Geschrieben: 2015-10-29/31
- Das Schönste ist Büroschluß, da geht alles rasch
- Alle drängen und stoßen – ja ich mag das
- Wenn Körper fluten – ganz egal wohin
- Ich mittendrin und … KON-TAKT
Peter Gabriel (KON-TAKT!)
- Fasse mich, wenn ich brenn
- Fasse mich, wenn ich renn
- Schüttel die Bäume im Regenwald
- von oben fällt ein Tier
- Fasse mich jetzt und hier
- offen – offen – uh – hu
- Ja du weißt: das schockt den Affen
Peter Gabriel (Schock den Affen!)
Petra hat eigentlich ganz gute Laune sowie den Schalk im Nacken, als sie in die U-Bahn einsteigt.
Sie schaut sich um, es ist allerdings niemand Spannendes zu sehen, ein paar Plätze sind frei, sie setzt sich ans Fenster und schaut hinaus.
Meistens ist immer irgendwas zu sehen, was absurd, seltsam, abscheulich, gar rührend ist, was Aufmerksamkeit weckt, gelegentlich sogar ein Spektakel oder Skandal zur allgemeinen Unterhaltung der Wartenden.
Heute allerdings ist in der Station eher ereignislose Ruhe präsent, nichts, was die Blicke sowie Emotionen auf sich lenken würde.
Ihre Bahn fährt an.
Was hat sie heute noch vor?
Bislang keine festen Pläne?
Aber Petra hätte schon noch Lust auf etwas Abwechslung.
Abschalten, die Uni einfach mal Uni sein lassen, spielen.
Schon hält ihre Bahn wieder an der nächsten Station.
Petra schaut noch immer hinaus, ihre Bahn ist so zum Halten gekommen, daß sie jetzt direkt in die Bahn der Gegenrichtung schaut.
Petra ist amüsiert – in der anderen Bahn sitzt ein Typ, welcher einfach durch sie hindurchzuschauen scheint, dieser Bursche wäre schon nett für ein Spiel, sieht so entrückt, sensibel sowie verletzlich aus, das würde bestimmt einigen Spaß machen.
Sieht er sie wirklich nicht?
Petra lächelt einfach mal locker drauflos in seine Richtung.
Ein Lächeln kostet ja noch rein gar nichts, bedeutet nichts Eindeutiges, setzt allerdings einen Reiz, einen Impuls, hellt das Grau des Alltags auf, welches die Abfallentsorgung der Stadt irgendwie nie zu beseitigen weiß.
Kommt dies Lächeln überhaupt an?
Tatsächlich, Petra hat Erfolg.
Sein Gesicht zuckt förmlich, als hätte ihr Blick, ihr Lächeln ihn wie ein Schlag getroffen.
Er lächelt unsicher zurück, man sieht förmlich, wie seine zweifelnden, hoffnungsvollen Gedanken sich mühsam durch sein Hirn winden, auf harte Schädelknochen treffen, abprallen, seine gesamte Hirnmasse verwirbeln, verzwirbeln, in schäumende Aufruhr bringen, welche keinen klaren, vernünftigen anderen Gedanken mehr zuläßt.
Das wirkt gut, denkt Petra, setzt gleich noch einen drauf.
Auch weil ihre Wangen unwillkürlich durch seine Reaktion errötet sind, hält Petra schnell ihre Hand vor das Gesicht, schaut, lächelt jedoch verlockend süßlich weiter …
‚Na?
Wagst du was?
Indes, was könntest du tun?
Was erreichen, du dort, ich hier?
Dermaßen auf Abstand, mit dicken, verkratzten Scheiben dazwischen?‘
Petra schaut auffordernd zu ihm hinüber.
Schon schließen bei seiner Bahn alle Türen, doch der Typ springt auf, drängt sich raus, während nun auch ihre Bahn in die entgegengesetzte Richtung abfährt.
Petra dreht sich auf dem Sitz, versucht sogleich noch zu erhaschen, was mit dem Tollpatsch in jener anderen Bahn passiert, sie glaubt gerade noch gesehen zu haben, wie dieser im letzten Moment seine Bahn verlassen konnte.
Und nun?
Was würde dieser nunmehr aufgeweckte Typ nun tun?
Hat dieser Bursche einfach nur vergessen auszusteigen?
Oder ist er auf ihr Spielangebot eingestiegen?
Zappelt dies Herzchen etwa schon an ihrem Haken?
Petra lacht heiter auf!
Gut, Lust auf ein Spiel wäre vorhanden, folglich lautet ihr Beschluß, einfach mal bei der nächsten Station auszusteigen sowie zu warten, was passiert, würde ihr ahnungsloser, bereits im Bann stehender Verehrer verzweifelt sowie atemlos in jene nächste Station stürmen?
Mit der nächsten Bahn nachkommen?
Das wäre zu faszinierend, zu lustig.
Petras Bahn hält in der nächsten Station.
Sie steigt aus, stellt sich hinter einen Pfeiler, läßt ihre Bahn fahren und wartet.
Petra fühlt sich gespannt, gut sowie angeregt.
Wird etwas passieren?
Hängt jener attraktive, nachdenklich wirkende Bursche tatsächlich an ihrer Angel?
Oder doch alles bloß Blödsinn, Einbildung?
Der Bahnsteig lehrt sich, es wird ruhig.
Irgendwann hastet jener Typ alsdann wirklich – Petra kann es kaum glauben – die Treppen herunter.
Versteckt hinter dem Pfeiler beobachtet Petra vorsichtig über eine Reflexion, wie er sich umsieht, sichtlich frustriert schüttelt dieser Typ nun den Kopf über den Unfug, den er hier anstellt.
Alle Hoffnung schon fahren lassend, hat er sich zunächst auf eine Bank gesetzt, grübelt offenbar über seine Dummheit.
Als die nächste Bahn kommt, will er schon einsteigen, doch da kommt Petra hinter dem Pfeiler hervor.
Er sieht sie.
Sogleich entbrennt sein Interesse wieder, stellt Petra erfreut fest.
Wirkung setzt sofort ein, ein Feuer der Sehnsucht scheint in dem sensiblen Burschen allein durch ihren Blickkontakt entfacht zu sein – Donnerwetter, was für eine durchschlagende Wirkung in ihrem Blick stecken muß!
Der Spaß kann folglich weitergehen.
Sofort vergessen ist diese Bahn.
Petra tut so, als sei sie überrascht, ihn zu sehen.
Ihr Verehrer – nun schon fast Opfer – ist sichtlich verblüfft, nähert sich ihr jedoch sogleich.
Petra ist nun etwas aufgeregt, genießt die Absurdität des Moments mit errötetem Kopf, macht einen Schritt zurück, gibt sich durch Gestikulation mit den Händen unentschlossen.
Gleichzeitig schauen ihre Augen ihn aber lockend an, ihre Füße indes gehen rückwärts, widersprüchliche Signale lassen Zweifel aufkeimen, frustrieren allerdings keineswegs genug, um nicht weiterhin verlockend zu sein, ist ihr durchaus bewußt.
Petra läßt ihn herankommen, tut hilflos, um ihn nur noch mehr zu locken.
Petra denkt sich, nun kann das Spiel weitergehen, wendet sich um, spurtet die Treppe hinauf, über eine Zwischenebene sowie weiter hinauf zur Straßenebene, sorgfältig darauf achtend, ihn keinesfalls abzuhängen, sondern weiter zu locken.
Dies Unterfangen klappt recht gut.
An der Straße angekommen, wartet Petra einen Moment, schaut genau auf den Verkehr, sieht sich um, daß er auch wirklich da ist – im Anschluß beginnt ihre Schau!
Petra paßt recht genau einen Lastkraftwagen ab, zudem auf der Spur daneben einen Personenkraftwagen, läuft rechtzeitig los, um knapp vor diesen die Straße zu überqueren, welche für sie quietschend bremsen.
Riskant, gewagt, doch es gelingt wie geplant ganz knapp, woraufhin sie sich umdreht, sicher auf der anderen Seite angekommen.
Sichtlich geschockt kommt ihr Galan auf der anderen Seite heran, starrt sie an.
Die Fahrer der Wagen haben Türen oder Scheiben geöffnet, schimpfen.
Petra lacht, lockt ihn übermütig mit dem Finger, ihr zu folgen.
Und wirklich!
Sehr zum Ärger der Fahrer hastet ihr Opfer genauso über die Straße, während Petra schon weiterläuft, gerade schnell genug, damit genug Vorsprung verbleibt, er sie nicht einholen kann.
Es geht um einige Ecken, anschließend in einen Park, den Petra recht gut kennt.
Dieser wird nach hinten raus recht wild, still sowie verlassen, dorthin will Petra ihn locken.
So geht es durch Park und Wald.
Petra kennt sich hier ziemlich gut aus, mag Wald und Park.
Tief drinnen, wo es schon merklich wild wird, verharrt sie einem Moment an einer recht markanten Stelle, schaut sich nach ihrem Verfolger um.
Prima, dieser folgt ihr noch immer.
Petra lächelt ihm zugewendet, lockt wieder herausfordernd mit dem Finger, verschwindet senkrecht zum Pfad in den Wald, einem Trampelpfad in die Wildnis folgend.
Gut, richtig wild und verlassen ist es hier so nahe an der Stadt natürlich nicht wirklich, jedoch einsam genug für das geplante Spiel.
Das Herz schlägt wild vor Aufregung in ihrer Brust.
Wird es ihr gelingen?
Und was, wenn es schiefgeht?
Was weiß sie über den Typen – ist er vielleicht doch schneller, stärker, geschickter, reaktionsschneller als sie?
Hat sie ihn richtig eingeschätzt?
Wer überrumpelt, dominiert wen?
Ein herrlich aufregendes Spiel samt noch ungewissem Ausgang.
Aufmerksam bleiben, keinerlei Leichtfertigkeit, Konzentration behalten, Fokussierung sicherstellen, um siegreich zu bleiben.
Folglich jetzt keine Zweifel!
Derlei Schwebe vor einer Auseinandersetzung, Interaktion macht den Kick aus!
Ihr vernarrter Verehrer muß folgen, das weiß sie nun, eilt zügig weiter, verbirgt sich unterdessen an einer etwas unübersichtlichen Stelle, nachdem dafür gesorgt ist, daß ihr Verfolger sie zuvor aus den Augen verloren hat.
Tatsächlich eilt dieser an ihr vorbei, suchend folgt dieser in dieser Hinsicht stümperhafte, naive Trampel dem Trampelpfad weiter hinein in den Wald.
Ja!
So soll es sein!
Petra ist erfreut, daß der Plan funktioniert, folgt eilig, ihre Anwesenheit allerdings weiter sorgsam verbergend.
So erreichen beide bald jenen Bereich, wo sich der Trampelpfad endgültig in Nichts aufzulösen scheint.
Ratlos bleibt der Typ stehen, schaut ratlos umher.
Man scheint förmlich zu hören, wie es in seinem Hirn knirscht.
Als er schon mutlos die Schultern hängen läßt, sich reingelegt vorkommt, scheint ihr der richtige Moment gekommen, das Opfer hat aufgegeben, schlafft ab, ist unaufmerksam.
Diese leichte Niedergeschlagenheit will Petra nutzen.
Petra schleicht zügig von hinten heran, schubst ihn etwas seitlich voran, drückt den völlig Überraschten gegen einen Baum, dreht seine beiden Hände auf den Rücken, drückt ihn, daß sein Gesicht gegen die Baumrinde schubbert, geht mit dem Kopf dicht neben seinen, spricht leise: „habdich!“
Er stöhnt auf, will etwas sagen, doch Petra meint lediglich: „Psst!“
Petra schmiegt sich gleich darauf an ihn, daß es ihm genauso schwerfallen sollte, mit den Beinen etwas zu veranstalten.
In der Folge jedoch fragt Petra: „Was willst du?
Ehrliche Antwort, keine Spielereien!“, erlaubt ihm nun zu reden.
Also erzählt der Gefangene recht kurz, bereits merklich verunsichert, daß das gegenseitige Anlächeln in den Bahnen sein Interesse an ihr geweckt habe, daher sei er ihr gefolgt, obgleich es hier im Wald doch etwas unheimlich geworden sei. Er habe sich schon gefragt, was er hier eigentlich tue. Danach seine Enttäuschung, als ihre Gestalt hier plötzlich vom Erdboden verschwunden zu sein schien. Daraufhin der Schock, gegen den Baum gedrückt zu werden.
Petra lacht: „Na, du wolltest mich doch kennenlernen, jetzt beschwere dich nicht!“
Daraufhin fragt Petra ihn aus über sein aktuelles Leben.
Die Situation scheint sich schon etwas zu beruhigen, als Petra ebenso ein paar Kleinigkeiten über sich erzählt.
Vielleicht lügt sie allerdings unterdessen einfach nur, wenn, dann aber sehr überzeugend.
Das Opfer fühlt sich schon beinahe sicher, obwohl es noch immer an den Baum gedrückt gehalten wird.
Gefühlte Sicherheit ist jedoch insofern eine Fehleinschätzung, als Petra völlig überraschend seine Arme herumdreht, blitzschnell nach oben lenkt, dort mit aus ihrer Jackentasche gezauberten Kabelbindern über einen Ast fixiert.
Kabelbinder hat Petra immer für alle Fälle dabei, dafür gibt es immer Verwendungsmöglichkeiten; auf der Hut sein, aufmerksam bleiben, im richtigen Moment vertraute Bewegungsabläufe abspulen können, ein einziger eleganter Fluß von Bewegungen führt direkt zum erwünschten Ergebnis.
Das Opfer zappelt etwas, doch zwecklos, ihre Finger wühlen durch seine Taschen, stecken ihm sein Taschentuch in den aufgezwungenen Mund.
Petra hat dabei zudem seinen Ausweis gefunden, liest ihn in aller Ruhe durch, während das Opfer noch immer hilflos zappelt.
Da drückt Petra ihm ein Knie ins Kreuz, flüstert ihm ins Ohr: „Sei ruhig und still, wenn du etwas von mir willst!
Erst recht, wenn du hier wieder weg willst!“
Alsdann federt Petra wieder ein oder zwei Schritte zurück, lehnt sich nachdenkend an einen anderen Baum.
Nach einer Weile wechselt Petra seitlich neben den Fixierten, meint: „Vertraust du mir?
Solltest du besser!“
Zögernd nickt der Gefesselte ihr zu, wohl hoffend, daß sie ihn aus der Situation endlich befreien möge.
Doch Petra lacht nur: „Gut, warte einfach, bin bald wieder da!“
Anschließend geht Petra, ohne sich noch einmal umzudrehen …