeihlich
- Doch ich zu meinem Worte steh
- Niemals von ihm weich und geh"
- Der Prinz aber warf nun ein:
- "Das muß ein Mißverständnis sein
- Retten wollt ich doch nur dich
- Vor einem Drachen widerlich
- Er hielte dich gefangen
- Das ließ mich um dich bangen
- So kam ich denn hier hin
- Nur dein Wohl im Sinn"
- Da staunte die Kunigunde
- Bei dieser lustgen Kunde
- Sie retten vor dem Drachen!
- Da mußte sie doch sehr lachen!
- Dieses edle Tier sie hier schütze:
- "Jeder Übeltäter bekommt was auf die Mütze
- Zuviele Drachen sind schon tot
- Die ganze Art bereits in großer Not
- Finstre Jäger gibts zuviele
- In diesem blutgen Spiele
- So braucht ein jeder Drache Schutz
- Vor diesem menschlichen Schmutz"
- Der Prinz verstand dies wohl und spricht:
- "Ich dem Drachen bestimmt nichts tu
- Ich laß ihn ganz sicher in Ruh
- Dem guten Tier schaden will nicht
- Ich habe nun erfaßt
- Was du gemeinet hast
- Edles Motiv zum Bösen führte!"
- Diese Worte Kunigunde rührte!
- "Es ist ja nichts passiert
- Offenbar hast du jetzt kapiert"
- Sie löste die fesselnden Seile
- Das dauerte eine Weile
- Der Prinz in ihre Augen schaut
- "Was wär das für eine schöne Braut"
- So denkt er sich im Stillen
- "Doch hat sie ihren eignen Willen"
- Doch das reizte ihn besonders
- Da konnte er gar nicht anders
- Mit holden Worte suchte er sie zu gewinnen
- Ein zartes Band der Liebe jetzt zu spinnen
- Erröten taten des Fräuleins Wangen
- Das steigerte noch sein Verlangen
- Noch süßer wurden seine Worte
- An diesem ausgefallnen Orte
- Das Fräulein konnte nicht widerstehn
- Doch sie konnte nicht mit ihm gehn
- Hier hielt sie die selbst auferlegte Pflicht
- Den Drachen verlassen konnte sie nicht
- Was sollten sie also tun
- Fragten sie sich nun
- Sie lagen sich in den Armen
- Kennt das Schicksal kein Erbarmen?
- Leidenschaftlich war ihr Kuß
- Ist die Trennung denn ein Muß?
- Auf den Prinzen wartete sein treues Roß
- Und zuhause noch das ganze Schloß
- Und Kunigunde hatte ihren Drachen
- Den mußte sie ja hier bewachen
- Ach was ist das Leben hart
- Zu so junger Liebe zart
- Doch beim Liebesbad im See
- Hatte der Prinz eine Idee
- Die erschien im schlicht genial
- Und auch noch ganz legal
- Durch seinen Kopf der Gedanke schoß
- Dort ganz nah bei seinem Schloß
- Eine große Höhle liegt in einem Tal
- Welches ist am Anfang eng und schmal
- So tat ers freudig sagen
- "Das ist ein sichres Heim des Drachen
- Nicht anders sollten wir es machen"
- Zuende war ihr Klagen
- Fräulein Kunigunde war entzückt
- Von seiner Idee komplett beglückt
- Sie rief den Drachen mächtig
- Und auch richtig prächtig
- Wild der Drache Feuer speite
- Der heiße Strahl reicht in die Weite
- Das wirkt sehr gefährlich
- Gibt jeder zu ganz ehrlich
- Kunigunde winkte mit einem Arm
- Und der Drache wurd ganz zahm
- Der Umzug war beschlossen
- Und wurde mit Met begossen
- Der Prinz erklärte zum Tal die Route
- Kunigunde schrieb sie auf, die Gute
- Trennen mußten sie sich für die Reise
- Die edle Kunigunde weinte schon leise
- Sie mochte nicht mehr ohne Liebsten sein
- Die Trennung schien ihr so gemein
- Gerad erst hatten sie sich gefunden
- Untrennbar waren ihre Herzen nun verbunden
- Da fiel auch eine kurze Trennung schwer
- Darunter litten beide sehr
- Doch dann war es doch so weit
- Für die Reise wurd es Zeit
- Lang und leidenschaftlich war der Kuß
- Bevor der Prinz dann gehen muß
- So schwang er sich auf sein Roß
- Und galoppierte zurück zum Schloß
- Mit dem Drachen flog die Kunigunde
- In Richtung Tal zur gleichen Stunde
- Geheimnisvoll war diese Reise
- In des Drachens eigner Weise
- Des Prinzen Reise währte Tage
- Kunigunde wartete voller Sehnsucht
- In jener verborgnen Drachenschlucht
- Wirklich günstig ist diese Lage
- War der Prinz dann endlich da
- War wirklich alles wunderbar
- So groß war beider Glück
- Hatten sie sich doch zurück
- Nie wieder wollten sie sich trennen
- Nie wieder auseinander rennen
- Heiß und innig war ihr Liebesspiel
- Das wurde ihnen nie zuviel
- Das war schön und nicht verdorben
- Ich sags euch liebe Leute
- Und sind sie nicht gestorben
- So lieben sie sich noch heute
- Und auch der Drachen lebt noch immer
- Ewig scheint sein tiefer Schlaf
- In jener verborgnen Höhle brav
- Und keiner hat davon einen Schimmer!