Geschrieben: 1990-04-04
Es war die Nacht des Tamot, es war eiskalt und Nebel legte sich um die Kehle des durch die Dunkelheit Eilenden, und sie kamen zu mir: siebzehn große, hagere Gestalten mit schwarzen, über den Boden schleifenden Kutten und tief heruntergezogenen Kapuzen, so daß ich anstelle ihrer Gesichter nur pechschwarze Nacht sehen konnte. Die Ärmel der Kutten waren so lang, daß ich auch dort nichts von ihnen erkennen konnte.
Mitten in der Nacht hielten sie mich auf der Straße an, und als sie mich ansahen, leuchteten unter den Kapuzen je zwei Kohlenstücke gleich Augen hervor. Einer trat zu mir heran und fragte mich mit hohler, schneidender Stimme wie aus einer anderen Welt, ob ich der Auserwählte sei. Ich stimmte zu, und so nahmen sie mich mit.
Es war die Nacht des Tamot, und ich wurde vor den Rat der Sieben gebracht. Sieben finstere Wesen, nur zu erkennen durch die völlige Abwesenheit von etwas dort wo sie waren, lediglich von wenigen unruhig flackernden Fackeln in einer feuchten und kalten Höhle beleuchtet.
Ihre Frage hallte nur durch meinen Kopf, ob ich der Auserwählte sei. Sicher und mit fester Stimme versichere ich dies abermals und werde vor das Tribunal der eingeweihten nichtseienden Seienden geführt.
Es war die Nacht des Tamot, und ich erklärte den dreien:
si duo faciunt idem non est idem!
Das Ganze sei doch mystischer Firlefanz, und ich, der Auserwählte, sagte ihnen, daß die Nacht des Tamot nie gewesen sei und auch nicht mehr kommen werde, und die drei nickten, und von da an gab es nie wieder eine Nacht des Tamot, noch hatte es sie je gegeben, und ich finde mich auf der Straße wieder in eiskalter Nacht, und Nebel legte sich um meine Kehle. Ich schnupfte einmal und eilte weiter die einsame Straße entlang...
Jetzt war ich der Tamot, und mein Lachen klang durch die Straße, als käme es aus einer anderen Welt...