Geschrieben: 1990-02-21/24; 2021-03-03
Also, heute möchte ich erzählen, wie ich den großen Krieg des Saseims verhinderte und dabei sogar noch etwas etwas für das Leben lernte, ich schäme mich nicht, meine Schwächen ehrlich zu bekennen und die Geschichte ungeschminkt und unverschönt vorzutragen, auf das auch ihre eure Schlüsse daraus zieht, und es in Zukunft vielleicht besser machen werdet, wenn ihr mit einem ähnlichen Phänomen konfrontiert werdet, denn es gibt ja leider Religionen, Heilslehren, verstockte Weltanschauungen wie Sterne
im Universum, so daß so etwas immer wieder passieren wird, man kann die Zivilisationen davor wohl ebensowenig schützen wie vor Schnupfen, Grippe und Dummheit.
Oder wie der alte Agos es einmal formulierte: Unsere Suche nach intelligentem Leben in unserer Galaxie war gründlich, durchdacht und ebenso vergeblich, was mich daran zweifeln läßt, daß es so etwas wie intelligentes Leben überhaupt im Universum gibt, es muß eine Irrung eines zu sehr von sich selbst überzeugten Geistes sein, an derartige Möglichkeiten zu glauben.
Bei allem, was wir bislang erforscht sowie erfahren haben, war letztlich nie viel Intelligenz dabei.
Wir müssen uns doch damit bescheiden, daß es da nicht viel mehr gibt zwischen den Sternen als einige schäbige Flecken feuchten Kehrichts von einst zerplatzen Sonnen.
Seid also immer auf der Hut und hört jetzt, was ich zu erzählen habe aus jenen Tagen, als ich selbst noch jung und unerfahren auf einer meiner ersten Fahrten durchs All war, um festzustellen, daß jegliches Handeln grundsätzlich falsch zu sein scheint, nicht handeln jedoch keineswegs weniger.
Ich hatte meinen eigentlichen Auftrag schon erledigt, hatte noch ein paar Tage Zeit und war auf dem Planeten Nudanfec hängengeblieben, wo ich nach einer auf einer wilden Party durchzechten Nacht mit müden Augen und dickem Kopf in der Universalbibliothek vor einem Bildschirm saß und gerade vergeblich ein neu erschienenes Fachwerk zur Theorie der Fortbewegung im Raum versuchte zu verstehen, denn nachdem Zenon festgestellt hatte, daß es Bewegung eigentlich überhaupt nicht gebe, worauf ja noch heute die gesamte Raumfahrt beruht, hatte sich lange zeit nicht mehr viel getan, außer vielleicht die Entwicklung der Fluxionenrechnung und die Entdeckung der Lichtgeschwindigkeit und die damit zusammenhängende Relativistik.
Ach – und fragt jetzt besser nicht, wie man von einer wilden Party aus des nachts in einer Universalbibliothek landet und solchen Fragen nachgeht – eine weitere dubiose Angelegenheit, eine Groteske oder Scharade im Zuge des Rausches durch hemmungsloses Herumfeiern.
In Partygesprächen kommen eigenartige Konversationsthemen auf, wobei sich herausstellt, daß man oft selber nicht genau weiß, welchen Schabernack man gerade zum Besten gibt.
In umnebelter Reflexion kommt es schnell zu Herausforderungen, albernen Notwendigkeiten – schon ist man unterwegs, schaut, wie man in eine geschlossene Bibliothek kommt und so weiter uns so fort, bloß um sich dort der eigenen Unwissenheit zu stellen, wobei einzig die Erkenntnis herauskommt, daß man mit dicken Kopf gar nicht so viel verstehen kann, also einnicken, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
Jedenfalls, das praktische Leben und die Notwendigkeit zur Fortbewegung zeigte jedoch bald, daß
es doch irgendwie geht mit interstellaren Reisen ohne endlose Reisezeiten, daß man die Leute nach der Rückkehr gar nicht mehr wiederfindet, bloß weil ihre Zeit in Jahrzehnten gezählt hat, während die eigene lediglich Tage bedeutet hatte.
Schon der narrative Imperativ erfordert es doch, daß die reine Reisezeit in einer Galaxie nicht mehr als ein paar Tage dauern darf, sonst ergeben Geschichten gar keinen Sinn mehr.
Folglich war es notwendig, Wege zu finden, um die Relativistik nicht geradezu auszutricksen, aber doch unter Einhaltung von Erhaltungssätzen, Vermeidung von Raumzeitparadoxien, relativistischen Irrwitzigkeiten von einem Ort zum anderen zu gelangen, ohne dafür nennenswert Zeit zu verschwenden.
Aus den Rahmenbedingungen ist doch die moderne Raumfahrt entstanden, welche ein ganz anderes Konzept verfolgt, also mit Raketen zu beschleunigen, per Geschwindigkeit, transientem Aufenthalt Distanzen zu überbrücken.
Es geht um mathematische Transformationen, soviel sei gesagt, nun, ihr könnt euch ja selbst in die Bücher vertiefen, genug von dem trockenen Stoff.
Denn letztlich weiß bis heute keiner genau, warum es funktioniert.
Dieses von mir in der Bibliothek ausgewählte Werk beschäftigte sich nun damit, soweit ich mich erinnere, einhundertsiebenundachtzig Theorien zur Fortbewegung in der Raumzeit zu widerlegen und nicht
eine einzige neue aufzustellen, daher ein unbedingtes Muß war für einen jungen, dynamischen, aufstrebenden Raumfahrer der damaligen Zeit, wie ich einer war.
Gerade als ich langsam wieder Herr meiner Gedanken war, tippte mir jemand auf die Schulter, ich drehte mich nicht allzu schnell um und sehe direkt hinter mir die große Weise Veritaga milde lächelnd stehen, welche mich ansprach, sie freue sich, einen jungen Raumfahrer dermaßen gelehrig bei der Lektüre schlummern zu sehen, auch wenn es sie etwas wundere, daß ich nun schon seit geraumer Zeit immer noch auf der ersten Textseite des Werkes sei, da habe sie sich gedacht, daß das heute nicht unbedingt mein Tag für Lektüre sei und habe beschlossen mich anzusprechen, da sie in einer praktischen Sache dringend
Hilfe brauche und diesbezüglich auf einen Schüler des großen Agos immer Verlaß gewesen sei und so wohl auch auf mich.
Ich hingegen gab meiner Freude Ausdruck, von der großen Veritaga wiedererkannt worden zu sein, der ich zuvor erst einmal auf einem Seminar beim großen Agos begegnet war, als sie dort eine kurze Einleitung
zum Thema Realität, Wunschvorstellung und Raumfahrt gab und wir später noch in enger Runde die Nacht durchdiskutierten.
Selbstverständlich sei es eine große Ehre, von ihr um Hilfe gebeten zu werden, auch wenn ich mir keineswegs sicher sei, wie ich junger, unwissender Raumfahrer der großen Weisen Veritaga helfen könnte.
Sie nickte, und wir verließen nach dem Zurückstellen des Buches die Bibliothek, während sie mir erzählte, manchmal sei es gerade die vermeintliche Weisheit und angebliches Wissen sowie die Vorsicht
des Alters, welche einem in der Praxis im Wege stünden, außerdem müsse sie in diesem Falle unbedingt im Hintergrund bleiben, sonst seien alle Aktionen von vorne herein zum Scheitern verurteilt.
Ich müsse mir also darüber im Klaren sein, daß ich das Problem eigenverantwortlich bearbeiten müsse, höchstens werde sie mir mit Rat zur Seite stehen, wenn ihr das möglich sei.
Sie sei ganz ratlos gewesen, bis sie mich erblickt habe, noch jung, aber offenbar doch schon vom praktischen Leben, sprich: einer durchzechten Nacht gezeichnet; und da habe sie gewußt, dieses Problem sei wie für mich geschaffen, auf daß ich mich daran zum Wohle aller bewähre.
Bei meinem Raumschiff angekommen gab sie mir die Koordinaten des Planeten Ilegorin als Ziel an, woraufhin ich Furchtbares zu ahnen begann; kurz nach dem Start bestätigte sie meine Befürchtungen voll, es solle um Saseims gehen, der, wie ich vielleicht schon gehört hätte, nachdem er sich ein halbes Leben lang in einer Religionsgemeinschaft engagiert und sich dort zum hohen Priester hochgearbeitet habe, was bei seiner Schläue sowie intriganten Durchtriebenheit gar nicht so schwierig gewesen sei, letztens in einem Anfall von Größenwahn behauptet habe, sein Gott hätte ihn erleuchtet sowie auserwählt, den großen Krieg zu führen, die Galaxie von den Ungläubigen, Blendern, Abweichlern
zu befreien, wonach sich Gott alsdann persönlich manifestiere, um das Paradies zu erschaffen,
in welchem dann die wahrhaft Gläubigen von den Ungläubigen befreit ein Leben in Frieden und Überfluß führen würden – letztlich also das übliche Gefasel von Fanatikern, welche irgendwie zu Macht gekommen waren, dieser erlegen sind, sie auskosten müssen.
Nun wendete ich ein, daß so etwas schätzungsweise im Schnitt jedes Jahr in der Galaxie ein paar mal passiere und das sei doch nicht weiter beunruhigend, allenfalls ein paar Millionen oder Milliarden Tote in einer Ecke der Galaxie, nichts, was eine Ecke weiter mehr als eine Randnotiz wert sei.
Im Prinzip hätte ich damit schon recht, meinte sie, doch leider sei das in diesem Fall ganz anders, denn einer von Saseims überzeugten religiösen Anhängern sei leider Mavois, Diktator des mittleren Imperiums Asica, welcher Saseims sich, seine Truppen, Waffen sowie jegliche Produktivkraft seines Imperiums für den heiligen Krieg zur Verfügung stellen wolle.
Wenn auch die Koalition der vereinten umliegenden unabhängigen Zivilisationen mit einigen anderen Diktatoren zweifellos den Kampf gewinnen werde, werde es doch für längere Zeit zumindest
in dieser Region der Galaxie nach Krieg, Tod und Fanatismus riechen.
Und diese Region sei nicht mehr klein, von Bedeutung für weitere Teile der Galaxie, insofern wäre eine derartige Mörderei, Metzelei auch für umliegende Regionen mehr als eine Randnotiz.
Wie schnell kann das übergreifen, wie schnell fällt den irren ein, auch andere Regionen mit ihren Irrungen durch Schlachtungen von Zivilisationen zu belästigen.
Nun gebe es zwischen Mavois und Saseims noch geringfügige organisatorische Schwierigkeiten, so daß sich noch die Gelegenheit ergebe, das ganze Drama mit einer improvisierten Aktion oder irgendeinem raffinierten Trick abzuwenden, zumal Mavois seine Truppen noch zusammenziehen, neue Truppen rekrutieren, die Rüstungsindustrie richtig in Gang bringen müsse, so daß Saseims zur Zeit verbreiten lasse, zwar stehe der große Krieg unmittelbar bevor, doch sei sein Tag noch nicht ganz gekommen, man warte noch auf ein letztes Zeichen von Gott.
Das übliche Gebrabbel eben, um die notwendige Zeit zu überbrücken, bevor zugeschlagen werden könne.
Ich stimmte zu, natürlich müssen man in einer derartigen Situation tun, was in seinen Kräften stehe, um dieses gräßliche Gemetzel zu verhindern, doch wisse ich im Moment nicht, wie dies anfangen.
Nun, meinte sie da, wenn sie es wüßte, wäre sie schon ein ganzes Stück weiter.
Derart jung, zuversichtlich, lebensunerfahren und optimistisch ich damals war, sagte ich, sie solle sie da mal keine unnötigen Sorgen machen, angekommen sowie mich mit der Situation vor Ort vertraut gemacht, werde mir schon etwas einfallen.
Nach diesem Anfall von Größenwahn meinerseits kamen wir dann auch bald an, weil Ilegorin für einen geschickten Raumfahrer gar nicht so weit entfernt von Nudanfec ist. Nun ja, alles ist relativ, insbesondere Entfernungen in galaktischer Raumfahrt derartige Narrative.
Inzwischen hatte sich auch Veritaga verkleidet und ihren Ausweis dahingehend gefälscht, daß sie als meine Mutter den Planeten inkognito betreten konnte. Mit einer derartigen gefälschten Mutter an der Seite fühlte ich mich schon ein wenig geschmeichelt, das ging so durch, meine echte war ja nicht vor Ort. Nach einer kurzen Überprüfung am Raumflughafen wurden wir, weil ich zu der Zeit noch ein offizielles Raumschiff flog, zu einer kurzen Information in einen Nebenraum geladen, wo wir offiziell begrüßt wurden, uns ferner mitgeteilt wurde, daß man uns gerne als Staatsgäste auf der großen Feier am Abend sähe, auf der zum dritten und letzten Tag die Ernennung von Pulcherima, Tochter des Saseims, zur hohen Priesterin sowie Hüterin des Ortes der Erleuchtung gefeiert werde. Während Veritaga, um ihr inkognito fürchtend, dankend ablehnte, die Reise sei ihr gar nicht gut bekommen, wie immer sei ich viel zu gewagt geflogen und hätte die wildesten Transformationen durchgeführt, wie das mit jungen Leuten eben so sei, sie müsse sich leider erholen, wohingegen ich die Einladung annahm, weil der Kopf von der vorherigen Nacht nahezu gar nicht mehr wehtat.
Nun ist es unbedingt wichtig, etwas über die Sitten jenes Landes zu erfahren, in welchem man auf eine Party geht, sonst kann man sich unter Umständen ziemlich danebenbenehmen, gehört es in einem Land etwa zum guten Ton, zu später Stunde schmutzige Witze über die Gastgeber zu erzählen, stößt man damit in anderen Ländern auf Unverständnis und oft tritt sogar betretenes Schweigen ein. Ist es in einem Land üblich, sich zu lauter, schlechter Musik tanzend in einen Rausch zu versetzen, damit der Gastgeber seine Party für gelungen hält, um dann nach Möglichkeit am nächsten Morgen mit unbekannten Bettgenossen aufzuwachen, wird dies Verhalten in anderen nicht gerne gesehen und zum Beispiel mehr Wert auf Etikette sowie Haltung gelegt; ein Abend ist dort erst gelungen, wenn die ersten Gäste nach dreistündigem nichtssagendem Marathongesellschaftsklatsch einzuschlafen beginnen, eine solche Party wird also mehr als gesellschaftliches Ereignis gesehen, bei welcher man sich präsentiert, damit klar ist, wer dabei gewesen ist. Ist es in einer Partykultur üblich, den Gastgebern Ehre zu erweisen, indem beherzt deren primäre Geschlechtsorgane begrabbelt werden, ist dies in anderen Partykulturen verpönt – oder allenfalls zu später Stunde im Rausch in intimerer Runde gesellschaftlich akzeptiert, dabei nicht notwendig bei den Gastgebern. Kurzum: Gesellschaftliche Konventionen sind stark kulturell eingefärbt, von Region zu Region stark unterschiedlich, somit also knifflig für Reisende, von denen partout zumeist erwartet wird, sich auf lokale Bräuche einzustellen.
Leider stellte sich heraus, daß es sich bei Ilegorin um den eindeutig langweiligen Typ ohne Auschweifungen oder intensiver Knuffelei handelt.
Immerhin rechnete man mir hoch an, mich nach den Party-Bräuchen erkundigt zu haben, um Fettnäpfchen nach Möglichkeit zu meiden.
Ferner erfuhr ich, daß die hohe Priesterin und Hüterin des Ortes der Erkenntnis, wie ihr Name schon andeutet, einen Ausbund an Schönheit darstellt sowie an Tugend darstellen soll – wie könnte es
in einer solchen Geschichte anders sein?
Jedenfalls konnte ich diesen Sachverhalt aus mehr oder weniger deutlichem Gefasel entnehmen, immerhin ein Anreiz, der Festivität beizuwohnen.
Nun, ich will nicht viel über jenes Fest erzählen, man wird eben herumgereicht sowie allen möglichen Leuten vorgestellt, betreibt Konversation, bis einem die Ohren schlackern, die Zähne wackeln. Es ist also im Großen und Ganzen ziemlich langweilig. Der einzige Lichtblick, das einzige Interessante an jener Feier war ihr eigentlicher Anlaß: Pulcherima, welche wirklich geradezu unglaublich gut aussah und zusätzlich auch gar nicht dumm war, so daß ich zu dem Schluß kam, ihr einfach nicht widerstehen zu können; zu meinem Erstaunen war sie nach einem geistreichen Austausch von Höflichkeiten und einem kleinen philosophischen Scharmützel spitzer Zungen wie Gedanken bezüglich meiner Person der gleichen Ansicht. Daher zogen wir uns irgendwann trotz ihres Amtes sowie der festlichen Verpflichtungen unauffällig zurück, wobei sich alsbald herausstellte, daß sie für ihr Amt nicht sonderlich geeignet war, ließ diese es doch schon in der dritten Nacht nach ihrer Ernennung in puncto Tugend zu einer nicht wieder gutzumachenden Pflichtverletzung kommen. Oh, unsere Exploration, der Erfahrungsaustausch in dieser Frage ging tief, wurde sehr persönlich, schwitzig, turbulent. Nach dem ersten Herantasten nahm die Angelegenheit Fahrt auf, wurde zu einer hemmungslosen Leidenschaft beiderseits. Nun, an dieser Stelle keine Eindringlichen Details. Aber es hat uns viel Spaß gemacht.
Wie es natürlich kommen mußte, und damit kommt nun endlich etwas Schwung in die Geschichte, werdet ihr sagen, wurden wir am Morgen erwischt, und ich will es kurz machen: innerhalb weniger Minuten nach
Entdeckung des Sachverhalts kam Saseims hinzugerauscht, vor Wut krebsrot angelaufen fiel er regelrecht ein ins Zimmer und schrie mir ein Duell ins Gesicht, die Waffen möge ich wählen und seinem bis dahin hier verbleibenden Diener spätestens in einer Stunde nennen, während er seine Tochter mit einem kräftigen Ruck aus dem Bett zerrte und in der Folge mit sich fortschleifte, wobei diese derart geschockt war, daß sie sich nicht einmal wehrte.
Nun, was soll das, die Jugend folgt eben ihrem Drang, was will das Alter?
Was sich aufgestaut hat, muß ausgetauscht werden, wenn sich zwei Passende finden, was ist dabei?
Hier hingegen zeigte sich Saseims äußerst kleinlich, verstockt.
Dies war ja im Grunde nicht verwunderlich.
Immerhin schrieb wohl das Brauchtum ein derartiges Duell vor, sonst hätte er mich ja eventuell gar noch in irgendeinem Verließ verschimmeln lassen – oder hätte mich im Eifer seiner Erregung gleich sofort von irgendwelchen Schergen dahinmetzeln lassen.
Ich hatte also noch eine Chance mit dem Duell.
Chancen soll man nicht ungenutzt verstreichen lassen.
Da seht ihr also, wie es jenen ergeht, welche sich von seinen Leidenschaften hinreißen lassen.
Während Pulcherima bis zur Entscheidung des Duells unter Hausarrest gestellt wurde, ging ich zu Veritaga, um ihr den Fortgang der Ereignisse mitzuteilen, und damit wir uns gemeinsam etwas in der nächsten Stunde einfallen lassen konnten.
Diese informiert mich, daß Saseims leider nicht nur erleuchtet, sondern auch ziemlich
schlau und so ziemlich in allem ungeschlagen sei, was es so an Kampfsportarten gebe, daß es also gar nicht gut um mich stehe.
Zur Zerstreuung schalteten wir das Fernsehen an und sahen dort, daß sich der Skandal schon herumgesprochen hatte, und gerade war eine Echtzeitschaltung gelungen; ein ganzer Pulk von Reportern versucht Saseims zu interviewen, welcher schließlich betonte, daß nur meine sichere Niederlage
in dem bevorstehenden Duell den Ruf der erleuchteten Familie retten könne, sonst sei alles zu spät, er hätte dann versagt und würde von Gott verlassen, welcher ihm somit seinen Auftrag entzöge; gehe er jedoch als Sieger aus dem Duell hervor, was so gut wie sicher sei, so sei dies ein Zeichen Gottes, daß er seine volle Unterstützung habe und der Zeitpunkt des großen Krieges gekommen sei, denn was könnte deutlicher sein als der Sieg über den Verführer der Tugend, der hohen Priesterin, welche offenbar dem Bösen erlegen sei, und deren Tugend lediglich durch meinen Tod im Duell wiederhergestellt werden könne.
Durch den Sieg werde er dem Bösen einen schweren Schlag versetzen, von dem es sich nicht mehr erholen werde, so daß der große, der heilige Krieg gegen die Ungläubigen leicht und siegreich werde.
Die Schlachtung des Bösen, der blutige Aderlaß werde Erlösung bringen.
Saseims hatte sich also hinreißen lassen, faselte mal wieder dummes Zeug mit großem Pathos, setzte damit aber auch alles auf eine Karte, das war schon bemerkenswert dumm für einen durchtriebenen Scharlatan.
Er war sich einfach siegesgewiß oder doch berauscht durch seine eigenen Allmachtsphantasien.
Darin lag höchste Gefahr sowie Chance in einem.
Ich war fasziniert.
Dieses hörend klopfte mir Veritaga auf meine Schulter, sie sei begeistert, ich hätte nicht untertrieben, als ich sagte, sie solle sich keine Sorgen machen, ich würde mir schon etwas einfallen lassen.
Derart schnell wie souverän habe sie gar keinen Lösungsansatz von mir erwartet.
Ich gestand, daß auch ich das nicht erwartet hätte, doch sie mahnte, keine falsche Bescheidenheit zu zeigen, das einzige Problem sei eben nur, wie ich Saseims unblutig besiegen könne, ich stimmte zu, das exakt sei das Problem, welches mir möglicherweise binnen kurzem den Kragen kosten werde.
Veritaga nickte, mein persönlicher Einsatz in der Angelegenheit sei in der Tat bemerkenswert mutig, heldenhaft, geradezu eigentlich eine unbedachte, tölpelhafte Narretei, wenn es nicht eine Chance böte, den derart selbstsicheren Saseims doch noch vom Hocker zu haben, damit das ganze Drama seines heiligen Krieges abzuwenden, ich müsse eben bloß gewinnen, das sei eigentlich alles.
Zweifellos hätte sich doch schon einen Plan, wie dies zu bewerkstelligen sei?
Immerhin laufe die Zeit, die ich hätte, um die Art des Duells festzulegen.
In dem Moment kam mir, wie ich meine, eine großartige Idee, früher sei ich ganz gut im Takelen gewesen, ich weiß nicht, ob ihr das noch kennt, ein ziemlich altes, heute etwas aus der Mode gekommenes Strategiespiel, ähnlich wie Schach, lediglich über mehrere Ebenen, welche möbiusartig verknüpft sind.
Meistens hätte ich gegen die anderen gewonnen, führte ich Veritaga gegenüber aus, als ich noch bei Agos studierte und mit den Kameraden am Abend spielte.
Sie lächelte, diese Idee sei im Prinzip keineswegs schlecht, aber mitnichten gut genug, denn leider sei Saseims einer der besten Takelen-Spieler der Galaxie, so verdreht er auch sonst sei, das müsse man anerkennen.
Schade, erwiderte ich, mit meiner anderen Spezialität, dem Ausruhen, werde er wohl nicht konkurrieren wollen.
Also war ich ratlos ob meiner verbleibenden Möglichkeiten, schaute auf die Uhr, noch eine Viertelstunde, ich schluckte.
Ja, sprach Veritaga, schade, daß sie nicht spielen könne, denn sie sei besser als Saseims
und könnte vielleicht gewinnen.
Ja, erwiderte ich, zu schade.
Wir schweigen zehn Minuten etwas niedergeschlagen, ich nunmehr um meinen Kopf bangend, sie ernsthaft am Erfolg unserer Mission zweifelnd.
Letztlich sprang ich auf, ich hätte eine prima Idee, kramte aus meinen Taschen einen Knopf im Ohr und den dazugehörenden Sender heraus – durchaus verblüffend übrigens, daß ich den Kram gerade zur Hand hatte, also dieser gebraucht wurde, aber wie das in solchen Geschichten so ist, bei jener Party, nach welcher mich Veritaga in der Bibliothek aufgelesen hatte, wurden diese zu einem neckischen Spiel gerecht – keine belanglosen Details darüber an dieser Stelle.
Ich erläuterte, sie werde einfach spielen, beziehungsweise wir gemeinsam, indem sie mir die Züge ansage, damit hätten wir eine reelle Chance.
Irritiert wich sie zurück, ob das nicht Betrug sowie eine grandiose Unehrenhaftigkeit sei, meinte sie.
Derlei könne man sich nachher immer noch überlegen, warf ich eilig ein, denn unterdessen wurde die Zeit knapp, sie habe mir doch vertrauen wollen, das habe sie nun davon, und sie wolle mich doch wohl in dieser Situation nicht hängenlassen, meine Devise sei in solch akuten Notfällen: erst handeln,
dann denken.
Zudem geschissen auf Saseims sowie meine Ehrenhaftigkeit, wenn es darum gehe, einerseits meinen Hintern zu retten, andererseits gar noch einen gewaltigen Krieg mit vermutlich milliardenfacher Meuchelei zu verhindern.
Dies aber sei nun ein solcher Fall, bei dem mich eine andere Devise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Kopf kostete.
In dem Moment kam auch schon der wartende Diener herein, die Stunde sei um.
Wir konnten gerade noch die Anlagen verbergen.
Ich teilte ihm mit, ich bestünde auf einem Takelen-Duell samt Echtzeitübertragung im Fernsehen, der Verlierer stünde dann dem Sieger zur Verfügung, den genauen Termin möge Saseims mit dem Fernsehen koordinieren, Gage würde ich keine verlangen, aber es solle möglichst noch heute oder morgen stattfinden, denn ich hätte es eilig, um diese unselige, skandalöse Angelegenheit zu einem wohlverdienten Ende zu bringen, ferner hätte ich ja auch noch Termine.
Der Diener grinste, an meiner Stelle hätte er es nicht eilig, den Kopf zu verlieren, doch werde er es ausrichten und den Termin dann umgehend mitteilen.
Meine Termin indes solle ich wohl besser doch noch überdenken, absagen, da sei er nicht optimistisch, hinsichtlich des zügigen Termins für das Duell durchaus, Saseims brenne darauf.
Er wollte schon gehen, da bat ich ihn noch, uns ein Takelen-Spiel bringen zu lassen, ich wolle mich damit noch erst richtig vertraut machen, hätte ich doch bisher erst höchstens ein paar mal mit guten Freunden gespielt, es habe mich jedoch schon immer fasziniert, so daß ich heute die einmalige Chance nutzen wolle, gegen einen Meister des Takelen anzutreten.
Der Diener lachte, umgehend werde ich ein Spiel samt Anleitung sowie Regelwerk bekommen.
Stante pede verschwand er, und nach fünf Minuten stand das versprochene Spiel samt Zubehör im Zimmer.
Veritaga meinte, um das Spiel zu bitten, sei ein guter Gedanke gewesen, denn so könne sie sich gegen mich schon einmal warmspielen sowie sich eine Strategie überlegen. Veritaga schien also vom Spielfieber voll ergriffen zu sein. Sie war fasziniert von dem Gedanken, gegen Saseims anzutreten, wenn auch nur indirekt über meinen kleinen Trick. Folglich spielten wir also eine Stunde, und ich meinte schon, ich schlüge mich wirklich gut gegen sie, doch dann erkannte ich urplötzlich, wie sich ein über etwa vierzig Züge konstruierter Strick blitzschnell um den Hals meiner Leitfigur legte. Veritaga hatte mich erwischt, mich an die Wand gespielt. Nun hatte ich keine Chance mehr, das Spiel war verloren.
Ich mußte eingestehen, daß ich bisher bei diesem Spiel noch nie so hereingefallen sei, sie lächelte, die Partie sei ganz nett gewesen, doch hätte ich keine ernsthafte Chance gegen Saseims, dies sei noch eine der einfachen Strategien unter fortgeschrittenen Spielern gewesen, nur eine Variation einer im wesentlichen schon länger bekannten Strategie.
Ich erkannte ihre Genialität an, war nun überzeugt von ihren Fähigkeiten, ihrer Spielerfahrung sowie Raffinesse, wir prüften die Anlage, ich konnte sie hören, ich war folglich beruhigt, mein Kopf schien gleich wieder etwas fester zu sitzen.
Es kam irgendwann wieder jener Diener herein und teilte mit, auch Saseims habe es wie erwartet eilig,
schon heute Abend solle das Duell beginnen, samt Echtzeitübertragung im Fernsehen; wenn er siege, werde er mich eigenhändig im Augurentempel in den Rachen des Bösen zurückwerfen, einem gewaltigen Geysir, welcher mich dann etwa nach zwei Stunden wieder sowie gekocht ausspucken werde, was sodann das Zeichen für den großen Krieg sein werde.
Der Diener zog sich nach der Verkündigung seiner Botschaft zurück.
Wir spielten bis zum Abend noch eine Partie Takelen, welche ich nach einer raffinierten Strategie von siebenundfünfzig Zügen letztlich abermals verlor.
Veritaga erläuterte, sie habe sich die Strategie gerade zuvor einfallen lassen, ziemlich spontan aufgrund meines von ihr analysierten Stils, welcher durchaus Potential habe, kurzfristig allerdings keineswegs bis zur Meisterschaft gebracht werden könne.
Ich sei also auf sie angewiesen.
Daraufhin meinte sie ferner, sie sei jetzt in der richtigen Stimmung, Saseims zu schlagen, mit dessen Spielweise sie durchaus ein wenig vertraut sei, ein Nachteil bekannter Spieler, denn so könne man sich vorbereiten, sei allerdings keineswegs vor Überraschungen gefeit, denn ein Meister im Takelen wisse natürlich ebenso, daß Gegner ihn analysieren würden.
In diesem Falle würde jedoch wohl Saseims keineswegs von einem Profi ausgehen, denn meine geschickte Einlassung dem Diener gegenüber habe dazu ja keinerlei Anlaß gegeben.
Weil Saseims nun nicht einschätzen könne, mit wem er es zu tun habe, sei er letztlich doch auf die eigene Spielstrategie zurückgeworfen, habe keinerlei Möglichkeit, diese auf den Gegner abzustimmen.
Wir hatten noch Zeit und schalteten das Fernsehen an, wo über Vorbereitungen zum Duell berichtet wurde
sowie kurze Ausschnitte von Saseims spektakulärsten Siegen beim Takelen gezeigt wurden.
Schließlich ist es so weit, der uns schon bekannte Diener erschien und geleitete mich ins Studio, in dem das Duell stattfinden sollte, die Verständigung mit Veritaga klappte. Das waren schon tolle Geräte, allerdings konnte ich ja später beim Duell nicht unerkannt mit ihr plaudern, mußte mich also schon darauf einlassen, einseitig von ihr gute Tips zu bekommen.
Es blieb noch eine Stunde Zeit, damit eine Gelegenheit, mich ein wenig aufzuplustern, eine kleine Scharade aufzuführen, also verlangte ich einige Korrekturen des Equipments. Saseims hingegen hatte den Raum schon abgenommen und mir diesbezüglich weitgehende Freiheit gelassen, welche ich mir auch herausnahm und völlig belanglosen Firlefanz ändern ließ, weil man das eben so macht, um sensible Professionalität vorzutäuschen, etwa die Farbe der Eingangstür, um zu zeigen, wie umsichtig wie durchdacht ich an die Sache herangehe, Veritaga, über die Anlage mithörend, ermahnte mich, nicht zu übertreiben und brachte ihre Reklamationen noch mit ein, welche ich somit unauffällig unter meine Scharade mischen konnte.
Endlich war die Zeit des Duells gekommen. Ich setze mit ausladender Bewegung mich an den Simulator, mit dem die Züge vollzogen werden, und wartete. Saseims erschien eine Minute vor Spielbeginn mit einer gewissen Lässigkeit. Um ihn zu ärgern, tat ich, als sei ich in Meditation versunken, und beachtete ihn gar nicht. Pünktlich zu Spielbeginn erwachte ich aus der Versenkung. Saseims, dies erkennend, will mir in einer Geste der Überlegenheit den ersten Zug überlassen, ich bestand auf korrekter Ausführung, also Entscheid durch das Los. Ich bekam den ersten Zug durch das Los, das Spiel begann.
Ich staunte über Veritagas Züge, denn diese sahen derart dilettantisch wie von einem größenwahnsinnigen Anfänger aus, daß dieser Sachverhalt sogar mir auffiel. Sie bemerkte meine Unruhe und teilte über die Anlage mit, ich solle mich zusammenreißen, ich hätte doch verkündet, ich sei ein Anfänger, also müsse ich auch so spielen, ferner diene dies als Strategie, einerseits um Saseims in Sicherheit zu wiegen, ebenso um in zu leichtfertigen, vorschnellen Zügen zu bewegen. Ich begann zu schwitzen, Saseims grinste siegesbewußt. Sogar ich erkannte seine Strategie, eine typische Anfängerfalle, doch Veritaga reagierte nicht, mein Kopf schient schon wieder lockerer zu sitzen, mir wurde warm in Gedanken an den Geysir, Saseims grinste weiter unverhohlen, ich schwitzte und schluckte.
Kurz bevor Saseims am Ziel war, tat ich überlegend, so daß Veritaga mich abermals beruhigte, das alles gehöre zu ihrer Strategie, Saseims werde sein blaues Wunder erleben. Tatsächlich wendete sich das Blatt wie durch eines von Saseims Wundern mit den nächsten beiden Zügen, ich tat jedoch so, als bemerke ich gar nicht, daß Saseims dadurch in eine Bredouille geraten war. Saseims Leitfigur geriet sogar kurzfristig in Bedrängnis. Zweifelnd suchte sein blick meine Augen, ich jedoch spielte den ins duell vertieften und schiene diesen Stimmungswechsel gar nicht zu bemerken. Veritaga lachte.
Eine Stunde gespielt. Sie ließ Saseims wieder voranpreschen, seine Finten wurden allmählich gemeiner, kaum vermochte ich sie noch zu durchschauen, Veritaga spielte weiter den Anfänger mit unverschämtem Glück – wirklich geradezu geniales, artistisches Können, hinter Dilettantismus arge Fallen zu verbergen. Saseims, obwohl im Durchschnitt überlegen, wurde etwas unruhig.
Drei Stunden gespielt, die Situation wurde verfahren, ein Sieg für einen von uns wird zunehmend unwahrscheinlicher.
Nach vier Stunden war die Situation aussichtslos verworren, derart verworren, daß keine Strategie mehr zu greifen schien.
Ohne krasse Fehler von einem von uns etwa aus Konzentrationsschwäche oder Dummheit wäre da kein Sieg mehr zu holen.
Saseims schlug einen Neustart vor.
Ich gab vor zu überlegen.
Veritaga meinte auch, es sei Zeitverschwendung weiterzumachen, im Prinzip zumindest, doch weil ich vorgegeben hätte, Anfänger zu sein, müsse ich weiterspielen, weiter versuchen, dennoch einen Sieg zu erringen.
Folglich müsse ich aus der gegebenen Täuschung heraus Saseims Vorschlag als dessen Schwäche mißverstehen, darauf bestehen, daß wir weiterspielen.
Folglich lehnte ich prompt ab, Saseims verzog zunächst bloß den Mund dazu.
Also spielten wir weiter, noch zwei Stunden lang eine wirre Schieberei, welche uns beide keineswegs gut aussehen ließ, ihn meinem Falle hinsichtlich der Öffentlichkeitswirkung egal, bezogen auf Saseims keineswegs, dieser wirkte damit schwach vor dem Publikum, insbesondere nach seinen vollmundigen Vorankündigungen. Saseims wurde wirklich langsam mürbe und blitzte immer ärgerlicher zu mir herüber. Schließlich meinte Veritaga, das sei genug für heute, also merkte ich gegenüber Saseims an, es scheine tatsächlich nichts mehr zu werden, ob er mit einem Neustart am nächsten Abend zu gleichen Bedingungen einverstanden sei, ich hätte es zwar eilig, doch das sei noch gerade so akzeptabel. Saseims brummelte unzufrieden mit der Gesamtsituation, als Spieler hatte er sich indes darauf eingelassen, hätte sein Gesicht vor dem Publikum verloren, hätte er sich nun nicht darauf eingelassen, wäre stattdessen ausgerastet, also war er einverstanden, der erste Spieltag war geschafft. Mein Kopf saß wieder etwas fester. Der große Krieg war um mindestens einen Tag verschoben.
Wieder zurück in meinem Zimmer unterhielt ich mich mit Veritaga, sie sei ganz zufrieden, Saseims sei ungeduldig geworden, so idiotisch und glücklich, wie ich gespielt zu haben schien, sei ihm das mächtig auf die Nerven gegangen, er sei ungeduldig, überheblich, ebenso unter Druck durch seine geschätzigen Vorankündigungen, das Drama mit den Echtzeitübertragungen.
Das seien seine Schwächen, den nächsten Abend würden wir ihn mit einer nur leicht abgewandelten Strategie fertigmachen!
Vermutlich nicht geradewegs mit einem Sieg unsererseits, aber doch wenigstens mit einer demütigenden erneuten Patt-Situation im endlosen Chaos.
Wir ruhten uns aus.
Nun, was soll ich euch erzählen, den nächsten Abend lief alles nahezu genauso, scheinbar dilettantischer Anfang von mir, Saseims abermals siegesgewiß, überraschende Wende bis zur chaotischen Auflösung der Spielstruktur und Saseims erneutem Vorschlag zum Neustart, auf Veritagas Anraten lehnte ich erneut mit gleicher Begründung ab.
Ärgerlich wies mich Saseims daraufhin, ich hätte doch schon gestern gesehen, daß eine solche Situation zu nichts mehr führe, selbst als Anfänger mit dermaßen unverschämtem Glück sollte ich das erkennen, außerdem hätte ich es doch eilig; dieses Spiel weiterzuspielen sei pure Zeitverschwendung.
Ich erwiderte, bei einem Neustart hätten wir wieder mit einem stundenlangen Spiel zu rechnen, ich wolle lieber so zu einem Ende kommen, außerdem, wenn er so überlegen sei, hätte er doch schon lange gewinnen können.
Saseims sprang auf und wollte zu mir herüber, ich machte lediglich gelassen eine abweisende Geste, was ihn insgesamt vor dem Publikum erneut schlecht dastehen ließ.
Im letzten Moment besann er sich, beherrschte sich doch noch gerade so im letzten Augenblick und setzte sich wieder hin, brummelte irgendeinen eventuell heilig gedachten Flug oder eine Anrufung seines Gottes.
Nun, wenn er bereits auf derartigen Beistand hoffte, sah es für mich ja doch schon ganz gut aus, ich flüsterte diesbezüglich einen Kommentar, mit göttlicher Hilfe könne ja jeder, aber so?
Selbst sei der kühne Held, die flotte Heldin, seine Tochter habe mir immerhin gezeigt, wo es langgeht, ohne Anrufung von Göttern, er bringe es hingegen ohne nicht zustande, wo sei sein Standvermögen, sein Können hin?
Wo seine spielerische Qualität als Meister des Takelen?
Das war für ihn eine reichlich unangenehme Einlassung.
Unterdessen war er darüber bis aufs Blut gereizt, abermals eine deutliche Charakterschwäche, schlecht für ein gekonntes, souveränes Spiel, welches wenigstens bei Takelen Konzentration erfordert, keinerlei Wutausbrüche.
Saseims konnte offenbar nicht verlieren, beziehungsweise er muß immer Gewinner sein und das schnell sowie ohne Gegenrede, wenn Blicke töten könnten, ich glaube, ich könnte euch heute diese Geschichte nicht erzählen!
Ich setzte noch trocken nach, er solle bescheidsagen, wenn er sich beruhigt habe, dann könnten wir vielleicht irgendwann weiterspielen, wenn möglich aber ohne seine unpassenden Zwischenbemerkungen.
Saseims Hände krallten sich um die Lehnen seines Simulatorstuhls, sein Kinn bebte, ich klopfte abwartend mit dem Finger auf meine Lehne.
Saseims Adjutant schlug eine Pause von einer Stunde vor, ich lehnte ab, wir wollten doch diese Nacht noch fertig werden, sie sollten sich nun nicht drücken, wo sie offenbar doch auf der Verliererstraße seien, Saseims solle sich endlich zusammenreißen und sich auf das Spiel konzentrieren oder jedoch aufgeben, meinen Sieg anerkennen.
Dieser sprang wie von der Tarantel gestochen auf, nachdem er irgendeinen Zug vollzogen hatte, stieß seinen Adjutanten zur Seite, schäumend vor Wut forderte er mich auf, er sei bereit für meinen nächsten Zug, wonach er sich mit einer allumfassenden Geste wieder in den Simulator fallen ließ, worauf ich meinen nächsten Zug machte.
Saseims spielte unbeherrscht, und nach einer halben Stunde erkannte sogar ich, was Veritaga vorhatte, eine simple Falle, bloß spärlich kaschiert im Chaos des fortgeschrittenen Spieles, Komplizierteres wäre bei dieser chaotischen Spielsituation auch kaum möglich. Die falle war zwar in diesem Chaos etwas verborgen, aber wie gesagt, sogar für mich erkennbar, obwohl ich ja nun schon einige Stunden spielte und mich konzentrieren mußte, Veritagas Anweisungen zu befolgen und nicht die eigenen schlechten Überlegungen zu berücksichtigen – zudem ohne Nachfragemöglichkeit gegenüber Veritaga, was nun gerade Sache war.
Saseims fiel offenbar auf die Falle herein, die Schlinge zog sich zusammen, noch vier Züge, er bemerkte noch immer nichts, ich konnte es nicht fassen, er war immer noch unruhig sowie unkonzentriert, von seiner Einschätzung überzeugt, daß ihn bei diesem Spielstand bei seiner Erfahrung nichts mehr drohen könne.
Und so gelang es tatsächlich.
Veritaga fragte mich, ob ich die Falle erkenne, dann solle ich mich zurücklehnen, was ich auch tat, worauf sie meinte, dann könne ich ja alleine weiterspielen, damit das Ganze nicht kompletter Betrug sei, und schaltete ab.
Einen Moment lang hatte ich das Gefühl, daß sich unter mir ein Abgrund auftut und ich in eine endlose Tiefe falle, doch Saseims nächster Zug machte mich wieder etwas sicherer, ich spielte weiter und gewann!
Saseims Gesichtsfarbe wechselte in Sekundenschnelle rhythmisch zwischen rot und weiß, dann wollte er sich auf mich stürzen, wovon ihn die beiden Adjutanten abhielten, während ich den unwissenden spielte und noch ganz in den letzten Zug vertieft war und machte so den letzten Zug, stand ganz ruhig auf, das sei es dann wohl gewesen, ein zu erwartender Ausgang, ließ ich zu Saseims gewendet verlauten, ich werde von mir hören lassen, was ich mit ihm zu tun gedenke.
Morgen Mittag, kurz vor der Abfahrt würde ich es ihnen mitteilen – ich hielte nicht so viel von Geysiren und derart heißem Zeug, müsse mir also noch überlegen, wie die Wettschuld eingelöst werden soll.
Saseims starrte mich fassungslos an.
Er war gedemütigt, blamiert vor vollem Publikum, stand nun in einer Wettschuld, da wäre es vom hiesigen Verhaltenskodex unverzeihlich, wenn er sich drücken würden, derart öffentlich bloßgestellt mußte auch er sich den Konventionen, Traditionen fügen.
Ich hingegen ging ganz ruhig zu meinem Zimmer.
Tradition, eingegangene Verpflichtung zählt zum Glück noch etwas in diesem Reich. Also konnte ich mich darauf verlassen, daß Saseims bis nächsten Mittag in Gewahrsam genommen wurde, jedenfalls unter Aufsicht stand, denn der Staat von Ilegorin war schon immer um die Ehrenhaftigkeit seiner Bürger besorgt, so daß er auch dafür sorgte, daß seine Bürger ihre öffentlich getroffenen, unbestreitbaren Abmachungen einhalten, ob die ethisch nun haltbar sind oder nicht und egal, um wen es dabei geht, man ist eben, wie auf den Parties auf Formalität sowie Etikette bedacht.
Veritaga beglückwünschte mich zu meinem Sieg, und ich versicherte ihr, daß ich Takelen-Simulatoren und -Spiele nie wieder zum Spaß anrühren werde.
Auch sie war offenbar vom Spielfieber ernüchtert und hielt mir vor, daß wir zwar gesiegt sowie die Mission erfüllt hätten, diese Ecke der Galaxie vor dem großen Krieg zu bewahren, doch sei das in unverantwortlicher Weise sowie mit unlauteren Mitteln geschehen, ich hätte dazu eine junge Dame verführt, ferner einen schlimmen Betrug in einem Ehrenkampf begangen; das Ganze sei überhaupt
das Letzte gewesen: der Zweck heilige nicht die Mittel, warf sie mir vor, wir hätten das niemals so durchführen dürfen, das Ganze sei auch und trotz allem eine große Niederlage für uns.
Nun, mit einer solchen Niederlage würde ich leben können, deutlich besser als mit vom Rumpf getrennten Kopf oder durchgekocht in einem Geysir.
Nach einiger Überlegung stimmte ich zu, wir hätten falsch gehandelt, es werde mir eine Lehre für die Zukunft sein, insbesondere der Betrug sei ethisch verwerflich gewesen, man hätte erst denken und dann handeln sollen. Ich versicherte, nicht wieder so zu handeln, sondern in Zukunft einen weisen und geraden Weg zu suchen, als mich auf das Niveau des Gegners einzulassen oder sogar darunter zu agieren, dennoch gab ich zu bedenken, daß wir immerhin erreicht hätten, was wir wollten, wenn der Weg auch niemals zu rechtfertigen sein werde, allerdings sei zu vermuten, daß es gar keinen anderen oder zumindest besseren gegeben habe. Was Pulcherima anbelangte, wies ich allerdings den Vorwurf der Verführung vehement zurück, sie sei interessiert sowie willig gewesen, ebenso wie ich, also eine Affäre auf Augenhöhe oder umgedreht, das habe im Eifer der Leidenschaften immer mal gewechselt.
Veritaga grinste zu letzterer Einlassung, erwiderte zu den Argumenten davor, daß sei überhaupt nicht der Punkt, niemals dürfe man gegen seine Überzeugungen handeln, und niemals heilige der Zweck die Mittel, ich hätte mich also hier nicht bewährt, aber auch sie hätte schwer versagt, daß sie dabei auch noch mitgeholfen habe, dem Spielfieber verfallend. Immerhin sei jedoch dieses Fehlverhalten wenigstens zum Teil durch den Erfolg zu einer menschlichen Schwäche herabgesetzt, doch werde sie sicherlich noch lange daran zu knabbern haben, was wir hier angestellt hätten. Ich solle dieses Abenteuer bloß nicht auf die leichte Schulter nehmen, das hier sei eine ernste Angelegenheit, und im allgemeinen strafe das Leben gerade solche verwerflichen Erfolge umgehend, das solle ich immer bedenken.
Gerade sprach sie dies, als die Tür aufging, Pulcherima hereinstürmte und mir in die Arme fiel, weinend schluchzend, wie sehr sie mich liebe, wie sehr sie um mich gebangt habe, sei ich doch nur durch pures Glück dem Tode durch den grausamen Vater entronnen.
Zu Veritaga gewendet sinnierte ich, wie Recht sie doch habe, umgehend sei ihre Vorhersage eingetroffen.
Stellt euch nur einmal mein Lage vor, zwar hatte ich gerade eine Galaxie vor einem Krieg bewahrt und meinen Kopf gerettet, den ganzen Leib vor dem Auskochen bewahrt, also doch wohl durchaus diffizile
Probleme zwar schlecht, aber doch immerhin mit Erfolg gelöst, doch, so werdet ihr einsehen, trotz ihrer wortwörtlichen Schönheit drohte nun Pulcherima, zu einem beinahe ebenso großen Problem zu werden, hatte sie doch unsere wunderbare gemeinsame Nacht völlig mißverstanden.
Dabei ging es doch um eine einvernehmliche Exploration persönlicher Leidenschaften, um einen tiefen Erfahrungsaustausch auf gleichrangigem Niveau zwischen mündigen Personen.
Da fällt man einander doch nicht später gleich derart um den Hals, bringt die andere Person derart in Verlegenheit, das verletzt doch die allgemeine Post-Party-Konvention!
Ich wahr ehrlich enttäuscht über diese Reaktion, diesen Andrang, gleichzeitig durchaus verzückt durch ihre Nähe, was gereichte, um zum Konflikt anzuschwellen, also nicht bloß in der Hose.
Stellt euch meine Situation nur einmal wirklich vor, was sollte ich nur tun, ihrer bedingungslosen Liebe, ihrem erneuten Ausbruch von Leidenschaft hilflos ausgeliefert.
Ich warf Veritaga einen um Hilfe flehenden Blick zu, doch diese grinste nur, nickte mir zu und
zog sich in ihr Zimmer zurück, mich mit meinem Schicksal alleine lassend.
Wie ich in unserer ersten Nacht der Anziehungskraft von Pulcherima nicht widerstehen
konnte, so auch in dieser.
Nun, immerhin, in Leidenschaft entbrannt, im Tumult der Wollüste sprachen wir nichts mehr von Belang, insofern ging es zum Glück nun nicht um den Austausch von Liebesschwüren oder Bekenntnissen, es wurde abermals deutlich handfester mit uns beiden.
Was für ein Spaß!
Oh, das macht einen schon nachdenklich, worauf man sich eventuell doch einlassen könnte oder sollte, stand da doch reichlich mehr Spaß in Aussicht, war förmlich geradezu greifbar.
Am Morgen brachte sie zum Ausdruck, daß ihre Liebe, wenn das überhaupt noch möglich sei, noch größer sei als zuvor, daß wir ein wunderbares, gemeinsames Leben vor uns hätten.
Ob dieser plötzlichen Vehemenz der Zukunftsplanung war ich doch erheblich verdattert.
Im Grunde ging es ja einstweilen bloß um gemeinsamen Spaß, ein Schatz von Erfahrungen wollte gehoben werden, wir waren tief eingedrungen in die lustvolle Materie.
Mir daraus jedoch gleich einen Strick zu drehen?
Pulcherima hatte es eben gleichfalls faustdick hinter den Ohren.
Sie wußte genau ihre Reize einzusetzen.
Für mich indessen ergab sich damit sofortiger Handlungsbedarf.
Ich beschloß, ihr Ehrlichkeit vorzulügen, ihr also zu erzählen, was gar nicht stimmte, daß mir
eigentlich an ihr nicht mehr liege als an jeder anderen gut aussehenden Frau, welche willig sei, welcher nach Erfüllung ihrer Lust dürste, wo also natürliche Triebe eindringlich befriedigt werden wollen, wo es darum ging, Erfüllung zu Spenden, um innere Leere vergnüglich, erquicklich zu füllen.
Das alles sei doch bloß spritziger Drang, Übermut im Schwange der Leidenschaften gewesen.
Von Liebe könne also überhaupt nicht die Rede sein, auch wenn sie wirklich sehr gut aussehe, gar nicht dumm sei und alles in allem sehr sympathisch, liebenswert, attraktiv in jeder Hinsicht.
Trotzdem hätte ich die Nächte bloß mit ihr verbracht, um außer meinen Spaß mit ihr zu haben, an
ihren Vater heranzukommen und durch einen Sieg im Duell seine Glaubwürdigkeit zu ruinieren und damit die Galaxis vor dem Krieg zu bewahren.
In der Hinsicht sei ich ihr gewiß gleichfalls sehr dankbar, sie haben ihren Teil dazu beigetragen, mit vollem Körpereinsatz habe sie den Frieden gewahrt.
Darum sei es doch vor allem gegangen, wir müßten an die Milliarden von Menschen denken, welche wir durch einen vergnüglichen Akt der Selbstvergessenheit hatten vor einem gewaltigen Gemetzel retten können.
Durch unsere Hingabe, unser selbstloses Opfer hätten wir sie alle vor einem grausigen Schicksal bewahrt.
Leider sei es dazu nötig gewesen, sie daran in dieser Weise zu beteiligen, ohne sich noch richtig einzuweihen.
Allerdings hätten wir beide dies kurzweilige Spiel zu zweit doch sehr genossen.
Nun, im Grunde sei ich schon ein elender Schuft, über diesen bedenklichen Weg zum Ziel gelangt zu sein, der Zweck heilige ja keinesfalls die Mittel, jedoch, wenn es einvernehmlich, mit derart viel Spaß bei der Sache passieren, sei dies ja bloß eine läßliche Charakterschwäche, keine grandiose Bösartigkeit.
Jedenfalls sei letztlich wirklich alles bloß Mittel zum Zweck gewesen und die zweite Nacht nur zum beiderseitigen Spaß, aber mit Sicherheit ohne ernste Absichten passiert.
Die Leichtigkeit des Seins hätten sie gefeiert, daran sei gar nichts verkehrt im Grunde, dazu noch mit dem tollen Ergebnis, einen galaktischen Krieg verhindert zu haben – phantastisch!
Ich hatte mich richtig reingeredet, nun ging mir etwas die Puste aus. Zunächst war sie erstarrt, schlug daraufhin mit dem Kissen auf mich ein, schluchzend, sprang alsdann aus dem Bett, zog sich hastig und weinend an. Offenbar hatte sich doch ernsthaft mehr erwartet von unseren Vergnüglichkeiten.
Ich sagte auch noch, sie möge sich doch beruhigen, natürlich regte sie das erst recht auf, und sie ging daraufhin mit bloßen Fäusten auf mich los, was mich wieder etwas beruhigte, so kräftig wie sie schlug, dachte ich, wird sie durch die Affäre schon keinen bleibenden seelischen Schaden davontragen. Wenn sie sich erst beruhigt hätte, würde sie unsere gemeinsame Erfahrung letztlich schon zu schätzen wissen.
Als sie nach besinnungslosem und wildem Herumschlagen schließlich noch zu treten begann, mußte ich sie doch hinauswerfen, obwohl sie mir in dem Augenblick doch sehr leid tat.
Beinahe hätte sie mich weichgeklopft, draußen hörte ich sie noch rufen, was für ein Schuft ich sei, und ehrlich stimme ich ihr zu, doch was sollte ich tun, ich rief zurück, sie solle nur alles herauslassen, sie hätte völlig Recht mit dem, was sie sage, was sie mit einem kräftigen Tritt gegen die Tür quittierte, sie hasse mich, schluchzte sie und entfernte sich dann unter herzzerreißendem Weinen.
Oh, welch Temperament, welche Leidenschaft!
War es doch dumm gewesen, sie nicht einfach weiter im Bett als Spielkameradin zu behalten?
Einfach die Post-Party-Konvention vergessen und weiter wild, leidenschaftlich herummachen?
Veritaga trat ein und erklärte, sie habe das miese Theater kaum überhören können, offenbar hätte ich gestern überhaupt nichts gelernt.
Beinahe bewundere sie meine Frechheit und meine Art, mit realen Problemen fertig zu werden, wozu
ich bloß hilflos die Achseln zucke, ich sei eben ein gänzlich verdorbenes Subjekt, was solle ich denn tun, sei ich denn ein Gott, daß ich für alles die ideale Lösung hätte, es jedem recht machen könne, alles wisse und alles könne und nie Fehler begehe, verzweifelt den Blödsinn erkennend, mit dem ich mich da entschuldigte, pochte ich auch noch auf mein Recht, ein widerlicher Kerl zu sein, der viele Fehler mache und sie dann auch noch offen eingestehe, manchmal sogar schon, bevor er sie begehe.
Veritaga schüttelte verständnislos den Kopf, sagte jedoch nichts mehr.
Gegen Mittag wurde uns Saseims übergeben, womit wir wieder ein neues Problem hatten, denn was sollten wir mit ihm anstellen, wohin sollten wir ihn befördern, wo er keinen schaden anrichten kann?
Ihn in den Geysir zu werfen, wie er das mit mir tun wollte, entsprach zwar meiner momentanen Stimmung, nicht aber meinem generellen Stil, andererseits sollte sichergestellt sein, daß er nicht noch einmal
erleuchtet wird oder zumindest andere Leute davon überzeugt und erneut einen Krieg anzuzetteln versucht.
Wir flogen erst einmal mit ihm ab, nur weg von hier.
Zu meinem Erstaunen winkte uns Pulcherima am Raumflughafen weinend nach, als letztes Bild habe ich eine geballte Faust in Erinnerung zusammen mit einem feuchten Taschentuch in der anderen Hand.
Eventuell hätten wir es vor dem Abflug doch noch einmal krachen lassen sollen?
Sie soll ja noch so manche Affäre gehabt haben, was mir ständig auf dem Gewissen lag, daß ich sie für das Leben verdorben oder doch eher geschult hätte, wo sie im Grunde selber hätte entscheiden müssen.
Hätte ich mich ferner doch auf eine Beziehung mit ihr einlassen sollen?
Das wäre bestimmt ziemlich turbulent geworden, jedoch ebenso kompliziert, denn was soll ein Raumfahrer mit einer Partnerin irgendwo in der Galaxie?
Oder immer mitnehmen?
Abenteuer zu zweit?
Da kommt man doch zu nichts als herummachen, entspräche keineswegs dem Stereotyp des einsamen Helden eines Raumfahrers, welcher sich durch Entbehrungen sowie Gefahren kämpfen soll, weniger durch immer dasselbe Bett mit einer festen Mitfahrerin.
Umgedreht machen das ja weibliche Raumfahrer auch nicht anders, gelegentlicher Lustgewinn, einsame Abenteuer im Raum, die Welt kennenlernen, nicht bloß in der Gestalt einer einzigen geliebten Person.
Irgendwann bekam Pulcherima doch sowieso noch die Kurve und wurde, man soll es kaum glauben, zu einem der besten Staatspräsidenten, den Ilegorin jemals hatte, schlau genug war sie dafür allemal, ich hatte bloß nicht damit gerechnet, daß bei den konservativen Traditionen eine Frau die Chance hat, die zusätzlichen Hindernisse zu überwinden. Nun, wie das derart gelagerten Fälle ist, ist dies im Grunde ein sehr deutlicher Hinweis auf die besondere Eignung der jeweiligen Frau, im Fall von Pulcherima war dies nun nicht einmal unbedingter, manipulativer Wille zur Macht, eher Verantwortungsbewußtsein, eine Liebe zum Volk, zum Reich, eine gute Vorstellung davon, wie es gut sowie friedlich für alle laufen könnte. Pulcherima ist Staatspräsident, soweit ich weiß, noch heute, obwohl sie auf dem Planeten weitreichende soziale Reformen durchführte und von vielen ehemals einflußreichen Leuten als amoralisch sowie unilegorisch beschimpft wurde.
Saseims setzten wir dann auf dem Planeten Rewnud ab, auf dem zwar seltsame Dinge vorgehen, man aber wenigstens problemlos überleben kann, wenn man sich auf sich selbst verläßt und nicht darauf wartet, daß einem die gebratenen Tauben in den Mund fliegen, obwohl das dort auch schon passiert sein soll. Uns war nämlich eingefallen, daß man dort ja schon seit langer Zeit alle gefährlichen Erleuchteten der gesamten Galaxie auszusetzen pflegte, um sie in Ruhe ihren Erleuchtungen, Göttern sowie dem ganzen Gedöns zu überlassen und selbst Ruhe vor ihnen zu haben. Sollten sie sich gegenseitig madig reden, bekehren oder darüber disputieren, welche Religion denn nun die bessere, wahrere sei, egal für den Rest der Welt.
Auf der Fahrt zurück nach Nudanfec mußte ich dann von Veritaga noch einmal eine gewaltige Standpauke wegen unseres unverantwortlichen Verhaltens auf Ilegorin über mich ergehen lassen, was ich ja wirklich nicht besser verdient hatte. Besonders streng kritisierte sie noch einmal ausdrücklich mein mieses Verhalten gegenüber Pulcherima, zudem meine Dummheit, nicht auf ihr Angebot einzugehen. In den weiten der Galaxis sei eine gute, schlaue Partnerin auf Augenhöhe doch ideal, da sei es töricht, den Ruhm nicht teilen zu wollen, bloß deshalb den Leidenschaft mit einem Menschen zu entsagen, mit dem ich es doch gar nicht besser hätte treffen können. Derlei Gehabe, das Hängen an Stereotypen mochte sie natürlich überhaupt nicht akzeptieren.
Ich gab ihr Recht, im Grunde war auch ich ein Gefangener eigener Irrungen, Stereotype, Blödsinnigkeiten gewesen, aber letztlich muß man zu dem stehen, wer man ist.
Wer Fehler einräumt, kann aus ihnen eine Menge lernen.
Deswegen muß man sie keineswegs absichtlich machen.
Doch ist das Kind erst in den Brunnen gefallen, hat es auch keinen Sinn mehr, dem noch die Wanne mit dem Bad hinterherzuschütten.
Und das meine ich jetzt durchaus ernst, ich gestehe ein, bei diesem Abenteuer von einer Missetat zur nächsten gestolpert zu sein, von einem Fettnäpfchen ins nächste.
Eine Glanzleistung war das wirklich nicht.
Doch das Leben geht weiter.
Ich bekannte, ich sei eben dumm, unerfahren und ungeschickt und im Umgang mit Frauen skrupellos, sofern diese jedenfalls willig sind bei den Affären. Ich schwor ihr Besserung und das nächste Mal erst zu überlegen, dann nachzudenken und dann zu handeln, nicht noch einmal durch den Zweck die Mittel zu heiligen. Ich versicherte ihr, aus dieser Fahrt etwas fürs Leben gelernt zu haben, was sich aber leider nicht so ganz bewahrheitete, denn wie ihr sicher ahnt, hat das Leben so manche Falle für einen ansonsten aufrechten Raumfahrer parat, der er nicht gewachsen wäre, würde er nicht manchmal zuerst handeln, dann nachdenken und dann seine Fehler erkennen sowie eingestehen, was man aber auf keinen Fall als Lebensweisheit nehmen darf, nein, so ein Verhalten, wie ich es an den Tag legte, ist aufs Schärfste zu verurteilen als schwach, schlecht und unverantwortlich, das war es, was ich bei solchen Abenteuern immer wieder für das Leben lernte, doch was soll man machen, das Leben ist eben oft hart und ungerecht zu einem ansonsten aufrechten Raumfahrer, das ist nicht zu ändern, doch muß man sich immer um den richtigen Weg bemühen, egal wie brenzlig die Lage ist, und sich nie damit entschuldigen, man sei in einer Zwangslage gewesen, offen soll man zugeben, daß man falsch gehandelt hat und für das nächste Mal ehrlich Besserung geloben, das wollte ich euch noch zu diesem Abenteuer sagen. Laßt euch meine Fehler eine Lehre sein, damit euch ein ähnliches Schicksal erspart bleibe …